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Forderung 1: Erweiterung des Zweckekatalogs – Zivilgesellschaft ist gemeinnützig
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Forderung 1: Erweiterung des Zweckekatalogs

Stand: 15.3.2022

Unsere Forderung: Ergänzung der Liste gemeinnütziger Zwecke

Wer sich für die Förderung der Menschen- und Grundrechte (inklusive Diskriminierungsschutz, Gleichstellung aller Geschlechter, Engagement gegen Rassismus), des Friedens, der sozialen Gerechtigkeit und der informationellen Selbstbestimmung ein­setzt, sucht in der Abgabenordnung vergeblich nach gemeinnützigen Zwecken. Auch die zuständigen Personen im Finanzamt suchen vergeblich. Der Zweck der politischen Bildung kommt seit dem Attac-Urteil dafür nicht mehr in Frage. Daher müssen in § 52 Absatz 2 der Abgabenordnung passende Zwecke ergänzt oder präzisiert werden.

Zusätzlich sollte in Absatz 1 aufgenommen werden, dass gemeinnüt­zig auch ist, was die Allgemeinheit auf demokratischem Gebiet fördert (neben materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet).

Mindestens müsste im Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) verbindlich aufgenommen werden, welchen gesetzlichen Zwecken die oben genannten Anliegen zuzuordnen sind. Der Bundestag muss den Zweckkatalog regelmäßig überprüfen und ergänzen.

Eine Übersicht all unserer Forderungen gibt es hier.

Formulierungsvorschläge

  1. Nötig ist mindestens die ausdrückliche Nennung der Förderung von Frieden, Menschenrechten und sozialer Gerechtigkeit. Wichtig ist dabei die Gesetzesbe­gründung, die Ziele und Umsetzung beschreibt. Klar­zustellen wäre dabei, dass es nicht nur um praktische Tätigkeiten im Sinne von Ange­boten für Dritte geht, sondern auch um die abstrakte Förderung. In einem neuen Zweck zur Förderung und Durchsetzung der Grund- und Menschenrechte wäre aus unserer Sicht das Engagement gegen Diskriminierung und für Gleichstellung enthalten (vgl. u.a. GG Artikel 1 und 3). Dieser Zweck würde letztlich einige vorhandene Zwecke ersetzen. Er würde deutlich beinhalten die Funktion zivilgesellschaftlicher Organisationen über Dienstleistungen hinaus u.a. als Wächter und Themenanwälte, auch Selbstvertretung und Empowerment.
    Ob einzelne Anliegen wie antirassistisches Engagement, die Gleichstellung aller (!) Geschlechter oder das Selbstbestimmungsrecht benachteiligter Gruppen (etwa behinderter Menschen) deklaratorisch hervorgehoben werden sollten, ist eine Debatte wert.
    Zur Erläuterung: Wie wichtig Menschen- und Grundrechte als eigenständiger Zweck sind, zeigt sich u.a. in der Debatte um Kinderrechte, die laut Koali­tionsvertrag 2017 und Koalitionsvertrag 2021 ins Grundgesetz geschrieben werden sollen.
  2. Sinnvoll ist auch eine Klarstellung bei der „Förderung der Hilfe für Menschen, die aufgrund ihrer geschlechtlichen Identität oder ihrer geschlechtlichen Orientierung diskriminiert werden“ (wie mit dem Jahressteuergesetz 2020 im Dezember 2020 beschlossen). Dies drückt aus unserer Sicht nicht ausreichend die zivilgesellschaftlichen Wächter- und Themenanwalts-Funktionen aus. Es besteht die Gefahr, dass Finanzämter hierin nur die Dienstleistungsfunktion se­hen. Eine politische Einmischung für Gleichstellung müsste auch bei einer ausdrückli­chen Erlaubnis stets über einen Umweg konstruiert werden („Wir verhindern Diskrimi­nierung, wenn …“). Zudem lautet der fachlich richtige Begriff „sexuelle Orientierung“ (neben geschlechtlicher Identität). Die genannte Gefahr besteht u.a. auch bei der Förderung der „Hilfe für politisch, rassistisch oder religiös Verfolgte“ oder „Hilfe für … Behinderte“ (richtig eigentlich: Hilfe für behinderte Menschen) (alle in Ziffer 10).

Gesetzesentwurf „Gesellschaft für Freiheitsrechte“ (GFF), August 2021

Die GFF hat einen umfassenden Gesetzesentwurf („Gesetz zur Stärkung des demokratischen Engagements und einer lebendigen Zivilgesellschaft – Demokratiestärkungsgesetz – DemoStärkG“) vorgelegt (mehr dazu siehe hier; direkt zum Gesetzesentwurf hier). Darin werden diese Änderungen vorgeschlagen (neue Formulierungen sind unterstrichen):

  • § 52 Absatz 1 Satz 1 würde lauten: „Eine Körperschaft verfolgt gemeinnützige Zwecke, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, die Allgemeinheit auf demokratischem, materiellem oder geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern.
  • Zweck 24 in § 52 Absatz 2 würde lauten: „die allgemeine Förderung des demokratischen Staatswesens einschließlich der demokratischen Teilhabe, insbesondere der politischen Bildung im Geltungsbereich dieses Gesetzes; hierzu gehören nicht Bestrebungen, die nur bestimmte Einzelinteressen staatsbürgerlicher Art verfolgen oder die auf den kommunalpolitischen Bereich beschränkt sind die umfassende Unterstützung von einzelnen Parteien oder freiwilligen Wählergemeinschaften verfolgen;“
    Die ausdrückliche Nennung der „politischen Bildung“ wird ergänzt durch eine Erläuterung in der Gesetzesbegründung , die der einschränkenden Interpretation durch das Attac-Urteil entgegenwirkt.
  • Zweck 25 in § 52 Absatz 2 Nr. 25 würde lauten: „die Förderung des bürgerschaftlichen Engagements insbesondere durch die Unterstützung anderer steuerbegünstigter Körperschaften oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts zugunsten gemeinnütziger, mildtätiger und
    kirchlicher Zwecke;
  • Neuer Zweck 27 in § 52 Absatz 2: „die Förderung der Durchsetzung, Stärkung und Wahrung der Rechtsstaatlichkeit und der nationalen und internationalen Grund- und Menschenrechte, insbesondere die Förderung der Bekämpfung der Diskriminierung aufgrund eines Merkmals, das in Artikel 3 GG oder einem dem Diskriminierungsschutz dienenden Bundes- oder Landesgesetz benannt wird. Das umfasst insbesondere die Bekämpfung des Rassismus und des Antisemitismus sowie der Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, der sexuellen Orientierung, eines Merkmals der Behinderung oder des sozialen Status;“
  • Neuer Zweck 28 in § 52 Absatz 2: „die Förderung des Friedens und des gesellschaftlichen Zusammenhalts und die Förderung der Durchsetzung des Sozialstaatsgebots und der gleichberechtigten Teilhabe aller Menschen;“
  • Neuer Zweck 29 in § 52 Absatz 2 „die Förderung des Journalismus.

Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Juni 2019

Der BUND hatte im Juni 2019 erste Formulierungsvorschläge gemacht (Neuerungen unterstrichen):

  • § 52 II Nr. 10 würde dann lauten: „die Förderung der Hilfe für politisch, rassistisch oder religiös Verfolgte, für Flüchtlinge, Vertriebene, Aussiedler, Spätaussiedler, Kriegsopfer, Kriegshinterbliebene, Kriegsbeschädigte und Kriegsgefangene, Zivilbeschädigte und Behinderte sowie Hilfe für Opfer von Straftaten; Förderung des Andenkens an Verfolgte, Kriegs- und Katastrophenopfer; Förderung des Suchdienstes für Vermisste, Förderung der Hilfe für Menschen, die auf Grund ihrer geschlechtlichen Identität oder ihrer geschlechtlichen Orientierung diskriminiert werden; die Förderung zur Bewahrung und/oder der nationalen oder internationalen Durch­setzung der Menschenrechte.
  • § 52 II Nr. 13 würde dann lauten: „die Förderung des Friedens, der internationalen Gesinnung, der Toleranz auf allen Gebieten der Kultur und des Völkerverständigungsgedankens;“
  • § 52 II Nr. 16 würde dann lauten: „die Förderung von Verbraucherberatung und Verbraucherschutz und des Rechtes auf informationelle Selbstbestim­mung gegenüber dem Staat und Dritten;
  • § 52 II Nr. 18 würde dann lauten: „die Förderung der Gleichberechtigung der Geschlechter, insbesondere die För­derung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern“
  • § 52 II Nr. 24 würde dann lauten: „die allgemeine Förderung des demokratischen Staatswesens einschließlich der sie tragenden Grundsätze wie Gewaltenteilung, Rechts- und Sozialstaatlich­keit sowie soziale Gerechtigkeit, die Förderung der Demokratie und der Grund­rechte und/oder direkter Demokratieformen sowie die Förderung der zivilgesell­schaftlichen Teilhabe am Staatswesen und der Gesellschaft; im Geltungsbereich dieses Gesetzes; hierzu gehören nicht Bestrebungen, die nur bestimmte Einzelinteressen staatsbürgerlicher Art oder die umfassende Unterstützung von einzelnen Parteien oder freiwilligen Wählervereinigungen verfolgen oder die auf den kommunalpolitischen Bereich beschränkt sind;“