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Die Frau in Rot | NZZ

Die Frau in Rot

Michael Wenk ⋅ Diese Frau lässt sich in kein Schema pressen. Leinwandruhm verführt allzu leicht zum künstlerischen Kompromiss – eine Versuchung, der Senta Berger widerstanden hat. Wie Catherine Deneuve oder Claudia Cardinale repräsentiert auch sie den Typus einer Lady von

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Michael Wenk ⋅ Diese Frau lässt sich in kein Schema pressen. Leinwandruhm verführt allzu leicht zum künstlerischen Kompromiss – eine Versuchung, der Senta Berger widerstanden hat. Wie Catherine Deneuve oder Claudia Cardinale repräsentiert auch sie den Typus einer Lady von zeitloser Eleganz, erotischem Esprit und Lebensklugheit.

Zu Beginn ihrer Filmkarriere, die sie Anfang der 1960er Jahre in die USA führt, fällt Senta Berger schon allein optisch aus dem Rahmen. Anders als ihre Kollegin Elke Sommer steht sie nicht für das blonde «Fräuleinwunder» made in Germany. Ihr rotes Haar signalisiert Leidenschaft, Temperament und Unangepasstheit. Letztere beweist die am 13. Mai 1941 geborene Wienerin bereits während ihrer Schauspielausbildung am Max-Reinhardt-Seminar: Ohne Erlaubnis der Direktion übernimmt sie eine Rolle in Anatole Litvaks Politdrama «The Journey» (1959) und muss das Seminar daraufhin verlassen.

An Filmangeboten herrscht aber kein Mangel: Der Berliner Filmproduzent Artur Brauner nimmt sie unter einen Fünf-Jahres-Vertrag. Zunächst wird die Berger geholt, wenn es gilt, das Wiener Mädel zu verkörpern, wie im Heinz-Rühmann-Film «Der brave Soldat Schwejk» (1960). Man besetzt sie als Vamp oder verführerische Juwelendiebin in der Simmel-Verfilmung «Es muss nicht immer Kaviar sein» (1961). Aber Senta Berger bleibt nicht bloss fescher Aufputz von «Papas Kino»: Hollywood verpflichtet sie für so unterschiedliche Projekte wie den Western «Major Dundee» (1965) mit Charlton Heston oder die Agentenkomödie «The Ambushers» (1967) mit Dean Martin. In «Cast a Giant Shadow» (1966) steht sie in einer Reihe mit Kirk Douglas, Yul Brynner, John Wayne und Frank Sinatra. Bemerkenswert ist dabei die Rolle der Berger, die hier eine jüdische Untergrundkämpferin zur Zeit der Staatsgründung Israels darstellt.

Zu einem weiteren Wegweiser wird die Begegnung mit ihrem Schauspielerkollegen und späteren Ehemann Michael Verhoeven. 1965 gründet das Paar die Produktionsfirma Sentana Film, bis heute eine feine Adresse für engagierte, gesellschaftskritische Stoffe. Dass Senta Berger als Produzentin hinter so renommierten Regiearbeiten Verhoevens wie «Die Weisse Rose» (1982) oder «Das schreckliche Mädchen» (1989) steht, nimmt die Öffentlichkeit eher beiläufig zur Kenntnis. Eine ihr gewidmete Retrospektive des Filmarchiv Austria bis zum 26. Mai beleuchtet auch diesen Aspekt ihres cineastischen Schaffens. In den 1970er Jahren gilt Berger dem Jungen Deutschen Film als Exponentin eines inhaltlich überkommenen und unpolitischen Kommerzkinos. Angebote von Regisseuren wie Volker Schlöndorff, der mit ihr die Titelrolle seines Gesellschaftskrimis «Die Moral der Ruth Halbfass» (1971) besetzt, bleiben die Ausnahme.

Ähnlich wie Hannelore Elsner und Christiane Hörbiger vollzieht auch Senta Berger mit Mitte 40 einen Imagewandel. Nun spielt sie Frauen in der zweiten Lebenshälfte. Überzeugend gelingt ihr das in Helmut Dietls Sechsteiler «Kir Royal» (1986) als Geliebte eines Klatschreporters, die sich emanzipiert. In «Satte Farben vor Schwarz» (2009/10), einer ihrer jüngsten Arbeiten fürs Kino, führt sie gemeinsam mit Bruno Ganz vor, wie verstörend ein solcher Ablösungsprozess verlaufen kann.