In der Nacht zu Donnerstag ist die chinesische Sonde Chang'e 4 auf der Mondoberfläche gelandet. Erstmals haben Menschen damit einen Rover auf der erdabgewandten Seite des Mondes abgesetzt. Mit an Bord: ein Strahlenmessgerät, entwickelt von Forscherinnen und Forschern der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. Im Interview spricht einer der Projektleiter, Robert Wimmer-Schweingruber, über die Aufgaben des Geräts, die Zusammenarbeit mit den Chinesen und die Zukunft der Raumfahrt.
ZEIT ONLINE: Sie haben erfolgreich ein Messgerät auf den Mond geschickt – wie fühlt sich das an?
Robert Wimmer-Schweingruber: Es ist eine große Erleichterung. Schließlich weiß man nie, ob es klappen wird. Jeder Start ins All ist heikel – aber dieser ist gut gegangen. Jede Landung ist heikel, diese aber hat geklappt. Und unser Instrument namens Lunar Lander Neutron Dosimetry, kurz LND, ist bereits eingeschaltet und scheint zu messen. Entsprechend groß ist die Freude.
ZEIT ONLINE: Wie sieht das Instrument aus und was genau wollen Sie damit herausfinden?
Wimmer-Schweingruber: Das etwa zweieinhalb Kilogramm schwere LND besteht weitgehend aus Aluminium und ist in etwa so groß wie ein Milchkarton. Mithilfe eines Sensors soll es in den nächsten zwölf Monaten die Strahlung auf dem Mond messen, die einerseits von der Sonne und andererseits von der Galaxie kommt. Es handelt sich dabei um Teilchenstrahlung bestehend aus Elementarteilchen, Protonen, Alphateilchen und schwereren Ionen. Die Erde ist von dieser Strahlung zwar weitgehend abgeschirmt, für Astronauten und Raumfahrerinnen aber ist sie durchaus gefährlich, weil sie das Erbgut verändern und so zu Krebs führen kann. Haben Astronauten den riskanten Raketenstart überstanden und die Landung überlebt, bleibt ihnen auf dem Mond als einziges Risiko noch die Strahlenexposition. Zu wissen, welche Strahlung dort herrscht, ist also wichtig für künftige Mondmissionen.
ZEIT ONLINE: Nun befindet sich das deutsche Experiment, das vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt gefördert wird, nicht wie sonst üblich an einer europäischen oder amerikanischen Sonde, sondern an Bord einer chinesischen Landeeinheit. Wie kam die Zusammenarbeit zustande?
Wimmer-Schweingruber: Im Herbst 2015 hat eine deutsche Raumfahrtfirma ein Treffen von europäischen Wissenschaftlern organisiert, die ein Interesse haben könnten, auf der chinesischen Mission mitzufliegen. Anschließend hat die Firma die Ideen gesammelt und an die Chinesen weitergeleitet. Im Januar darauf erhielten wir in Kiel die Nachricht, dass unser Experiment ausgewählt wurde. Von da an ging es schnell: In weniger als anderthalb Jahren musste aus unserem Konzeptvorschlag ein handfestes Gerät werden, das sich im Sommer 2017 in den Lander einbauen ließ.
ZEIT ONLINE: War es besonders reizvoll, dass die Chinesen die erdabgewandte Seite des Mondes angestrebt haben?
Wimmer-Schweingruber: Für unser Experiment ist die Mondseite nicht wichtig. Aber es ist schon cool, dort zu landen. Zum einen, weil es noch nie zuvor gelungen ist, zum anderen weil es eine richtige Herausforderung ist. Da sich der Mond zwischen Erde und Lander befindet, lässt sich nicht direkt mit der Landeeinheit kommunizieren. Er musste also autonom landen. Auch ist es schwieriger, Daten von der Rückseite als von der Vorderseite des Mondes zu bekommen. Möglich macht das nun ein Relais-Satellit zur Kommunikation hinter dem Mond, der die Daten weiterleitet.
ZEIT ONLINE: Warum sehen wir eigentlich nur eine Seite des Mondes?
Wimmer-Schweingruber: Innerhalb eines Monats dreht sich der Mond einmal um die Erde und sich selbst währenddessen einmal um die eigene Achse. Gebundene Rotation nennt sich das. Deshalb sehen wir immer dieselbe Seite. Das hat wahrscheinlich auch mit der Entstehung des Mondes zu tun. Er war mal sehr viel näher an der Erde und ist mit der Zeit immer weiter nach außen gewandert, was nur durch das Abbremsen der Eigenrotation möglich war.
In der Nacht zu Donnerstag ist die chinesische Sonde Chang'e 4 auf der Mondoberfläche gelandet. Erstmals haben Menschen damit einen Rover auf der erdabgewandten Seite des Mondes abgesetzt. Mit an Bord: ein Strahlenmessgerät, entwickelt von Forscherinnen und Forschern der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. Im Interview spricht einer der Projektleiter, Robert Wimmer-Schweingruber, über die Aufgaben des Geräts, die Zusammenarbeit mit den Chinesen und die Zukunft der Raumfahrt.
ZEIT ONLINE: Sie haben erfolgreich ein Messgerät auf den Mond geschickt – wie fühlt sich das an?