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Deutsches Textarchiv 2024-12-13 https://www.deutschestextarchiv.de/api/cmdi/fassmann_narr_1729 clarin.eu:cr1:p_1562754657370 Deutsches Textarchiv (1600–1900) Resource https://www.deutschestextarchiv.de/book/download_xml/fassmann_narr_1729 Resource https://www.deutschestextarchiv.de/book/download_html/fassmann_narr_1729 Resource https://www.deutschestextarchiv.de/book/download_txt/fassmann_narr_1729 LandingPage https://www.deutschestextarchiv.de/fassmann_narr_1729 SearchService http://dspin.dwds.de:8088/ddc-sru/dta/ Der Gelehrte Narr, Oder Gantz natürliche Abbildung Solcher Gelehrten, Die da vermeynen alle Gelehrsamkeit und Wissenschafften verschlucket zu haben, auch in dem Wahn stehen, daß ihres gleichen nicht auf Erden zu finden, wannenhero sie alle andere Menschen gegen sich verachten [...] Nebst einer lustigen Dedication und sonderbaren Vorrede Dergleichen verkehrten Gelehrten zur guten Lehre, und verhoffentlich daraus fliessenden Besserung; andern aber, so sich denen Studiis widmen, und noch Anfänger sind, zur getreuen Warnung, auch sonst jederman zum Vergnügen geschrieben Fassmann David http://d-nb.info/gnd/118686194 Geyken Alexander http://d-nb.info/gnd/115266127 Haaf Susanne http://d-nb.info/gnd/1222198746 Jurish Bryan http://d-nb.info/gnd/1019062681 Boenig Matthias Thomas Christian Wiegand Frank Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)https://www.bbaw.de Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe Vollständige digitalisierte Ausgabe. 272 79459 14461 564202 Berlin 2024-12-13T16:19:37Z dta@bbaw.de Deutsches Textarchiv Berlin-Brandenburg Academy of Sciences and Humanities (BBAW) Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW) Jägerstr. 22/23, 10117 Berlin Germany Distributed under the Creative Commons Attribution-ShareAlike 4.0 License. https://www.deutschestextarchiv.de/fassmann_narr_1729 https://www.deutschestextarchiv.de/book/download_xml/fassmann_narr_1729 https://www.deutschestextarchiv.de/book/download_html/fassmann_narr_1729 https://www.deutschestextarchiv.de/book/download_text/fassmann_narr_1729 fassmann_narr_1729 20150 urn:nbn:de:kobv:b4-200905197609 Fassmann, David: Der Gelehrte Narr. Freiburg, 1729. Der Gelehrte Narr, Oder Gantz natürliche Abbildung Solcher Gelehrten, Die da vermeynen alle Gelehrsamkeit und Wissenschafften verschlucket zu haben, auch in dem Wahn stehen, daß ihres gleichen nicht auf Erden zu finden, wannenhero sie alle andere Menschen gegen sich verachten [...] Nebst einer lustigen Dedication und sonderbaren Vorrede Dergleichen verkehrten Gelehrten zur guten Lehre, und verhoffentlich daraus fliessenden Besserung; andern aber, so sich denen Studiis widmen, und noch Anfänger sind, zur getreuen Warnung, auch sonst jederman zum Vergnügen geschrieben Fassmann David http://d-nb.info/gnd/118686194 [20] Bl., 222 S. : Frontisp. (Kupferst.) Freiburg 1729Selbstverlag HAB Wolfenbüttel HAB Wolfenbüttel, M: Ea 218 Dig: http://diglib.hab.de/drucke/ea-218/start.htm Fraktur Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Historical German text source (16th—19th c.) digitized for the Deutsches Textarchiv (German Text Archive) collection according to the TEI-P5 guidelines. (Früh-)Neuhochdeutsch German Belletristik Prosa Belletristik Prosa core ready china printed text Der Gelehrte Narr , Oder Gantz natuͤrliche Abbildung Solcher Gelehrten , Die da vermeynen alle Gelehrſamkeit und Wiſſenſchafften verſchlucket zu haben , auch in dem Wahn ſtehen , daß ihres gleichen nicht auf Erden zu finden , wannenhero ſie alle andere Menſchen gegen ſich verachten , einen unertraͤglichen Stoltz und Hochmuth von ſich ſpuͤren laſſen ; in der That aber doch ſelber ſo , wie ſie in ihrer Haut ſtecken , Jgnoranten , Pedanten , ja Ertz-Fantaſten und tumme Gympel ſind , die von der wahren Gelehrſamkeit , womit die Weisheit verknuͤpffet ſeyn muß , weit entfernet . Nebſt einer luſtigen DEDICATION und ſonderbaren Vorrede . Dergleichen verkehrten Gelehrten zur guten Lehre , und verhoffentlich daraus flieſſenden Beſſerung ; andern aber , ſo ſich denen Studiis widmen , und noch Anfaͤnger ſind , zur getreuen Warnung , auch ſonſt jederman zum Vergnuͤgen geſchrieben . Gedruckt zu FREYBURG Anno 1729 . auf deß Autoris eigene Koſten . DEDICATION . Dem Großgebohrnen , Großgelahrten und Großweiſen Herrn , HERRN Peter Baron von Squentz , Erb-Herrn auf Naͤrrſch- und Tollhauſen , POLYHISTORI , Groß-Cancellario in dem Platoniſchen Utopia , Groß- Schatzmeiſtern aller Philoſophiſchen Weisheiten , Groß-Reverentz- Meiſtern auf dem Parnaſſo , Groß-Jnſpectorn uͤber den Nord- und Suͤder-Pol , Groß-Obſervatorn des Lauffes aller Planeten , aller Sternen und ihrer Jnfluentz , ingleichen aller andern ſogenannten Himmliſchen Zeichen , wie ſie in dem Calender beſchrieben und abgemahlet , Groß-Judicirern uͤber die Conſtellationes , uͤber die Sonnen- und Monden-Finſterniſſe , ſie moͤgen ſichtbar oder unſichtbar ſeyn , uͤber die Cometen und andere Lufft-Zeichen , auch uͤber ihre Wirckungen und Bedeutungen ; ja Groß-Beguckern des gantzen Firmaments , und General-Viſitatorn des Horizonts & c. & c. &c . Meinem Großgeehrten auch Großgeneigten Herrn , und vortrefflichen Patron . Großgebohrner , Großgelahrter und Großweiſer , Inſonders Großgeehrter und Großgeneigter Herr , und vortrefflicher Patron . DU Narr ! du Pavians-Phyſionomie ! Viſage à faire rire , oder du laͤcherliches Geſichte ! Du Affe ! Du Haaſe ! Du Pedant ! Du Jgnorant ! Du Limmel ! Du Toͤlpel ! Du Pantoffel- Holtz ꝛc . Wie klingen dieſe Worte ? Großgeehrter , auch Großgeneigter Herr und vortrefflicher Patron ! Ich frage , wie ſie in Dero Ohren klingen ? und bin verſichert , Sie werden mir antworten und ſagen : Ey pfuy ! das ſind lauter haͤßliche Schand- und Schimpf-Worte , die man niemals einem Menſchen , geſchweige einem Gelehrten , auf den Buckel werffen muß . O ſehr wohl geurtheilet ! und ich bin vollkommen Ihrer Meynung . Nichts deſtoweniger wuͤrde ich mich ſolcher Worte bedienen , und mir nicht das geringſte Bedencken dabey machen , wann ich mir ein gelehrtes Monſtrum ausgeſehen , und beſchloſſen haͤtte , demſelben dieſes Buch , welches der Gelehrte Narr betitelt iſt , zu dediciren . Denn gelehrte Monſtra nenne ich ſolche Leute , die alle Claſſen auf Schulen und Univerſitaͤten durchgegangen , auch daher prætendiren , alles zu wiſſen , alles einzuſehen , alles zu begreiffen , und uͤber alles ein excellentes Urtheil , das die Quinteſſence des Verſtandes in ſich fuͤhre , zu faͤllen , wobey ſie alle andere Menſchen verachten , auch ſolche aus einem gelehrten Stoltz und einer falſchen Einbildung , gegen ſich nur vor Staub halten ; in der That aber , und bey allem dem , was ſie auf Schulen und Univerſitaͤten oder ſonſt jemals gehoͤret , Matzen und Lappen , Narren und tumme Schoͤpfe geblieben , von denen die wahre Weisheit weit entfernet , weil der Saame der Gelehrſamkeit auf ein duͤrres Land und ungeſundes Gehirn gefallen ; an ſtatt daß andere , in deren Koͤpffen ein geſundes nicht mit Heckerling und Pferde-Miſt vermiſchtes Gehirn lieget , die vortrefflichſten Maͤnner zu werden pflegen , wann ſie von denen Schüler-Gymnaſiaſten- und Studenten-Jahren behoͤrig profitiren . Aber , nachdem ich meine Augen auf Ew. Groſzgebohrn , Groſzgelahr- und Groſzweisheit gerichtet , u. mir die Freyheit nehme , Ihnen dieſes Buch zu dediciren ; ſo bekenne ich hertzlich gerne , daß ich faſt nicht weiß , wo ich Honigſüſſe und Reſpects-volle , Dero groſſen gelehrten Meriten gemaͤſſe Worte genug hernehmen ſolle , meine Dedication damit auszuſchmuͤcken u. auszuſpicken ; allermaſſen mir gar wohl bekannt , daß Ew. Groſzgebohrn , Groſzgelahr- und Groſzweisheit eben ſo ſehr mit ungemeinen Meriten beladen , als wie bisweilen ein Eſel ( jedoch ſans Comparaiſon ) mit Saͤcken beſchweret iſt , wann er aus oder in die Muͤhle gehet . Mein guldener Peter ! Mein ſilberner Peter ! Mein Perl- und Diamantener Peter ! ſage ich demnach zu Ew. Großgebohrn , Großgelahr- und Großweisheit , Sie , Sie , Sie ſind ein gelehrtes Wunder unſerer Zeiten , und geben , ſo offt dieſelben nur Dero Mund eroͤffnen , oder die Feder anſetzen , der Welt etwas ſchriftlich zu communiciren , einen lieblichen balſamiſchen Geruch der Gelehrſamkeit und Weisheit von ſich , der alles charmiret und bezaubert . Alle Dero Worte ſind admirable , und an allen Buchſtaben , die aus Dero Feder flieſſen , klebet Klugheit , wie Pech an denen Faͤßern , worinnen man an vielen Orten das ſtarcke braune Bier zu verwahren pfleget . Die vornehmſten Gelehrten haben ſich gluͤckſelig zu ſchaͤtzen , wann ſie von Ew. Großgebohrn , Großgelahr- und Großweisheit fein weit entfernet ſind , weil anderer geſtalt ihre Ehre und Reputation nicht beſtehen koͤnte , ſondern dieſelben neben Ew. Großgebohrn , Großgelahr- und Großweisheit zu Narren werden muͤſten . Denn es mag ein vor alle mal keine Gelehrſamkeit noch Weisheit von der Welt uͤber derjenigen ſeyn , ſo in Ew. Großgebohrn , Großgelahr- und Großweisheit Gehirne ihre Reſidentz genommen , noch etwas , obwohl ſonſt gelehrtes , gegen dieſelbe beſtehen , ſondern muß davor zerſchmeltzen , wie Butter in der Sonnen . Plato mit ſeiner Klugheit ſtecket in Ew. Großgebohrn , Großgelahr- und Großweisheit Daumen rechter Hand . Ariſtoteles mit ſeiner hohen Gelehrſamkeit , Scharffſinnigkeit und Scharffſichtigkeit , womit er das dickſte Gewoͤlcke , und die unermeßliche Weite der Lufft , wie auch die tiefſten Kluͤffte und Abgründe des Erdbodens durchdrungen , wohnet in Dero rechten Zeiger-Finger . Cicero mit ſeiner Beredſamkeit in Dero rechten Mittel-Finger . Seneca mit ſeinen ſcharffſinnigen Sententiis in den folgenden Finger , und in den kleinen Finger Ihrer rechten Hand ſind alle übrigen kleinern Bernhaͤuter von Philoſophis , wie da ſeynd geweſen Democritus , Heraclitus , Diogenes & c. mit aller ihrer Gelehrſamkeit , Wiſſenſchaften und Grillenfaͤngereyen eingeſchloſſen . Die lincke Hand Ew. Großgebohrn , Großgelahr- und Großweisheit betreffende , ſo ſtecket in den Daumen Homerus ; in den Zeiger-Finger Ovidius ; im Mittel-Finger Horatius ; in den folgenden Finger Virgilius ; und in den kleinen alle andere kleine Fabelhanſen von Poëten des Alterthums , mit ihren Einfaͤllen und Operibus . Die Staats-Klugheit ſtecket Ew. Großgebohrn , Großgelahr- u. Großweisheit , Faͤuſt-dicke hinter denen Ohren , und die Rechts- Gelehrſamkeit ſitzet Ihnen im Nacken ; auch Dero uͤbrigen Gliedmaſſen des Leibes faſt durch die Banck , ja ſo gar die Zaͤhen an denen Fuͤſſen , ſind mit Gelehrſamkeit angefuͤllet , wie in denen wohlbeſtellten Apothecken die Buͤchſen und Schachteln mit koͤſtlichen Specereyen , dergeſtalt , daß Sie von denen Fußſohlen bis an den Kopf , von hohen Wiſſenſchaften ſtrotzen , wie ein Sack , wann er mit Quirlln und Ruͤhrloͤffeln angefuͤllet iſt . Was Wunder iſt es demnach , wann man von Ew. Großgebohrn , Großgelahr- und Groſzweisheit ruͤhmen und preiſen hoͤret , wie Sie ſo groſſe gelehrte Wunderthaten verrichten , welche darinnen beſtehen , daß dieſelben erſtlich ſo viele mit hohen Wiſſenſchaften angefuͤllete Buͤcher ausgehen laſſen , daß auch einig und allein das , was nur davon zu Maculatur wird , hinlaͤnglich iſt , denen Materialiſten in etlichen groſſen Staͤdten alles benoͤthigte Papier zu Pfeffer- und andern Tuͤthen zu fourniren . Hernach ſo iſt das erſtaunens-wuͤrdige Geruͤchte in der Welt erſchollen , welchermaſſen einige Affen , die aus Africa heraus in unſer Clima gekom̃en , und ſo gluͤcklich geweſen , von Ew. Großgebohrn , Groſzgelahr- u. Groſzweisheit Unterricht zu profitiren , nebſt einigen Haaſen zu Philoſophis worden ; an ſtatt daß verkehrte Gelehrte , durch ihre ungereimte und ungeſchickte Diſcurſe , vielmals aus Menſchen Affen und Haaſen zu machen pflegen . Billig iſt es derohalben , daß die gantze Gelehrte Welt mit mir aus vollem Halſe ruffe und ſchreye : Miracul ! Miracul ! Lange lebe noch unſer Groſzgebohrner , Groſzgelahrter und Groſzweiſer Herr Peter Baron von Squentz , mit ſeinen unerhoͤrten Wiſſenſchaften und Schriften ! worinnen die Gelehrſamkeit und Weisheit in einen ſo hohen Grad zu finden , daſz ſie auch von andern wahren Gelehrten nicht einmal mag begriffen und verſtanden werden , ſondern dieſe erſt allemal um eine weitere Erklaͤhrung bitten und ſuppliciren muͤſſen . O Schlaraffenland wie gluͤckſelig waͤreſt du , wañ der groͤſte unter denen Philoſophis , welches unſtreitig unſer Groſzgebohrner , Groſzgelahrter und Groſzweiſer Herr Peter Baron von Squentz iſt , nur einige Tritte und Schritte innerhalb deinen Graͤntzen thaͤte ! Alle deine Einwohner wuͤrden ſogleich mit Gelehrſamkeit und Wiſſenſchaften prangen . O du Narren-Inſel ! von welcher vor wenig Wochen , in der Quinteſſence des Nouvelles , ſo woͤchentlich zweymal in Amſterdam heraus kom̃et , meldung geſchehen . Wie gluͤckſelig wuͤrdeſt du nicht ebenfals ſeyn , wañ unſer Groſzgebohrner Groſzgelahrter und Groſzweiſer Herr Peter Baron von Squentz , nur eine kleine Zeit in deinen Gegenden ſich aufhielte . Denn es wuͤrde eine dermaſſen gelehrte Ausduͤnſtung von ſeinen Fuͤſſen heraus gehen , die capable waͤre , aller deiner Einwohner Kranckheiten zu curiren . Ja du Ratten-Inſel ! von der man in der nur-angefuͤhrten Eſſence des Nouvelles gleicher geſtalt einige ſonderbare Nachrichten geleſen . Wer weiſz , was aus deinen Einwohnern werden wuͤrde , wann ſie des groſzgelehrten Unterrichts unſers Groſzgebohrnen , Groſzgelahrten und Groſzweiſen Herrn Peters Baron von Squentzens genieſſen koͤnten . Denn ſind ſie ſchon ſo polit , daſz ſie dem Schiff , welches aus der Narren-Inſel abgeſegelt , neue Entdeckungen zu machen , Deputirte entgegen geſchicket , und die , welche ans Land geſtiegen , wohl empfangen und wohl bewirthet , warum ſolten ſie nicht durch die Klugheit unſers theuren , Groſzgebohrnen , Groſzgelahrten und Groſzweiſen Herrn Peters , Baron von Squentzens , zu noch artigern etlichen uralten heydniſchen Philoſophis und Stoicis gleichen Creaturen koͤnnen gemachet werden . Dabey waͤre kein Zweiffel , daß die Ratten hernach nicht ſo raiſonnable ſeyn , und ihn davor zu ihren Herrn erwehlen ſolten . O da wartete ich gantz gewiſz mit einem Carmine auf , meine Gratulation darinnen abzuſtatten , und meine Freude zu bezeugen , daſz Sie mein vortrefflicher Patron , nachdem Dieſelben , durch Dero Meriten bishero , ſo viele Titel erworben , endlich gar zum Ratten-Koͤnig worden waͤren . Aber ſiehe da ! Was faͤllet mir doch hierbey ein ? Ich gedencke bey mir ſelber , wie es doch moͤglich geweſen , daß ein ſo gar gelehrtes Wunder , als Ew. Groſzgebohrn , Groſzgelahr- und Groſzweisheit ſind , jemals in der Welt hat moͤgen zum Vorſchein kommen ? und finde vielleicht die Raiſon . Man ſpricht nemlich , und haͤlt dafuͤr , es thue das Geſtirne , bey der Zeugung und Geburt des Menſchen , vermittelſt ſeiner Influentz , eine maͤchtige Wirckung . Daferne nun dieſes wahr und richtig iſt , ſo glaube ich gaͤntzlich , daß ſich , nebſt dem uͤbrigen wirckenden Geſtirne , der gantze Zodiacus oder Thier-Creyß , bey der Zeugung und Geburt Ew. Großgebohrn , Großgelahrheit und Großweisheit , gar ſehr intereſſiret , und ein jedweder Theil , derer Zwoͤlfe ſind , ins beſondere ſich bemuͤhet , Ihnen etwas von ſeiner Natur und Eigenſchaft einzufloͤſſen . Solches wird vornemlich der Widder , der Stier , der Krebs , der Loͤwe , der Scorpion , der Steinbock , und der Stockfiſch gethan haben ; woraus dann allerdings etwas Extraordinaires erfolgen muͤſſen , welches in ſeinem Metier excelliret , und ein groſſes Aufſehen in der Welt machet . Dieſes ſind meine zufaͤllige Gedancken , und meine Hochachtung gegen Ew. Großgebohrn , Großgelahr- und Großweisheit iſt eben darum deſto groͤſſer , weil ich davor halte , daß Sie in einer ſehr genauen Verwandtſchafft mit dem Zodiaco ſtehen ; hoffe anbey , Dieſelben werden geruhen , meine gegenwaͤrtige Dedication , die aus ſehr guter Meynung geſchiehet , guͤtigſt auf- und anzunehmen . Jedoch noch eines : Weil ich vor alles beſorget bin , wobey die Ehre und Wohlfahrt Ew. Großgebohrn , Groſzgelahr- und Groſzweisheit intereſſiret , ſo kan ich mich nicht entbrechen , Sie zu bitten und zu ermahnen , Ihnen auch zu rathen , ins kuͤnftige das Geſicht nicht immer ſo aufwaͤrts gen Him̃el zu kehren , noch das Maul ſtets ſo offen zu halten . Denn es kommet jetzo der Sommer bald wieder herbey , und die Schwalben werden ſich einfinden ; da dann Ew. Großgebohrn , Großgelahr- und Großweisheit , einmal gar leichtlich einen unangenehmen Zufall , entweder in denen Augen , oder in dem Maul haben koͤnten , welches mir überaus leid zu hoͤren ſeyn wuͤrde . Hiermit empfehle ich mich zu Dero beſtaͤndigen unſchaͤtzbaren Gewogenheit , und verharre mit aller aufrichtigen Ergebenheit , Ew. Groſzgebohrn , Groſzgelahr- und Groſzweisheit , Meines Großgeehrteſten auch Großgeneigten Herrn und vortrefflichen Patrons Freyburg im Mertzen , da mir einfiel mit Peter Squentzen zu ſchertzen , und im Jahre der Welt 5678 . nach der beſten Rechnung . gehorſamer Diener Der Autor , Jetzt ungenannt ; Sonſt wohl bekannt . P. S. Nachdem Ew. Großgebohrn , Großgelahr- und Großweisheit in der hohen Reputation ſtehen , daß Sie Fragen , die ſonſt unaufloͤßlich ſind , und von andern nicht beantwortet werden koͤnnen , ſonder Mühe entſcheiden ; ich aber von einigen vorwitzigen Leuten geplaget werde , allerhand ſchwere Fragen zu beantworten , ſo bitte ich , Dieſelben wollen geruhen , mir in geheim zu melden : 1 ) Wie des Æſopi Buckel ausgeſehen , ob er nemlich wie ein Comma , oder wie ein Semicolon; oder wie ein Punctum . geſtaltet geweſen ? Ingleichen was die Syrenen vor Lieder geſungen ? auch ob ſich der Baß , der Tenor , der Alt , der erſte u. andere Diſcant dabey hoͤren laſſen ? Solche Bitte thue ich darum , damit ich auf dieſe Weiſe den Vorwitz derer , die mich mit dergleichen Fragen vexiren , ſtillen koͤnne . Ihnen Ihres Orts werde ich vor deren Aufloͤſung gar ſehr verbunden ſeyn . Erklaͤhrung des Kupffers : Der Gelehrte Narr ſitzet in ſeinem Muſeo , mit einem Schlaff-Peltz bekleidet , und eine groſſe Peruque aufhabende . Etliche Affen und Haaſen genieſſen ſeines Unterrichts , und ſuchen von ſeinen gelehrten Diſcourſen zu profitiren . Ein Affe iſt beſorget , die Peruque des Gelehrten Narrn auszukaͤmmen . Der Satyr Silenus , von dem man lieſet , daß er des Bacchi Pfleg-Vater geweſen , ihn auch auf ſeinen Zug nach Indien begleitet , haͤlt dem Gelehrten Narrn ein groſſes Buch vor , aus welchem ein unartiger Affe ein Blat reiſſet , und ſeinen Hinterſten damit wiſchet . Von dieſem Sileno iſt hierbey noch dieſes zu mercken , daß er ſonſt auf einem Eſel reitende , und ſtets truncken , pfleget vorgeſtellet zu werden . Der Gelehrte Narr will dem unartigen Affen , ſeiner Boßheit wegen , mit einem Stecken auf den Kopf ſchlagen . Ein anderer Satyr aber præſentiret dem Gelehrten Narrn eine angeſteckte Pfeiffe Toback , ſeinen Zorn dadurch zu beſaͤnfftigen . Unten beym Gelehrten Narrn ſtehet eine Bouteille mit Bier und ein Glaß , weil er immer durſtig iſt , und ſehr gerne zu trincken pfleget . Vorrede . An den Nach Standes-Gebuͤhr angeſehenen und geehrten Leſer . ICh habe eben jetzo , in meiner Dedication an Petern Baron von Squentzen geſchertzet ; aber mit dem nach Standes-Gebuͤhr angeſehenen und geehrten Leſer muß ich in dieſer Vorrede ernſtlich reden . Vor allen Dingen bitte ich , man wolle uͤberhaupt nicht , weder von dem Titel , noch von der Dedication , noch von dem gantzen Inhalt des Tractats uͤbel , ſondern viel lieber gelinde urtheilen , weil es eine gantz ſonderbare Beſchaffenheit damit hat , ohne welche das Buch nimmermehr zum Vorſchein gekommen ſeyn wuͤrde . Hiernechſt erſuche ich auch den nach Standes-Gebuͤhr angeſehenen und geehrten Leſer , daß er nicht etwa auf die Gedancken gerathen wolle , ob trachtete ich , mich uͤber die Gelehrſamkeit , und die , ſo Profeſſion davon machen , oder uͤber gute Academiſche Gewohnheiten zu moquiren , und mein Geſpoͤtte damit zu treiben . Man thue mir hierinnen ja nicht unrecht . Denn ich verſichere auf mein Gewiſſen , daß mir nie ein dahin zielender Gedancke in den Sinn gekommen , und ich habe in ſolcher Intention die Feder gar nicht angeſetzet . Au contraire , der Werth wahrer und vernuͤnftigen Gelehrten iſt mir nicht unbekannt , und ich verehre einen jedweden , nach ſeiner Ordnung und der Claſſe , worzu er gehoͤret , gebuͤhrender maſſen . Ich weiß , wie hoch ein Theologus zu halten , der eine gruͤndliche Theologiſche Gelehrſamkeit , und eine Apoſtoliſche Gabe zu predigen , zu lehren und zu unterrichten beſitzet , ſein Amt wohl beſorget , deſſen eigenes Leben und Wandel auch mit ſeiner Lehre fein richtig harmoniret und uͤbereinſtimmet . Ach ein ſolcher Mann iſt werth , daß man ihn zehenfaͤltig ehre und liebe . Einem Juriſten , der das ſeinige recht gelernet , und recht verſtehet , gebuͤhret ebenfalls alles Lob , wann er keine andern als ſolche Sachen zu defendiren auf ſich nimmet , ſo die Gerechtigkeit wircklich zur Seite haben , oder die er doch zum wenigſten , ſeiner Meynung nach , vor gerecht haͤlt , ſolte er ſich auch irren ; hernach aber ſeiner Parthey mit aller Treue und Aufrichtigkeit dienet . Und wer wolte einen Medicum nicht æſtimiren und hoch halten , da wir in der Schrifft ſelber leſen , daß man den Artzt ehren ſolle . Es muß aber der Medicus ſeine Profeſſion ex fundamento verſtehen , die Gabe haben cauſam Morbi einzuſehen und zu erforſchen , auch ſeine Patienten mit gebuͤhrender Treue und Sorgfalt bedienen und abwarten . Alle andere Gelehrte , wie ſie Namen haben , und in was vor Aemtern dieſelben ſtehen , wann ſie eine wahre , von der Pedanterey und falſchen Vorurtheilen befreyete Gelehrſamkeit , nebſt einem geſunden Judicio beſitzen , ſind lauter theure und venerable Maͤnner in meinen Augen , abſonderlich wann ſie auf Schulen und Univerſitaͤten lehren und unterrichten . Wackerer und fleißiger Schulmaͤnner ihre Muͤhe wird auf Erden ſelten gebuͤhrend belohnet . Es ſind Maͤrtyrer , welche erſt ihre rechte Belohnung , und die Crone vor ihre Arbeit , in dem Himmel erwarten muͤſſen . Aber wie viele Maͤnner haben wir nicht , die gantz anders beſchaffen ſeynd , ob ſie gleich gelehrte heiſſen , und unter die Zahl derer Gelehrten gerechnet werden , weil ſie auf Schulen und Univerſitaͤten geweſen , daſelbſt inſcribiret , auch wohl zu ſolchen Aemtern und Bedienungen gelanget ſind , die anders nicht , als mit wahren und Weisheits-vollen Gelehrten , ſo mit dem geſundeſten Verſtande begabet , ſolten beſetzet ſeyn . Was desfalls oͤffters die Urſache iſt , daß ſich nemlich dergleichen verkehrte Leute unter denen Gelehrten befinden , ſolches wird der nach Standes-Gebühr angeſehene und geehrte Leſer zwar in dieſem Tractat zur Gnuͤge angefuͤhret finden ; allein es kan nicht ſchaden , wann ich auch , gleich allhier in der Vorrede , etwas davon gedencke , weil ohne diß allemal die Vorrede eine Emphaſis von dem gantzen Wercke ſeyn ſolle , dem ſie vorgeſetzet iſt . Elende Stuͤmper und verkehrte Gelehrte kommen erſtlich daher , wann man Gemuͤther gleichſam bey denen Haaren zum Studieren ziehet , die entweder keine Luſt , oder keine Gaben , oder wohl von beyden nichts darzu haben . Was koͤnte oder wolte doch wohl aus dergleichen Leuten werden ? nichts , ſondern ſie bleiben geſchnitzte Hoͤltzer und ſtumme Goͤtzen , denen der benoͤthigte Geiſt und das Leben fehlet . Einen Knaben und Schuͤler , welchen man denen Studiis widmet , ſolle man vorhero wohl erforſchen , ob er Luſt und Liebe darzu hat ? ingleichen ob er mit einer gluͤcklichen Memoria , einem herrlichen Ingenio und guten Judicio verſehen iſt . Findet man ihn damit begabet , ſo ziehe er voller Hoffnung auf Gymnaſia und Univerſitaͤten , und die Hoffnung wird erfuͤllet , wann er nur nicht das Ungluͤck hat , daß er in boͤſe Geſellſchaften verfaͤllet , mit denen er die edle Zeit verſchwendet , und dabey , aller ſchoͤnen Gaben ungeachtet , dennoch ein Jgnorant bleibet . Findet man bey Knaben und Schuͤlern die vorbeſagten Dinge nicht , als unumgaͤngliche Requiſita , die bey denen Studiis erfordert werden , ſo laſſe man ſie ja eine andere Profeſſion erwehlen ; oder es wird gantz gewiß nichts aus ihnen . Ferner gereichet es der Gelehrſamkeit zu einem groſſen tort , wann man auf ſich nimmet , und ſich vorſetzet , allzuviele Wiſſenſchaften , und allzuviele Sprachen , auf einmal zu erlernen . Ein jedweder muß allerdings dahin trachten , in demjenigen Studio , wovon er eigentlich Profeſſion machen will zu excelliren , und ein vollkommener Meiſter darinnen zu werden . Beſitzet er nun auch , nebſt der Mutter-Sprache , noch zwey , drey , vier biß fuͤnf andere Sprachen , wovon einige vielleicht ohne diß von dem Studio , das man zu ſeiner Profeſſion erwehlet hat , inſeparable ſind , ſo iſt es deſto beſſer , nuͤtzlicher und ruͤhmlicher . Man mag auch wohl in zwey oder drey , bis vier , Gattungen von Studiis ſuchen ein Meiſter zu werden ; wie es dann z. E. weder einem Theologo , noch einem Juriſten , noch einem Medico , etwas ſchweres iſt , zu gleicher Zeit ein guter Hiſtoricus und vernuͤnftiger Philoſophus zu ſeyn ; und es klinget von einem Juriſten gar ſchoͤn , wann man von ihm ſaget : Er iſt auch ein trefflicher Publiciſt . Allein wir wiſſen ja , daß es nicht wenig Gelehrte giebet , welche ſich auf zwantzig bis zwey und dreyſig und noch mehr Sprachen legen , Verſe darinnen machen , und prætendiren vollkommene Meiſter ſolcher Sprachen , ingleichen von zwantzig andern Wiſſenſchaften zu ſeyn ; obwohl eine von der andern gar ſehr unterſchieden , und ſo beſchaffen , daß faſt zu einer jedweden ein eigener Mann erfordert wird . Ich meines Orts zweiffele demnach , daß es rathſam und thunlich , wann einer der Jura ſtudiret , mit der Hebraͤiſchen , Chaldaͤiſchen , Syriſchen , Arabiſchen , Malabariſchen- und Hottentoten-Sprache ſich den Kopf verwirret ; oder ſich allzuſehr mit der Phyſica und Chymie vermenget ; oder aber ſich beſtrebet , es denen alten Egyptiern in ihrer Hieroglyphiſchen Schreib-Art gleich zu thun ; geſchweige wann man ſich etwa gar bemuͤhet , ein Meiſter in der Steganographia Sympathetica zu werden . Von ſo unzehligen Jdéen nun wird der Kopf confundiret ; woraus nachgehends erſchreckliche Lapſus Judicii diſcretivi entſtehen . Endlich kommet eine ſtarcke Diſtraction bey noch ſehr guten Jahren darzu , und hiermit iſt der Narr da . Er ſeines Orts bildet ſich zwar wohl ein , weit mehr als ſonſt alle Gelehrte zu wiſſen , meynet auch , daß andere Menſchen , die keine Studia haben , gegen ihn ein bloſſes nichts , ja wohl gar Beſtien ſeyen . Allein er iſt und bleibet ein Narr und purer Pedant , der wie ein Papagey herſchwatzet , was er von andern gehoͤret , oder in ihren Schriften aufgeklaubet ; keinesweges aber capable iſt , uͤber eine vorkommende Materie ſelber ein geſundes Urtheil zu faͤllen . Academiſche Titel , wann ſie tumme einfaͤltige Schoͤpfe an ſich bringen , die nichts gelernet haben , thun ebenfalls eine gantz greuliche Wirckung . Denn der tumme und einfaͤltige Schoͤps , ſo bald er damit pranget , vermeynet , er muͤſſe nunmehro groß thun , ſtoltz und hoffaͤrtig ſeyn , mithin andere Menſchen nur uͤber die Schultern anſehen , weshalb er ſich ſolche Airs und Minen giebet , die nicht affectirter ſeyn koͤnnen . Er ſpricht wenig , damit er ſeine Jgnorantz nicht verrathe ; es waͤre dann , daß bißweilen eine lateiniſche Paſſage , oder etliche Phraſes , ihm entfahren , die er in dem Seneca , in dem Cicerone , in dem Ariſtotele , oder in andern alten Autoribus geleſen , und ſie nunmehro mit groſſer Autoritaͤt daher ſaget . Der Doctor-Licentiaten-Magiſter- und andere Academiſche Titel , jedweder nach ſeiner Art und Proportion , ſind , wie alle vernuͤnftige Menſchen ſolches erkennen und bekennen , etwas vortreffliches , und aller Ehren wuͤrdiges . Aber es muß mit der Perſon , die einen dergleichen Titel fuͤhret , ſo beſchaffen ſeyn , daß der Titel durch ihre Geſchicklichkeit , Gelehrſamkeit und Tugenden eben ſo ſehr , ja faſt noch mehr , als die Perſon durch den Titel , geehret und anſehnlich gemachet werde . Wo dieſes nicht iſt , ſondern der Herr Doctor , der Herr Licentiat , der Herr Magiſter & c. iſt etwa ein Pedant , ein Toͤlpel und Eſel in der Haut , der weder wahre Gelehrſamkeit und Geſchicklichkeit , noch Tugenden und Meriten beſitzet , ſo bedeutet ſein gantzer Academiſcher Titel nichts . Wer das Contrarium behaupten wolte , muͤſte billigen , daß auch unvernuͤnfftigen Creaturen , vors Geld , Academiſche Titel beygeleget wuͤrden , als wie die Univerſitaͤt zu Padua , in Italien , bereits in dem Ruff ſtehet , als ob daſelbſt Eſel zu Doctoren gemachet wuͤrden ; und daß man hernach dergleichen graduirte Creaturen vor das erkennen muͤſte , worzu ſie von dieſer oder jener Univerſitaͤt gemachet worden . Aber ferne ſeye von uns dieſes . Univerſitaͤten haben zwar das Privilegium von Kaͤyſern , Koͤnigen u. maͤchtigen Fürſten , auch in Roͤmiſch-Catholiſchen Landen von Paͤbſten , daß ſie Doctores , Licentiatos , Magiſtros , Baccalaureos & c. creiren koͤnnen . Allein ſie ſollen lauter gelehrte , tuͤchtige , geſchickte , mit Tugenden und guten Qualitaͤten geſchmuͤckte Subjecta darzu nehmen ; Jgnoranten , Pedanten , grobe und unvernuͤnfftige Leute hingegen abgewieſen werden . Handelt man darwider , ſo gereichet es der gelehrten Welt zur Schande , und dem Publico zum Schaden . Denn man vertrauet bißweilen einer graduirten Perſon ein Amt an , und vermeynet mit ihr wohl verſorget zu ſeyn , weil ſie einen Academiſchen Titel fuͤhret . In kurtzer Zeit aber aͤuſſert ſich das Widerſpiel , und da leiden gantze Gemeinden daruͤber Noth . Ein ſehr groſſes Elend , bey dem gantzen gelehrten Weſen , iſt bißhero auch wohl dieſes mit geweſen , daß man ſich ſo gar genau u. ſtreng an die Meynungen alter Philoſophorum , u. anderer laͤngſt verſtorbenen Gelehrten gebunden , und kein eigenes geſundes Urtheil dargegen auf kommen noch guͤltig ſeyn laſſen wollen . Daruͤber haben die wackerſten gelehrten Maͤnner vielfaͤltig geklaget , wie auch noch gantz neulich geſchehen , da man den hohen Geiſt des vor ſechs Monaten erblaſſeten , und zu ſeiner ewigen Ruhe gegangenen weltberuͤhmten Thomaſii in einer gewiſſen , uͤber ſeinen Todt gehaltenen vortrefflichen Rede , auf das loͤblichſte und gerechteſte bewundert hat . Der Freyheit-liebende Thomaſius heiſſet es in derſelben Rede unter andern , trat zu einer ſolchen Zeit auf den Schau-Platz der gelehrten Welt , da die Welt-Weisheit , und mit derſelben faſt die gantze Gelehrſamkeit , durch tauſend haͤßliche Larven derer ſchaͤdlichſten Vorurtheile , inſonderheit des Ehranſehens und Alterthums , auf das abſcheulichſte verunſtaltet war . Ariſtoteles , Thomas , Scotus , Occam , Lombardus , Porcianus , Carteſius , wurden , wo nicht als Philoſophiſche Goͤtter , doch zum wenigſten als allgewaltige Monarchen des Reichs der Welt-Weisheit angebetet . Man hatte ihren Meynungen , unverdient , die Verbindlichkeit geſtrenger Geſetze beygeleget , und hielte es gleichſam vor ein Verbrechen der beleidigten Majeſtaͤt , von denenſelben nur eine Haar-breit abzuweichen . Vernunfft-Natur- und Sitten-Lehre waren durch die ungereimte Vermiſchung der Scholaſtiſchen Metaphyſic , nichts als ein reicher Vorrath von leeren und duncklen Woͤrtern . Der hohe Geiſt des Thomaſius kunte ſich unmoͤglich zu einer ſo niedertraͤchtigen Sclaverey bequemen , und die noch ſo Centnerſchweren Ketten der Pedanterey , waren nicht vermoͤgend ihn in dem tieffen Kercker der duncklen Unwiſſenheit gefangen zu halten . Er riſſe dieſe Bande ruͤhmlichſt entzwey ; er zerbrach die Thuͤren eines unertraͤglichen Gefaͤngniſſes ; er erhube ſich , als ein munterer Adler , zu dem hellſtrahlenden Licht der Sonnen-klaren Wahrheit : ja , ſein Lobens-wuͤrdiges Beyſpiel ermunterte viele zu einer glücklichen Nachfolge . Nunmehro beſtritte er , mit faſt unuͤberwindlichen Waffen , die in der Vernunfft-Lehre eingeriſſenen Irrthuͤmer . Nunmehro zeigte er einen gebaͤhntern Weg in ſcharfſinniger Erkaͤnntniß der Wahrheit gluͤcklicher fortzukom̃en . Nunmehro widerlegte er die irrigen Lehr-Saͤtze derer Carteſianer vom Weſen des Geiſtes . Nunmehro entdeckte er die Maͤngel der Ariſtoteliſchen Ethic , und that zulaͤnglichere Vorſchlaͤge , die Sitten-Lehre , benebſt einen vernuͤnfftigen Begriff von denen Leidenſchafften des Gemuͤthes ſich bekannt zu machen . Nunmehro continuirte er , auf den von Grotius und Puffendorffen im Rechte der Natur gelegten Grund fortzubauen ſuchte , inſonderheit des letztern Grund-Saͤtze auf das gruͤndlichſte zu erlaͤutern , und gab ſich alle erſinnliche Muͤhe , dieſen ſo unentbehrlichen Theil der Gelehrſamkeit von allen Scholaſtiſchen Verwirrungen , vollkommen zu befreyen . Sind dieſes noch nicht Zeugniſſe genug , welche die edlen Verrichtungen ſeines hohen Geiſtes , in Verbeſſerung der Welt-Weisheit unwidertreiblich bekraͤfftigen , ſo wird mir vergoͤnnet ſeyn , dieſes alles mit denen ſinnreichen Worten des gelehrten Heumanns auszudrücken , welcher in der Abhandlung von der natürlichen Geſchicklichkeit zu Philoſophiren , nicht nur diejenige , welche die gütige Natur dem vortrefflichen Thomaſius mitgetheilet , mit denen Sternen erſter Groͤſſe vergleichet , ſondern auch mit recht nachdruͤcklichen Redens-Arten von demſelben folgende merckwürdige Abbildung machet : Was Luther in der Reformation der Theologie geleiſtet ; faſt eben ſo viel hat der Herr Thomaſius gethan in der Reformation der Philoſophie . Denn wer kan wohl laͤugnen , daß er mit groͤſter Hertzhaftigkeit die eingeriſſenen Irrthuͤmer und Pedantereyen angegriffen , die Vorurtheile ſo wohl derer Ariſtotelicker , als Carteſianer mit ſtarcken Waffen beſtritten , die Vernunfft- und Sitten- Lehre , wie auch das Recht der Natur in eine gantz neue aber auch recht ſchoͤne Verfaſſung gebracht hat ? Waͤre Thomaſius nicht gekommen , ſo ſeufftzeten wir vielleicht noch unter dem Joch der alten Philoſophie , und muͤſten uns mit leeren Schaalen abſpeiſen laſſen . Aber nachdem dieſer den Durchbruch gemachet , ſo ſind durch ſeine Schrifften vielen die Augen aufgegangen ꝛc . Alsdenn faͤhret der Redner noch ferner fort , zum Ruhm des Thomaſius zu ſagen : Er ſahe mehr als zu wohl , daß die damals uͤbliche Schulfuͤchſiſche Rhetorica die wahrhafte Urſache des Verderbs der nuͤtzlichen Beredſamkeit war , und daß die unrechtmaͤßige Verachtung der teutſchen Sprache hierzu nicht wenig beytrug . Daher ermangelte er nicht , ſeines Orts alles moͤgliche beyzutragen , was zur Wiederherſtellung der faſt verlohren gegangenen wahren Beredſamkeit gereichen kunte . Er gab ſelbſt zur Deutlichkeit und Artigkeit der Rede , in denen Stunden , ſo zum Unterricht der teutſchen Schreib-Art aus geſetzet waren , geſchickte Anleitung . Er lehrete ſelbſt die teutſche Redner-Kunſt , und machte dabey ſolche Erinnerungen , welche aus dem Weſen der Beredſamkeit ihren Urſprung hatten , und mit denen Umſtaͤnden gegenwaͤrtiger Zeit vollkommen uͤberein kommen . Da wo dieſer alles Lobes-wuͤrdiger Redner etwas von dem Lebens-Wandel des Welt-beruͤhmten Thomaſii mit einflieſſen laͤſſet , ſpricht er : Einen hohen Geiſt zu beſitzen , und die Klugheit zu leben verſtehen , klüglich zu handeln und tugendhafft zu leben , ſind von einander ſo wenig abzuſondern , als das Licht von der Sonnen , als der Glantz vom gediegenen Golde . Nunmehro , nach Standes-Gebuͤhr angeſehener und geehrter Leſer ! wird es auch nicht undienlich ſeyn , wann ich allhier mit anfuͤhre , was der zu ſeiner ewigen Ruhe gegangene weltberuͤhmte Thomaſius in ſeinen kleinen teutſchen Schrifften No. 7. pag. 366. von der edlen Freyheit ſelber etwas vernunftiges zu dencken und zu lehren , ohne ſich an die Meynungen anderer zu kehren , ſchreibet . Daſelbſt heiſſet es nemlich : Wir ſind in unſerer kleinen Geſellſchaft zufrieden , wann wir unſere edle und der Vernunfft gemaͤſſe Freyheit und Ruhe erwegen , deren wir , durch den gnaͤdigſten Willen und Befehl unſers Großmaͤchtigſten Landes-Vaters genieſſen . Denn eines Theils ſind wir Lehrende vergnuͤgt , daß hoͤchſtgedachte Se. Churfl. Durchl. allen und jeden , die ſich anders vor capable halten was rechtſchaffenes zu lehren , ohne Anſehen des Standes , und ohne Einſchraͤnckung derer Lehren gnaͤdigſt erlaubet , dasjenige der ſtudierenden Jugend beyzubringen , was wir mit unſerer geſunden Vernunfft begreiffen , und was folglich dem gemeinen Weſen und der Ruhe des Staats nicht zuwider iſt , auch nicht zuwider ſeyn kan . Wir ſind weder an Ariſtotelem noch Carteſium , weder an Galenum noch Hippocratem , weder an Bartolum noch Baldum , weder an Carpzovium noch Mevium , noch an einige andere Autoritaͤt derer Philoſophorum , Medicorum und Rechts-Gelehrten gebunden . Wir duͤrffen uns nicht befahren in die Haͤnde der heiligen Inquiſition zu fallen , wann wir uns gleich weder an den Thomam noch Scotum , noch an Albertum halten ; wann wir gleich um die guͤldenen Spruͤche des Magiſtri Sententiarum des Ehrwuͤrdigſten Lombardi , uns gar nichts bekuͤmmern , und wann wir uns gleich weigern , uns unter das Faͤhnlein des Heil . Porciani einſchreiben zu laſſen . Wir duͤrffen uns nicht fuͤrchten , daß man uns werde eines Criminis Læſæ Majeſtatis beſchuldigen , wann wir ſchon den Regem Philoſophorum und Philoſophum Regum , den groſſen Stagyriten ein bißgen auslachen , und wann wir ſagen , daß wir von denen Subtilitatibus Metaphyſicis , denen Syllogiſmis in Darapti und Felapton , denen vier Elementen , denen qualitatibus occultis , denen Streitigkeiten de ſummo bono & de Præſtantia Regni electivi und ſucceſſivi nicht gar zu ſonderlich viel halten . Aus denen vorher angezogenen Paſſagen derjenigen Rede , wodurch man den hohen Geiſt des erblaſſeten Thomaſius bewundert hat , erhellet , daß dieſer gelehrte Redner , eben ſo , wie Thomaſius und andere vernuͤnftige Leute gethan und thun , es vor unbillig achten , wann man in Teutſchland ſich gleichſam ſchaͤmen wollen , in teutſcher Sprache auf Univerſitaͤten zu lehren , oder ein Buch in ſolcher Sprache heraus zu geben . Ach gewißlich ! Auch dieſer thoͤrichte Wahn , der noch in dem vorigen Seculo gewaltig geherrſchet , hat ſchon manchen ehrlichen Teutſchen verhindert , ein recht gelehrter Mann zu werden , und ein eigenes geſundes Urtheil zu faͤllen . Denn er hat keine andern als lateiniſche und griechiſche Buͤcher , die gemeiniglich ſchwer und dunckel ſind , zu Geſichte bekommen , worinnen er wohl einen Hauffen praͤchtige Worte geſehen ; den Sinn und Verſtand derer Autorum aber , nicht begreiffen noch daraus ziehen , folglich aber auch nicht davon profitiren koͤnnen . Gleichwie aber Grotius und Puffendorff , Thomaſius und andere vortreffliche gelehrte Maͤnner , welche die Pedanterey angepfuyet und angeſpeyet , ja ſie gar mit Fuͤſſen getreten , vielen Gelehrten anders nicht als nur den Namen nach bekannt ſind , welche folglich ihre Schrifften nicht geleſen , noch davon profitiret , ja von einigen wohl gar behauptet werden wollen , es waͤren ketzeriſche und gottloſe Dinge in Thomaſius Schrifften enthalten , wannenhero ſie auf keine Weiſe geleſen werden muͤſten , ob ſie dieſelben gleich ſelber niemals examiniret ; alſo iſt gar kein Zweiffel , daß ſich auch heutiges Tages nicht noch gar viele Pedanten von der alten Art unter unſern Gelehrten befinden ſolten , und es wird vielleicht das Pedantiſche Unkraut und verwirrte Weſen in der gelehrten Welt , noch lange nicht koͤnnen ausgerottet werden . Mit Namen will ich meines Orts keinen Pedanten noch andere Gelehrte nennen , die aus einem gelehrten Stoltz und Hoffart zu Narren worden ſind . Indeſſen will ich doch probiren , ob ich ſie characteriſiren , oder denenſelben ſolche Merckmahle beylegen kan , daran man ſie gar leichtlich erkennen mag . Ich halte nemlich vor einen Pedanten und Narren diejenigen : Der Verachtung , Stoltz und Hochmuth , wegen eingebildeter Gelehrſamkeit , gegen andere Menſchen blicken , und ſich duͤncken laͤſſet , es gebe in der Welt nicht ſeines gleiche , daher auch alles vor koſtbar ja unſchaͤtzbar achtet , was er redet , thut oder ſchreibet . Item : Denjenigen , der aus einem gelehrten Stoltz , und aus Hoffart , nichts anders vorbringet , als lauter Sententien und ſolche Dinge , die von andern Autoribus ſchon vorlaͤngſt geſaget und geſchrieben worden . Ferner : Denjenigen , der ſich , um ſeiner Academiſchen Titel willen , ſtoltz und hoffaͤrtig , ja gantz und gar unertraͤglich anſtellet ; da man doch weiß , daß er eintzig und allein ſeine Bloͤße damit bedecket , in der Haut aber anders nichts als ein purer Ignorant iſt . Desgleichen : Denjenigen , welcher denen abſurden Meynungen derer alten Philoſophorum , Stoicorum und Scholaſticorum mit der aͤuſſerſten Hartnaͤckigkeit anhanget , und nicht ein Haar breit davon abweichen will , ob gleich andere , zu unſeren Zeiten lebende , wackere Maͤnner , ja die geſunde Vernunfft ſelber , und die taͤgliche Erfahrung das Contrarium lehren . Nichtweniger : Denjenigen , der uͤber Dinge , die uns nirgendswo dentlich offenbaret ſind , die niemand jemals mit Augen geſehen , niemals mit Ohren gehoͤret , niemals mit Haͤnden begriffen , niemals mit der Naſe berochen , niemals mit der Zunge belecket oder gekoſtet , die folglich unmoͤglich ſo zu demonſtriren , daß ſie der Menſch mit ſeinen Sinnen , als etwas unfehlbares und vollkommen gewiſſes begreiffen mag , ebenfalls mit der groͤſten Hartnaͤckigkeit diſputiret , und ſie als etwas ausgemachtes behaupten will , auch Buͤcher , ja wohl einen und noch mehr Folianten davon ſchreibet . Weiter : Denjenigen , welcher zu wiſſen prætendiret , was die vor vielen hundert , ja ein , zwey biß drey tauſend Jahren verſtorbene Gelehrte gedacht haben , wann ſie ſich gleich nirgendswo uͤber ihre Gedancken recht deutlich expliciret ; und dann endlich : Denjenigen , der ein verdecktes Eſſen und eine Paſtete von Poſſibilitaͤten hinter der andern auf den Tiſch fetzet ; niemals aber etwas reelles vorbringet , das zur wircklichen Nahrung und Speiſe , d. i. zu einem wahren Nutzen dienen koͤnte . Von dergleichen verkehrten Gelehrten , Pedanten , Jgnoranten und gelehrten Narren nun , wird der nach Standes-Gebuͤhr angeſehene und geehrte Leſer eine gute Anzahl luſtige Hiſtoͤrgen , Satyriſche Einfaͤlle und merckwurdige Diſcurſe in dieſem Tractat aufgezeichnet finden , dergeſtalt , daß ich hoffe , es werde einem die Zeit nicht lange werden , der ſich die Muͤhe nimmet , das Buch zu durchleſen . Kein wahrer Gelehrter aber , deſſen Wiſſenſchaften mit Weisheit vergeſellſchafftet , der folglich eine gute und kluge Conduite blicken laͤſſet , mithin ein ruͤhmliches Leben u. loͤbl . Wandel fuͤhret , hat ſich nicht des geringſten anzunehmen , noch etwas auf ſich zu ziehen . Solches bezeuge ich hiermit nochmals , und bin verſichert , daß alle vernuͤnfftige und beſcheidene Gelehrte , von denen ich ein aufrichtiger Freund und ergebener Diener bin , die menſchliche Unvollkommenheit erkennen , auch dabey glauben , daß wir die rechte Vollkommenheit in allen Wiſſenſchafften nicht hier in dieſem , ſondern erſt in jenem Leben erlangen werden . Der nach Standes-Gebuͤhr angeſehene und geehrte Leſer ſchencke mir ſeine Gewogenheit , die ich jederzeit ſehr hoch halten werde . Solches bittet und verſichert Der Autor , dieſes zwar geringen doch luſtigen Tractats . Erſte Abhandlung . DEr Hochmuth iſt an allen Menſchen uͤberhaubt , laſterhafft und blamable . Aber nichts iſt laͤcherlicher als ein ſtoltzer und hochmuͤthiger Gelehrter , welcher vermeynet , daß er einen rechten Geruch der Gelehrſamkeit von ſich gaͤbe , der die Naſen nicht nur dererjenigen , die ſich in der Naͤhe bey ihm befinden , ſondern auch derer die ihn von weitem ſehen oder hoͤren , mit einem balſamiſchen Geiſt anfuͤlle ; ja der durch ſeine hochgelahrte Gegenwart , alles parfumire , und wohlriechend mache . Niemand darff zweiffeln , daß nicht dergleichen abgeſchmackte , von Stoltz , Hochmuth und eitlen Einbildungen ſtinckende , Thiere unter denen Gelehrten anzutreffen , welche ſich vor Hoffart ſelber nicht kennen . Die Gelehrſamkeit ſolte zwar allemal von der Weisheit begleitet ſeyn , und ſie zu einer treuen Geſellin und Geſpielin haben . Allein dieſe iſt , leider ! von jener , oͤffters weit entfernet ; worgegen die Narrheit und Thorheit ihre Stelle bey der Gelehrſamkeit vertritt . Denn wo der Hochmuth wohnet , da mag die Weißheit nicht reſidiren , und viele Gelehrte ſeynd dergeſtalt mit hohen Einbildungen angefuͤllet , daß ſie auch wohl in dem Wahn ſtehen , ſie ſeyn nicht nur vor ihre Perſon weit vortefflicher als andere Menſchen , ſondern es muͤſſen auch ihre Excrementa viel beſſer als eines ſogenannten Ungelehrten ſeyn , oder auch eines andern Gelehrten , der ihnen an vermeynter Gelehrſamkeit , nicht gleich , noch mit einem Doctor-Licentiaten-Profeſſor- und Magiſter oder einem andern geiſtlichen Titel pranget , als wie ſie . Ein Exempel von einem ſolchen Gelehrten Narren iſt einer gewiſſen gantzen Stadt , mir aber inſonderheit bekannt , da ein ſicherer , vielleicht noch jetzo lebender , hochgelahrter Herr ſeine Magd , deswegen , weil ſie bey hinwegtragung und ausraͤumung ſeines Nacht-Stuhls geſaget : Pfuy ! wie ſtinckt das , im Zorn , und mit groſſer Ernſthafftigkeit angefahren , auch in die laͤcherlichen Worte ausgebrochen : Menſch ! was redet ihr ? Das kan nicht ſtincken . Es gehet ja niemand darauf als ich , und ihr muͤſſet wiſſen daß ich Doctor bin . Wie viele von Stoltz und Hochmuth gantz aufgeblaſene , mit ihren Academiſchen Titeln , eben wie ein Pfau mit ſeinem praͤchtigen Schwantze , ſtoltzierende Gelehrte findet man auch ſonſt nicht , welche ſich nicht ſcheuen in oͤffentlichen Compagnien herauszuplatzen und zu ſagen : Ich bin Doctor , ich bin Licentiat , ich bin Magiſter ; Ergo , daß muß ich beſſer wiſſen , wann ſie gleich hoͤchſt unrecht haben , und ſolches alle andere gegenwaͤrtige vernuͤnfftige Leute begreiffen . Allein ſie ſtehen in dem Wahn es gereiche einem Doctori , Licentiato und Magiſtro , item einem Geiſtlichen Herrn , zur groſſen Schande , wann er der geſunden Vernunfft etwas nachgeben ſolte , falls er von dieſer uͤberzeuget wird , und ſiehet , daß er ſich in einer oder der andern Sache geirret . Der Name und der Titel , den ſie fuͤhren , und die nach ihrer Meynung , damit verknuͤpffte Autoritæt , wollen allenthalben den Meiſter ſpielen , dergeſtalt , daß dergleichen Gelehrte Narren gedencken , ein jeder muͤſſe das Maul halten , und nur ſie reden laſſen . Ja , ſie prætendiren , man ſolle nichts vor gut und recht erkennen , welches ſie nicht approbiren ; da ſie doch gemeiniglich kein Judicium haben , und nichts wiſſen , als was andere , und zwar laͤngſt vermoderte , und verfaulte , Gelehrte geſaget und geſchrieben , oder nach ihrer Einbildung gedacht . Sollen ſie aber ſelber etwas dencken reden und ſchreiben , was ſich auf die gegenwaͤrtige Zeiten und Umſtaͤnde ſchicket , da iſt niemand zu Hauſe , oder es klinget alles , was ſie ſagen und ſchreiben , ſo erbaͤrmlich und elend , daß man billig daruͤber ſeufftzen muß . Eben daher hat der ungelehrte Koͤnig von Franckreich , Ludovicus XI. Anlaß genommen , ſich uͤber die Gelehrten zu moquiren , und zu ſagen : Gluͤckſelig iſt derjenige , dem unbekannt iſt , was die Alten , und ſchon laͤngſt vermoderten , gethan , geredet , geſchrieben und gedacht ; dem es aber doch dabey nicht an Vermoͤgen und Verſtande gebricht , ſelber zu thun , zu reden , zu ſchreiben und zu dencken , was er ſolle . Darzu gab ihm hauptſaͤchlich der Cardinal Beſſarion Anlaß , der ſich an dem Koͤniglichen Frantzoͤſiſchen Hofe als Paͤbſticher Legat einfande , aber allerhand grobe Schnitzer wider das Hof-Ceremoniel begieng . Den Hertzog von Burgund , der doch , gewiſſer Maſſen ein Vaſall des Koͤnigs von Franckreich geweſen , beſuchte er eher als den Koͤniglichen Frantzoͤſiſchen Hof , und war gleichwohl wegen derer Zwiſtigkeiten , welche unter dieſen beyden Hoͤfen herrſcheten , vornemlich von dem Pabſt abgeſchicket , um ſie zu ſchlichten . Wann der Koͤnig mit ihm diſcurirte , und die Vorſtellungen des Paͤbſtlichen Hofes nicht ſtatt finden laſſen wolte , citirte der Cardinal viele Paſſagen aus einem Griechiſchen Tragœdien-Schreiber Sophocle , aus dem Pindaro einem Griechiſchen Pœten , und aus dem Lycophron , der ebenfalls ein Griechiſcher Pœt und Grammaticus geweſen . Zwiſchen dem Koͤnig von Franckreich Ludvico XI. und dem Hertzog von Burgund , Carl dem Kuͤhnen , ſchwebete ein Streit wegen verſchiedener an der Somme gelegenen Plaͤtze , welche der Koͤnig von Franckreich , Carolus VII. als der Vater Ludovici XI. dem Hertzog von Burgund , Philippo Bono , der ein Vater Carls des Kuͤhnen geweſen , eingeraͤumet gehabt , auf daß er ihn dadurch von ſeiner Alliantz mit denen Engelaͤndern abziehen moͤchte ; worinnen auch Carolus VII. reuſſiret hatte Solche Plaͤtze wolte nunmehro Ludovicus XI. eben wie heutiges Tages die Spanier Gibraltar , und die Inſel Minorca , in dem Mittelaͤndiſchen Meer , wieder haben . Weil aber der Paͤbſtliche Legat , Cardinal Beſſarion , die Partey des Hertzogs von Burgund hielte , citirte er , en faveur deſſen vor denen Ohren des Koͤnigs , einige Verſe aus dem Menander und Calimacho . Nachdem auch der Koͤnig von Franckreich declarirte , daß er mit denen Schweitzern und dem Hertzog von Lothringen , wider den Hertzog von Burgund , vereiniget bleiben wolte , ſo bemuͤhete ſich der Cardinal-Legat , dem Koͤnig aus dem Gorgias , einem beruͤhmten Sicilianiſchen Advocaten , ingleichen aus dem Platone , zu beweiſen , daß ſolches dem wahren Intereſſe des Frantzoͤſiſchen Hofes nicht gemaͤß ſeye . Letzlich hielte Beſſarion eine ſo lange und verdrießliche , auch mit vielen Lateiniſchen und Griechiſchen Terminis angefuͤllete , Rede gegen den Koͤnig , daß dieſer in den groͤſten Zorn daruͤber geriethe , dem Cardinal in ſeinen venerablen , biß auf den Nabel herab hangenden , Bart fiele , und ihm eine Hand voll Haare aus demſelben rauffte ; womit ſich die Negociationes dieſes Cardinal-Legaten endigten . Wann nun Gelehrte , von der Art , groſſen Potentaten vor die Augen kommen , ſo , daß dieſe dergleichen Pedantereyen ſelber hoͤren und ſehen , ſo muß man ſich nicht wundern , im Fall Koͤnige und Fuͤrſten , bißweilen , eine ſehr ſchlechte Meynung von Gelehrten hegen . Denn , was dem Koͤnig von Franckreich , Ludovico XI. mit dem Cardinal Beſſarion begegnet iſt , das wiederfaͤhret noch heut zu Tage manchem Koͤnig und Fuͤrſten , daß ihm nehmlich gelehrte Leute zu Handen ſtoſſen , welche der Gnade genieſſen , vor ihm zu diſcuriren und zu raiſoniren . Ja es laͤſſet ſich dann und wann , ein Potentat ſelber mit ihnen in einen Diſcurs ein Allein an ſtatt , daß dergleichen Gelehrte , zu ſolchen Zeiten , nur nach der geſunden Vernunfft raiſoniren , und ſich huͤten ſolten nichts was dieſer zu wider vorzubringen ; au contraire , durch deren Staͤrcke , einen Koͤnig , oder Fuͤrſten , von der Wahrheit deſſen , was ſie behaupten und reden wollen uͤberzeugen ſolten , machen ſie es wie der naͤrriſche , mehr-erwehnte , Cardinal Beſſarion . Diſcuriren ſie uͤber etwas , das doch die natuͤrliche Billigkeit betrifft , beruffen ſie ſich auf das Corpus Juris , auf die darinnen enthaltenen Inſtitutiones und Pandecten , auf den Codicem & c. item auf das Jus Canonicum . Faͤllet der Discurs auf andere Dinge unterlaͤſſet man nicht , vor denen Ohren groſſer Potentaten viele ſich auf die Materie nicht reimende Paſſagen aus ſolchen Scribenten anzufuͤhren , und deren Namen dabey zu nennen , die vor ein , zwey und mehr tauſend Jahren geſtorben ſind . Rouliren aber die Raiſonnements auf die Hiſtorie ſo ermangelt man ebenfalls nicht , ein halbes Dutzent und noch mehr Autores . die von dieſer oder jener Sache geſchrieben , zu allegiren . O Eitelkeit ! O Thorheit ! O gelehrte Narrheit ! Gleichwohl meynet ein ſolcher Gelehrter , der dieſes thut , es beſtehe ſein groͤſter Ruhm darinnen , und er weiß ſich deswegen nicht wenig zu bruͤſten . Weil ich mir vorgenommen hauptfaͤchlich derer Gelehrten uͤbermaͤßigen Stoltz , und ihren auf eine wahre Narrheit hinaus lauffenden Hochmuth anzufechten ingleichen die Tummheit und Einfalt , in welche viele andere Gelehrte durch die Studia verfallen , zu zeigen wolte ich wuͤnſchen , daß die Herren Geiſtlichen nicht mitgetroffen , ſondern gaͤntzlich verſchonet bleiben moͤchten . Allein es iſt bekannt , daß der Stoltz und Hochmuth auch uͤber dieſen Stand ſeine Herrſchafft gewaltig exerciret ; bey dem doch nichts als die Demuth ſtatt finden und regieren ſolte . viele zwar wandeln in der Demuth , und es iſt von ihnen aller gelehrter Stoltz und Hochmuth verbannet , weil ſie mit Paulo wiſſen und bekennen , daß alle Gelehrſamkeit und Wiſſenſchafften Stuͤckwerck iſt . Ja , ſie ruͤhmen ſich weiter nichts , als deſſen , was ſich Paulus geruͤhmet , da er ſpricht : Ich ruͤhme mich nicht , daß ich etwas wuͤſte , ohne allein ꝛc . Dergleichen Geiſtliche nun ſind hundertfacher Ehren werth . Indeſſen finden ſich wiederum andere Geiſtliche , welche vor gelehrten Stoltz und Hochmuth ſtincken , mithin allen andern Menſchen gantz unertraͤglich fallen . Davon wiſſen gewiſſe Staͤdte Flecken und Doͤrffer , die der Himmel mit hochmuͤthigen Geiſtlichen geſtraffet , ein Lied zu ſingen ; und ich will gleich allhier nur ein einziges Exempel anfuͤhren . Es giebt viele Dorff- und andere Pfarrer , die mehr als eine Kirche und Gemeinde zu beſorgen haben . Dieſelbe Kirche nun , wo der Herr Paſtor wohnet , heiſſet Mater . Die andere iſt Filia , wird insgemein nur das Filial genannt- und die Herren Paſtores ſind oͤffters obligirt , ſich dahin zu begeben , um den Gottesdienſt , und was ſonſt ihres Amtes iſt , allda abzuwarten . Auf einem gewiſſen , in einem Teutſchen Fuͤrſtenthum liegenden , Dorffe nun , ſtarb vor ungefaͤhr eilff Jahren der alte Pfarrer , und ſeine Stelle ward mit einer Perſon beſetzet , die ſich zehen Jahre auf Univerſitæten aufgehalten , auch bereits den Academiſchen-Titel eines Magiſtri angenommen hatte . Weil er nun , gleich- wie ſein Anteceſſor , ſich nicht Diſpenſiren koͤnnen , zu behoͤrigen Zeiten , auf das Filial zu gehen , und der Schulmeiſter , der zugleich Kuͤſter geweſen ihm , wie er es bey dem verſtorbenen Pfarrer gemachet , den Mantel durch ſeinen Sohn nachtragen laͤſſet , will der neue Herr Pfarrer keinesweges damit zufrieden ſeyn , ſondern prætendiret abſolument , daß ihm der Schulmeiſter ſelber nachtreten und den Prieſterlichen Mantel in eigener Perſon nachtragen ſolle . Deſſen weigert ſich der Schulmeiſter , und ſaget es ſeye genug , wann er dem Herrn Pfarrer den Mantel durch ſeinen Sohn , oder jemanden anders , tragen lieſſe . Ihr Zanck gehet auch ſoweit , daß er vor das Hochfuͤrſtl. Conſiſtorium kommet , und der Herr Pfarrer wird gefraget , warum er verlange , daß ſein Mantel durch den Schulmeiſter ſelber ſolle getragen werden , da doch ſein Vorfahrer ſo lange Jahre zufrieden geweſen , daß ihm der Schulmeiſter den Mantel tragen laſſen , es moͤchte geſchehen ſeyn , durch wen es wolle ? Da kommet der neue Herr Pfarrer mit ſeiner groſſen Raiſon angeſtochen , und ſpricht : Mein Vorfahrer war wohl Pfarrer ; aber nicht Magiſter . Ich hingegen bin es , und habe noch darzu dieſen Gradum auf der weltberuͤhmten Univerſitæt Wittenberg erlanget , wo unſer ſeliger Vater Lutherus gelebet , gelehret , geſtorben und begraben , welche Magiſtri , ſonder Widerſprechen , Zweyfacher Ehren werth ſeynd . Allein das Hochfuͤrſtl. Conſiftorium gab dem ſtoltzen Paſtori einen derben Verweiß , und legte ihm auf , zu frieden zuſeyn , wann ihm nur ſein Mantel getragen wuͤrde , der Schulmeiſter moͤchte es in eigener Perſon verrichten , oder verrichten laſſen . Wiewohl der Magiſter-Titel hat dieſen Pfarrer nicht etwa nur allein ( ſein Amt aus genommen ) zu einem ſtoltzen Narren gemachet ſondern es ſind mehrere in der Welt , die , ehe ſie Magiſter worden , ſehr leidliche und ertraͤgliche Leute geweſen ; von dem Tage an aber , da ſie Magiſter geheiſſen , einen gantz unertraͤglichen Stoltz und Hochmuth blicken laſſen , dergeſtalt , daß es ſcheinet es fahre , als wie dorten , mit dem Biſſen , in Judam den Ertz-Schelm , der Teuffel mit dem Magiſter-Titel in einige Leute , die ihn annehmen . Ich kenne alte Magiſtros , die viertzig , funffzig , ſechtzig und mehr Jahre alt ſind . Dieſelben wuͤnſchen , daß ſie dieſen Academiſchen Gradum und Titel nimmermehr angenommen haben moͤchten , wann ſie achzehen- und zwantzig jaͤhrige Juͤnglinge damit prangen ſehen , die ſich vor Hochmuth ſelber nicht kennen . Der geneigte Leſer verſtehe mich wohl , und ſehe mich nicht davor an , als wolte ich es blamiren , daß man auch junge Leute zu der Magiſter- Wuͤrde gelangen laͤſſet . Nein , daß iſt meine Meynung keinesweges . Allein dieſes ſolten lauter ſolche Subjecta ſeyn , die den herrlichen Titel in Anſehung ihrer Gelehrſamkeit , wie auch wegen ihrer guten Sitten , klugen und vernuͤnfftigen Auffuͤhrung , wircklich meritirten . Darauf ſiehet man , leider ! am allerwenigſten , ſondern pfleget gemeiniglich alle und jede Studenten , ohne Unterſcheid , welche nur , die zwantzig , dreyßig , viertzig biß funfftzig Thaler Unkoſten daran wenden wollen , zu admittiren , dergeſtalt , daß oͤffters zwantzig , dreyßig , viertzig , und noch mehr Magiſtri auf einmal und auf einen Schuß gebacken werden , wie der Becker das Brod becket . Daß ich wahr rede , ſolches wiſſen alle und jede , die den Statum einer und der andern derer heutigen Univerſitæten kennen , und es koͤnnen , es abſonderlich diejenigen Staͤdte bezeugen , wo ſich ſo viele Magiſtri befinden , daß man , im Fall der Noth , ein gantzes Corps davon formiren , und es die Magiſter-Eſquadron nennen koͤnte . Unter ſolcher nun ſind allerdings , gemeiniglich , nicht wenig Narren , Matzen und Lappen anzutreffen , und es iſt nur noch die Frage , ob nicht die Zahl dieſer die uͤbrigen , an deren Klugheit , Gelehrſamkeit und vernuͤnfftigen Conduite nichts auszuſetzen , bißweilen weit uͤbertrifft . Der Unterſchied zwiſchen einem ſolchen Matzen und Lappen , und einem andern Gelehrten Narren aber beſtehet darinnen , daß dieſer von wircklicher hohen Gelehrſamkeit , und vielem Wiſſen , zu einem ſtoltzen und aufgeblaſenen Narren worden ; der Herr Magiſter Matz und Lappe hingegen ein junges Naͤrrgen iſt , das ſich nur einbildet , es muͤſſe etwas wiſſen , weil es Herr Magiſter heiſſet ; da doch in der That nichts dahinter ſtecket , ſondern lauter Wind in der Lade iſt . Ich meines Orts bleibe demnach dabey , daß Eltern unrecht handeln , wann ſie ihre Kinder ſo gar zeitig Magiſter werden laſſen . Denn der vermeynte Meiſter der Weißheit ſchaͤmet ſich hernach etwas mehr zu lernen . Gedencket , es hange die gantze Gelehrſamkeit , und alle Wiſſenſchafften an dem Magiſter-Titel , und bleibet folglich , Zeit ſeines Lebens , ein armer Stuͤmper . Ein recht fataler Gebrauch hat ſich mit der Magiſter-Baͤckerey meliret ; und zwar dieſer , daß man faſt lauter laͤcherliche Carmina dabey zu machen pfleget , ſo daß es ſcheinet , als ob man ſich nur uͤber diejenigen moquire , welche dieſen Gradum und Titel annehmen , an ſtatt , daß man ihnen darzu gratuliren ſolte . Das zeiget , wie weit dieſe herrllche Wuͤrde in Verfall gerathen ; die aber doch allemal in ihrem hohen Werth bleibet , wann der rechte Mann damit bekleidet iſt . Unter dieſen laͤcherlichen Carminibus , welche auf die Magiſter-Promotion gemachet werden , finden ſich indeſſen oͤffters ſolche , die warhafftig etwas ſcharffſinniges , und ein vortreffliches Saltz in ſich fuͤhren , wie ſeltſam ſie auch lauten . Ich koͤnte deren allhier viele mit einflieſſen laſſen , und es waͤre nicht mal à propos . Es mag aber bey einem einigen ſein bewenden haben , welches ich meines Orts vor vielen andern hoch halte und admirire . Dieſes kam Anno 1721 . bey einer Magiſter-Promotion , zu Leipzig zum Vorſchein , und war in Form eines Briefes , an einen unter denen zumachenden neuen Magiſtris begriffenen Candidatum Philoſophiæ & Medicinæ addreſſiret . Den Namen deſſelben will ich menagiren , und er befindet ſich nunmehro unter der Zahl derer Verſtorbenen . Jedoch muß ich noch dieſes zu ſeinem ruͤhmlichen Gedaͤchtniß ſagen , daß er warhafftig wuͤrdig geweſen Magiſter zu werden , zu ſeyn und zu heiſſen . Ja er war capable eheſtens weiter , und hoͤher zu ſchreiten , als ihn der Tod , in der Bluͤte ſeiner Jahre , von der Welt riſſe . Der Titel lautet alſo : a Monſieur , Monſieur N. N. Candidat en Philoſophie & Medicine , Nebſt einem Kober Saal-Eyern . Franco. a Leipzic . Wohl-Edler , Wohlachtbarer , Wohlgelahrter Wohlerfahrner , wohlweiſer , Viel-Ehr- und Tugend-begabter , Sittreicher , Mann und Hand-feſter Hr. Magiſter , Nahmhaffter , Erbarer und zuͤchtiger Jung-Geſelle . SO tumm und kauderwelſch faͤngt ſich mein Schreiben an , Verzeihe , wenn mir ja ein Titul iſt entſprungen , Fuͤrwahr ich habe dir nichts zur Bravour gethan , Iſt ja etwas verſehn ſo ſtraffe meinen Jungen , Der boͤſe Bube hat gar vieles ausgelaſſen , Daß dieſer Brief in ſich mit Rechte koͤnte faſſen . doch a propos , Monſieur , warum ſchreibt Er kein Wort , Daß Ihm das groſſe M. iſt zugeworffen worden ? Mein Halle iſt ja nicht ein ſo entlegner Ort , Der an dem Eiß-Meer liegt , zu weit hinein nach Norden Er haͤtte mir davon wohl etwas koͤnnen ſchreiben ; Nun laß ich in der That das Verſemachen bleiben . Er mag mir wohl gewiß der rechte Vogel ſeyn , Ja , ja , wer ihn zu erſt hat von ſich laſſen fliegen , Der riß den Kefich ſelbſt von freyen Stuͤcken ein . Drauf kam er unverletzt aus ſelbem raus geſtiegen ; Gewiß , ich wolte mich vor allen Leuten ſchaͤmen , Kein eintzig Briefgen nicht , und doch den gradum nehmen . Als ich Magiſter ward , da gieng es anders her ; Ich habe dazumahl ein Rieß Papier verſchrieben , Die Briefe flogen aus die Creutze und die Qveer , Und dadurch hatt’ ich mir manch Carmen auf getrieben , Das Porto riß mir zwar ein groſſes Loch in Beutel , Allein , was ſchadets wohl ? es iſt doch alles eitel . Ach haͤtt’ Er doch das Ding auch eben ſo gemacht ! Bey meinem Hoſen-Knopff , ich wolte ſicher wetten , Es wuͤrd Ihm noch vielmehr von Verſibus gebracht , Die ſeinen Ehren-Crantz recht ſchoͤn beſungen haͤtten ; Da ſitzt Matz Taſche nun in ſeinem blauen Hute , Und thut ihm niemand nichts auffs groſſe M zu gute . Vor dieſes mahl will ich Ihm dieſen Streich verzeihn , Wird Er ins kuͤnfftige den Doctor-Titel holen , So ſoll und muß alsdenn an mich geſchrieben ſeyn , Sonſt mahlet man Ihn an mit einer ſchwartzen Kohlen ; Durchaus Er muß mir nicht die alte Mode aͤndern , Ich mag ſonſt nimmermehr mit Ihm zu Coffée ſchlaͤndern . Doch weiter in den Text : Ich moͤcht Ihn gerne ſehn In ſeiner reinlichen und Nagel neuen Krauſe ; Ich weiß , das neue Kleid muß Ihm vortrefflich ſtehn , Und er iſt gantz gewiß der ſchoͤnſte bey dem Schmauſe , Die wohl gemachte Schuh , der Strumpff von klarer Seiten , Die ſchicken ſich wohl recht zu den Magiſter-Freuden . Ein Amſterdammer Tuch , das laͤſt vortrefflich flinck : Wie viel bezahlte Er vor die Damaſtne Weſte ? Ach mein ! Er hoͤre doch , wie mirs mit meiner gieng , Sie war , ſo viel ich weiß , wohl nicht die allerbeſte ; Mein Vater hatte ſich darinne laſſen trauen , In dieſer ließ ich mich , als Herr Magiſter ſchauen . Der Schneider machte ſie zwar gut und ziemlich gleich , Nur um den Buſen rum war ſie zu weit gerathen Mich aͤrgerts immer noch auf den vertrackten Streich , Es gieng ein Gaſt hinein mit einem Kaͤlber-Braten . Mein Vater will ihn auch biß dato nicht bezahlen , Und wird ihm vor das Geld was auf die Naſe mahlen . Was meinen andern Staat zur ſelben Zeit betraff , So ſchafft’ ich mir darzu auch eine Staats-Peruque , Die ſahe faſt ſo weiß , als ein geſchwemmtes Schaaf , Sie war auch uͤber diß von Haaren ziemlich dicke , Und der Magiſter-Ring , mon Frere , der ließ recht nette , Es iſt , als wenn ich ihn noch an den Finger haͤtte . Ich faſte meinen Hut mit einer Eſpagne ein , Die war , und iſt mir recht , vom allerfeinſten Golde ; Was ſonſten an mir hieng , das muſte Silber ſeyn , Ich wuſte , daß mir da der Vater reichlich zollte . Bey der Gelegenheit , und andern Ehren-Tagen Muß niemand nichts nach Gold und kahlen Silber fragen . Das Frauenzimmer war mir auch nicht ungeneigt , Und ich erbettelte mir bald ein Dutzend Craͤntze , Davor hab ich mich auch recht genereus bezeigt , Und kauffte ieglicher ein Dutzend Zobel-Schwaͤntze , Die Jungfern geben nichts , ſie wollen wieder haben , Und zwar etwas , daran ſie ihre Hertzen laben . Die eine machte mir ſelbſt manu propria Ein recht vortrefflich Paar von ſaubern Hand-Manchetten , Davon das Muſter man auch auf der Krauſe ſah , Moncher , du weißt es wohl , ſie kamen von Brunotten , Mit dieſer kont ich mich , alswie ein Ochſe , putzen ; Und in dem vollen Staat , trotz Hochzeit-Bittern , ſtutzen . Mich kannte niemand nicht in der Vortrefflichkeit , Da ich mich ſelber nicht in meinen Ehren kannte , Wie war mir doch ſowol zu dieſer lieben Zeit , Wann man mich ohngefehr , mein Herr Magiſter , nannte ; Magiſter , iſt das Wort , das kan mich noch erwecken , Und ſolt ich auch ſo gar ſchon in der Grube ſtecken . Wir giengen ebenfalls , wie Ihr , Gregorius , In der Procesſion , zu dem Magiſter-Schmauſe , Allein mir gab der Gang , gewißlich , viel Verdruß : Ich trat in vollem Putz aus dem Magiſter-Hauſe , Und ſahe in die Hoͤh , wo die Poſaunen blaſen , Da fiel mein Narr in Dreck mit ſeiner weiſen Naſen . Bey Tiſche ſah ich auch ſo ehrerbietig aus , Als wie ein halbes Schock entzuͤckter Pietiſten , Den erſten Tag gieng man von Tiſche gleich nach Hauß , Den andern lebten wir in allen Fleiſches-Luͤſten , Moncher , Du glaubſt es kaum , das war die rechte Hetze , Ich ſoff mich ſelbſt ſo rund , wie eine Cloſter-Betze . Ein Viertel Jahr vorher gieng ich , zu groſſem Gluͤck , Zwoͤlff Stunden woͤchentlich auf einen Taͤntzer-Boden Da lernte ich vorher manch ſchoͤnes neues Stuͤck , Ich tantzte Arien , Guavotten , Solo , Oden , Aimable , Menuet , d’ Alcide Czarienne , So keck und leiſe weg , wie eine lahme Haͤnne . In Summa , jedermann erſtaunte uͤber mich ; Nichts kam mir ſaurer an , als nur --- ich ſags nicht gerne , Die erſte Muſterung , da ſetzt es manchen Stich , Da hieß es : Knacke mir doch einmahl dieſe Kerne . Sub roſa , ich beſtund wie Butter an der Hitze , Und kam nicht unbefleckt durch dieſe Marter-Pfitze . Da ſolt ich , dencke nur , und zwar ex tempore , Ein Quart-Blatt voll Latein und ohne Buͤcher ſchreiben , Gleich als wenn alle Kunſt in dem Latein beſteh , Da doch dergleichen Qvarck muß vor die Fuͤchſe bleiben ; Iſt ſchon die Chrie nicht recht nach dem Donat gerathen , Quid tum ? der Stilus bringt uns keine Wildpret-Braten . Rach dieſem fragte man aus der Philoſophie , Und zwar , wie Du ſchon weiß’t , fein nach der alten mode ; Allein , was ſcheren mich die grauen Termini ? Der Ariſtoteles iſt lange ſchon marode : Die Neuen lernen uns viel beſſer raiſoniren , Daß man die Wahrheit kan recht aus dem Kothe fuͤhren . Dergleichen hab ich auch mein Tage nicht gehoͤrt , Wie man uus dazumahl ſo ſcharff herum genommen . Ja haͤtte man die Uhr nicht zeitig umgekehrt , Ich waͤre gantz gewiß um den Magiſter kommen ; Wir wurden ausgehuntzt , als wie die Bettel-Jungen , Die um das liebe Brodt beym Buͤrger-Meiſter ſungen . Der , ſo mir dazumahl nechſt in den Ruͤcken ſtand , Gab gleich wie Nachbar Hanß bey guten Zeiten Feuer , Ja , dieſer Weißheits-Bach floß in mein duͤrres Land , Sonſt war der gute Rath auf allen Seiten theuer ; Der Himmel wird dafuͤr ihm eine Pfarre geben , Darauf er , als ein Fuͤrſt , nebſt Weib und Kind kan leben . Man fragte auf die letzt : Was ein Sophiſma ſey , Und die Figur , in der man ſolches muͤſte machen ? Die Fuͤnffte ſagte ich , die iſt des Zweiffels frey , Darein gehoͤren ja dergleichen ſieben Sachen ; Und kurtz : man qvaͤlte uns , als wie die armen Hunde ; Ach GOtt bewahre mich doch fuͤr dergleichen Stunde ; Jedoch dem Himmel ſey zu tauſendmahlen Danck , Es wurde dieſe Noth auch endlich uͤberſtanden , Man ſchrieb uns noch dazu den ſchoͤnſten Lob-Geſang , Nunmehro ſtoͤſſet mir kein Kummer mehr zu handen . Da ſitz ich hoͤchſt begluͤckt in meinen groſſen Ehren , Und jederman will mich , als ein Orackel , hoͤren , Dis , das , und dergeſtalt , und eins und andre mehr , Wirſt Du , mein Hertzens-Freund , auch wohl erfahren haben , Wenn man was werden will , ſo haͤlt es freylich ſchwer , Gennng , wir haben nun , was unſer Hertz kan laben : Wer was bedeuten will auf dieſer groſſen Erden , Der muß , wie ich , und Du , auch ein Magiſter werden . Nunmehro fuͤhre Dich , als ein Magiſter , auf , Es darff durchaus nicht mehr ſchlecht weg , Herr Vetter heiſſen . Wenn Du mit andern gehſt , ſo dencke fleißig drauff , Daß Du Dir ja nicht laͤßt die Unter-Stelle weiſen : Will jemand ſeinen Hut nicht erſt herunter ziehen , So darffſt Du Dich auch nicht ums Compliment bemuͤhen . Du giengſt zuweilen ſonſt noch auf das Biliard , Nunmehro mußt Du auch dergleichen Oerter haſſen , Denn dieſes ſchickt ſich nicht , man kan auf andere Art Sich , als ein bon Eſprit , bey Leuten ſehen laſſen ; Die Coffée Haͤuſer ſind vor die gemeine Sorte , Und unſer eins fragt nichts nach einem ſolchen Orte . Ich weiß , Du haſt bißher Collegia beſucht , Auch dieſes wird ſich nicht in Zukunfft vor dich ſchicken . Herr Bruder , glaube mir , es laͤſſet gar verflucht , Wenn ein Magiſter ſoll die Lerne-Bencke druͤcken . Dein Intellectus iſt durch den Magiſter-Orden Wie meiner , eben ſo , auch infinitus worden . Wem Gluͤck und die Natur auf gleiche Art verſehen , Ach wuͤrcklich , da hat es gar nichts nicht zu bedeuten , Der muß ſchon in der Zunfft gelehrter Maͤnner ſtehn , Und man bewundert ihn vor allen andern Leuten ; Wer die Eſpadille hat , und andre ſchoͤne Sachen , Nebſt einem Trumpff dabey , der muß ſchon Solo machen . Wohlan , weil Du nun mehr Magiſter worden biſt , So will ich Dir darzu von Hertzen gratuliren , Und wenn mein Wunſch vielleicht zu kurtz gerathen iſt , So wirſt Du hochgeneigt , Herr Bruder , pardoniren , Das Gluͤcke goͤnne dir ſo vieles Wohlergehn , So viel als vitia in mancher Chrie ſtehen . Eine wahre Begebenheit , daß vor 6. Jahren einer in eben derſelben ſchwartzen Damaſtenen Weſte Magiſter worden , in der ſich ſein Vater trauen laſſen ; ingleichen , daß er ſich ſonſt ſehr laͤcherlich aufgefuͤhret . Halle d. 29. Febr. 1721. M. POMPONIVS MELA , Nachbar und Einwohner zu Glaucha bey Halle P. S. JE daß dich ! haͤtt ich doch das beſte bald verſehn Da ich die Uberſchrifft will auf das Brieffgen ſchreiben , So ſeh ich eben da den groſſen Kober ſtehn , Der darff bey leibe nicht allhier in Halle bleiben , Mon Cher , daß Du an mich fein fleißig kanſt gedencken , So will ich Dir hiemit was angenehmes ſchencken . Ich weiß , Du wunderſt Dich , was doch darinnen ſey , Du haͤlſt es gantz gewiß vor Enten , Wuͤrſte , Schincken , Nein , dencke dieſes nicht , ſonſt irrſt Du meiner Treu , Es kommt nicht von Lion , drum darff es auch nicht ſtincken , Du weißt ſchon , was ich will mit dieſen Worten ſagen , Und wer es nicht verſteht , mag den Herr Vetter fragen . Brich nur das Siegel auf , ſo wirſt Du ohngefehr , Ein Schoͤckgen oder zwey geſottner Eyer finden , Du lacheſt uͤber mich , ach lache nicht zu ſehr , Wenn Du ſie beſſer findſt , will ich mich laſſen ſchinden , Wenn Du erfahren wirſt , was ſie bedeuten ſollen , So kanſt Du nimmermehr mit Deinem Diener ſchmollen . Vors erſte zeigen ſie von der Promotion , Daß Du , krafft dieſer , ſeyſt ein Sohn der weiſſen Hennen , Nunmehro wird es wohl in deinem Hauſe ſtohn , Und Dich wird jedermann ein Kind des Gluͤckes nennen , Du kanſt den Triſmegiſt Dich an die Seite ſetzen , Und biſt ihm wie ein Ey dem andern gleich zuſchaͤtzen . Betrachte die Figur , nicht wahr , es faͤllt Dir ein , Daß ſonſt die gantze Welt ſey laͤnglich rund geweſen , Allein vor dieſes mahl muß ſie wohl ſpitzig ſeyn . Wer zweiffelt , der kan nur Magiſter-Verſe leſen , Wenn Eyter und Scorbut nicht einen Krancken ſchwaͤchen , Darff ein Chirurgus nicht mit der Lancetten ſtechen Du biſt ein Medicus , und weißt ſchon , was man ſoll , Nechſt dem , was ich geſagt , mit denen Eyern machen ; Drum ſchließ ich meinen Brief , du aber lebe wohl ! Und defendire mich , wenn andere druͤber lachen . Es iſt mir ohne dem gar vieles mißgerathen , Das , deucht mich , gar nicht taugt zu ſieden und zu braten . Was ſoll gleich in der erſt die dumme Uberſchrifft , Und daß ich uͤber dieß ſo viel von mir erzehle , Ich bin es werth , wenn mich nur Schimpff und Schande trifft , Denn meine Feder macht , daß ich mich ſelber qvaͤle ; Laͤßt Du den Lob-Geſang die andern Purſche leſen , So ſehen ſie daß ich ein Idiot geweſen . Allein , ich traue Dir dergleichen Ding nicht zu , Du wirſt , was ich erzehlt , nicht allen Leuten ſagen , Sonſt zuͤrne nicht mit mir , daß ich dergleichen thu Wenn man mich wird um Dich , und Deinen Zuſtand fragen . Ein Freund haͤlt reinen Mund von ſeinem guten Freunde , Sonſt wird der beſte Freund zum allerſchlimmſten Feinde . Vielleicht dencket ſchon mancher , der mit Leſung gegenwaͤrtigen Tractats biß hieher gekommen , daß ich zu viel ſchreibe , und behutſamer gehen ſolte . Jedoch ich bin bey mir ſelber uͤberzeuget , daß mich die wahren , und mit Weisheit geſchmuͤckten Gelehrten , ſie moͤgen Graduirte Perſonen , Doctores , Licentiati und Magiſtri ſeyn oder nicht , die den Statum der heutigen Welt recht einſehen und erkennen , entſchuldigen und mir Beyfall geben werden . Nach denen uͤbrigen , und abſonderlich denenjenigen Murmelthieren , welche zur gelehrten Narrn-Matzen- und Lappen-Claſſe , wircklich gehoͤren , frage ich nichts , lache uͤber ihren Zorn , und will ihnen hiermit die Apologie eines gewiſſen weiſſen Gelehrten , der von der gelehrten Narrheit ebenfalls geſchrieben , und vornemlich die vermeynten Gelehrten , und daher ſtoltzierenden , in der That aber mit wenig wahrer Gelehrſamkeit und gar keiner Weißheit geſchmuͤckten , ſondern mit lauter Ungeſchicklichkeit , Grobheit und Toͤlpeley angefuͤlleten Schul-Tuͤrannen durchhechelt hat , entgegen ſetzen , welche alſo laulet : Es iſt ein altes Teutſches Spruͤchwort : Wann man unter die Hunde wirfft , welchen man trifft , der ſchreyet . Alſo iſt es auch dem Collectori dieſes Buͤchleins ergangen . Er hat vermeynet , wann er niemand nenne , nur insgemein von dem Ubelſtand rede , und die boͤſen Mores etlicher Bachanten taxire , ſo ſeye es genug . Aber er befindet das Widerſpiel , indem ſich etliche Petanten und Schul-Fuͤchſe ſelbſt nicht verhelen koͤnnen , ſondern ſagen : Damit ſtichelt er auf mich ; jenes iſt auf dich gemachet . Iſt es auf dich , ſo ſeye es auf dich , du wirſt es am beſten wiſſen . Ich meyne dich nicht . Wilſt du dich ſelber nennen wird man dich deſto beſſer kennen , und jedermann ſagen , ich habe nichts als die Wahrheit geſchrieben . Kayſer Sigismundus iſt ein anderer Potentat geweſen , als ihr Schul-Potentaten . Da ihm geſaget wurde : Die Leute reden Ew. Kayſerl. Majeſtaͤt uͤbels nach , antwortete er : Was Wunder hoͤre ich ? Warum ſollen ſie nichts uͤbels reden ; da wir doch uͤbels thun ? Dieſes ſagte ein groſſer Kayſer . Aber unſere Scholaſtici , unſere Stoici , und unſere Stockheiligen , ſeynd mit ihrem groſſen Philoſophiſchen Witz zu dieſer Kaͤyſerlichen Geſtalt und Beſcheidenheit noch nicht gelanget . Eine Hure , wann man ſie ſchilt , was ſie iſt , kan es am wenigſten leiden , ſondern will ſich weit ſchoͤner und ſauberer ſtellen , als ſie an ſich ſelber iſt . Ja ſagen ſie , aber er verachtet die bonas literas . Nein , meine liebe Herren ! ich verachte nicht die bonas literas , ſondern eure malos mores . Querels mea in bonos non convenit , gaudeant hæc dici , qui non ſunt tales . Vos maculas & vibices literarum inſequor . Die ihr meynet , ihr habt das Latein allein gefreſſen , und wann es zum Treffen und Certament kaͤme , ſoltet ihr euch doch wohl wundern , daß ich auch etwas weiß , Vos , vos , veſtræ Dominationes , ihr , ihr ſelbſt ſeyd Urſache daran , daß bey dem gemeinen Mann faſt nichts mehr auf die Gelehrten gehalten wird , weil jederman nur allzudeutlich ſiehet , daß bonæ literæ , und mali mores gemeiniglich beyſammen ſeynd . Wer weiß das Sprichwort nicht : Qui proficit in literis , & deficit in moribus , plus deficit quam groficit . Ja , ſagen ſie , aber er ſchaͤndet den gantzen Schul- Orden , und das gantze Schul-Amt darunter doch ſo viele herrliche Leute geweſen , als Philippus Melanchton , Joachim Camerarius &c . Ey mein lieber Schul-Fuchs ! und laͤcherliches Herrlein ! meineſt du etwa du ſeyeſt auch ein Melanchton , oder Camerarius ? Weit gefehlet . Es mangeln dir noch ein paar gute groſſe Bauren-Schritte zu dieſer herrlichen Lob-wuͤrdigen Maͤnner Geſchicklichkeit ſowohl , als zu ihren edlen Sitten und Tugenden . Es iſt wahr , wann ich ſage , die Schulmeiſter , oder Pedanten , thun dieſes oder jenes , ſo verſtehe ich freylich keine Bauren und keine Handwercksleute . Ich rede auch von keinen Edelleuten und Buͤrgern , ſondern ich meyne Schulmeiſter und Pedanten . Es folget aber darum nicht , daß ſie eben alle gemeynet ſeynd , ſondern nur die ſeynd gemeynet , die das was getadelt wird , thun . Ich werffe unter den Hauffen , wen ich treffe , der fuͤhlet es wohl . Ich nenne niemanden . Wer aber derſelbe Eſel iſt , dem wird es ſein Gewiſſen , und die langen Ohren , damit er ſo leiſe hoͤret , was auf ihn zielet , wohl ſagen . Aber daran ſiehet man , daß dieſer hier , und der dorten , eben die rechten Pedanten ſeynd , welche ich meyne , die ihr nehmlich euer Lebtag mit eurer Dialectic zugebracht , und ſolche doch noch nicht , in communi vita zu practiciren wiſſet . Sonſt wuͤrdet ihr wohl dencken koͤnnen , quod differat in definita , & univerſalis locutio , & quod indefinita non ſemper , & ubique æquipolleat univerſali . Alſo wann man ſagt : Doctores Baſilea facit Witteberga Magiſtros , ſpricht man darum nicht , weil etwa eine ſaure Birne mit durchgehet , daß ſie derowegen alle nichts taugen , oder , daß man nicht etwa auch auf andern Univerſitæten pecuniam naͤhme , und ſchicke den Aſinum hernach wieder in patriam . Daß es aber dich ſo hart verdreuſt , und zwar dich und den dorten allein , gleich als ob ihr die Schul-Fuͤrſten alleine waͤret , und die bonæ literæ auf euch beyden allein beſtuͤnden ( da doch noch wohl andere wackere Kerls unter dem Orden ſeynd , die ich ihrer beywohnenden Geſchicklichkeit , und guten , hoͤflichen Sitten halber billig verehre und hoch halte , die ſich deſſen aber , weil ſie nicht dadurch gemeynet , auch nichts annehmen ) iſt ein Merckmahl , daß ihr faſt hierdurch allein getroffen ſeyd , Ego vos non cogitavi , non tetigi , vos tamen tangimini . Quæ ratio ? aut quæ cauſa ? veſtra nempe vitia . Si taceretis , omnes vos pro optimis haberent ; jam autem veſtro ipſorum indicio ſicuti , ſorices proditi eſtis , dum veſtra hæc vitia , vosque tangi oſtenditis . Nun ſehet ihr ja , daß ich auch ein bißgen Latein kan . Hæc talia inquit Tacitus , ſpreta exolereſcunt , ſi iraſcere , agnita videntur . Sed omnes ( inſtas ) indefinite infamas . Domine Præceptor reſpondeo per diſtinctionem inter præceptorum vitia & officia . Si dico de tuis & quorundam tuorum ſociorum vitiis , non infamo veſtrum ordinem , nec veſtra officia ; ſed vos illi ipſi eſtis , qui ordinem veſtrum , qui officia veſtra , per veſtra vitia contemtui & riſui omnium propinatis . Omni Muſarum licuit cultoribus ævo Parcere perſonis dicere de vitiis . Deſſen haben wir in ſpecie Exempel genug , und zwar von ſolchen Leuten , die du , und jener dort , zu widerlegen viel zu gering biſt . Reibe dich derohalben an ſie , wann du Luſt haſt , und nicht an mich . Denn ihre Autoritæt , als die weit uͤber die meinige iſt , zeiget dir vielmehr als ich , daß du ein abſurder Kerl biſt . Und damit ich dich geſchwinde abfertige , ſo ſage mir doch , lieber ! warum nennet Junius , in ſeinem Namen-Anzeiger , einen Philoſophum einen gelehrten Fantaſten ? Lieber ! ſage mir doch , warum hat Rudolph Gualther , der gelehrte Schweitzer , ſeinen Landsmann Glareanum einen gelehrten Narren geheiſſen ? Warum nennet Epictetus ; beym Arriano in libris diſſertationum , Scholaſticum animal , quod ab omnibus deridetur , ein Scholaſticus , oder vielmehr Scholhaſius ſeye ein Thier , deſſen jederman lache ? wie Duarenus lib. 1. diſput . anniverſ. cap. 3. Qui ſtudiis literarum ſe dediderint , eos ad res gerendas fere ineptiores cæteris eſſe , quotidie experimur , Die ſich auf das Studiren begeben , die ſehen wie faſt taͤglich daß ſie zn denen Welt-Geſchaͤfften viel ungeſchickter ſeynd , als die , ſo nichts gelernet . Wie ſaget Medenemus Cretuenſis , cum videret multos in doctrina nec modum nec modeſtiam tenere ? Sagt er nicht , plurimos navigare Athenas Studiorum gratia , qui primum eſſent ſapientes , deinde fierent Philoſophi , tunc progreſſu temporis evaderent idiotæ , Ihrer viele , die nach Athen ziehen Studierens halber , die waͤren Anfangs gar witzig . Uber eine Weile wuͤrden ſie Philoſophi , und endlich gar tumme Teufel , oder alberne Narren . Mit denen allen ſtimmet uͤberein Mich . Montigni in ſeinen periculis , da er ſchreibet : Ich habe meiner Zeit hundert und hundert Bauersleute geſehen , die witziger und kluger waren als mancher Doctor , ſo daß ich lieber jenem als dieſen aͤhnlich ſeyn wolte . Sieheſt du nun , mein lieber Schul-Fuchs ! daß dieſes eine alte Klage iſt , und nicht erſt von mir herkoͤmmet . Derohalben liebes Maͤnlein ! werde nicht zornig uͤber mich , oder uͤber die braven Leute , die ich jetzt angezogen , Romſurdus , derer Frantzo- Frantzoſen Virgilius , hat de vulgo pædagogorum alſo geurtheilet : Bey dem einmahl die Schul-Ungeſchicklichkeit und Thorheit ein gewurtzelt iſt , hat ſich eine Maladie auf den Halſe gezogen , daran er ſchwerlich curiret werden mag , ſondern er bleibet darinnen erſoffen . Dieſes ſiehet man an etlichen , die von der Schulmeiſterey und Pedanterey zu weltlichen dienſten und Aemtern gezogen werden , daß ihnen nemlich die Schul-Paßirlichkeit noch immer anhaͤnget , und meynen , ſie haͤtten annoch unter denen Leuten , wie Weyland unter ihren Schul-Buben , zu gouverniren und zu taxiren , wollen einem jedem ſeine Fehler zeigen , und in anderer Leute Haͤuſer ſcharff ſehende Fuͤchſe ſeyn ; Da ſie doch in der That anders nichts ſind als blinde Maulwuͤrffe . Wer koͤnte auch denen Albern alles ſo ſtillſchweigend hingehen laſſen , und bey ihrem Duͤnckel ſtille ſchweigen , da ſie ſich einbilden , es muͤſſe alles , was ſie thun , recht ſeyn , und ſolten ſie auch die allerlahmſten Fratzen auf die Bahne bringen , daruͤber und de lanna caprina ſie ſich doch wohl ſelber unter einader zu todte zancken und ſchreiben . Es wurtzelt dannenhero freylich die teuffeliſche Schul- Zaͤnckerey , und gottloſe Schul-Deviſe ; Semper contrarius eſto , oder daß man allezeit wiederſprechen ſolle , von der Schule an , in manchen dergeſtalt ein , daß ſie auch hernach in andern hoͤhern Facultatibus , und in dem politiſchen Weſen , ja im Regiment , und bey der Landes-Verwaltung , oͤffters groſſes Unheil , Zerruͤttungen und Verderben verurſachen , indem kein Narr dem andern nachgeben will , ſondern ehe er die in der Schul-præconcipirte , oder vorgefaſte Meynungen fahren ließ , und ſie nicht mordicus , wie ein flaͤmiſcher Hund ſeinen erſchnappten Knochen , defendirte folglich ſeine vermeynte Reputation ſchmaͤlerte , und von ihm geſaget werden ließ , daß es ein anderer beſſer als er verſtuͤnde , muͤſten lieber Land und Leute , ja die gantze unſchuldige Chriſtenheit , durch ihre zanckſichtige Hartnaͤckigkeit verwirret und zerſtoͤhret werden ; ja gantz und gar daruͤber zu truͤmmern , zu Grunde und zu Boden gehen . Sonderlich haͤnget dieſe Thorheit , nechſt denen Schulmeiſtern , denen geiſtlichen Herren gar ſehr an , und das um keiner andern Urſache willen , als weil dieſe Leute , die eine groͤſſere Facultæt vor ſich haben , am laͤngſten in der Schule bleiben muͤſſen , daher ſie gemeiniglich gantz unertraͤgliche Koͤpffe bekommen , und meynen , ob haͤtten ſie allen Witz laͤngſt aus diſputirt , ausgegruͤbelt , und wie man ſagt , in denen Kinder-Schuhen vertreten . Jener alte Heyde ſpricht in ſeiner heydniſchen Theologie , wann er den einen Fuß ſchon im Grabe haͤtte , wolle er doch noch lernen , weil er lebe . Aber der meiſte Theil unſerer heutigen Theologorum meynen , daß , ſobald ſie nur die Cantzel einmahl beſtiegen , ſich weiter niemand unterſtehen doͤrffte , auch die Obrigkeit ſelber nicht ihnen Lection zu geben , gleich als ob GOttes Wort , und deſſen Geheimniſſe , eine Sache waͤren , die man bloß und allein in denen Auditoriis Academicis begriffe . Man beſehe die Hiſtorie der erſten Kirche , ſo wird man klaͤrlich finden , was ich ſage . Denn ſo lange GOtt die damaligen Lehrer unter der Ruthe und in der Creutz-Schule , in dem Maͤrtyrer- Stande unter der Tyranney , Verfolgung , und dem Blut-Vergieſſen gehalten , ey da ſeynd ſie einig in heiliger Einfalt , inbruͤnſtig in der Liebe , ja gleichſam im Stande der Unſchuld verblieben , und haben GOtt in Einigkeit des Geiſtes , in geſamter Chriſtlichen Vertraulichkeit angeruffen und gedienet . Sobald ſie aber von Gefahr und Verfolgung befreyet geweſen hat ſie gleich der Ehr- Kuͤtzel geſtochen , der Eigenduͤnckel eingenommen , alſo , daß ſie wie andere GOttes- und der Kirche-vergeſſene Leute ſich unter ſich ſelbſt , und zugleich die Chriſtliche Kirche verwirret , beneidet und getrennet . Ja um eines jeden dunckeln , oder ſtreitigen Puncts willen hat ein jeder gleich eine beſondere Kirche , Lehre , Secte , Anhang und Benahmung haben wollen . GOtt verleyte , daß an dieſem Exempel , abſonderlich aber an dem Conſtantinopolitaniſchen Kirchen-Gezaͤncke , ſo gleichſam ein Vorbote geweſen deſſelben herrlichen gantzen Reichs Untergangs , und der Tuͤrckiſchen Sclaverey worein es gerathen , auch wir heutiges Tages uns ſpiegeln , und bey Zeiten dem , vor der Thiere bißhero gelauerten , nunmehro aber gantz augenſcheinlich herein dringenden allgemeinen Unheil und Verderben , mit wahrer Chriſtlicher Buſſe , Demuth , Einigkeit , Liebe und Vertraͤglichkeit zuvor kommen ! Es iſt ein vor allemal gewiß , daß man auſſer denen Trivial Schulen , allwo man mehr als den Unterricht im Chriſtenthum genieſſet ; item Leſen , Schreiben , Rechnen ; und dann ferner einen Caſum und Terminum verſtehen lernet , nicht allemal nach Wunſch reuſſiret . Dieſe nun ſeynd die hoͤhern Schulen , Gymnaſia und Univerſitæten ; vornehmlich aber dieſe Letztern . Wer ein excellentes Naturel hat , ſtarck am Geiſte iſt , ein herrliches Judicium , und eine gluͤckſelige Memoriam beſitzet , deſſen Hertze zu keinem Stoltz und Hochmuth incliniret , in dem auch eine beſcheidene vernuͤnfftige Auffuͤhrung , und im uͤbrigen Luſt , nebſt einem ſtarcken Trieb zum Studieren ſtecket , der mag ſich gratuliren , wann ihn ſeyn Leit-Stern auf Univerſitæten fuͤhret . Er wird gewißlich ein gelehrter , weiſſer , kluger und geehrter , ja recht admirabler Mann . Mit dem es aber anders beſchaffen iſt , der bleibe davon . Denn einer , welcher eine herrliche Memoriam , und kein gutes Judicium beſitzet anbey aber zum Stoltz und Hochmuth incliniret , der wird ein gantz greulicher und unertraͤglicher gelehrter Narr . Eben ſo gehet es denenjenigen , bey welchen Judicium und Memoria zugleich gut , die aber ſonſt ſchwach am Geiſte , folglich incapable ſind , die mit denen Studiis verknuͤpffte Fatiguen zu ertragen . Gantz erbaͤrmliche und elende Leute , hingegen werden vollends aus denenjenigen , welchen ſowohl das Judicium als die Memoria gebricht , und die noch darzu keine Luſt zu dem Studieren haben , ſondern bey denen Haaren darzu muͤſſen gezogen werden . Aus dieſen werden Stock-Narren , Ertz- Matzen und Lappen , ja rechte Schand-Flecken derer Gelehrten , die theils in Anſehung ihrer ſtoltzen Einbildungen , theils in Betrachtung der groſſen Einfalt und Tummheit , die ſich , ſtatt der Weisheit und wahren Gelehrſamkeit , ihrer Sinnen bemaͤchtigen , der gantzen Welt zum Spott und Gelaͤchter dienen . Was am meiſten , dieſer Leute halber , zubejammern und zu beklagen , iſt dieſes das die tummen und einfaͤltigen Gelehrten , die gar keine Gaben zum Studieren gehabt , als man ſie darzu beſtimmet , oder bey denen Haaren darzu gezogen , hernach gemeiniglich mit Schul-Aemtern verſehen werden . Aber O Himmel ! wie ungluͤckſelich iſt nicht eine Gemeinde , es ſeye in Staͤdten , oder in Flecken , oder auf denen Doͤrffern , deren Schulen mit ſolchen Narren beſtellet ſind . Was formiren und machen dieſe anders als wiederum andere Narren , aus allen Zuͤchtlingen und Lehrlingen , die in ihre Haͤnde gerathen ? dergeſtalt , daß man ſich nicht wundern muß , warum ſo viele Narren in der Welt verhanden . Roctores und andere Schul-Bediente ſolten indeſſen die Quinteſſence von gelehrten , weiſſen und klugen Maͤnnern ſeyn . Dann das , was nicht nur Eltern ſondern gantze Communen , Staͤdte Republiquen , Staaten und Lande vor das koſtbarſte , vor das hoͤheſte und wertheſte , ja vor unſchaͤtzbar halten , nemlich die Kinder , werden ja ihren Haͤnden anvertrauet . Auf die getreue und geſchickte Information aber , ſo ſie von ihren Præceptoribus und Lehrern genieſſen , kommet ja , gemeiniglich , nicht nur ihr zeitliches Gluͤcke und Wohlfarth , ſondern auch vielmals daß Heyl der Seelen und die ewige Seligkeit an . Der Methodus , oder die Lehr- und Unterrichtungs-Art , auf vielen ſolchen Schulen , wo man die denen Studiis gewidmete Jugend præpariret , auf Univerſitæten zu ziehen , iſt ohne diß ſo beſchaffen , daß ſchon viele rechtſchaffene Leute daruͤber geſeufftzet und noch jetzo ſeufftzen . Sind nun vollends die Stellen derer Lehrer mit Narren und Pedanten beſetzet , was vor ein groͤſſeres Ungluͤck koͤnte ſich wohl vor die ſtudierende Jugend ereignen . Wer aber keine Gelehrſamkeit , keine Weißheit , keine Klugheit , keine loͤbliche Auffuͤhrung und keine guten Sitten mit auf Univerſitæten bringet , der kan verſichert ſeyn , daß er auch von allem dem nichts mit ſich hinweg nehmen wird . Bringet hingegen ein junger Menſch einen ſolchen weichen Schatz mit ſich , wann er auf Univerſitæten anlanget , und hat nicht das Ungluͤck unter die Raͤuber und Moͤrder , das iſt unter boͤſe und liederliche Geſellſchafften zu gerathen , der kan verſichert ſeyn , daß er mit ſeinem Pfund wuchern , und weit reicher von dannen ziehen wird , als er angelanget iſt . Der geneigte Leſer erlaube doch , daß ich allhier mit einfließen laſſe , was verſchiedene brave Maͤnner ſchon lange vor mir , von uͤbel eingerichteten Schulen , und denen darinnen ſeyenden verkehrten Lehrern oder Pedanten , geſchrieben haben ; wiewohl ich auch meine eigene Gedancken damit vermiſchen , und allenthalben , wo ich es vor gut befinde einen Zuſatz machen werde . Ich proteſtire aber nochmahls , das brave , loͤbliche und ruͤhmliche Maͤnner oder wahrhafftige gelehrte , und dabey weiſe Rectores , Schulmeiſter und andern Schul- Bediente , keinesweges damit gemeynet ſind , ſondern dieſe bleiben einmal wie das andere in ihrem inæſtimablen Werth . Atyenaus ſtellet die alten Schul-Fratzen und Pedantereyen aus dem Comœdien-Dichter Epicrute vor , da zwey Perſonen , alſo mit einander redende aufgefuͤhret ſind : A. Lieber ! Was machet Plato , Spenſippus , und Menedemus ? wo halten ſie ſich auf ? Was dichten ſie gutes ? Wann du etwas neues von ihnen aus Athen mitbringeſt , ſo ſeye hiermit gebethen , und erzehle es uns auch . B . Das thue ich gerne . Ich ſehe in dem Panatheo , auf der Academie , eine ziemliche Heerde Studenten bey einander , da meynete ich , wunderſeltſame Dinge und unaufloͤßliche Dunckel-Reden , zu hoͤren . Sie urtheileten und redeten von aller Dinge Natur , von dem Leben derer Thiere , von derer Baͤume Art , vom Unterſchied derer Kraͤuter und Pflantzen . Inſonderheit forſcheten ſie unter einander , unter welches Geſchlecht die Kuͤrbſen gehoͤrten ? A . Und was beſchloſſen ſie dann endlich daruͤber ? B. Anfangs erſtummeten ſie alle uͤber dieſe Frage , und gedachten ihr eine gute Zeit mitniedergeſchlagenen , oder gebogenen Haupte nach . Hernach trat einer unter ihnen auf und ſprach , der Kuͤrbis ſeye eine Art von einem Kappes- Kraut , weil er rund waͤre . Ein anderer zehlete ihn vollkommen unter die Kraͤuter ; bald aber wieder ein anderer unter die Baͤume . Dabey war eben ein Sicilianiſcher Medicus gegenwaͤrtig , der dieſen aberwitzigen Grillen zuhoͤrete , und vor lauter Lachen einen lauten ſtarcken Bauch-Wind fahren ließ . Hieruͤber erzuͤrnete ſich das gantze Auditorium , und ein jeder ſchrie man ſpotte ihrer . Plato hingegen ließ ſich nichts anfechten , hieß ſeine Schuͤler fortfahren , und machte , daß ſie wieder auf ihr voriges Gezaͤncke fielen , gleichwie eine Katze auf ihre Fuͤſſe . Endlich wurde doch nichts beſchloſſen , ſondern es gieng ein jeder mit ſeiner Meynung davon . Die Beſchreibung Petronii Arbitri , von einem Schul-Schwaͤtzer , lautet wie folget : Dieſes waͤre noch leidlich , wann ſein Geſchwaͤtze einen auf den rechten Weg zur Wohlredenheit fuͤhrte . Nun bringet aber dieſes Wort- Gepraͤnge und Wort-Geraͤuſche , ihnen keinen andern Nutzen als dieſen , daß , wann ſie auſſerhalb denen Schulen , vor denen Leuten , und vor der Gemeinde , redeu ſollen , ſie erſchrecken , gleich als ob ſie unverſehens in eine fremde und neue Welt entzuͤcket waͤren . Derohalben halte ich davor , daß die Jugend in Schulen gantz naͤrriſch und laͤppiſch werde , weil ſie gar nichts ſiehet , noch hoͤret , wie es in der Welt zugehet , oder was der gemeine Lauff mit ſich bringet , ſondern allein laͤcherliche Themata und vortraͤge , darinnen von Meer- Raͤubern gehandelt wird , wie ſie mit Ketten an dem Ufer ſtehen , und von Tyrannen , welche denen Kindern gebieten , ihre eigene Eltern umzubringen . Weiter anders nichts , als Honig-ſuͤſſe Wort-Kugeln , uͤberzimmete und uͤberzuckerte Reden . Alle diejenigen , die bey ſolchen Dingen auferzogen werden , koͤnnen eben ſo wenig witzig ſeyn , als einer , der die heimlichen Gemaͤcher ausraͤumet , wohl riechen kan . Jacobus Sadoletus ſpricht vom Schul-Leben : Mit dieſer Manier zu unterweiſen wird alle Gutartigkeit , und Tugendhafftigkeit , aus dem Gemuͤthe verſchlagen und verderbet , und koͤmmt nichts anders heraus als murriſche , unleutſelige und ſchwehrmuͤthige Leute , die nicht allein andern , ſondern auch ihnen ſelber beſchwerlich , an allen Sachen verzagen , kleinmuͤthig , Licht-ſcheu , einſame Winckel-Schlupffer , und bey der Geſellſchafft laͤcherlich ſeynd , die da kein freyes und freudiges Gemuͤthe tragen , ſondern , den Kopff ſtets voller Unluſt , und groſſer Gedancken , von kleinen unnuͤtzen Dingen haben . Was kan aber der Tugend , Erbarkeit und Großmuͤthigkeit nachtheiliger ſeyn als eben dieſes . Man hoͤre was Johannes Sturmius ſaget : Es iſt ein laͤcherlich Ding um einen gelehrten , wann er ſtoltz , aufgeblaſen und murriſch iſt , im Fall man anders einen ſolchen Menſchen einen Gelehrten nennen darff , welcher mit dergleichen Gebrechen behafftet . Wiewohl es iſt nicht ohne , daß nicht ſchier unter allen hohen vornehmen Leuten dergleichen zu finden , als unter denen Rednern Erutius , Curtius , Mamerius , unter denen Pœten Marſus , Zoylus , Chæilus ; unter denen Senatoren Valgula , Aſellus , Mencius . Indeſſen kan niemand ſtoltze Schulzaͤncker , und murriſche ungeſchickte Duͤnckel anſehen , der nicht lache wegen ihres laͤcherlichen Weſens , oder traurig werde derer herrlichen Studien halber , die an ihnen verlohren ſeynd . Thomas Overburius mahlet einen unartigen Schul-Monarchen auf dieſe Weiſe ab : Er tritt nach der Tabulatur einher . Mit der einen Hand ſcandirt er Verſe , und mit der andern haͤlt er ſeinen Schul-Scepter . Es duͤrffen ihm keine Gedancken in den Sinn kommen , da nicht der Nominativus Caſus das Verbum regiert . Er hat Zeit ſeines Lebens keinen Sinn oder Meynung : denn er gehet allein mit Worten um . Alle ſeine Ehre ſuchet er im Criticiſmo und ſeine Exempel im Nizolio . Seine Phraſes elegirt er nach dem Thon und Wohllaut derer Sylben . Die acht Partes Orationes ſind ſeine Famuli . Kurtz : Er iſt ein Heteroclytus . Denn er hat keinen Pluralem numerum , ſondern nur die ſingularem qualitatem derer Worte . Macht er in dieſem keinen Solæciſmum ; ſo iſt doch ſein gantzes Leben anders nichts als ein continuus Solæciſmus Ein gewiſſer vornehmer Mann , und groſſer Gelehrter ſchreibet : Schul- Fuͤchſe ſind die allergroͤſſeſten Symplicia unter allen Kraͤutern , gantz ungeſaltzene , und ungeſchmaltzene , Stock-Fiſche und Blaͤche zu allen Sachen verdroſſen und unwillig . Sie lernen lange Jahre und Tage , und begreiffen doch nichts . Gleichwohl duͤncken ſie ſich groſſe Meiſter der Klugheit , ob ſie ſchon auf der Welt nichts koͤnnen als Worte machen . Wann man ihnen begegnet , moͤchte man allemal eine Hand voll Wermuth in das Maul nehmen , damit man derer tiefſinnigen Herren nicht lache . Gruͤſſet man ſie , ſobedencken ſie ſich , ob es ex rei literaria utilitate ſeye , daß ſie antworten , die Hand bieten , oder beyde zugleich bieten ſollen ? Alsdann ergreiffen dieſelben das Huͤtlein mit voller Hand wo es am hoͤchſten iſt , drehen es eine Weile vor dem Maul in den Haͤnden herum , und machen andere tolle Geberden mehr . Sitzen ſie bey einem uͤber Tiſche , ſo koͤnnen ſie vor tieffen Gedancken nicht zu reden kommen . Fragt man ſie etwas , ſo ſchweigen ſie eine Weile ſtille . Hernach bringen ſie wenig vor , und das ſich noch darzu eben ſo auf die Frage reimet , wie eine Fauſt auf das Auge ; oder ſie ſagen auch wohl gar nichts . Mercken ſie , daß man ihrer nicht wahrnimmet , ſo ſtehlen ſie ſich geſchwinde von der Geſellſchafft hinweg , und wiſchen zum Loche hinaus , das der Maurer , oder Zimmermann offen gelaſſen hat . Ein anderer ſpricht von denen Pedanten : Sie haben es mit ihrem ungeſchlachten Weſen , und unzierlichen Sitten , dahin gebracht , daß das gemeine Volck mit Fingern auf ſie deutet , darum nennet ſie Epictetus ein Thier , deſſen jedermann lachet . Ihres Gebrauchs wegen , den ſie haben , auch denen geringſten Dingen , ſehr tief , und gleichſam mit Verwunderung , nachzuſinnen , anbey in dieſer ihrer Stockfiſcherey ſich bereden , ob ſeyen ſie alleine witzig , heiſſet man ſie Fantaſten , und es iſt der Name eines Philoſophi dermaſſen verachtet , daß man auch , im Schertz und Ernſt , denſelben einem jeden Narren anhanget . Schul-Fuͤchſe , welche die alten Scholaſticos genennet , ſind nichts anders als diejenigen , welche ſich taͤglich in Schul- Staube herum weltzen , wie ein Fuchs in ſeiner Hoͤle . Calmaͤuſſer werden ſie daher genennet , weil ſie in der Schule die Federn zerbeiſſen , eben ſo , wie die Maͤuſſe alles zu zernagen pflegen . Noch weit laͤcherlicher , als alles bißherige , klinget eine andere Beſchreibung von einem Schul-Fuͤrſten , die ich an einem gewiſſen Orte gefunden . Er iſt , heiſſet es , das Haupt ſeiner Laͤuſe , ein ernſtlicher Regent , und lachet nicht , wann er ſchon ſaͤhe einen auf einen Butterweck , oder Butter-Strietzel , daher reiten . Er iſt ein Fuͤrſt aller Fuͤrſten . Denn ohne ihn haͤtten die andern Fuͤrſten keine Menſchen zu Unterthanen , ſondern nur Beſtien . Alſo machet er denen Buͤrgern Obrigkeiten , und denen Obrigkeiten Buͤrger . Er iſt der vornehmſte und erſte Stand des Regiments und gemeinen Nutzens . Denn jedermann muß zum erſten unter ſeinen Stab kommen , und er urtheilet uͤber einen jeden ohne Appellation oder Widerſprechen . Sein Anſehen weiß er meiſterlich zu erhalten . Wann er unter ſeine Soldaten tritt . muß es gleich vor ſeiner Majeſtaͤt ein Erdbeben geben , und alles erzittern . Kommen etwa fremde Leute zu ihm , ſo muͤſſen geſchwinde die Ubelthaͤter , ſo das gantze Jahr durch etwas begangen , zu einem Exempel ſeiner ritterlichen Juſtitz geſchmicket ſeyn . Seine Diſcipuli ſeynd , gegen ihm zu rechnen , was die uͤbrigen Pœten gegen ihrem Ur-Altvater Homero ſeynd , die man zu ſeinen Fuͤſſen abmahlet , dergeſtalt daß ſie alles auflecken , was dieſer kotzet . Er iſt oͤffters nicht ſo gluͤckſelig , daß er Kinder habe , weil er mit anderer Leute Kindern ſo umgehet als ob ſie von denen Baͤumen fielen , wie die Gaͤnſe auf einer gewiſſen Schottlaͤndiſchen Inſel . Zu einem Schuſter iſt er verdorben . Denn er hat nicht mehr als einen Leiſten , uͤber den er alle ſeine Buben ſpannet . Aber zu einem Feld-Obriſten iſt er eine erwuͤnſchte Perſon , weil er derer Schuͤtzen gewohnt , und die Schuͤſſe wohl erleiden kan . Auch hat er taͤglich das Paucken-ſchlagen zum Beſten , wann er ſeinen Schuͤlern den Hinterſten auspaucket . Er iſt der aller kunſtreicheſte . Denn er hat alle Kunſt-Loͤcher durchgucket , und weiß aller hinterſten Beſchaffenheit ; nur ſeinen hat er nie geſehen . In jedermans Augen kan er einen Balcken erſtechen , ſo lange er ſelbſt dafuͤr ſtehet . Es iſt ihm wie einem Haus-Hund , der niemanden unangebellet voruͤber gehen laſſen kan ; nicht daß er Urſache haͤtte zu bellen , ſondern nur , weil er von Natur und aus Gewohnheit bellen muß . kommt man ihm auf ſeinen Miſt , ſo ſuchet er alles herfuͤr , einen zu verſuchen und zu examiniren , ob man auch ſo geſchickt ſeye als er ? Fehlet einer nun an dem geringſten Woͤrtlein im Donat , ſo hat er ſchon die Reputation bey ihm verlohren . Warlich ! warlich ! ſaget er , es iſt nichts mit ihm . Er zerſchmeltzet vor mir wie Schnee und Butter in der Sonnen . Er ſchwuͤhre einem theuren Eyd darauf , man muͤſſe nur darum ſtudiren , daß man den Donat und die Grammatica vollkommen , ja wie ein Vater Unſer , auswendig herzuſagen wiſſe , und im uͤbrigen viele ſpeculirende Theorie beſitze . Mit dem es anders bewandr , der iſt in ſeinem Augen ein veraͤchtlicher tummer Eſel . Dahero kommet es , daß er jedermann auslachet , und wieder von jedermann ausgelachet wird . Allein er iſt denen andern darinnen uͤberlegen und reicher als ſie , weil die andern nur einen Narren an ihm alleine haben , er aber alle andere , auſſer ſeinem Stande vor Narren haͤlt ; wiewohl das Gewicht ſeiner Narrheit die Menge derer andern wohl uͤberwiegen koͤnte , dergeſtalt , daß es ein groſſes Wunder iſt , wann ein witziger Mann aus ſeiner Schule koͤmmt , weil er unter allen ſeinen zuhoͤrern , der groͤſte Narr iſt , nur ein gemeiner Narr aber ſonſt ſchon zehen Narren machet . Die Lateiniſche Sprache haͤlt er ſo hoch , daß er bloß darum nicht bey Hofe ſeyn mag , weil man nicht Lateiniſch daſelbſt redet . Ja ich zweiffele nicht , er ſolte ſich des ewigen Lebens verzeyhen , wann er wuͤſte , daß daſelbſt kein Latein geredet werden wuͤrde . So offt er des Ariſtotelis Opera in die Haͤnde bekoͤmmet , faͤnget er ſelbſt an zu zweiffeln , ob er biß hieher eine vernuͤnfftige Creatur geweſen . Er beweinet anbey das groſſe Elend des menſchlichen Geſchlechts , und daß nicht alle ſolcher hohen Geheimniſſe der Vernunfft theilhafftig werden koͤnnen , ſondern , wie er zu reden pfleget , als das unvernuͤnfftige Vieh ohne Verſtand dahin lebten . Es iſt wahr , geneigter Leſer ! daß Hertze moͤchte einem Weinen , wann man bißweilen zuhoͤret , woruͤber auch Schulen und Univeiſitæten diſputiret nnd geſtritten wird . Ja ein vernuͤnfftiger Bauer begreiffet es , daß es oͤffters lauter nichts-wuͤrdige Grillen ſeynd , womit man nur die edle Zeit verderbet . Daher hat Thomas Gartzion in ſeinem Buch , genannt der Schau- Platz aller Kuͤnſte , nachdem er erſtlich denen rechtſchaffenen Schul-Maͤnnern ihr gebuͤhrendes Lob beygeleget , Anlaß genommen , im vierdten Diſcurs von denen unartigen , und eingebildeten Gramaticis alſo zu reden : Dargegen finden ſich auch etliche , von denen ich nicht viel gutes zu ſagen weiß , ſtehe auch an , ob ich ſie unter die Grammaticos , oder unter die puren Pedanten rechne ; ungeachtet es lauter reine Grammatici ſeyn wollen . Dieſes ſind die , welche einen gantzen Tag auf dem Marckt , oder in einem Laden , oder ſonſt bey einer Geſellſchafft gelehrter Leute ſtehen und diſputiren , ja ſich um geringer und nichtiger grammaticaliſchen Sachen willen zancken , mit vollem Geſchrey und Eyfer , als wann Leib und Leben daran gelegen waͤre , wodurch ſie jedermann die Ohren ſo voll fuͤllen , daß ſie auch einen Schmidt bey ſeinem Amboß uͤberdruͤßig und beſchwerlich ſeyn moͤchten . Da ſchweret man bey dem Polluce und Hercule , ja bey allen Goͤttern ; da doch manchmal nur darum zu thun , ob man die Buchſtaben Y. und Z. nur allein im Griechiſchen , oder auch bey dem Latein gebrauchen ſolle ? Ob man die animam Ariſtotelis , die er Entelciam nennet , mit einem d. oder t. ſchreiben ſolle ? Ob H. auch ein Buchſtabe ſeye , oder nur eine nota aſpirationis ? Ob man des Buchſtabens X. beduͤrffe oder nicht ? allermaſſen man vorzeiten an ſtatt deſſelben c s gebrauchet , und pacs , lecs , geſchrieben , da man jetzo pax und lex daraus gemachet . Item , ob der Name Ulyſſes mit einem X. oder mit zweyen fl. ſolle geſchrieben werden ? Ferner ob nur drey partes orationes ſind , nemlich Nomen , Verbum und Conjunctio , wie Ariſtoteles und Theodorus wollen ? oder ob deren viere , wie die Stoici vorgeben , welche die Articulos von denen Conjunctionibus unterſcheiden ? Item ob man die andern , welche lange hernach darzu ſeynd geſetzet worden , auch vor partes orationes halten ſolle ? wie Ariſtarchus und Palæmon ſolches haben wollen . Ingleichen , ob derer Pronominum funffzehen ? wie Priſcianus will , oder deren noch mehr ſeynd ? wie Diomedes und Phocas prætendiren . Weiter , ob man auch doppelte Buchſtaben doͤrffte gebrauchen , als in denen Worten , cauſa , religio , & c. da etliche Schreiben cauſſa , relligio ? oder , ob es genug an einem ſ . und l ? und was dergleichen Sachen mehr ſeynd , als Accentus , Puncta , Ortographia , Pronunciatio , die Form , und Figur derer Buchſtaben , Ftymologia , Analogia , Præcepta , Regulæ , Declinationes , Modi ſignificandi , Mutationes Caſuum , Varietates temporum & c. daruͤber ſie mit groſſen Ernſt und Eiffer halten , und billig von Luciano Samolatenſi , in einem ſonderlichen Buͤchlein , welches er vom Streit derer zwey Buchſtaben S. und T. geſchrieben , ausgelachet werden . Desgleichen von Andre Salernitano , welcher das Bellum Grammaticale , oder den Feder-Krieg derer Gramaticorum , gar artig , ſolchen naͤrriſchen Grammatieis zum Spott geſchrieben . Nebſt dieſen ſeynd auch andere , die wollen gar gute und reine Grammatici ſeyn . Meſſala hat von jeden Buchſtaben ein beſonderes Buch geſchrieben . Beroaldus will den Servium , geringer Sachen halber , in die Schulen verweiſen oder ſchicken . Lucinius ſchilt den Vettium , daß er ſich mit Sabiniſchen Præneſtini ſchen und Tuſciſchen Woͤrtern beholffen habe . Aſinius Bollio will dem Tito Livio Schuld geben , er nehme den Landsmann zu ſehr mit , und wolle auch in denen Worten gar zu Paduaniſch ſeyn . Palæmon will gar an den Marcum Vatronem , um geringer Grammaticaliſchen Sache willen . Quindilianus will dem Seneca einen Kuͤchen-Schilling geben , dieweil er , in geringen und kurtzen Sententiis , die Krafft und den Nachdruck etlicher Woͤrter vernichtet . Valla zeucht allen Grammaticos , die vor ihm geweſen , uͤber die Banck , und wird vom Muncinello , und Poggio , wieder heruͤber gezogen . Uber dieſe finden ſich noch etliche andere Pedanten und Schul-Fuͤchſe welche , um ihrer qualitæten willen , billig bey jederman verhaſt ſeyn ſollen . Daß ſiehet man an dem eigenſinnigen und Hirnſchelligen Domitiano ( NB . Domitianus à Domitor & anus ) ſo die Buben nur bey dem hinterſten aufzaͤumet , der zu Rom ein Schulmeiſter geweſen , und an dem unbeſcheidenen Orbilio ( Orbilius quaſi orbis bilis , die Galle , die Geiſſel , die Ruthe , oder der Zorn der Welt ) der zur Zeit Ciceronis zu Benevento ein Schulmeiſter geweſen . Item an Rhennio Palamone , welcher ihm duͤncken ließ , es waͤren die freyen Kuͤnſte mit ihm aufgekommen , und wuͤrden auch wiederum mit ihm abſterben . Ferner an Lionide , der ein Pædagogus Alexandri geweſen , und wie Diognes Babylonicus ſchreibet , deſſen Gemuͤthe in der Jugend zu allerhand Untugenden angefuͤhret ; und an einem Andern , welchen Crates , der Philoſophus , mit Faͤuſten geſchlagen , weil er einen ihm anvertrauten Knaben , in ſeiner Jugend verderbet hatte . Was ſolle ich ſagen von etlichen boͤſen Laͤſter-Maͤulern , welche alles wollen tadeln , reformiren und critiſiren . Einer ſchilt den Platonem , daß er keine Ordnung haͤlt in ſeinen Schrifften . Der andere ſagt vom Virgilio , er habe den Theocritum und Homerum beraubt , ausgeſchmierret , ja wohl gar geſchunden . Ein anderer ſagt vom Cicerone , daß er auch nicht die beſte Ordnung uͤberall gehalten habe . Ein anderer will an den Saluſtium , daß er zu ſehr gezwungen ſey . Ein anderer ſchnurret den Terentium an , daß er ſeine Comœdien von Labeone und Scipione gebetelt . Macrobius muß auch ein undanckbarer und unverſchaͤmter Geſelle ſeyn , Plinius ein Luͤgner , und Ovidius von Eigen-Ruhm ſtincken . In Summa , es gehet keiner voruͤber , der ihnen nicht muß herhalten , und ſich von ihnen laſſen meiſtern . Was ſoll ich ſagen von dem naͤrriſchen Hochmuth etlicher , welche , damit ſie Aufſehens maͤchen moͤgen , mit einem Spruch , welchen ſie aus dem Cicerone , oder aus einem Pœten auswendig gelernet , aufgezogen kommen . Dieſen recitiren exponiren und gloſſiren ſie mit magiſtraliſcher Kunſt , daß denen Zuhoͤrern die Ohren ſchwitzen moͤchten . Solte man ihnen nicht billig entgegen ruffen . O Coridon ! Coridon ! quæ te dementia cepit ! O Coridon ! Coridon ! Wie ſticht dich doch der Narr und Geck ſo gar ſehr ! Bißweilen kommen ſie auch , wann ſie die Andacht ſticht , mit einem Spruch aus heiliger Schrifft einher getreten , und machen ſeltſame Gloſſen daruͤber , daß man auch Kroͤten damit vergeben moͤchte . Was ſolle ich ſagen von wunderſeltſamen Proſopo pœiis , mit welchen ſie herrein gepranget kommen , als haͤtten ſie alle Kuͤnſte gefreſſen . Da koͤmmt bißweilen ein Perottus , ein Catolicius , ein Deſpaucerius , ein Mancinellus , ein Priſcianus ein David Britannus , ein Auguſtinus Pathus , ein Adamus Trajectenſis , ein Magiſter Telbene , ein Terentius , ein Scopus , und andere dergleichen gelehrte Leute mehr von welchen ſie hier ein wenig und dort ein wenig heraus geklaubet . Wann man ihnen das Ausgeklaubte abkauffete , wuͤrden ſie hernach ſtumme Hunde ſeyn . Cantalicius der ſpottet eines ſolchen Pedanten , welcher Branchidus geheiſſen , gar artig , mit nachfolgenden Verſen : Dum legit in Cathedra ſapiens Branchidas Poëtas Allegat ſemper pro Cicerone Phocam . Branchitas ein ſehr weiſer Mann , Die Pœten ſchoͤn leſen kan . Soll er aber Tullium nennen , So thut er nichts als Phocam kennen . Wie viel beſſer und zutraͤglicher waͤre es , daß an ſolchen Geſellen der Wunſch des Quintiliani erfuͤllet wuͤrde , da er ſaget : An denen Fædagogis und Schulmeiſtern moͤchte man dieſes am hoͤchſten wuͤnſchen , daß ſie entweder recht gelehrt waͤren , welches ſie ihnen auch am meiſten ſollen laſſen angelegen ſeyn , oder daß ſie zum wenigſten wuͤſten , daß ſie nicht gelehrt ſeynd . O wie wohl redet Quintilianus ! Denn es iſt kein ſchaͤndlicher Ding in einer Schul , als wann der Præceptor ſich nicht kennet , und ſich duͤncken laͤſſet er ſeye gelehrter als er iſt , koͤnne auch ſeine Knaben gar bald klug und gelehrt wachen . Von einem ſolchem Duͤnckel ſagt obgemeldter Candaticius , welcher auch ein Præceptor auf Schulen geweſen : Ille tribus brumis vix Alpha & beata docebat , In tribus aſt pueros menſibus aſtra doces . Jener ( er redet vom Quintiliano ) lehret A. B. C. kaum recht in dreyen Jahren , und du lehreſt in dreyen Monaten deine Knaben auch die Sterne und den Himmel kennen . Was ſoll ich ſagen von der naͤrriſchen pedantiſchen Gravitæt etlicher , die mit ihrem Baculo Magiſtrali , mit ihrem kahlen Rock , der nicht weniger als fuͤnff Jubel-Jahre geſehen , mit ihrem Meiſter-Geſang beydes in Proſa und in Verſen , mit ihrem hauffen Nachfolgern von Knaben , die ſie zum Pracht auf- und anfuͤhren , mit ihrem Lateiniſchen Gruß : Salus , Salvete , Avete Domini & c. mit ihrer praͤchtigen Reverentz , mit ihrer aufgeblaſenen Stellung und Gang , als wann ſie lauter Tullii waͤren , mit ihrem praͤchtigen Leſen , mit ihrem ſchnarchenden Reden , wann ſie ihre Knaben examiniren , mit ihrem anſehnlichen Auf- und Abtreten in der Schulen , als wann ſie Pfauen oder welſche Hahnen waͤren ; in Summa ſich mit allerhand anſehnlichen ja recht majeſtaͤtiſchen Geberden , Worten und Weſen , ſehen und hoͤren laſſen ? Item von ihren ernſtlichen Erinnerungen , die ſie ſtets an ihre Knaben thun , daß ſie des Priſciani Fußſtapffen fleißig ſollen nachfolgen ; daß ſie von dem Diomede nicht ſollen abweichen , daß ſie allezeit ein gutes Buch als ein Cornu copiæ ſollen unter dem Arm oder in denen Hoſen tragen , daß ſie ihr Catholicon , ihren Papiam , benebſt dem Momotracto bey Leibe nicht dahinten laſſen ſollen , und was dergleichen mehr damit man ſie fein uͤberall , wo ſie ſind , gehen oder ſtehen , vor fleißige , ſorgfaͤltige und gelehrte Schuͤler anſehen moͤge , da ſie doch nichts als Eſel ziehen , die zwar Buͤcher tragen , aber nicht wiſſen , noch verſtehen , was drinnen iſt . Was ſolle ich ſagen von ihren ſtoltzen und uͤbermuͤthigen Reden , in welchen ſie alle Sprachen unter einander hacken , damit man ihre pedant ſche und grobianiſche Gelehrſamkeit uͤberall ſpuͤre . Sollen ſie etwas parliren , ſo muß es alles latiniſiret , oder auch wohl mit dem Griechiſchen geſpickt ſeyn . Anderergeſtalt taugt es nichts , und moͤchte vielleicht von denen gemeinen und ungelehrten Leuten verſtanden werden . Dieſes ſeynd diejenigen Witz-Beſteller , von denen Marcus Spelta in ſeiner klugen Narrheit ſagt , daß ſie ſich einig und allein verderben in der Sophiſterey , und ſolchen philoſophiſchen , fluͤchtigen , wetterwendiſchen und Kindiſchen Quæſtionen und Fragen , die nichts gelten und nichts bedeuten . Es gehen demnach die Sachen leider uͤbel von ſtatten , wann die Republic von ſolchen Philoſophaſtern gouvernirt und verwaltet wird , die anders nichts haben als ihre Sophiſtereyen , Fantaſtereyen , Mucken und Windmachereyen . Mit denen kommen faſt uͤberein diejenigen Philoſophi des erſten Geſchlechts , welche Laurentius Grimalius de opt . Senat. lib. 1. p. 76. oder Liberius à Bodenſtein in Jurisprud. Polit. lib. 1. c. 23 . ( indem ſie nur der Titel unterſcheidet ) vor untuͤchtig zum Regiment haͤlt , als die den rechten Grund der Philoſophie noch nicht geſchmeckt , noch durch derſelben Geſetz und Lehr-Regeln die boͤſen Begierden , und den Laſter-Durſt in ihnen ſelbſt geloͤſchet , weswegen ſie auch der Tugend und Philoſophie gantz ungemaͤß leben , als welche noch nicht in ihnen eingewurtzelt iſt , anderergeſtalt ſie nicht allein gelehrte ſondern auch fromme Leute aus ihnen gemachet haͤtte . Dahero iſt Johann Gebhard , in ſeinen Fuͤrſtlichen Tiſch-Reden oͤffters mit etlichen vornehmen Fuͤrſten nicht wohl zu frieden , daß ſie ihre Kinder ſchlimmen Pedanten und Schul-Haſen , welche auſſerhalb der Schul-Fuchſerey , an Sitten , Geberden uud allem ihrem Thun und Laſſen die groͤbſten Bengel ſeynd , anvertrauen , die davor halten , wann ihre Diſcipel in ſieben oder acht Jahren die Lateiniſche und Griechiſche Grammatic , perfectè , ad unguem , an einem Schnuͤrlein , mit allen Regeln , und Anomalis Figuris , von Wort zu Wort daher ſprechen und plaudern koͤnnen , auch etwas aus dem Cicerone und Virgilio zu ſagen wiſſen , daß ſie es gewaltig wohl getroffen haben , eben als wann Lateiniſch oder Griechiſch reden das Beſte an einem Fuͤrſten waͤre . Das ſeynd die Haus-Katzen , Hummeln , Stuben-Huͤter und Narren , von denen vorbeſagter Marcus Spelta ein beſonders Capitel ſchreibet , und zwar lib. 2. c. 4. der kugen Warheit , die ſich vor Correctores auswerffen , und doch Corruptores ſeynd , auch meiſtentheils ſchnatternde Gaͤnſe , und wollen mit denen Schwanen in einer Reyhe lauffen . Zu gewiſſen Zeiten kauffen ſie ihren Diſcipuln Kuͤchlein , Flaͤdlein und Paſtetlein , ſchmauſſen auch wohl mit ihnen , und laſſen GOtt einen guten Mann ſeyn . Dieſen allen pfleget es gemeiniglich zu gehen , und zwar mit Recht , wie jenem Pædagogo , welcher in eine gewiſſe Stadt kam , der Meynung , etliche ſeiner alten Diſcipel zu beſuchen , die daſelbſt ſtudierten . Er brachte die gaͤntzliche Hoffnung mit ſich , daß , weil ſie vor Jahren unter ſeiner Diſciplin geſtanden , und von ihm gekommen waren , er auch mit ihnen viele Muͤhe gehabt , dieſelben ihm viele Hoͤflichkeit und Freundſchafft erweiſen , ja den Willkommen auf das herrlichſte ſprechen wuͤrden . Aber was geſchiehet ? Der unwerthe Gaſt wolte einen dererſelben emendiren , der geſagt Domini Scholares , deswegen er ihn warnete , er ſolte forthin ſolches Vocabulum nicht mehr gebrauchen , vorgebende es ſeye Barbariſch geredet . Hierauf gab ihm ſein geweſener Diſcipul zur Antwort : Nein es iſt nicht Barbariſch , ſondern Africaniſch . Hierauf geriethen ſie in einen gewaltigen Zanck , und die Diſcipel ergriffen letzlich ihren miſerum hoſpitem , buckten ihn heruͤber , und hieben mit Peitſchen auf ſein bloſſes Geſaͤſſe gantz unbarmhertzig loß . Einer von ihnen fragte bey einem jedweden Streich : Iſt das Barbariſch oder Africaniſch ? Und als er mit der Sprache nicht heraus wolte , haben ſie ſo lange zugeſchmiſſen , biß er Ja oder Nein geſaget . Jedoch iſt ſeine Hartnaͤckigkeit dermaſſen groß geweſen , daß , ehe er zugeben wollen es ſeye Africaniſch , derſelbe uͤber hundert Streiche ausgehalten . Ich glaube es ſolt ein Confortativ auf dieſes Schwitz-Bad wohl bekommen ſeyn . Als nun der arme Geſelle die Undanckbarkeit ſeine Diſcipel geſehen , die ſie ihm bewieſen , iſt er ſo zornig worden , daß er alle Lectiones , die er ihnen ehemahls gegeben , expliciret und erklaͤret , verfluchet hat . Auch alles andere mit einander , ſo viele Verſe er ihnen exponiret , ſo viele Examina er mit ihnen angeſtellet , ſo viele Fabeln er ihnenerzehlet , ſo viele Declamationes er gehalten , ſo viele Hiſtorien und Geſchichte er ihnen geſagt , ſo viele Epiſteln und ſo viele Themata er ihnen proponiret , ſo viele Cujus er ſie gefraget , ſo viele Præcepta er ihnen gewieſen , ſo viele Figuren er ſie gelernet , ſo viele Regeln aus der Grammatic und Syntaxi er ſie uͤberhoͤret , ſo viele Autores er ihnen geleſen , auch ſo viele Streiche , ſo viele Baſtonaden , ſo viele Poſſen , ſo viele Schlappen , ſo viele Ohrtappen , ſo viele Maultaſchen , Harrauffen , Aufblaſen , ſo viel Stehens ad fornacem ſine ponere , ſo viel auf einem Fuß ich da ſtehen muß ; kurtz alles , alles , was er nur mit ihnen , oder ihrenthalben , gethan execratus eſt , hat er verfluchet und vermaledeyet . Aber heut zu Tage will man eben ſolche Narren haben . Einen Schul-Tyrannen habe ich auch ſonſt folgendergeſtalt beſchrieben geſehen : Er iſt eine Gewalt ohne Vernunfft . Denn gleichwie die Jaͤger , Bereuter und dergleichen Leute ihre Hunde und Pferde durch Grauſamkeit Schrecken , Streiche und Hunger abrichten , alſo dringt auch dieſer bey ſeinen Buben mit Gewalt durch , und nicht mit Beſcheidenheit . Was er heiſt , oder dictirt , muß ohne Frage und Wiederrede geſchehen , recht und wahr ſeyn . Er giebet niemand Rede und Antwort , ſolte ſolche auch der gewaltige Koͤnig Cyrus , oder der weiſe Cato von ihnen fordern . Daß ſo viele boͤſe Buͤrger in der Stadt ſeynd , daran iſt er Schuld , weil er ſie gleich in ihrer beſten Bluͤte verderbet , und zu Fantaſten oder Halsſtarrigen Bloͤchern machet . Denn er weiß keinen Unterſcheid zu halten , noch zu unterſuchen , ob nemlich manche Tugend oder Natur derer Sporen oder des Zaums bedarff ? manche getrieben ſeyn will , oder ſich ſelbſt treibet ? Ja er movirt auch manchmal Acheronta oder die gantze Hoͤlle und will die Buben mit allen Teuffeln meiſtern , bevorab wann er entweder zu viel Wein , oder zu viel Bier und Brandewein geſchoͤpffet und genippet ; da er dann abſonderlich ſeine ritterliche Autoritæt ſehen zu laſſen pfleget . Seine Hoſen ſeynd wie zwey alte Teutſche Puffer-Hulfftern . Die Schnupff- oder Naſen-Tuͤcher haͤlt er vor ein uͤbrig koſtbar Werck , weil er ſich in den Mantel ſchneutzet , oder ſeine Naſe auf den Ermel wiſchet . Wo jederman luſtig iſt , da ſitzet er gantz ſtille , haͤlt ſich ſo gravitætiſch als giengen ihm die Geſchaͤffte des gantzen heiligen Roͤmiſchen Reichs im Kopffe herum , und begehret nicht zu reden , auſſer nur , wann man ihm gantz alleine zuhoͤret . Er iſt keinen Menſchen unterworffen auſſer nur ſeinem Weibe , und das nur zu dem Ende , damit ſie ſich ihm hinwiederum unterwerffe . Er meynet es ſeye kein anderer als Buͤcher-Witz , und der Menſch lebe nur darum , auf daß er leſe und ſtudire , geſtalt er ſelbſt immer lieſet , eben als ob man nichts aus der taͤglichen Erfahrung und dem groſſen Natur-Buch lernen koͤnne . Alle ſeine Gedancken ſchlaͤgt er in Buͤchern nach . Sobald er ſie nicht darinnen findet , verwirfft er ſie , und meynet , daß er ſich geirret . Viel weniger glaubet er , daß er etwas reden doͤrffte , welches er nicht zuvor bey einem andern geleſen . Er kan ihm nicht einbilden , daß der Menſch etwas von Natur habe , ſondern muͤſſe alles lernen , geſtalt er ſich ſelbſt zu einer immerwaͤhrenden Unwiſſenheit verdammet , und ſich als ein laſtbares Thier nur zum Mutation gewoͤhnet , nichts ſelber inventirt , ſondern nur dahin ſich befleiſſiget , wie er zum allerzierlichſten dasjenige auf klauben und auflecken koͤnne , was andere geſpeyet haben . Er kan nicht glauben , daß jemand ohne Buͤcher ſeyn gelehrt worden , oder daß diejenigen , ſo vor Aufkommung derer Buͤcher und des Buͤcherſchreibens gelebet , etwas haben wiſſen koͤnnen , gleich als ob der Menſch nichts von Geſchicklichkeit in der Natur , in der Vernunfft und in dem Verſtand haͤtte , ſondern alles in denen groſſen , und manchmal wiederwaͤrtigen , Buͤchern ſuchen muͤſſe . Er hat kein natuͤrlich ſondern ein artificial Judicium , dannenhero mancher Bauer , der Verſtand hat , und nur natuͤrliche Reden fuͤhret , weit beſſer urtheilet als er . Er giebet niemanden Rationem ; will aber doch jedermans Worte und Wercke an ſeine Rationes und Regulas binden , gleich als ob es ſowohl um uns Menſchen ſtuͤnde , daß alles nach denen Regeln koͤnte gerichtet werden , und jederman nach der Grammatic reden und thun koͤnte . Endlich wann er zu weit koͤmmt , daß er die Conſuetudinem und den Uſum , nicht mehr vertheidigen kan , ſo nennet er es eine Anomaliam , einen Gracillum , eine Exceptionem , und ſo fortan . In Summa ein dergleichen Schul- Tyrann iſt ein pur lauterer ausgekuͤnſtelter Eſel . Was der geneigte Leſer biß hieher von unartigen Schul-Tyrannen , unter welche auch verwirrte , eigenſinnige oder ſonſt boͤſe Profeſſores auf Univerſitæten , zu zehlen ſind , geleſen hat , das iſt von vielen andern Gelehrten ebenfalls zu verſtehen . Denn es ſtecken nicht alle gelehrte Narren in denen Schulen , oder auf Univerſitæten , ſondern es befinden ſich deren auch da und dorten in ihrem beſondern Loͤchern . Dieſe ſind alſo abgemahlet und beſchrieben : Die Pedanten , welche nur halbe Menſchen ſeynd , und ihnen nimmermehr die Hoffnung machen duͤrffen rechte gantze Menſchen zu werden , die nur mit denen Motten und Buͤcherſchaben zu thun haben , welche ſie aus ihrem erblichen Beſitz vertreiben , werden gar fein bey denen Lateinern Umbratici , bey denen Teutſchen Stubenſitzer , Calmaͤuſſer , Dinten-Freſſer genennet , dieweil ſie gleichſam , wie die Geiſter derer Verſtorbenen , ihr Leben an ſchattichten duncklen Orten , in unaufhoͤrlicher Muͤhſeligkeit und freywilliger Marter , mit greinen und gramen zubringen . Wann ſie andern rechten Menſchen von Ungefaͤhr oͤffentlich unter die Augen kommen , ſcheinen ſie nichts anders zu ſeyn als ein Geſpenſt , oder unſelige Geiſter mit ſcheußlichen Geſichtern , die da um die Todten-Begraͤbniſſe wohnen . Gruͤſſet ſie einer , oder redet dieſelben an , werden ſie geſchwinde in ihnen ſelbſt entzuͤcket , ruffen alle ihre Gedancken zu Rathe , und befragen ſich bey ihnen ſelber , was dieſes bedeuten mag ? ob es ihnen zum Spott geſchehen ? oder ob es etwa aus einer ſonderbaren himmliſchen Einflieſſung oder Influxion des Geſtirns herruͤhre ? Von guten hoͤflichen Sitten wiſſen ſie nichts , koͤnnen mit niemanden converſiren , ſeynd in der That keine Menſchen , ſondern nur Schatten von Menſchen , die da einen Leib ohne Seele und Gemuͤthe , und nur allein mit kalten Gedancken uͤberſchwemmet , herum tragen . Man kan ſie erkennen an ihren tuͤckiſchen Geſichte , grober unartiger Geſtalt , runtzlichter Stirn , an ihren im Maul abgezirckelten Worten , dunckeln und nur unterſichtigen Blintzel-Augen , langen Sau-borſtigen Baͤrten , vermoderten und verſchimmelten Haaren , wie auch oͤffters an einem Mantel , welcher auf der einen Seite weiter herab haͤnget als auf der andern . Wer ſie reden hoͤret mag wohl ſagen , daß ſie nicht wiſſen , wie es in der Welt zugehe , noch was die Welt ſeye . Sie pflegen keinen Fuß fortzuſetzen , noch die Naſe zu ſchneutzen ohne Bedacht . Sollen ſie etwas der Zeit und Gelegenheit nach verrichten , ſo werden ſie beydes mit ihren langen Rathſchlaͤgen verſaͤumen . Sie prætendiren lauter Weisheit zu lehren ; und ihr gantzes Leben iſt doch anders nichts als eitel Unordnung . Faͤllet etwa des Rangs und der Ober-Stelle wegen ein Streit vor , ſo wiſſen ſie denſelben ohne allem Aufſchub zu ſchlichten , indem ſie ſich ſelber uͤber jederman ſetzen und erheben , aus einem gantz naͤrriſchen Ehr- Geitz . Sie halten es vor eine groſſe Schmach , und es verdreuſt ſie ſehr , wann man ſie anſpricht , und nicht zuvor einen Eingang oder Vorrede machet von ihrer groſſen Gelehrſamkeit , ihrem herrlichen Anſehen und weit-beruͤhmten Namen , der ihrer Meynung nach aller Welt bekannt ſeyn muß . So haben ſich viel gelehrte Narren und gelehrte Stock-Fiſche , in der Welt aufgefuͤhret , und dadurch anlaß gegeben , daß die Leute ſich faſt uͤber das geſamte lehrte Weſen en general moquiret , ja bey nahe einen jeden Gelehrten vor einen Narren und Fantaſten gehalten und angeſehen . Man ſolte meynen es muͤſte doch endlich die Klugheit und Weißheit einmal anfangen bey denen Gelehrten uͤber die Narrheit zu triumphiren ; allein es kommen leider immerfort wiederum neue gelehrte Monſtra und Mißgeburten zum Vorſchein . Die Conduite und Auffuͤhrung vieler jetzt-lebenden abgeſchmackten Gelehrten , die doch rechte Lumina Mundi zu ſeyn prætendiren , lieſet und erſiehet man , von einer Zeit zur andern , in denen gelehrten Zeitungen , und andern Nachrichten von gelehrten Sachen . Regieret gleich ſonſt der Friede in der gantzen Welt , ſo iſt er doch aus der Region derer Gelehrten gaͤntzlich verbannet , indem unter ihnen ſich immerfort Leute befinden , die mit einander in der groͤſten Feindſchafft leben und unaufhoͤrlich zancken . Eines von denen allerfriſcheſten Exempel des laͤcherlichen Krieges derer Gelehrten iſt derjenige Streit , den ein gewiſſer beruͤhmter Hollaͤndiſcher Schulmann , mit andern vornehmen Europæiſchen Gelehrten , in Franckreich und Engelland des Quintiliani wegen hat . Ihre desfalls gewechſelten Schrifften ſind mit ſehr vielen unhoͤflichen und ſtachlichten Worten angefuͤllet . Ja man kan ſagen , daß ſie einander ſo unhoͤflich begegnen , als es von groben Bauren kaum aͤrger zu vermuthen , und ich zweiffele nicht , daß , Falls dieſe Zaͤncker in Perſon einander rencontriren ſolten , ſie es eben ſo machen wuͤrden , wie es die ungehobelten und ungeſchlachten Bauer- Luͤmmel in denen Schencken , wann ſie zu viel gezechet nicht ſelten zu machen pflegen , da ſie nemlich einander bey denen Haaren erwiſchen , und ſich ſchlagen , daß die Hunde das Blut lecken moͤchten . Abſonderlich hat ſich der Hollaͤnder recht exceſſiv grob wider ſeine Gegner aufgefuͤhret , und Quintilianus , daferne er ſolches wiſſen und erfahren ſolte , wuͤrde ſich ſonder allen Zweiffel nicht wenig uͤber ihn aͤrgern . Dieſer nemlich M. Fabius Quintilianus , war ein vortrefflicher Redner , welcher zu Neronis und Domitiani Zeiten in Rom lebete . Von Geburt aber iſt er ein Spanier , und , wie einige Vorgeben , von Calahorra gebuͤrtig geweſen . Galba brachte ihn nach Rom , allwo er mit groſſen Ruhm , als Profeſſor Eloquentiæ , oder der Rede-Kunſt , gantzer zwantzig Jahre gelebet . Man ſagt , daß er der erſte geweſen ſeye , welcher vor ſeine Lehren eine oͤffentliche Beſoldung bekommen habe . Der Kayſer Domitianus hielte ihn ſehr werth , und ließ ſeines Bruders Kinder von ihm unterrichten . Man hat von ihm ſeine Inſtitutiones Oratorias , welche in Zwoͤlff Buͤchern beſtehen , und von dem beruͤhmten Poggio zu unglaublicher Freude derer Gelehrten , zu erſt ſeynd heraus gegeben worden ; desgleichen Dialogum de oratoribus ſ . de caufis corruptæ eloquentiæ . Die hundert und fuͤnff und viertzig Declamationes aber , welche noch biß dato verhanden ſind , und zu erſt von Uguleto Petro Aerodio in den Druck gekommen , werden nicht ohne Wahrſcheinlichkeit des Quintiliani Groß- Vater beygeleget . Die XIX Declamatienes longiores aber werden dem erſten Quintiliano faͤlſchlich zugeſchrieben , und wollen einige ſie dem Marco Floro , und Poſthumio Juniori , einem von denen dreyßig Tyrannen zueignen . Die geſamten Schrifften ſind zu Leyden , Anno 1665 . in zwey 8tav Baͤnden , durch Petrum Galandium , mit des Turnebi , Camerarii , Paræi , Gronovii , und Variorum , Pithœi , Aerodii , Schelii und Schultingii Anmerckungen heraus gegeben worden . Nach dieſem hat Ulricus Obrechtus Anno 1698 . davon eine gar accurate Edition an das Licht geſtellet . Gleichwohl ſolle dieſes alles jetzo nichts heiſſen , nichts bedeuten , nichts gelten , ſondern man zancket ſich aufs neue uͤber den wahren Verſtand , uͤber den Sinn , uͤber die Meynung , und uͤber die Gedancken des Quintiliani , und zwar mit ſolcher Hefftigkeit , als wann das Heyl von gantz Europa darauf beruhete . Auf dieſe hochgelahrten Herren nun ſchicket ſich nicht unrecht eine Paſſage aus Trajani Bocalini Relation ex Parnaſſo cap. 21. welche alſo lautet : Geſtern um zwey Uhr iſt allhier , in derer Grammatiſten Quartier , unverſehens Allarm geſchlagen worden . Als die Gelehrten meiſtentheils zugelauffen , fanden ſie , daß die Schulmeiſter , Epiſtel- und Commentſchreiber dermaſſen hart an einander gewachſen waren , daß ſie ſchwehrlich aus einander zu ſetzen geweſen . Der Streit hat ſich allein daher erhoben , weil ſie ſich nicht vergleichen koͤnnen , ob das Woͤrtlein Conſumptum mit oder ohne p. zu ſchreiben ? Uber dieſe Unruhe ward Ihro Majeſtaͤt , der Apollo , ſehr zornig , nicht allein , da die Urſache dieſes Schul-Krieges gar geringe , ſondern auch weil Paulus Manutius , welcher dieſer Unruhe Urheber geweſen ſeyn ſolle , Dion . Lambinum , der ihm zum Wiederpart geſtanden , mit einem Stein von Rom , darinnen beſagtes Wort mit dem p. geſchrieben geſtanden , ſehr beſchaͤdiget , und die Naſe gantz zerknirſchet hatte . Weil nun Apollo dieſem Geſindel , wegen ſeiner Grobheit und Ungeſchicklichkeit , ohne diß nicht wohl geneigt , befahlen Ihro Majeſtaͤt dem Stadt-Voigt ſie allerdings aus denen Herrſchafften des Parnaſſi zu verweiſen . Nachdem aber Cicero , Quintilianus , und andere vornehme Gelehrte , vor ſie auf das unterthaͤnigſte intercediret , und anbey vorgeſtellet , es ſeye dieſes heylloſe Geſindel nicht faͤhig hoͤhere Sachen zu begreiffen , und muͤſten ſich alſo bißweilen um dergleichen Bagatelle zancken , ſeynd ſie endlich erbeten , und in ihrem Stande gelaſſen worden ; jedoch mit der expreſſen Bedingung , daß ſie nicht kluge , ſondern naͤrriſche Gelehrte fuͤhrohin heiſſen ſolten . Gantz entſetzlich iſt dieſes , daß dergleichen Staͤncker , Zaͤncker und gelehrte Narren gemeiniglich prætendiren groſſe Philoſophi zu ſeyn . Was koͤnte aber einem wohl laͤcherlicher in die Augen fallen als ein Philoſophus , der die gantze Zeit von der Kunſt , die Affecten zu bemeiſtern , zu zaͤumen und zu zwingen , Lehren und Regeln giebet , und gleichwohl ſich ſelber , durch den geringſten Affect , der ſich nur in ihm reget , uͤber den Toͤlpel werffen laͤſſet , mithin zeiget , daß er ein viel aͤrgerer Sclave derer Affecten als andere Menſchen , die nicht einmal wiſſen was die Philoſophie iſt und bedeutet ? Eben darum iſt geſchehen , daß ſich nicht nur Comœdien Dichter uͤber den Platonem , den Ariſtorelem , und andere groſſe Philoſophos moquiret , ſondern es iſt von mehrern , gantz andern Leuten als Comœdien-Dichtern , ebenfalls geſchehen . Quintilianus redet von denen Philoſophis alſo : Sie haben ihnen ſelber , vermeſſener und hoffaͤrtiger Weiſe , den Namen der Weisheit-Kuͤndiger , und Lehrer der Weisheit zugeleget , deſſen ſich weder Vornehme in wichtigen Rathſchlaͤgen , in Regierungs-Sachen uͤber Lande und Leute , ſtattlich geuͤbte Maͤnner , ja die hoͤchſten Kaͤyſerlichen Perſonen ſelber nicht unterſtanden ; allermaſſen dieſe lieber groſſe und weiſe Sachen verrichten , als mit dem Titel der Weisheit prangen wollen . Zwar die alten Philoſophi haben viele gute Lehren gegeben , und auch denſelben gemaͤß , ihr eigen Leben angeſtellet . Aber zu unſern Zeiten muß ihnen der herrliche Name nur zum Schand-Deckel dienen . Denn ſie begehren nicht , durch Tugend oder Geſchicklichkeit , von denen andern ſich zu unterſcheiden , ſondern machen ihren argen Sitten nur einen Schein , mit ihrer angenommenen melancholiſchen Weiſe , verſtelleten Geſichte und abſonderlicher Tracht . Auch dasjenige , was ſie ſich gantz eigenthuͤmlich zuſchreiben , und einig und allein darinnen zu brechen haben wollen , wird ſonſt ebenfalls von jederman , ja allenthalben gehandelt und tractiret . Denn wer redet nicht von Recht und Gerechtigkeit , von Billigkeit , von guten Sitten , von Daͤmpffung derer Begierden ꝛc. wo es anders nicht gar ein ruchloſer Menſch iſt ? Welcher Mahler , Baumeiſter und Schreiner weiß nicht mit dem Circkel , Quadranten und Winckel Maaß umzugehen ? Iſt auch je einer unter denen Bauern , der nicht denen natuͤrlichen Urſachen nachgruͤnde , und von der Veraͤnderung des Gewitters zu ſagen wiſſe . Denn was die Gedancken , das Nachſinnen , und die Rede betrifft , ſo ſind dieſe Sachen allen Menſchen gemein , die der geſunden Vernunfft nicht beraubet oder ſtumm ſind . Ulrich von Hutten beſchreibet einen zur Pedanterey inclinirenden Philoſophum auf dieſe Weiſe : Alle diejenigen , welche hinter dem Ofen philoſophiren , und ſich dermaleins auf weltliche Sachen begeben , wiſſen nicht , was ſie wollen oder ſollen . Denn gleichwie bey gutem Wetter ein Schiff leicht zu regieren iſt ; alſo koͤnnen die Muͤßiggaͤnger ein Ding mit Worten tapffer herraus ſtreichen und loben , auch verachten , bald aber zugleich loben und verachten . Sie haben gewaltige Anſchlaͤge im Kopffe ſtecken , und koͤnnen ſehr ſubtil auch von denen ſchwehreſten Regiments-Haͤndeln diſputiren , weil ſie einen groſſen Vorrath von Worten haben und beſitzen . Aber im Wercke taugen ſie gantz und gar nichts , und ſeynd ungeſchickt zu allen Sachen , wo ſie nicht zuvor wohl darinnen unterrichtet , geuͤbet und angefuͤhret werden . Was hilfft es indeſſen einem , daß er ſich lange auf dem Kopff kratzet , und ſeine Naͤgel zerbeiſſet , hernach aber , wann er zur Verwaltung einigen Welt-Handels ſolle gezogen werden , dabey mit lauter Unverſtand agiret , und ungereimte Anſchlaͤge , die gar nicht zur Sache dienen , angiebet ? Moͤgen die Leute alsdann nicht billig von einem ſolchem Philoſopho ſagen : O ihr Buͤrger , was ſollen wir mit dieſem Ochſen anfangen ? Dieſes begegnet gemeiniglich denenjenigen , die da aus denen Buͤchern haben zancken und kriegen gelernet , als welches gemeiniglich naͤrriſche Zaͤncker und ungluͤckſelige Kriegs Leute giebt . Alſo iſt es ein groſſer Unterſchied etwas mit Verſtande verrichten , und wohl diſcuriren koͤnnen . Was iſt das aber vor ein Leben , wann man die Naſe allezeit in denen Buͤchern , und den Kopff voller verwirrter Gedancken ſtecken hat ? oder ſonſt viel ſchreibet , waͤſchet und plaudert ? wann man ſonſt weiter nichts nuͤtzliches thut oder vornimmet ? Mir meines Orts duͤncket , es ſey dieſes Leben keinem wahren Leben aͤhnlich . Hierzu kommt , daß diejenigen , welche ſich lange bey und in dem Studieren auf halten , nicht allein unterdeſſen die Experientz und Erfahrung an ihnen ſelbſt verſaͤumen , ſondern auch insgemein zu allen Verrichtungen ungeſchickt und unartig werden . Dannenhero geſchiehet es auch daß ſie ſich ſonderlich durch ihre Sitten und Geberden vor andern Leuten characteriſiren , und ſich aller menſchlichen Gemeinſchafft entſchlagen . Gerathen ſie aber ungefaͤhr einmal in Geſellſchafft da ſiehet man erſt recht , was vor unluſtige , unfreundliche und eigenſinnige ja recht wilde Leute es ſeynd , die doch gleichwohl einem jedweden ſeinen Fehler aufmutzen , ja auch Fuͤrſten und Herren antaſten duͤrffen , die ſie gegen ihren vermeynten Stand hoher Welt-Weiſen vor nichts halten ; wie wir dann wiſſen , daß ein gewiſſer Philoſophus ſich oͤffentlich verlauten laſſen , er wolle keine Koͤnigliche Crone aufheben , und wann er ſie auch mitten im Wege finden ſollte . Viele zwar haben dieſe Worte dem , der ſie geſprochen , vor eine hohe Tugend und Weisheit zugerechnet ; ich aber ſpreche , daß ſie von einem puren pedantiſchen Eigenſinn , Stoltz und Hochmuth , hergekommen . Den Krieg unter allen Voͤlckern in der Welt verwerffen und mißbilligen die naͤrriſchen Philoſophi uͤberhaupt und ſeynd doch ſelbſt die aͤrgſten Zaͤncker und Feder-Krieger . De Haus-Sorge verdammen ſie als ein unnoͤthig Dieng und der Kummer naget und frißet ſie gleichwohl ſelber Tag und Nacht , dergeſtalt , daß ſie immerfort ſchreyen ; Woher nehmen wir Brod ? Nach ihrer Lehre ſolle man die Schaͤtze und Reichthuͤmer verlachen ; und iſt doch gleichwohl niemand begieriger darnach , als viele von ihnen es ſind . Die aber , welche ſie wircklich verachten , thun es aus einem philoſophiſchen Hochmuth und Eigenſinn , wobey ſie auch alle Freude und Luſt , alle Ergoͤtzlichkeiten alle weltliche Geſetze und Gerichte , ja den gemeinen Nutzen uͤberhaupt verwerffen . Wann es bey ihnen ſtuͤnde , doͤrffte man vor denenſelben nirgends ſchiffen , fahren oder reiten , ja wie ich glaube auch nicht einmal kacken , oder auf das geheime Caͤmmergen gehen . Das aͤrgſte iſt , das viele von ihnen ſo gar den Eheſtand vermaledeyen , und die Fortpflantzung des menſchlichen Geſchlechts mißbilligen , folglich gerne die Welt wuͤſte und oͤde machten , muͤſten ſie auch gleich ſelber daruͤber zu Grunde gehen . Was anders aber als dieſes wollen und ſagen ſie dadurch , es ſeye das Beſte niemals geboren werden , oder das hoͤchſte Gluͤcke nach der Geburt bald wieder ſterben und mit der Welt gar keinen Umgang haben . O Grillen ! o abgeſchmackte Fantaſey ! Der geneigte Leſer beliebe ſich zu erinnern , welchergeſtalt er eben jetzo geloſen , daß ſich diejenigen , welche ſich lange bey dem Studieren aufhalten , gemeiniglich Schaden thun , weil ſie die Zeit daruͤber verſaͤumen , binnen welcher ſie ſelber zu einer ſchoͤnen Experientz gelangen koͤnten . Das aber , was allhier geſchrieben ſtehet , ſehen wir an nicht wenig Leuten welche taͤglich vor unſern Augen herum gehen , daß ſie nemlich lange Jahre auf Schulen und Univerſiteten gelebet , und doch nichts gelernet haben und nichts bedeuten ; au contraire recht tumme Eſel und einfaͤltige Narren in ihrer Haut ſind . Einige bringen es wohl gar , mit allem ihrem Schul- und Univerſitæten-Leben , nicht einmal dahin , daß ſie die Lateiniſche Sprache gebuͤhrend verſtehen , reden oder ſchreiben koͤnnen , ſondern elend Latein und ſchlecht Teutſch , wie Maͤuße-Dreck und ſchwartzen Pfeffer , gantz tumm und ungeſchickt , unter einander mengen . Nachſtehender Brief , den ein gelehrter Dorff-Schulmeiſter , und reſpective Kuͤſter welcher funffzehen Jahre auf Schulen , und zehen Jahre auf Univerſitæten geweſen , an einem andern Dorff-Schulmeiſter geſchrieben haben ſolle , giebet deſſen ein klares Exempel : Laus DEO perennis Gloria ! Meine willige Officia zuvor , Clariſſime Dn. Frater ! Es iſt euer Dominus Paſtor bey mir geweſen , und hat mich um einen bonum Conſilium gefraget , ob er noſter Schultzens Filia ſolte ſumere oder non ? Ich habe ihm einen bonum Einſchlag gegeben , wie er es ſolle facere . Ich habe auch mit dem Domino Paſtore brav diſcuriret , und er hat gar pulcher geſtudiret , iſt auch ein feiner Græciſmus , wie ich mercke . Da er ſolus getruncken tres cantores Cereviſia , erfuhr ich recht , wie es ihm in neulichſter Spolium ergangen . Ich habe es nicht wollen Credere , daß dich mein lieber Domine Frater ! das Bellum ſo valde verderbet ; aber jetzo habe ich es erſt recht erfahren . Wo iſt nun dein Pecuniam ? in bellum . Haͤtteſt du deiner Uxor gefolget , und einen ſchoͤnen Ager davor gekaufft , koͤnteſt du dein Pecuniam in Marſupio behalten haben . Wo ſind nun deine andern pulchros res ? auch in Bellum . Mit mir iſt es eben alſo . Meine Res haben einen Namen , und heiſſen Nihil . Ich hin ein rechter pauper Nebulo , habe nichts mehr , als wie ich co und ſto . Meine neuen Veſtii , mein Dies Dominicæ Pallium , alle meine Induſia , meine neue Calcei , darinnen ich fein nach dem Lignum paſſiren kunte , mein Pilius mit dem geflochtenen Hut-Inculum , der mich quindecim groſſos gekoſtet , alle meine Superbia und Schmuck , meiner Frauen ihre Veſtii , meiner Kinder ihre Veſtii ſind alle mit port . Unſerer Magnus Magd , der Magdalenen , der pauper Maͤhren , ſind auch alle ihre Res weg . Die Vacca mit dem Kalbe , der Caper mit denen kleinen Ziegen , Porcus magnus & parvus iſt omnes allo . Es waren auch noch kleine Ruſticis Huͤnerchen , die haben die Bellum ſervi zu Faſan-Huͤnerchen gemachet . Noch reuet mich nichts ſo ſehr als mein ruffum Gallum , der allezeit krehete , wann es Hora ſecunda war , da ich dann wuſte wann ich zu Morgen ſolte lauten . Meine Buͤcher kraͤncken mich auch , darinnen alle meine beſten Autor ſind ausgeleſen , als der Calepinus , der Marcus in Quartum der Tullius in Octavum , der Cicero in Folium . Alle meine Grammaticæ , græce & latinos , das groſſe Phraſibus Buch , meine ſchoͤne Poſtilla , darinnen ich vor meine Domine Paſtores ſo manche ſchoͤne Predigt gethan , der Catechiſmus in allen vier Linguas , das groſſe Vocabulum oder Nomenclatur Buch , auch die Philoſophans-Buͤcher , die ich nicht omnes nennen kan , ſind alle via . Ach meine Partes de trium reuen mich doch zu ſehr ! Denn wie du weiſt koͤnnen dieſelben longe & late nicht gefunden werden . Was ſchoͤne Muteten ſtunden darinnen , als : Exultate Juſtii (ſſ ) Juch Holla ( 8 ) Congregaſti : ſt : inimice Eſt : Laſt uns unſere Tage genieſſen , und dergleichen ſchoͤne Muteten ſtunden darinnen . Vox prima haben ſie mitgenommen , Vox ſecunda haben ſie gelaceraceriret . Vox tertia oder Baſſus habe ich noch in unſerer Eccleſia . Dieſelbe ſiehet auch male aus . Die Stuͤhle ſind zerriſſen , & omnis , alles darinnen zerſchmiſſen . In meiner Schola iſt nichts mehr totus . Die Feneſtras ſind ex , der Ofen hat wohl ein Schock Oculi . Der Ofen-Forca haben die Regio Servii ein Cornu abgeriſſen . Die Veſica iſt fort . Der Studier-Menſa iſt gramboſuit . Die Magna ſchwartze Tabula , darauf ich meine Adjuvanten das Core informalia aufgeſchrieben , haben , ſie becaculare , und Federn darein geſtecket , ſiehet aus als der lebendige Diabolus . Mein Atramentum Dolium , alle meine Penna mit dem Pennal , und anderthalb Bogen Papier , haben ſie mir gefurraverunt . Es muß certiſſime ein Gelehrter darunter geweſen ſeyn . Mein Cupite iſt auch dehoneſtiret . Ein Corporal hat zur Dies Mercurius Nox des langen Maͤrtens Filia ſechsmal darinnen getummelt . Hoc dicit noſter Schultze , der hat ſolches gevidit , und muͤſſen leiden . Mein pecuniam numeratam iſt auch allo . Ach es war ſolch ſchoͤn Geld . Es waren lauter Bohemios groſſos , die hatte ich in meinem Vecca Stabulum , unter dem groſſen Lapis verſtecket . Dennoch habens die Bello Servi gefunden . Mea perſona anbelangende , ſo gieng es mir auch wunderlich . Denn als unſer Pagus all voll Equus und Mußquetierer war , erwartete ich kein Spolium , ſondern gieng ſtatim davon . Da kriegte mich einer und dicit : Du Bauer , wo ſind Pferde ? Ich wieſe ihn nach noſter Schultzens Domus , und ich lieff in unſer Domus kroch unter Scamnum , in dem finſtern Angulus , vermeynte der Diabolus ſolte mich nicht finden . Aber tria Silopotarius fanden mich , kriegten mich bey dem rechten Pes , zogen mich herfuͤr wie eine Sus , und ſchrien Geld Geld her ! Da war ich erſt in groſſer Neceſſitas . Ich hieſſe ſie Ihr her ! Herren Monſieurs , und warens doch nicht dignus . Sie fragten wer ich waͤre , und ich ſagte ein Ruſticus . Da wolten ſie von mir haben Caro , Farcimen , Schincken , unum Schock Oves , viel Butyrum und Caſeus genug . Ich ſuchte und langte herfuͤr was in meam poteſtatem war . Doch waren ſie damit nicht contentus , ſondern begehrten Decem cantoros Cereviſiæ , und Rheiniſchen Vinum Ich ſagte , das wir in unſerm Papus ſolchen Salus nicht haͤtten . Da ſchlug der eine Nebulo mir den lincken Brachium in Duo , daß ich halb mortuus zur erden fiele , blieb auch ſo lange jacere , biß ich ipſis wieder zu mir kam . Unſerm Dominus Paſtor iſt es auch nicht viel melius ergangen . Denn alle ſeine Res ſeynd port . Sie haben ihm ſeinen ſchoͤnen longam barbam ausgeraufft , und ſeine formoſa ſpons , des Schultzens Filia ſehr turbiret . Es iſt non alles zu deſcribendi , wie ſie mit uns Domus gehalten haben , welches ich dem Dominus Frater zu aviſiren nicht vorbey gekunt , und befehle ihn hiernechſt goͤttlicher Protection , verbleibe auch , Sein lieber treuer Frater in æternum &c . Nun weiß ich gantz gewiß , daß viele dieſen Brief vor eine thoͤrichte Luͤgen und erdichtete Sache halten werden . Ich will mich auch nicht unterſtehen , jemanden zuzumuthen , daß er ihn vor eine Wahrheit annehmen ſolle . Indeſſen kan ich doch verſichern , wie ich vor ungefaͤhr vier Jahren ein Leichen-Carmen geleſen , das ein , etliche Meilen von einer beruͤhmten Stadt noch jetzo lebender , Dorff-Prieſter auf den Todt ſeiner gnaͤdigen Edel-Frau gemachet , und welches bey nahe eben ſo laͤcherlich wo nicht gar toller klinget als dieſer Brief . Wie dann inſonderheit die ungereimte Redens-Art : Du groſſer Pan eheu ! O Pan du groſſer GOtt ! vielfaͤltig darinnen anzutreffen . Von einem , ebenfalls noch jetzo lebenden , Doctore und Profeſſore , mag ich nicht weniger die Verſicherung geben , daß er faſt nichts ſchreibet oder redet , in Teutſcher Sprache , das er nicht mit eben ſo viel Lateiniſchen und Frantzoͤſiſchen Worten , nach Proportion der Schrifft , ſpicken und auszieren ſolle , wie der angefuͤhrte gelehrte Dorff-Schulmeiſter und Kuͤſter ſeinen Brief . Der Unterſcheid beſtehet nur darinnen , daß der Herr Doctor und Profeſſor zierlich Latein redet und ſchreibet , und kein ſo entſetzliches Barbariſches , wie der Schulmeiſter , dem man dieſen Brief zu eignet . Aber man hoͤre dieſen Herrn Doctorem und Profeſſorem Frantzoͤſiſch reden , oder erwege ſein Frantzoͤſiſch , das er mit in ſeine Schrifften einflieſſen laͤſſet , ſo wird man ſich des Lachens nicht enthalten koͤnnen . Vielleicht dencket jetzo , bey dieſer meiner Erzehlung , mancher bey ſich ſelber : Wer fordert dann von einem Profeſſore auf teutſchen Univerſitæten daß er eben die Frantzoͤſiſche Sprache verſtehe , und ich meines Orts ſage gleichergeſtalt , daß dieſes keine abſolute Nothwendigkeit ſeye . Allein ſo muß auch keiner , ſchon bey hohen Jahren ſeyender , Doctor und Profeſſor , welcher der Frantzoͤſiſchen Sprache nicht maͤchtig iſt , immerfort halb Teutſch und halb Frantzoͤſiſch reden und ſchreiben . Ich zweiffele auch , das es ſich ſchicket , wann einer , wie dieſer thut , auf ſolche Weiſe betet und ſinget . Zum wenigſten bin ich meines Orts incapable dergleichen Poſſen ohne Lachen anzuhoͤren . Jedoch was ſagt der geneigte Leſer darzu ? Es hat ein gewiſſer Hochgelehrter , der ſich vor einiger Zeit hier , wo dieſer Tractat an das Licht kommen , etliche Monathe aufgehalten , ein Avertiſſement drucken laſſen , das warhafftig noch weit laͤcherlicher iſt , als der angezogene Brief des Dorff-Schulmeiſters . Dieſes Avertiſſement lautet alſo : Curieuſer Leſer ! Weil Unterſchriebener entſchloſſen ſeine , zu der Welt Dienſten genugſam ſuffiſante , und à l’ epreuve de tous les envieux , ohne die ſogenannte Paſſauiſche Kunſt , von einer aͤcht-veſten Trempe befindliche Talenta , allen Staaten der Welt , denen darinnen begriffenen dreyen Staͤnden , denen Lehr-Wehr- und Nehr Profeſſionen zugleich alſo auch ihren Regenten und Haͤuptern , Lebenslang zu widmen , und mit Rath und That , nach denen bereits geſchehenen Notificationen , auf gar neue und verſchiedene Arten an die Hand zu gehen , hat er noͤthig erachtet , die Lobwuͤrdige Intention mit ihren faiſablen Modis , durch gegenwaͤrtiges Manifeſt , die punctatim zu eroͤffnen , ſich auf galante Art uͤber alle thoͤrichte Raiſonneurs und Capita mania ſola philavtia ſuper aures ipſorum leporinasaſininas gravida & fructifera jederzeit moquirend . Wer alſo , oder welche , von der ſtudierenden , und nach der wahren Ehre trachtenden Jugend die Inclination heget bey ihm 1 ) Collegia explicatoria , examinatoria & diſputatoria , in Jure und darzu gehoͤrigen Præliminar-Scientien zu hoͤren , auch entweder eigene oder von ihm elaborirte Diſputationes ex Cathedra zu halten ; wer oder welche 2 ) Von Fuͤrſtlichen , Adelichen Buͤrger- oder Bauer-Stande beliebig , ihre Printzen und Soͤhne privatiſſime von ihm , in gleich erwehnten Wiſſenſchafften , nachſeiner dreyfachen Methode informiren zu laſſen ; 3 ) Conſilia und Bedencken , in Staats- als andern Civilitem in Finantzen-Policey-Cammer-Commercien-Manufacturen- Steuer- und Militair Sachen zu erfordern . 4 ) Einen redlichen Tutorem , Curatorem , Oeconomum , & Adminiſtratorem Bonorum , Conſulenten vor Wittwen und Wayſen , Staͤdte , Lande und andere Geſchaͤffte , auch Commiſſionen zu Friedens- und Kriegs-Affaires ; 5 ) Einen Geſandten auf Reichs und Creyß-Taͤgen Reſidenten , Carreſpondenten , Bibliothecarium , Archivarium , Directorem ritterlicher Academien , Staats-Criticum und ſo weiter verlangen , zu derer Vocation und Capitulation offeriret ſich Unterſchriebener . Solten ferner , 6 ) Paſſagiers , Kauffleute , Kuͤnſtler und Handwercker , item die Land-Leute , zu ihren Privat- als Zunfft- und Gewercks-Angelegenheiten , und Beobachtung ihrer Intereſſen , einen disintereſſirten Patronen , Rathgeber und Vorſprach vonnoͤthen haben , koͤnnen ſie ſich an ihn addreſſiren . Der Juden-Genoſſenſchafft offeriret er gleichfalls ſeine aufrichtige Patronance und Beyſtand in vorkommenden mercantiliſchen Streitigkeiten und ſo weiter . 7 ) Curieuſe Gelehrte , auch Buchhaͤndler , welche entweder ſeine Selbſt-Arbeiten in Verlag zu nehmen , oder von ihm aus der Lateiniſchen , Hollaͤndiſchen , Frantzoͤſiſchen , Italiaͤniſchen , Engliſchen auch Spaniſchen Sprache , gebundene oder ungebundene Translationes , ſie moͤgen noch ſo ſchwehr ſeyn als ſie wollen , das genereuſe und gutwillige Verlangen haben , werden ihre Satisfaction bey ihm zu finden . 8 ) Hof-Commœdianten und Theatraliſten , Medaillenrs , Mahler , Kupfferſtecher , Architecteurs , auch galant gelehrte Stayren beliebende Virtuoſi koͤnnen ſich frey bey ihm angeben , wo ſie nach ihren Deſſeins , auf Luſtige- und Trauer-Faͤlle , und ſo weiter , Invenſiones , Erfindungen und Auszierungen de bon guſto , in gebundenen und ungebundenen Verſen Stylo Lapidari , oder Inſcriptionen , Symbolis , Emblematibus u. ſ. w. zu haben begierig . Die Conditiones und Bedingungen ſeynd : a ) Ihre Propoſitiones , Species Facti , Deſideria , Abſichten und Vorhaben ihm muͤndlich oder ſchrifftlich , nach allen , auch denen gerinſten Umſtaͤnden zu communiciren , oder zu uͤberſchicken ; b ) nach Proportion und Wichtigkeit der Arbeit und der Impetrantz , Rang und Stand , ihn mit guͤldenen und ſilbernen Species , lautè , liberaliter , nobiliter , magnificè , das iſt , wohl und gebuͤhrend , zu ihrem eigenen Vergnuͤgen und Glorie zu regaliren . Er verſichert alle auf ſeine Honneur und thaͤtiges Licht , auch liebes Chriſtenthum , es werde niemanden gereuen , ihn in oben rubricirten Thematibus conſuliret und ſich ſeiner Connoiſſance bedient zu haben . Die Thaten werden die Zuſagen redlich verificiren , und ſeinen oͤffentlichen und heimlichen Verfolgern meritirte Dementien austheilen . Erfurt den 24ſten Septembr . 1725. N. J. U. D. Hochfuͤrſtl. C---Staats- Rath und Cabinets- Director , Vielleicht , geneigter Leſer ! ſpricht ſchon wiederum jemand entweder bey ihm ſelber , oder auch wohl zu andern Abermal eine Luͤgen . Ich hingegen bitte , daß niemand dencke als ob dieſes Avertiſſements ( oder Manifeſt , wie es der Autor nennet ) erdichtet und erlogen ſeye . Ich kan auf mein Gewiſſen verſichern , daß der gelehrte Mann das Avertiſſement , mit ſeiner Eigenen Hand , und in Perſon ſehr vielen communiciret . Er fuͤhret wie die Unterſchrifft zeiget , groſſe Titul , und nennet ſich einen Juris Utriusque Doctorem , ſolle auch zu Erfurth wircklich promoviret haben . Iſt aber eine ſo hoch-betittelte , und graduirte Perſon capable , eine dergleichen Schrifft oͤffentlich bekannt zu machen , was Wunder , wann ſich ein auf Univerſitæten geweſener elender Dorff- Schulmeiſter gefunden , der einen ſo naͤrriſchen und laͤppiſchen Brief geſchrieben ? Er kan ja leichtlich weder Gaben noch Luſt zu denen Studiis gehaht haben , gleichwohl aber mit Gewalt und bey denen Haaren darzu gezogen worden ſeyn . Hernach , als derſelbe den elenden Schulmeiſter-Dienſt bekommen , haben ihn etwa die Sorgen der Nahrung geplaget , und er hat ſich ſonder zweiffel gezwungen geſehen , den groͤſten Theil ſeiner Gedancken auf den Acker- und Feld-Bau , auf die Vieh-Huͤner und Tauben-Zucht zu wenden , welche Dinge , wann ſie ſo fein zuſammen kommen , warlich ! capable ſind , einen verwirrten und einfaͤltigen Narren aus einem Schulmeiſter zu machen . Aber à propòs ! Was haͤlt dann der geneigte Leſer von dem , was jetze folget : EXTRACT Einiger Paſſagen eines beruͤhmten Scribenten unſerer Zeit . ES iſt ja wohl an dem , daß ich laͤngſt meine Feder haͤtte ruhen laſſen , wo nicht eine Menge dererjenigen ! die da die Wahrheit lieben , und nach derſelben Lehren , von allen Seiten auf mich loßgeſtuͤrmet , und von mir , daß ich mit gleichem Eyffer , wie bis daher noch fernere Weisheits-Stroͤhme durch meine Schrifften ausflieſſen laſſen ſollte , erfordert haͤtten . Item . So iſt auch hier durchaus meine Schreib-Art ſo beſchaffen , daß ich mir wohl flattiren darff , daß , ſo lange das Evangeliſche Zion ſtehet , noch keine Schrifft jemahls ans Tages Licht gekommen , da mit mehrerer Beſcheidenheit die Warheits-Gruͤnde waͤren vertheioiget worden , ja daß gar wenig Streit-Schrifften ſind , welche dieſer hierrinnen ( doch es ſey ferne , daß ich mich ſelbſt ruͤhme ; Ich will es dem Urtheil des Leſers uͤberlaſſen ) gleich kommen . Denn ob ich gleich die Wahrheit derb und trocken ohne Wort-Blum , mit welcher ich ſonſt meine Schrifften zu ſchmuͤcken pflege , vortrage & c. &c . Noch ſchreibet eben dieſer Autor anderswo . Si qua eſt virtus , quam arrogare tantis per mihi audeo , ſi qua eſt laus , qua me haud indignum eſſe forſan non absque ratione exiſtimaverim , eſt ſane modeſtia , qua me vel mea adeo aliis præponere vereor , ut potius nauſeem . Item . Es iſt meinem Geiſte ein ſolcher Adel eingepraͤget , daß ich mein Gemuͤth bis dahero vom Eheſtande abgezogen , und in die hoͤhere Schrancken der Verleugnung und Heiligung ( ich rede dieſes nur in Abſicht auf mich ) eingetreten bin . Es waͤhrete aber kaum 2 Jahre , ſo hatte der gute Mann ein Weib . Als eben Demſelben von einem Studioſo eine Materie gegeben wurde , uͤber welche dieſer gerne eine Diſputation wolte machen laſſen : ſo ward hernach als die Diſputation gedrucket wurde , ein Brieff an denſelben Studioſum mit angedrucket , der ſich ohngefehr alſo anhebet : Kaum ſind 2 Stunden verfloſſen , nachdem du mir das Thema gebracht haſt , da ſchon die Diſputation fertig iſt . Denn , was iſt es noͤthig , daß man ſich mit Aufſchlagung vieler Buͤcher aufhaͤlt , wenn man im Stande iſt , aus dem Schatz ſeines Hertzens ſelbſt etwas gelehrtes , gruͤndliches und verwunderungs-wuͤrdiges herfuͤrzubringen . Eben dieſer , als er ein neues Ehren-Amt uͤberkam , ſetzte ſich mit einem andern , der von vielen Jahren dieſes Amt bekleidet hatte , in Vergleichung ; und da hieß es : N. iſt ſchon in ſeinen juͤngern Jahren ſehr beruͤhmt worden ; von mir weiß auch alle Welt zu reden . Er iſt ſehr jung Doctor worden ; ich auch . Er hat viele Buͤcher geſchrieben ; ich habe deren noch mehr verfertiget . Er iſt nicht N. worden ! das bin ich &c . Die mich gehoͤret haben , wiſſen , daß ich dieſe Rede ohne alle Hitze als welche mein edeles Gemuͤth nicht beweget , mit fertigen Lippen und freudigem Munde vorgebracht habe &c . Item . Die Sorgfalt des groſſen GOttes fuͤr unſere Schule iſt ungemein ; ungemein iſt auch die Wachſamkeit unſerer Patronen fuͤr derſelben Wohlfarth . Kaum hat derjenige , ſo bisher das Amt eines Rectoris verwaltet , dieſes zeitliche geſegnet , als dieſe verledigte Stelle mir wieder iſt aufgetragen worden . Meine Zunge und Feder iſt muthig , daß aus denſelben ein groſſer Strohm der Weisheit herfuͤrquillet , der die Gemuͤther der Menſchen befeuchtet . Weil ich nunmehro en bon train bin , und den , in einem Gaͤnſſe-Fluͤgel gewachſenen , Degen gegen alle gelehrte Narren en general , ſie moͤgen nun entweder , an ſtatt , daß ſie auf Univerſitæten haͤtten klug werden ſollen , vor Hochmuth und Stoltz , od er aus Einfalt naͤrriſch ſeyn , gezogen habe , kan ich mich nicht entbrechen , annoch verſchiedene Hiſtoͤrchen , die ich ſowohl von ſtoltzen Gelehrten , als einfaͤltigen gelehrten Matzen und Lappen , theils da und dorten aufgezeichnet gefunden , theils erzehlen hoͤren , theils aber mit Augen geſehen , allhier mit einzuruͤcken , in der Hoffnung , daß ſie den geneigten und unpaſſionirten Leſer contentiren werden . Einſtmals kam ein gelehrter Vagant zu einem gelehrten Dorff-Schulmeiſter , und begehrte vermittelſt einer langen Lateiniſchen Oration , von ihm ein Viaticum oder Zehr-Pfennig . Nachdem er etwas bekommen , und wider hinweg gegangen war , ſprach des Schulmeiſters Frau zu ihrem Mann : Dieſer Toͤlpel hat euch ſo lange mit ſeinem Latein aufgehalten , daß das Eſſen unterdeſſen gantz kalt geworden . Da antwortete der Schulmeiſter : Warlich Frau ! ihr habt unrecht gethan , daß ihr mir nicht eher geſaget , daß der Kerl Latein geredet . Ich wolte wacker mit ihme diſputiret haben . Magiſter N. Pfarrer in dem Staͤdtlein N. als ihm geſaget ward , Profeſſor N. zu N. ſeye geſtorben , ſagte , er glaube es nicht . Denn , fuͤgte er gantz verwirrter Weiſe hinzu , wann dem alſo waͤre , haͤrte er mir es ohne zweiffel geſchrieben , indem er mir von allem Nachricht zu geben pfleget . Ein Doctor Medicinæ wolte Handſchuh kauffen . Als er dieſelben anverſuchte , hieß er ihm einen Spiegel bringen , damit er ſich deſto beſſer beſehen koͤnte , ob ſie ihm wohl paſſeten . Ein anderer Medicus , als ihn die Floͤhe ſo ſehr in ſeinem Bette biſſen , loͤſchete das Licht aus , vermeynende die Floͤhe wuͤrden ihn hernach nicht mehr ſehen koͤnnen . Ein Studioſus Juris zog nach Straßburg auf der daſigen Univerſitæt Doctor zu werden . Als er uͤber die Bruͤcke paſſirte , kam der Wind , und warff ihm ſeinen Hut in den Rhein , weswegen er gantz entruͤſtet ſprach : Die Straßburger muͤſſen grobe Beſtien ſeyn , weil ſie nicht ſo viel Verſtand haben , feine Glaß-Fenſter auf beyden Seiten zu machen , damit man ſicher vor dem Winde ſey . Ein anderer Doctorandus , als er nach Gießen auf die Univerſitæt kam , und das ſchoͤne neu-gebauete Collegium ſahe , ſprach er zu ſeinem Gefehrten , es waͤre ein ſchoͤnes Gehaͤuß . Der antwortete ihm , es ſeye auf Italiaͤniſche Manier gebauet . Da fragte ihn der gute Laͤmpel : Iſt es dann nicht in dieſer Stadt gemachet worden ? Nein ſagte der andere , welcher des tummen Teuffels ſpottete , es haben es ihrer Zwey auf Reiffen , von Florentz gebracht . Da wendete ſich der Alberne zu dem Klugen herum und ſprach : Hab ich es nicht gedacht ? Wie iſt es doch ſo ein ſtattlich Ding : wann einer viele Laͤnder geſehen hat . Einer , welcher Magiſter werden wolte , kunte die Nacht , ſo vor dieſem ſeinem Ehren-Tag her gieng , nicht ſchlaffen , und verlangte immer nach dem Tag , bat auch ſeinen Stuben-Geſellen , der naͤher bey dem Fenſten in einem andern Bette lag , er ſollte zuſehen , ob es nicht bald helle wuͤrde ? Als dieſer antwortete , es ſeye noch kein Anzeichen darzu verhanden , hieß ihn der andere ein Licht ſchlagen ſagende , er ſolte es vor das Fenſter halten , ſo wuͤrde er den Anbruch des Tages deſto beſſer ſehen koͤnnen . Einer fande einen Mathematicum , nach dem Mittags-Eſſen , in einem Seſſel ſchlaffende , weckte ſolchen auf und ſprach zu ihm , es waͤre der Geſundheit nichts ſchaͤdlicher , allegirte auch den halben Vers der Scholæ Salernitanæ : Somnum fuge meridianum . Darauf antwortete der Mathematicus : Ich habe nur geſchlaffen den Muͤßiggang zu vertreiben . Denn ich muß allezeit was zu thun haben . Einem krancken Aſtronomo wolte der Medicus Gerſten-Waſſer zu trincken verordnen , da dann der Patient ſprach , es gelte ihm gleich , er moͤchte ihm verordnen was er wolle , wann es nur nach Wein ſchmecke . Ein alter vor ſich lebender Pedant wolte ein Hauß bauen , und ließ ein Viſier von Holtz machen . Als es ihm nun der Baumeiſter nach einander erklaͤrete , und ſagte : Sehet hier den Eingang , den Saal , die Kammern , die Stube die Kuͤche , das Schreib-Stůblein ꝛc. repetirte der tumme Teuffel alle Worte ! Sehet hier den Eingang , den Saal , die Cammern , ꝛc. Letzlich , als er ein kleines ſchwartzes Loch ſahe , in einer Ecke des Viſiers , fragte er ! Was iſt daß ? Der Baumeiſter antwortete , es waͤre das heimliche Gemach . Da fuhr der Pedant heraus und ſprach : Das habe ich wohl gedacht . Denn es iſt ſchon laͤnger als eine viertel Stunde , daß ich es gerochen habe . Ein Studioſus Juris , der nicht viel gelernet , am allerwenigſten aber die Naſe in die Bibel geſtecket hatte , ſahe Moyſen mit einem langen grauen Bart abgemahlet , in ſeiner Hand die Tafeln derer Zehen Gebote haltend , mit der Uberſchrifft Exod. XX. da meynete der Bachant , Exodus waͤre der Name und die XX. ſeye die Zahl ſeiner Jahre , weswegen er ſich wunderte und ſprach , er haͤtte nie einen Juͤngling von zwantzig Jahren geſehen , der einen ſo groſſen Bart gehabt . wie dieſer Exodus . Ein , von der Univerſitæt gekommener Student gab ſeinem Vater , welchem die Maul-Wuͤrffe eine ſchoͤne Wieſe gar ſehr verderbeten , den Rath , er ſolte ſie , zu Verhuͤtung eines weit groͤſſern Schadens , pflaſtern laſſen . Ein anderer junger Student klagte , er haͤtte die Nacht nicht ſchlaffen koͤnnen ſondern weil er keinen Umhang um das Bette habe , den Tag die gantze Nacht geſehen . Einem Philoſopho erzehlete einer etwas von einem ſchoͤnen Luſt-Garten , wie es nemlich ein groſſer weiter Ort , und eine groſſe Menge Baͤume darinnen zu finden waͤren . Auf daß der , welcher die Erzehlung that , dem Philoſopho ſolches deſto beſſer zeigen und demonſtriren koͤnte , ſtreckete er ſeine Hand weit aus , und wieſe damit rings herum . Da ſtunde der Philoſophus auf ſahe ihm ſtarr auf die Hand , und ſagte endlich : Herr ! Thut eure Hand hinweg . Denn ſie verhindert mich , das ich davor die Baͤume nicht ſehen kan . Ein Studioſus , als er gefraget ward , was er in der Kirche gethan haͤtte ? antwortete ; Ich habe das Teutſche Kyrieleiſon helffen ſingen . Ein anderer Studioſus lag bey einer Hure , und ſchaͤtzte ſich gar gluͤcklich deswegen , da ſie accurat mit denen Frantzoſen behafftet geweſen . Bey dem Abſchied ſprach die Hure zu ihm : Nun mein Herr ! Wann ihr daheime ſeyd , werdet ihr meiner auch gedencken , Ja , ſagte er , das will ich thun . Nach fuͤnff oder ſechs Wochen , als er zwo boͤſe Blattern bekam , die er von der Hure gefangen , erinnerte er ſich ihrer , und ſagte : Das iſt der Sůnden Schuld . Ich glaube es muß eine ſonderliche Straffe GOttes ſeyn , weil ich nicht mehr an ſie gedacht habe , wie ich ihr verheiſſen . Ein gelehrter Raths-Herr diſputirte , wie weit es von Speyer biß nach Heydelberg waͤre ? als einer behauptete , daß nicht mehr dann dritthalb Meil-Wegs dahin ſeye , antwortete er und ſagte : Ich wolte funfftzig Thaler wetten , daß ſchon von zehen Jahren her drey volle Meilen biß dahin geweſen . Ein Bachant , als er des Nachts , ſeiner Nothdurfft halber aufſtunde , aber den heimlichen Ort im Hauſe , in welchem er noch fremde geweſen , nicht zu finden wuſte , erreichte ſeines Reiſe-Geſelle Stieffeln , hoffierte ihn voll , und gab des Morgens vor , die Maͤuſſe muͤſten es gethan haben . Einer hatte den Hals gebrochen . Da man ihn aufhub , ſahe man , daß er ein Meſſer in der Hand gehabt . Da ſagte ein Geiſtlicher , der dabey ſtunde , es waͤre noch ein groſſes Gluͤcke , daß der gute Geſelle nicht in das Meſſer gefallen ſeye . Ein Schulmeiſter in einem Flecken war zu einer Mittags-Mahlzeit eingeladen . Als es Zehen ſchlug , ſagte er zu ſeinem Sohn : Es iſt Zeit , daß ich hingehe zum Mittags-Eſſen . Der Sohn widerrieth es ihm , und ſagte , er ſolte ſeine Reputation zu erhalten , warten , biß man ihn noch einmal ruffe . Der Schulmeiſter aber , nachdem er noch eine Weile gewartet hatte , wurde uͤber den langen Verzug ungeduldig , ruffte ſeinen Jungen wieder und ſprach , er ſolte hingehen und ſagen , daß man ihn noch einmahl bitten moͤchte , weil es bey nahe eilff Uhr wåre . Ein Doctor Medicinæ ward zu einem krancken Edelmann geruffen , und dieſer ſchickte jenem , zu dem Ende ſeine Kutſche . Unter Weges giengen denen Pferden die Eiſen ab , und der Kutſcher hielte vor einer Schmiede ſtille , ſolche wieder feſte machen zu laſſen . Als aber dem Doctor die Zeit zu lange fiel , ruffete er dem Kutſcher zu : Auf ! auf ! Laſſet uns eilen . Der Kutſcher ſprach : Herr ! Ihr muͤſſet verziehen biß die Pferde beſchlagen ſeynd . Hierauf platzete der Doctor mit dieſen laͤcherlichen Worten heraus : Nichts ! nichts . Fahret ihr nur fort mit der Kutſche , die Pferde werden ſchon nachkommen . Ein Doctor derer Rechten reiſete nach Franckfurth am Mayn , und es zerbrach ihm auf dem Wege ſeine Kutſche . Derohalben ſchriebe er an ſeinen Vetter , der ein Fuͤrſtlicher Bedienter geweſen , und etwa eine Meile davon wohnete , ihn Freundlich bittende , er moͤchte demſelben doch auf etliche Tage ſeine Kutſche leyhen . Nachdem der Brief fertig , wolte er ihn alsbald uͤberſchicken . Unterdeſſen aber koͤmmt der Kutſcher , und ſagt , die Kutſche waͤre wieder zu rechte gebracht folglich nunmehro nicht von Noͤthen , eine andere zu lehnen . Da zerriſſe der Herr Doctor ſeinen Brief , ließ Feder und Dinte holen , ſchrieb ſeinem Vetter einen andern , bedanckte ſich darinnen freundlich vor die Freundſchafft , welche er ihm mit Lehnung ſeiner Kutſche habe erzeigen wollen , und daß er derſelben nunmehro nicht beduͤrffte , weil ſeine eigene ſchon wieder gemachet waͤre , Mit dieſem Schreiben hat er einen abgefertiget , der es ſeinem Vetter uͤberbringen muͤſſen . Ein Studioſus , als er nach Amſterdam kam , und die groſſen Schiffe auf der See daher gehen ſahe , fragte , ob ſie Fůſſe håtten . Als er auch die kleinen Boote und Chaloupen ſahe , fragte derſelbe , ob das derer groſſen ihre Kinder waͤren . Ein anderer , als er vor dem Rectore verklaget ward , und hoͤrete , daß ſeines Wiederſachers Advocat den Bartholum und Baldum anzog fiel er dieſem in die Rede und ſprach : Bartholus und Baldus ſeynd falſche Zeugen , koͤnnen auch nicht ſagen daß ſie bey unſerm Zanck gegenwaͤrtig geweſen . Ein Student zu Wittenberg gab ſeinen Landsleuten einen Schmauß . Als ſie nun fein luſtig und froͤlich waren mit einer Muſic von Lauten , Geigen und andern Inſtrumenten bringet einer unter ihnen eine Jungfer , bey der er Freyerey angegeben , auf die Stube . Nachdem er etliche Reyhen mit derſelben herum geſprungen , und erſt recht anfangen wolte zu loͤffeln , mercken es die uͤbrigen , und einer ſpricht nach dem andern dieſe Loͤffel-Schweſter um ein ehrliches Taͤntzlein an , worinnen ihr Galan auch mit Freuden gewilliget ; jedoch mit dem Beding , ſagte er daß ihr Herren mir die Jungfrau Ja auch wiederbringet . Nach gehaltenem Tantz bringen ſie die Jungfrau , durch vieles Bitten , hinter den Tiſch treiben auch mancherley Geſpraͤche und Kurtzweil mit ihr . Das kunte der junge Dominus nicht laͤnger anſehen , ſondern trat vor den Tiſch und ſprach : Ey ihr Herren . Laſſet doch Jungfer Rebecken wieder herfuͤr , ſie moͤchte etwa auf den Hof gehen und piſſen wollen . Ein gelehrter Dorff-Schulmeiſter , als man es ihm verwieſe das die Uhr nicht recht gieng , uͤber die er doch die Aufſicht hatte ſagte : Die Uhr gehet recht ; aber die Sonne gebet nicht recht . Als ehemahls ein gewiſſer Magiſter , in einer der Unterſuchung der Gelehrten auf der hohen Schule fuͤrgelegten Schrifft , ſo zu denen Kirchen Geſchichten gehorte , verſchiedene Stellen aus Platone und andern anfuͤhrete , wolte beweiſen , daß es Tag werde wenn die Sonne aufgehet . Ein Philoſophus , als er ſahe eine Poſt voruͤber reiten , und daß des Poſtillions Pferd ſehr mit Packen beſchweret war , ſagte zu einem Nebenſtehenden : Dieſer Geſelle hat kein Mittleiden mit ſeinem armen Pferd . Er koͤnte wohl etwas von der Ladung auf ſeine eigene Schultern nehmen damit das arme Thier nicht ſo ſehr beſchwehret wuͤrde . Ein reiſender Studioſus , als er ſahe daß man in Italien Eiß unter den Wein that , ſteckte er ein Stuͤck in den Schubſack , nachdem er es fein ſauber in ſein Schnupfftuch gewickelt hatte , und machte ſich die Rechnung , er wolte bey der Abend-Mahlzeit ſeinen Truncks kuͤhl damit machen . Allein er fande es endlich wie leicht zu erachten , gantz zerſchmoltzen , und das Schnupfftuch war , als ob er es in das Waſſer getunck et haͤtte . Da druckete er es mit ſeiner Hand aus , tropffete das Waſſer in ſein Glaß , und meynete , das zerſchmoltzene Eiß haͤtte eben ſolche Krafft wie die gantzen Stuͤcke . Ein Superintendent fragte einen Studioſum Theologiæ , ob er , oder ſein erſtgebohrner Bruder der aͤlteſte Sohn ſeines Vaters ſeye . Als ein gelehrter Burgermeiſter , aus einem kleinen Staͤdtgen ein gemahltes Licht ſahe , deſſen Flamme oben ſchoͤn lebhafft gemachet war , fragte er , ob es des Nachts auch ſo leuchtete wie beym Tag . Ein geheimer Rath an einem vornehmen Hofe , als er die Belagerung der Stadt Oſtende abgemahlet ſahe , und auf der Land-Seite , ſowohl in dem Lager , als auf denen Waͤllen der Stadt , viel Volck erblickete , auf der See-Seite hingegen nichts , ſagte er : Was haben doch die Spanier gedacht , daß ſie nicht auf dieſer Seite wo die Waͤlle gantz bloß ſind , die Stadt angegriffen haben ? Sie haͤtten ſie warlich gleich Anfangs erobert . Ein Juriſt kam in eine Stadt , durch welche ein Fluß gieng . Als er nun den andern Tag ausgehen wolte , ſagte man ihm , das Waſſer im Fluß waͤre ſehr angelauffen . Da rieff er , man ſolte ihm den Mantel bringen , damit er nicht naß wuͤrde . Ein junger Doctor Juris waͤrmete ſich vor dem Camin , neben einer Jungfrau , die gerne ſchwatzete , woruͤber ſie ſich dergeſtalt vergaß , daß der Saum , oder unterſte Reiff , ihres Rockes anfieng Feuer zu fangen , und zu glimmen . Der junge Herr Doctor ſahe es wohl , ſagte aber nichts , biß es endlich die Jungfrau ſelber merckte , dem Feuer wiche , und den glimmenden Rock ausloͤſchete . Da ſprach der Doctor : Ich habe es ſchon vor einer halben viertel Stunde geſehen ; aber darum nichts ſagen wollen , weil ich G. L. ſo viel auf Univerſitæten gelernet , daß man einem andern nicht in die Rede fallen muͤſſe . Einem Stadt-Commiſſario ward geſagt , es wuͤrde regnen , weil der Hahn auf einer gewiſſen Capelle ſich gegen den boͤſen Wind kehrte . Der Secretarius fragte , was es dann vor Wetter waͤre wann der Hahn auf die andere Seite ſtuͤnde ? und man antwortete ihm , es bedeute gut Wetter . Nach zweyen Tagen , als er ſich deſſen erinnerte , ſtieg er hinauf auf die Capelle , und wandte den Hahn gegen die Seite , von der man ſchoͤnes Wetter vermuthete . Als man ihn fragte warum er ſolches thaͤte ? antwortete derſelbe , er můſte fuͤnff oder ſechs Tage zu einer bevorſtehenden Keiſe gut Wetter haben . Ein gelehrter Edelmann , als er geleſen , daß es gar keine Woͤlffe in Engeland gaͤbe , ſagte : Warlich ! daran iſt viel Geld zu verdienen . Ich will ein Dutzent hinein fuͤhren , damit der Faſel auch in das Land komme . Als ihm aber einer anzeigte , wie es ein ſo groſſer Weg , und daß er uͤber das Meer muͤſte , auf dem er noch niemals gefahren , ließ er ihm eine Frantzoͤſiſche Land-Karte weiſen . Nachdem er dieſelbe gantz ſcharff uͤberſehen , ſagte er : Was ſchwaͤtzet ihr mir von einem Meer ? Ich ſehe nichts allhier als ein kleines Wåſſerlein , kaum , ſo groß als der Rhein . Ich wundere mich , daß der Koͤnig von Engeland nicht eine ſchoͤnen Bruͤcke daruͤber machen låſſet , damit man alſo von einem Land zum andern mit ſolchen Thieren wandeln koͤnne . Als ein Dorff-Prieſter hoͤrete , daß ſein Edelmann erzehlete , wie ſein Pferd im poſtiren ein Bein zerbrochen , alſo daß er es auch haͤtte muͤſſen dahinten laſſen , ſagte er : Warum haben Ew. Gnaden dem Pferd nicht ein hoͤltzernes Bein machen laſſen . Ich habe einen Capitain gekannt , der auch ein hoͤltzernes Bein gehabt , nachdem er das rechte durch einen Stůck-Schuß verlohren . Dem ungeachtet kunte er die Poſt ſo wohl reiten , als irgend einer in dieſem gantzen Lande . Ein Student von Braunſchweig wolte zu Fuß auf die Univerſitæt Roſtock ziehen . Als er nun zwey Tage gereiſet , und auf der Luͤneburger Heyde ſich verirret , den Weg aber nicht finden kunte , gieng er wieder Heim und ſprach : Ich bin bald einen gantzen Tag auf der Heyde herum gegangen , und kan die Stadt Roſtock doch nicht finden . Ein Pedant , welcher ihm viel einbildete , ward vor das Concilium Academicum gefodert . Als er zur Thuͤre hinein gieng , ſtunde eben der Rector Magnificus und die Profeſſores auf , nach Hauſe zu gehen , weil es ſchon ſehr ſpaͤte war . Da rieff der ſtoltze Pedant ihnen zu und ſprach : Die Herren bleiben nur ſitzen , und machen mit mir nicht ſo viel Façon . Ein anderer Pedant als ihn einer die Stiegen hinunter warff , ſagte : Es iſt mir eben eins , ich habe doch ohne diß herab gehen wollen . Ein junger Magiſter beſuchte ſeinen Vetter , gruͤſſete aber keinen Menſchen , als er in das Gemach trat . Indeſſen lieff des Vetters Hund zu ihm , und wedelte den ungehobelten Geſellen mit dem Schwantze an . Daher nahm der Vetter Anlaß ihm eine Reprimende zu geben , und ſprach : er ſolte ſich ſchaͤmen , daß der Hund beſſer gezogen ſeye als er . Denn der Hund gruͤſſete ihn mit ſeinem Schwantz , er hingegen traͤte herein , wie ein anderer Bauer , ohne jemanden zu gruͤſſen . Da antwortete der junge Magiſter gantz beſchaͤmt : Ich habe ja aber auch keinen Schwantz wie der Hund . Ein Profeſſor Medicinæ unterrichtete einen Studenten , der ſich dieſem Studio ebenfalls widmete . Unter andern ſagte dieſem der Profeſſor , wann er zu einem Krancken kaͤme , muͤſſe er ſich allezeit umſehen , ob er etwas erblicke in dem Gemach , darauf er fuſſen und ſtehen koͤnte . Als zum Exempel wann er etwa Birn- oder Apffel-Schaͤler , Pflaumen-Kern und dergleichen zu Geſichte bekaͤme . Hanns-Latz behielte es wohl , und wolte es ihm hernach , da er anfieng ſeine Kunſt zu practiciren , zu Nutzen machen . Als er nun einſtmals einen Krancken beſuchte , ſahe er nichts in der Cammer als einen Eſels-Sattel unter dem Bette , vermeynte er haͤtte es wohl getroffen , und ſagte zu dem Krancken , es naͤhme ihn nicht Wunder , daß er ſich ſo uͤbel befaͤnde , angeſehen des groſſen Exceſſes , den er begangen , indem er einen Eſel gegeſſen haͤtte . Zu Leipzig auf der Univerſitæt erlangte einer eine extraordinaire Vergoͤnſtigung Publicè zu leſen , und ſchlug deswegen ein ſolch naͤrriſch Programma an , daß Doct . Joachimus Camerarius , als er es laſe , ſagte : Ich verſtehe nicht was er will . Als ſolches dem Naſen weiſen Herrn geſaget wurde , freuete er ſich daruͤber und ſprach : Da muͤſſet ihr ja ſehen , daß ich ein gelehrter Mann bin , weil auch dieſer hochgelehrte Doctor meinen hohen Stylum nicht begreiffen kan . Ein alter Pedant , der viele Buͤcher geſchrieben hatte , kam in das Hollaͤndiſche Lager , und ſahe , bey der Artillerie , die groſſen Stuͤcke , gantze und halbe Carthaunen , wie auch die darzugehoͤrigen Kugeln , weshalb er ſprach : Darzu gehoͤret gewiß recht groß Pulver . Zwey Pfaͤltziſche Studenten giengen , zu Heydelberg , um die Herbſt-Zeit , mit einander in einen Wein-Garten . Als nun der eine einen gantzen Trauben abriſſe , ſchalte ihn der andere und ſagte , er ſolte nur die Beere abeſſen , und den Kamm oder Rappen am Stocke ſtehen laſſen , damit ſie uͤber ein Jahr wieder andere Beere tragen koͤnten . Etliche Studenten hatten einen Profeſſorem die Treppe oder Stiegen hinunter geworffen . Als ihn nun einer fragte , und ſagte ; Ihr můſſet guten Genuß von dieſen jungen Kerls haben , daß ihr dieſes alſo von ihnen vertragen koͤnnet . Antwortete er : Ich habe nichts von ihnen als die bloße Ehre . Ein Bierlaͤndiſcher Pedant kam an den Rheinſtrom . Als man nun demſelben zweyerley Wein vortruge und ihn der Wirth fragte , wie ſie ihm ſchmeckten ? antwortete er : Dieſer iſt beſſer am Hopffen ; der andere am Maltz . Ein anderer Pedant ſchriebe Briefe , und ſetzte kein Datum oder Tag darein . Als er gefraget ward warum ? antwortet er ; der Tag ſtehet ja im Calender . Ein Philoſophus war bey dem Jano Duſa zu Gaſte , nebſt einem Edelmann : Als nun der Philoſophus den Duſam fragte , wer dieſer ( nemlich der Edelmann ) der gegen ihn uͤber ſaß , waͤre ? und zugleich mit einem Finger auf ihn zeigete , wolte Duſa dieſe Verungluͤmpffung , welche der Edelmann geſehen und gehoͤret hatte , wieder gut machen , und ſtellete ſich , als ob er verſtanden haͤtte , der Philoſophus habe die Paſtete gemeynet , die auf dem Tiſche ſtunde . Duſa deutete derohalben wiederum mit ſeinem Finger auf die Paſtete , und ſprach : Eſt Artocreas , es iſt eine Paſtete , meynende , er wolte dem Narren das Maul damit ſtopffen , daß er nicht ſo unverſchaͤmt fragen ſolte . Aber was geſchahe ? Das Wort war kaum geſaget , ſiehe ! da iſt mein guter Laͤmpel geſchwinde her , nimmt einen Becher , und bringet dem Edelmann eines mit dieſen Worten : Domine Artocreas propino veſtræ Dominationi unum , d. i. Herr Paſtete ! Ich bringe eure Herrlichkeiten eines zu . Ein Schul-Fuchs wolte die Lateiniſche Bibel nicht leſen . Als er gefraget ward warum ? antwortete er : Darum , weil keine Ciceronianiſchen Phraſes darinnen ſtehen . Einer fragte einen jungen Pennal , wo er wolle hingehen ? der antwortete : Ich will zum Spaß , und vorlanger Weile in die Kirche gehen . Als Anno 1680 . der groſſe Comet erſchiene , wolte ihn ein Studioſus auch beſehen , bekam aber den Rauch aus einem Schorſtein in das Geſichte , ruffte geſchwinde ſeinen Stuben-Geſellen und geſagt : Stehe auf und komme herfuͤr , ich ſehe den Schwantz ſchon davon . Ein Dorff-Prieſter hat die erſten Tage , als dieſer Comet-Stern erſchienen , den Monden durch ein Wappen-Glaß ſcheinen ſehen , und geſagt : Sehet doch den erſchrecklichtn Comet-Stern an . Als auch ein Studioſus zu Straßburg von der Groͤſſe des Cometen diſcuriren hoͤrte , ſagte er : Man koͤnne ſeine Groͤſſe zu Straßburg nicht recht ſehen , ſondern man muͤſſe naͤher dabey ſeyn . Ein anderer , als er von der Stelle des Cometen aſtronomicè reden hoͤrte , ſagte , er ſitze zu Heidelberg auf dem Schloße . Einer der erſt neulich war Magiſter worden , und nach Hauſe reiſete , ſeinen Vater zu beſuchen , ſchlieff den andern Tag biß um zwoͤlff Uhr des Mittags . Als der Vater ihn aufweckte , auch denſelben einen Verweiß gab , warum er ſo lange ſchlieffe , ſprach der Magiſter : Botz tauſend ! Ich haͤtte es ſchier vergeſſen , daß ich aufſtehen ſolte . Ein Pfarrer unweit Dreßden wolte es auf eine praͤchtige Art erzehlen wie ſtattlich der Churfuͤrſt zu Sachſen den Kayſer Matthiam empfangen und bewirthet hatte . Dannenhero ſagte er , es ſeye der Kayſer recht Hochfůrſtlich tractiret worden . Als auf einer Univerſitæt , in einem Monat , zwey Promotiones Doctorum gehalten wurden , fragte ein Pennal , ob man dann diejenigen Doctores , die man neulich erſt gemachet , ſchon verbraucht haͤtte , daß man jetzo andere mache . Ein Schiffmann fuͤhrete , zu Baſel , einen aufgeblaſenen Studenten in einem Nachen uͤber den Rhein . Als ſie nun groſſe Gefahr auf dem Waſſer ausgeſtanden , aber doch endlich gluͤcklich auf der andern Seite angelanget , ſagte der Student gantz zornig zu dem Schiffmann : Warlich ! ich wolte dich erſtochen haben , daferne du mich erſaͤuffet haͤtteſt . Ein Schul-Regent hatte ein kranckes Toͤchterlein , ſo erſt zwoͤlff Tage alt war . Als nun eben ſelbige Woche das Evangelium einfiel von des Schul- Oberſten zwoͤlff-jaͤhrigen Toͤchterlein ; ließ dieſer ſeine Buben in denen Precibus , vor ſein Toͤchterlein , ad imitationem alſo beten : Wolleſt dich auch lieber HErr ! erbarmen uͤber unſers Schul-Oberſten kranckes zwoͤlff-jaͤhriges Toͤchterlein ; einen Tag vor ein Jahr gerechnet . Ein anderer Schul-Regent war auf einer Rolle uͤber Feld gefahren . Da man nun das Fuhrlohn foderte , und es dem Herrn zu viel dauchte , ſagte , er zu dem Roller , Er ſolte ihn nicht ſo hart halten , er waͤre der und der , welcher ſo viel Bůcher geſchrieben , ob er ihn nicht kenne ? Aber der Roller antwortet ihm : Ihr moͤgt ſeyn wer ihr wollet , ich kan niemand vergebens fůhren . In einem Collegio war ein Pennal , der wolte auch gerne geſehen ſeyn , daß er gute Verſe machen koͤnte . Derohalben ſtellete er ſeiner Mit-Schuͤler einen , der einen ziemlichen Poëten abgab an , daß er ihm ſolte , die Oration , ſo ihnen aufgegeben ward , gantz carminice machen worgegen er ihm ſeinen Becher Wein uͤber Tiſchelaſſen wolte . Dieſer machte es ihm , und ſchriebe es ab . Unten aber hienge er die Worte an : Pro hoc mihi debetur cyathus , hiervor gebůhret mir ein Becher Wein . Jener gute Schlucker hatte dieſes nicht wahrgenommen , mochte es auch nicht wieder abſchreiben , fondern uͤbergab das Carmen , und ward deshalb , als der Poſſen dadurch an den Tag kam , weidlich ausgelachet . Einem alten Pedanten gefiel das Ciceronianiſche Latein ſo wohl , daß er ſagte : Wie , daß mich doch GOtt in dem groben Teutſchland , und nicht unter denen Lateinern hat laſſen geboren werden ? damit ich die Ehre haͤtte , daß dieſe ſchoͤne Sprache auch meine Mutter-Sprache waͤre . Ein anderer ſagte , die gantze Divinitas ſteckte in dem Plauto , und wolte die Ubiquitæt daraus widerlegen . Von dem ſagte ein gelehrter Mann , es nehme ihn Wunder , daß der Kerl nicht auch eine plautiniſche Poſtill uͤber alle Sonntags Evangelia ſchriebe . Wieder ein anderer Pedant wolte ſeinen Teutſchen Namen ( wie ſie gemeiniglich zu thun pflegen ) auch Lateiniſch machen , und nennet ſich , an ſtatt Schuſter , Sutorius . Als er gefraget ward , warum er ſeinen Namen veraͤndere ? ſagte er , das Woͤrtlein Sutorius wåre viel anſehnlicher , ſignificantius und magis em phaticum , als der Teutſche Schuſter . Ein Profeſſor bekam einen jungen Pennal zum Famulo . Dieſem gab er einen Waxſtock in Verwahrung , mit dem Befehl , ihn wohl aufzuheben , und nicht eher zu gebrauchen , als wann er es ſelber verlangen wuͤrde . Der albere Fabian hatte allerley Hausrath , als Papier , Federn , Beutel , Schreibe-Zeug , Brod , Kaͤß und andere Dinge in ſeinem Schubſack . Den Waxſtock ſteckte er auch hinein , und ſetzte ſich alſo hinter den warmen Offen , allwo er entſchlieff und der Waxſtock fieng an weich zu werden , dergeſtalt , daß alles zuſammen klebete . Als nun der Profeſſor des Abends wolte zu Bette gehen , rieff er : Peter ! Wo haſt du das Wax-Licht : zůnde es an . Peter ſprach : Herr Profeſſor hier habe ich es in der Ficken . Der Profeſſor ſprach : Warum in der Ficken . Peter antwortete : Die Katzen und Maͤuße haben mir mit dem Licht-Freſſen , zu Hauſe und auf Schulen , viel Schlåge gemachet . Darum ſteckte ich es nun in die Ficken , daß mir es die Katzen und Maͤuße nicht mehr freſſen ſollen ; und damit zog er den geſchmoltzenen Waxſtock heraus . Hieruͤber ward der Profeſſor zornig ; ſein Pennal aber ſprach ferner : Es muß wahr ſeyn wie man ſagt : Art laͤſſet nicht von Art . Ich habe lederne Ficken . Mich deucht es werden Katzen-Haͤute ſeyn , daß ſie mir ſo am Licht gefreſſen . Ein Profeſſor ſupremus Alphabeti ſagte zu ſeinem Weibe : O Weiblein Wann du wiſſen thaͤteſt , was du vor einen Mann haͤtteſt , du wuͤrdeſt mir andere Ehre anthun . Ich habe jetzo laſſen ein Buch ausgehen , das wird waͤhren ſo lange die Welt ſtehet . Ein tummer Student gieng vor eines Geigenmachers Hauſe voruͤber und wurde gewahr , daß er oben aus ſeinem Giebel eine lange Stange mit lauter Geigen behangen , ausgeſtecket hatte , die etwa in der Sonne trocken werden ſolten . Derohalben ſprach der tumme Student gar andaͤchtig zu ſeinem Gefehrten : Schaue ůber dich und zeuch den Hut ab . Hier oben wohnet gewiß St. Petrus , weil der Himmel ſo voller Geigen haͤnget . Ein junger Student fragte einſtens einen Moͤnch in denen Niederlanden , warum er doch mit ſo unfoͤrmlicher Geſtalt in einer Moͤnchs Kutte herum zoͤge ? dem antwortete der Moͤnch : daß ich meine Eſels-Ohren in etwas verbergen moͤge , die ihr einem jedweden ſo oͤffentlich ſehen laſſet . Ein ziemlich betagter Pedant wolte mit einer Jungfrau in Meiſſen galanifiren . Weil ſie aber keine Neigung zu ihm hatte , ſondern des Narren gerne loß geweſen , fragte ſie ihn verbluͤmter Weiſe , ob er auch wuͤſte welches das groͤſte und groͤbſte unter allen unvernuͤnfftigen Thieren wåre ? der Pedant antwortete ihr gar bedencklich , der Elephant ſeye ſo groß und ungeheuer , daß wann die Jungfrau einen ſaͤhe ſie aus Furcht in eine Ohnmacht ſincken wuͤrde . O ſagte ſie , mein Herr Elephant ! Gehet flugs weg , ich fůrchte eure Rede moͤchte wahr werden . Ein Student von Adel bemuͤhete ſich um die Affection einer Jungfrau ; jedoch nur in der Abſicht , daß er mit ihr Buhlen und Kurtzweile haben moͤchte . Zuweilen offerirte er ihr einen koſtbaren Ring zu Bekraͤfftigung ſeiner Liebe , den aber die Jungfrau , ohne Wiſſen und Willen ihrer Mutter nicht annehmen , viel weniger ihm ſonſt in etwas zu Willen ſeyn wolte . Endlich fragte ſie hieruͤber ihre Mutter , welche ſie wohl unterrichtete , mit was Worten und Gebaͤren ſie den Ring annehmen ſolte . Als nun der Stutzer wiederkommet , und nach vorigen Anbringen ihr abermal den Ring præſentiret , ſie ſich auch mit beweglichen Worten vernehmen laͤſſet , daß ſie ihn annehmen und verwahren wolle , auch darnach , als ein Liebes-Pfand ihrer kuͤnfftigen Heyrath greiffet , zeucht der Juncker den Ring zu ruͤcke , und ſpricht : Pfuy Jungfer hat euch eure Mutter das Weigern noch nicht gelernet ? Sie wartete nicht lange , giebt ihm eine gute Maulſchelle und ſaget : Pfuy Juncker ! hat euch euer Vater das Weichen auch noch nicht gelehret ? Ein alter Pedant verſoffe faſt alles , was er hatte . Und als er kein Geld mehr wuſte gienge er etliche Tage gar traurig und melancholiſch herum . Indem koͤmmet eines , und begehret vor einen Pfennig Peterſilien Kraut aus ſeinem Garten . Da ward er luſtig und ſprach : Ich habe es wohl gedacht , es muͤſte einmal wiederkommen . Ein Pedant , der ſich eine ſonderbare Art wie die Narren jetzo pflegen , zu ſchreiben angewoͤhnet , nannte unter andern einen dicken aufſteigenden Rauch Ingens fumorum flumen , einen groſſen Rauch Fluß . Daruͤber hatten etliche ihr Geſpoͤtte . Aber einer unter ihnen defendirte den Pedanten , daß er recht und wohl geredet haͤtte , und ſprach : Quemadmodum flumen deſcendit absque pedibus , ita fumus adſcendit ſine ſcalis ; Gleichwie ein flieſſendes Waſſer hinunter in das Meer laͤufft ohne Fuͤſſe ; alſo ſteigt auch der Rauch in die Hoͤhe ohne Leiter . Ein junger Student ſetzte ſich in einem Garten auf einen groſſen abgehauenen Stumpff eines Baumes mit uͤbergeſchlagenen Beinen , gleich als ob er ritte . Deſſen lachte eine Jungfrau . Der Student wolte wiſſen , ob ſie ihn auslache ? und fuͤgte hinzu : Mir důncket ich ſitze hier ſo cavalieriſch , wie auf dem ſchoͤnſten Pferde . Nein ſagte die Jungfer , ich ſpotte eurer gar nicht , ſondern lache nur , daß ich einen Klotz auf dem andern ſitzen ſehe . Ein anderer Student erzehlete im Spatzieren-gehen , bey einem Teiche , ſeine Thaten einer Jungfrau , und ſagte : Ich wolte einſtmals in dieſem Teiche Krebſe fangen , und als ich nach einem Krebs in ein Loch griffe , zog ich eine Menſchen-Hand heraus . Die Jungfrau ſtellete ſich , als merckte ſie die Finte nicht , und ſprach gar furchtſam : Ey ! Das muß ein loſer Schelm geweſen ſeyn , der die Hand in das Loch geſtecket hat . Einſtmals wolten etliche Studenten von einer Univerſitæt auf die andere ſich begeben , wobey ſich auch ein junger Pennal befunde . Sie waren alle zu Pferde und mit Sporen verſehen , biß auf den Pennal , welcher deren keine hatte . Als ſie nun auf einer feinen Ebene ritten , ſprachen ſie unter einander : Laſſet uns die Pferde anſtechen , damit wir deſto eher in das Wirths-Haus kommen . Auf dieſe Weiſe ritten ſie wacker fort ; der arme Pennal aber bliebe dahinten , wannenhero er ſchrie und ſprach : Ihr lieben Herren ! Wartet doch , und gebet meiner Maͤhren auch einen Stich , daß ich kan nachkommen . Ein Magiſter und Candidatus des heiligen Miniſterii wolte predigen : Als er auf die Cantzel kam , den Eingang gemachet , und den Text abgeleſen hatte , ward ihm etwas anders Noth ꝛc. daß er nicht weiter fortfahren kunte . Gleich in dem ſchlaͤgt die Uhr . Da fieng er an : Die Zeit iſt nunmehro verfloſſen , und der Seiger hat geſchlagen . Derowegen will ich eure Liebe nicht laͤnger aufhalten , ſondern meine Predigt mit dieſem wenigen beſchlieſſen , und lieff zur Kirchen hinaus . Ein Pedant ſchrieb einen Brief gen Padua , welcher auf den Wein- Marckt in die Apothecke zum Monden ſolte geliefert werden . Derohalben ſtellete er ſeine Uberſchifft alſo ; In der Anteroniſchen Stadt , auf den Baohus-Marckt , in dem Aromatario der dreyfoͤrmigen Goͤttin . Ein anderer Pedant wolte eine Hure ſchelten und ſprach : Dieſe Roͤmiſche Lupa hat allezeit ihre Oculos auf die Loculos gerichtet , und ſiehet man keine Courtaiſche Freudigkeit an ihr ; es ſeye dann ihre ſchaͤndliche ingluvies genugſam ſatiirt . Ein andrer wolte ſeinen Wirth auf das hoͤflichſte gruͤßen , und hatte dieſen Einfall : Ave Pincerna Delphico , Salve , derer ſtattlichen Zucker-ſuͤſſen Gerichte ein Meiſter . Dii te adjuvent , ein heiliger der koͤſtlichen Speiſe . Wieder ein Pedant in einem geiſtlichen Kleide erkundigte ſich bey einem Bauer um den Weg nach Rom , als er ſich noch einige Meilen davon befande . Der Bauer moͤchte ſich vielleicht vor gluͤckſelig gehalten haben , daß ein ſolcher gelehrter Mann aus ſeinem heiligen Munde mit ihm geredet . Allein er ſprach : Hoͤre Bauer , welches iſt die Germana via nach des Romuli Stadt ? und alſo bleibe er von dem Bauer unberichtet . Zwey alte Studenten von Ingolſtadt wuſten von vieler Weisheit zu ſchwatzen . Da ward der eine gefraget , wie hoch es von dem Himmel auf die Erde ſeye ? und er antwortete , es waͤre eine ſolche Hoͤhe , daß in funffzehen Jahren ein Můhlſtein kaum herunter fallen moͤchte . Dieſem widerſprach der andere ſagende , es waͤre nicht wahr . Denn am Tage der Himmelfarth håtte ja der Pater Quirin geprediget , daß der HErr Chriſtus ſeye des Morgens um neun Uhr gen Himmel gefahren und håtte um Veſper Zeit wollen droben ſeyn . Einer , der lange Jahre auf Univerſitæten geweſen , ruͤhmete ſich wegen ſeines Fechtens und Raufens , wie er dieſen und jenen gehauen , geſtochen , und alſo gewonnen haͤtte Das hoͤrete ein Pennal und ſprach : Ich habe mich , zu Tůbingen , auch einmal mit einem Studenten Jungen gebalget , und gewonnen , alſo daß ich drey Wunden , und er kaum einen blauen Fleck bekam . Ein Pedant klagte es ſeinem Freunde , wie er unverſehens in die Elbe gefallen und bey nahe erſoffen waͤre , hinzufuͤgende : O ! Wann ich haͤtte muͤſſen erſauffen , ſo glaube ich nicht , daß ich jemals waͤre wieder froͤlich worden . Ein Cloſter-Pennal ſpielte im Sommer mit andern . Als aber die Sonne ihm ſehr heiß auf die Platte ſtach , ſprach er : O Sonne ! daß dich GOtt ſchaͤnde . Wie machſt du einem ſo heiß ? Behalte mir nur dieſe Waͤrme biß auf den Winter , wann ich fruͤhe um drey Uhr muß zur Metten lauten . Ein grober Bachant unterſtunde ſich einſtens , den Kaͤyſer , im Namen des Raths in einer gewiſſen Stadt , mit einer Lateiniſchen Oration zu empfangen . Als er nun vor der Buͤrgerſchafft her zu des Kayſers Kutſche trat , hoffete jedermann bey dem Kayſer groſſe Ehre einzulegen . Der Redner aber fieng an : Bene veneritis Domine Rex . Uber dieſen Gruß lachte der Kayſer , und die guten Leute meyneten , es waͤre alles recht wohl ausgerichtet . Ein Student zu Tuͤbingen beflieſſe ſich Verſe zu machen , kunte aber ſchlecht Latein . Als er nun etliche fertig hatte , laſe er die her und ſprach : Woferne Sybilla dieſe Verſe nicht verſtehet , ſo glaube ich nicht , daß ein Menſch ſolche verſtehen und auslegen kan ; denn ſie haben viel in ſich . Darauf zeiget ihm einer viele grobe Vitia , ſagende : Man muß euch etwas zu gute halten , ich ſehe gar wohl , ihr fanget an zu græciſiren . Ja recht ſagte der Pfuct , das iſt meine Heymath . Ich bin von Graͤtzing gebuͤrtig . Darum iſt mir das Latein dergeſtalt zuwider , daß ich nur will Græcè ſchreiben . Ein unverſtaͤndiger Pedant begegnete einem von ſeinen Bekandten , der zu ihm ſagte , es waͤre ihm im Traum vorgekommen , als ob er mit ihm redete . Da bat der Pedant um Verzeyhung , daß er nicht gebuͤhrend zugehoͤret haͤtte . Ein anderer Pedant von groſſen Einbildungen beſuchte einen Krancken , und fragte denſelben , wie es um ihn ſtůnde ? Da aber der Patient Schwachheit halber nicht antwortete , ward der ſtoltze Limmel zornig und ſagte : Ich hoffe auch einmal kranck zu werden . Alsdann will ich dir ebenfals nicht antworten , wann du zu mir kommeſt . Ein Mathematicus begegnete ſeinem Medico , und bat ihn um Verzeihung , daß er ſo lange nicht kranck geweſen waͤre . Ein Doctor Medicinæ wolte ſeine Pferde verkauffen . Als ihnen nun der Kaͤuffer das Gebiß beſahe , ſagte der Medicus , was er denen Pferden doch die Zaͤhne viel begucke , er ſolte lieber davor ſehen wie ſie gehen koͤnten . Ein Philoſophus , welcher ſein Hauß verkauffen wolte , trug einen Stein von deſſelben Gemaͤure mit ſich herum , und zeigte ihn denen Kaͤuffern , vor eine Probe und ein Muſter . Ein alter eigenſinniger Pedant wolte ſein Pferd lernen faſten , und gab ihnen nichts , oder doch ſehr wenig zu eſſen . Als es nun entlich daruͤber ſtarb , ſagte er , es waͤre Schade , daß das Pferd eben jetzt ſtuͤrbe , da es die Kunſt ſchier begriffen haͤtte . Ein Student wolte ſehen wie ihm der Schlaff anſtuͤnde , und ſahe mit zugethanen Augen in den Spiegel . Ein Stadt-Secretarius , der ſich viel Geld erworben , kauffte ein Haus , guckte aus ſolchem heraus , und fragte die Leute , wie ihm das Haus anſtuͤnde . Einem einfaͤltigen Magiſter traͤumete , er haͤtte in einen Nagel getreten . Derohalben gieng er des Morgens und hatte ſeinen Fuß verbunden . Als ein anderer Magiſter , der ihn beſuchete , dieſes verſtanden , ſagte er zu dem Patienten , warum er dann auch barfuͤßig ſchlaffe ? Ein ſtoltzer Philoſophus hatte ein ihm zugehoͤriges Faß Wein verpitſchieret . Als aber ſein Famulus das Faß unten angebohret , und den Wein ausgezapffet hatte , wunderte er ſich , daß das Pitſchafft unverſehrt ſeye , und der Wein gleichwohl taͤglich abnehme . Da ihm einer ſagte , er ſolte ſehen ob nicht etwa unten herum ein Betrug am Faſſe geſpielet waͤre ? antwortete ihm der Philoſophus , er waͤre ein Narr , der Wein mangele nicht unten , ſondern oben . Ein Cantor ſahe Spatzen auf einem Baum ſitzen , lieff hinzu , hielte ſeinen Mantel unter , und ſchuͤttelte den Baum , als wolte er ſie im Fallen , gleich wie die Aepffel oder Birne , fangen . Ein Philoſophus war auf ſeinen Meyer-Hof vor die Stadt hinnaus gezogen . Da fragte er den uͤber den Hof beſtelleten Mann , ob das Waſſer im Zieh-Brunnen gut zu trincken wåre ? Als dieſer antwortete , es wåre ſehr gut , und ſeine Vor-Eltern haͤtten alle daraus getruncken , ſagte er darauf : So muͤſſen ſie denn lange Haͤlſe gehabt haben , daß ſie ſo tief haben koͤnnen hinab reichen . Ebenfalls ein Philoſophus begegnete einem Studioſo Jur. und ſprach zu ihm : Siehe da ! Ich habe doch gehoͤret als ob ihr geſtorben ſeyd . Dieſer antwortete : Hier ſehet ihr aber daß ich noch lebe . Darauf verſetzte der Philoſophus , er glaube dem , der es ihm geſaget habe , mehr als ihm . Noch ein anderer Philoſophus , als er hoͤrete eine Kraͤhe koͤnte zweyhungert Jahre leben , wolte es ſelbſt verſuchen , kauffte eine , und hielte ſie daheim in einem Kaͤfig . Ein Legations-Secretarius befande ſich auf der See , und es ereignete ſich ein ſo entſetzlicher Sturm , daß ein jeder von denen , die mit auf dem Schiffe waren etwas ergriffe , um darauf im Fall der Noth , wann es etwa einen Schiffbruch gaͤbe , an das Land zu fahren . Da faſſete der Legations-Secretarius den Ancker , und hielte ſich feſte daran . Es war einer aus Zwilling-Bruͤdern geſtorben . Da kam zu dem an- noch lebenden ein Profeſſor , und fragte ihn , ob er oder ſein Bruder geſtorben waͤre ? Einer ließ ſich uͤber den Rhein ſchiffen , und blieb doch in der Fehre auf ſeinem Pferde halten . Als man ihn fragte , warum er nicht abſtiege , antwortete er : Damit ich deſto geſchwinder hinuͤber komme . Es hatte ein Magiſter ſeiner Bekandten einem , der auf dem Lande wohnete geſchrieben er ſolte ihm doch etliche Buͤcher kauffen , legte auch zu dem Ende das benoͤthigte Geld bey . Als er aber weder Buͤcher noch Antwort erhielte , reiſete er ſelber in die Stadt , und ſprach den Magiſter muͤndlich . Allein dieſer , ſobald er jenen erſahe , entſchuldigte ſich ſche , ehe der andere noch geredet hatte , und ſprach , er habe keinen Brief von ihm empfangen , darinnen er etliche Buͤcher begehret haͤtte Einſtmals reiſeten ein Student , ein Bartſcherer , und ein Kahl-Kopff mit einander . Als ſie nun des Nachts im Wirths-Hauſe nicht allzuviel traueten , und einer um den andern wachen ſolte , traff das Looß den Bartſcherer am erſten . Indem dieſer alſo wachete , nahm er ſein Scheer-Meſſer , und ſchore dem Studenten gantz glatt auf der Haut alle Haare , hinweg . Hernach als die Zeit zu wachen an den Studenten gekommen war , weckte er denſelben auf . Der Student , welcher alſo vom Schlaf aufwachte , kratzte ſich auf dem Haupte , fand keine Haare , fieng an und ſagte : Der arge Hudler der Barbier hat ſich geirret , und den Kahl-Kopff ſtatt meiner aufgewecket . Ein Pennal fragte . Wie offt man das Neu-Jahr in einem Jahr haͤtte . Ein anderer , als ſeine Tiſch-Geſellen in der Karte ſpieleten , und einer ſchrie : Stich zu , lieff geſchwinde und that alle Meſſer auf die Seite . Ein gelehrter Gerichtsſchreiber , als ihm einer Roßfeigen in die Schuhe geleget hatte , verwunderte ſich nur daruͤber , wie doch das Pferd muͤſſe in die Schuhe gekommen ſeyn ? Ein gelehrter Raths-Herr , aus einer namhafften Stadt , gieng an einem Waſſer ſpatzieren . Nicht ferne davon weydeten Schaafe , deren Schatten er in dem Waſſer erblickete . Da ruffete er geſchwinde denen Fiſchern , welche accurat daſelbſt fiſcheten , zu , und ſagte : Hier , hier , an dieſem Ort werdet ihr viel fangen . Ein Stadtſchreiber , der erſt neulich von der Univerſitæt gekommen , und zu dieſem Poſten gelanget war , hatte einem von dem Medico ihm verordneten Tranck eingenommen , und fragte hernach erſt den Medicum , was er wuͤrcken wůrde ? Dieſer ſagte , er wuͤrde ihm den Bauch oͤffnen . Da finge der Staͤdtſchreiber an jaͤmmerlich zu ſchreyen , biß er hoͤrte , daß ſolches ſo viel hieß als purgiren . Ein reiſender Studioſus von Adel ſchriebe den vierten Tag nach ſeiner Ankunfft in Franckreich ! an ſeinen Vater , und beklagte ſich , die Frantzoͤſiſche Sprache ſeye dermaſſen ſchwer , daß ſie ihm gar nicht in den Kopff wolle . Zwey Studioſi zanckten ſich mit einander . Der eine hieß den andern einen Bachanten , und dieſer jener ein Pennal , welcher deswegen zu ihm ſprach : Ich bin ſo gut als du biſt . Ein von der Univerſitæt gekommener Studioſus ſang bey ſeiner Mutter Leiche mit heller Stimme , deswegen ſein Vater auf ihn ſchalte . Er aber ſagte : Ich thue recht , und ihr unrecht . Ihr beſtellet Leute ums Geld , welche ſingen muͤſſen ; ich hingegen ſinge umſonſt . Ein alter Pedant hatte ſich bey einem Weinſchencken , der ihn als einen Gaſt tractirte , einen gewaltigen Rauſch getruncken , gieng noch ehe es Nacht war , vor das Hauß heraus an eine Ecke ſein Waſſer abzuſchlagen . Weil er aber zu gleicherzeit den Hut in ſeiner Hand trug , piſſete er ihn unvermerckt gantz voll . Hernach , als er ſolchen , aufſetzen wolte , ſchuͤttete er ihm ſeine eigene Lauge ſelbſt uͤber den Kopff . Jedoch er glaubte feſtiglich , das Bad kaͤme von oben aus einem Fenſter , ſahe derohalben uͤber ſich , und fieng an zu ſchreyen : O Schelm ſchuͤtte ! Wann ich Obrigkeit hier waͤre ich wolte dich zuvor lernen Kopffweg ſchreyen , ehe du ſchůrten ſolteſt . Ein feiner junger Pennal hatte eine Jungfrau eine Hure geſcholten , und geſaget , daß ſie bey einem gelegen wåre . Als er deswegen vorgefodert ward , und nichts beweiſen kunte , bate er um Verzeihung , mit dieſen Worten : Ich habe gemeinet , was ich ſehe , das waͤre wahr . Ein hochgelehrter Narr wolte ſich groſſer Reiſen ruͤhmen , und ſagte , er ſeye in einem Lande geweſen , wo es ſo groſſe Bienen gaͤbe wie unſere Schaafe . Als man ihn fragte , wie groß dann die Bienen-Koͤrbe darzu waͤren ? antwortete er , wie hier zu Lande . Da ſagte einer ; Wie koͤnnen dann die Bienen hinein kommen , und darinnen ſeyn ? worauf der Luͤgner verſetzte : davor laſſe ich die Bienen Sorgen . Ein junger Pennal , als er das erſtemal des Rheins anſichtig ward , fieng er vor Freuden an zu ſchreyen : GOtt ſeye gelobet , daß ich das Waſſer einmal ſehe , aus welchem der gute Rheiniſche Wein gebrauet wird . Jener Studioſus , als er Magiſter werden wolte , war ſo verſtockt und tumm , daß er die vier Elemente nicht zu nennen wuſte . Denn ob er gleich dreye nannte nemlich : Das Feuer , die Lufft und das Waſſer , blieb er doch bey dem vierten ſtecken . Ein gegenuͤberſtehender Profeſſor ſuchte ihm zu helffen , und wieſe mit dem Fuß auf die Erde . Allein der Candidatus Philoſophiæ begreiffe es gleichwohl nicht , ſondern fuhr heraus und ſagte : Und der Schuh . Jener Magiſter ſolte aus etlichen Verſibus Virgilii Diſticha machen , brachte ſie aber voͤllig aus dem Virgilio abgeſchrieben . Als er deswegen zur Rede geſtellet wurde , war ſeine Antwort , er koͤnne ſie doch nicht beſſer machen , als ſie an ſich ſelber wåren . Jener Pennal , als er in einer Kutſche das erſtemahl auf Univerſitæten reiſet , und es anfieng ſehr zu regnen , ſteckte den Kopff heraus , und ruffete den Kutſcher zu : Kutſcher Es regnet mir ins Maul . Der Kutſcher gab ihm zum Beſcheid : Narr mache es zu . Ein anderer Bachant ward einer gewiſſen Sache bezuͤchtiget , die er laͤugnete : Man wolte ihm nicht glauben , er betheure es dann mit einem Eyde , den zu ſchwehren er ſich weigerte , es ſeye dann , daß er zuvor etwas davor bekaͤme , weil die Schrifft verbiete , vergebens zu ſchwehren . Ein neuer Magiſter , als er bey dem Magiſter-Schmauß gewaltig gezechet hatte , verlieffe ſich , eilig , und bliebe bey einer Haus-Thuͤre liegen , das Geſichte uͤber ſich kehrende , und das Maul weit aufſperrende . Weil es aber regnete , lieff ihm die Trauffe von dem Dache in das offene Maul , weswegen er hefftig ſprudelte und ſprach : Ich mag , und kan , warlich ! nicht mehr Beſcheid thun , wann ihr mir es auch ſchon einſchuͤttet . Ein junger Pennal , welcher noch die Windeln im Hintern hatte ; wolte gleich wohl ſchon loͤffeln , und ſeine Sache gar hoͤflich vorbringen , wannenhero er zu ſeinem Hertzen ſprach : Ich moͤchte euch gerne kůſſen ; aber meine Naſe ſtoͤſſet allezeit auf die eurige , alſo daß ich nicht recht kan darzu kommen . Hierauf gab ihm die Jungfer den Beſcheid : Ich habe noch ein ander Geſichte , das hat keine Naſe . Will etwa der Herr daſſelbe kuͤſſen ? Ein junger Matz wurde Magiſter , und gleich darauf wolte ihm ſein Vater kein Geld mehr ſchicken , weil er in der feſten Meynung ſtunde , ein Meiſter der Weißheit , wie nunmehro ſein Herr Sohn ſeye , můſſe ſelber viel Geld verdienen koͤnnen Der neue Magiſter ſchriebe wohl zwantzig Briefe an ſeinen Vater , einen nach dem andern ; aber alles umſonſt , weil der Vater auf ſeinem harten Sinn ſtehen bliebe . Bey ſogeſtalten Sachen ſahe ſich der Herr Magiſter genoͤthiget , ſeine Buͤcher und Kleider groͤſten Theils zu verſtoſſen , auch endlich mit dem Reſt nach Hauſe zu ziehen , und die Univerſitæt gar zu verlaſſen . Dieſer Reſt ſeiner Sachen beſtunde in einem groſſen Buͤndel , wie ihn die wandernden Handwercks-Purſche zu fuͤhren pflegen , und der Magiſter ließ ſich denſelben , durch einen Tageloͤhner zum Thore hinaus tragen , hernachaber , als er der Stadt aus dem Geſichte kam , faſſete er ihn auf ſeinen eigenen Buckel . Indeſſen begegnete ihm ein Fuhrmann mit ſeinem Karrn , und er machte ein Geding mit ihm , daß er denſelben biß auf den nechſten Flecken mitnehmen ſolte . Nachdem er aber aufgeſeſſen war , kunte er ſich mit dem Buͤndel auf den Buckel nicht recht behelffen , und hatte gleichwohl auch nicht die Courage , daß er ſolchen herunter nahm und vor ſich legte , in der Meynung , der Karrn wuͤrde dadurch deſto mehr beſchwehret , folglich er auch ſeinen Beutel deſto beſſer angreiffen muͤſſen . Jedoch endlich , da ihme der Fuhrmann den Buͤndel ſelber ablegen hieß , that es der neue Herr Magiſter und ſprach : Ey ! wolt ihr dann auch ſo gut ſeyn , und mir meinen Buͤndel mit fuͤhren ? Jener einfaͤltige Tropff ſolte ſeinem Vater eine kleine Hand-Bibel an dem Ort , wo er ſtudierte , binden laſſen . Er ſchrieb aber erſt wieder nach Hauſe , und fragte an , ob er ſie ſolte in Folio , in Quarto , oder in Octavo , binden laſſen ? Wie iſt doch ſo gar nichts an dem Morgen , ſprach ein fauler Student , welcher allemal biß um zehen Uhr im Bette zu liegen pflegte . Jener Studioſus Theologiæ , als er im Baden auf dem Rhein ſchier erſoffen waͤre , und man ihn heraus gezogen , auch das Waſſer von ihm hatte lauffen laſſen , ſagte , es wåre ihm vor nichts aͤngſter geweſen , auſſer nur , daß er ſo nackend vor unſerm HErre GOtt haͤtte erſcheinen ſollen . Ein Dorff-Pfarrer beklagte ſich hefftig , daß er einem andern Geiſtlichen ſchon vor einem Monat geſchrieben , dieſer aber ihm noch nicht geantwortet habe . Allein da man ſich umſahe , fande es ſich , daß der Brief noch an dem Fenſter ſtack . Ein einfaͤltiger Student zu N. wurde von etlichen ſeiner Cameraden auf dem Felde in den Hanff gefuͤhret , welcher deſſelben Orts ſehr hoch waͤchſet . darinnen lieſſen ſie ihn , lieffen aber vor ihre Perſon wieder heraus , ſchrien und ſpotteten ſeiner mit dieſen Worten : Ha , ha , Monſieur ! Ihr ſeyd gefangen und koͤnnet nicht wieder heraus kommen . Da ward dem guten Tropffen angſt und bange , und er ſprach : Ach ihr Herren ! Um GOttes willen ! machet mir auf , und laſſet mich doch wieder heraus ; wobey er mit denen Fingern an die Stengel klopffete . Ein anderer tummer Studioſus , als er fallen wolte , hielte ſich an einen groſſen Wein-Roͤmer . Jener alte Pedant , als er vor etlichen Courtiſans und Hof-Junckern , von ſeinem Ariſtotele und Thoma Aquino , ingleichen von ihren Subtilitæten einen ſtoltzen Diſcurs anhub , ließ dabey , vor lauter groſſem Witz ! einen entſetzlichen Bauchwind ſtreichen . Da fieng einer unter denen Beyſtehenden an : Da ſiehet man was vor aufgeblaſene Leute die allzugroſſe Gelehrſamkeit und Geſchicklichkeit machet . Ich bitte um Verzeihung , daß ich im Hauſe ein ſo groſſes Gerumpel gemachet habe , ſprach ein anderer , als er die Stiege hinab gefallen war . Jener Frantzoͤſiſche Pennal ſagte zu Paris , Allemagne oder Teutſchland muͤſte eine groſſe Stadt ſeyn , weil immerfort ſo viele Allemans oder Teutſchen nach Paris kaͤmen . Ein Pohlack befand ſich zu Heydelberg auf der Univerſitæt . Als er von dannen reiſete , regnete es . Jedoch es fuͤgte ſich , daß er nach einem halben Jahre wieder dahin kommen , und da regnete es abermals . Hierauf verwunderte ſich der gelehrte Pohlack , und bildete ſich ein , es haͤtte ſeit ſeiner Abreiſe nicht aufgehoͤret , in Heidelberg zu regnen . Zu Wittenberg hatten etliche von Adel einen jungen Studioſum zum Famulo . Weil er ſich aber ſehr nachlaͤßig in der Kleidung hielte , wie gemeiniglich die Pennæle zu thun pflegen , ſagten ſie ihm , er ſolte ſich ein wenig munter halten , damit er ihnen keine Schande , ſondern eine Ehre waͤre . Des andern Tages , als er ſolte ein Fuder-Holtz hauen , gieng der gute Lemmel hin , thaͤt ſeinen Mantel und Degen an , und hieb alſo das Holtz . Es hatten etliche Studenten einen jungen Pennal mit einem Ohr , an einem Pfoſten bey naͤchtlicher Weile angenagelt . Es bliebe auch der arme Geſelle in der Poſitur ſo da ſtehen , ſagte kein Wort , ſondern meynte er gehoͤre dahin , und es muͤſſe ſo ſeyn . Des Morgens giengen der Rector Magnificus , nebſt einigen Profeſſoren , voruͤber , lieſſen dem Pennal den Nagel herausziehen , und fragten ihn , wer denſelben ſo tractiret håtte ? ob es Studioſi waͤren ? und ob er ſie wohl kennen wolte , wann ſie ihm vorgeſtellet wuͤrden ? welche drey Fragen der Pennal mit Ja beantwortete . Hierauf ließ der Rector die verdaͤchtigſten Nacht-Voͤgel von der gantzen Univerſitæt vor ſich kommen , und examinirte einen nach dem andern vermittelſt der Frage : Seyd ihr es geweſen . Der erſte antwortete : Nein ich war es nicht . Fuͤnffe ſprachen , und zwar ein jeder ins beſondere : Ich auch nicht . Endlich ſagte der Letzte : Ich bin ebenfalls nicht dabey geweſen . Der Pennal hatte ſein Ohr bereits vergeſſen , trat derohalben als er die Verantwortung derer andern hoͤrete , geſchwinde auf die Seite unter die uͤbrigen , und ſchrie : Ich war auch nicht dabey . Denn er vermeynte , weil er nur noch alleine uͤbrig , koͤnte man leichtlich ſagen , er muͤſſe es ſelber gethan haben . Etliche Studioſi ritten mit einander ſpatzieren . Unter dieſen befande ſich einer der noch nie ein Pferd zuvor beſchritten hatte , und der ſtach den Gaul , welchen er ritte ſtarck mit denen Sporen , wannenhero es anfieng hefftig zu rennen . Die andern rieffen ihm zu , er ſolte nicht ſo eilen . Da ſchrie der arme Tropff zuruͤcke : Ich glaube der Teuffel iſt in dem Pferd . Ich ſteche es ſo ſehr als ich immer kan , und es will dennoch nicht ſtille halten . Einem ſtoltzen und eingebildeten Studioſo , hinter dem doch nichts ſteckte , ward vorgeworffen , er ſtudiere nichts . Der antwortete : Diejenigen ſtudieren nur , welche nichts koͤnnen . Wer aber ſchon alles weiß , wie ich , darff es nicht erſt lernen . Ein alter Pedant der vor Hochmuth ſtanck , gieng mit etlichen Studioſis ſpatzieren . Da begegnete ihnen einer , der vor der gantzen Geſellſchafft den Hut abzog , weswegen er von allen und jeden den Gegen-Gruß empfieng . Weil aber der ſtoltze Pedant ſahe , daß es ſein Bekanter war , ſprach er : Ey ! die Herren laſſen nur ſitzen , die Ehre geſchiehet mir alleine . Einer der binnen wenig Wochen Doctor werden wolte , erhielte Brieffe , worinnen ein guter Freund verlangete , er ſolte ihm einige von der Architectur handelnde Buͤcher kauffen . Derohalben gieng er in den Buchladen , und es fiel ihm ein kleines Buͤchlein , Fundamentum Logices genannt in die Augen . Da ſagte er zu dem Buchhaͤndler : Dieſes iſt ſonder zweiffel eines von denen Buͤchern , die ich ſuche , weil das vornehmſte Stuͤcke eines Gebaͤudes in dem Fundament beſtehet . Ein Cantor , der auf allen muſicaliſchen Inſtrumenten geuͤbt ſeyn wolte , ſolte eine Orgel probiren . Da er aber nicht recht ſchlug , ſagte er ; derjenige iſt Schuld daran , welcher die Blaßbaͤlge ziehet . Ein beſoffener Magiſter ! fiel die Stiegen hinunter . Da ihm die andern zuruffeten . Holla ! Was macht ihr da ? Domine Magiſter ! ſprach er : Wann ich vollends hinunter bin , wird man es ſehen . Ungefehr acht Tage hernach , da einer Magiſter worden war , bekam er eine Viſite von einem ſeiner Verwandten , der in einer Chaiſe mit zweyen Pferden anlangete . Als nun dieſer zu dem neuen Magiſter ſagte , ſeine Pferde waͤren gar muͤde , ſprach er : Wie kommet das ? Sie ſind ja in der Chaiſe gefahren und nicht zu Fuſſe gegangen . Ein Juriſt hatte groſſe wehetagen im Haupte . Der Medicus verordnete ihm derowegen ein Clyſtier , und der Apothecker fande ſich damit ein , es ihm beyzubringen . Zu dem Ende begehrte er , der Patient ſolte ſich in behoͤrige Poſitur legen . Allein dieſer fuhr auf und ſagte , der Medicus můſſe ein unvernuͤnfftiger Eſel ſeyn , daß er dem Hintern die Artzney verordne , da doch die Kranckheit im Kopffe ſtaͤcke . Er rieß auch das Clyſtier zu ſich , und ſoffe es aus . Ein Philoſophus , als ihm uͤber Tiſche Pfeffer-Fleiſch vorgeleget ward , ſchabete den Pfeffer davon . Da man ihn fragte , warum er nicht eſſe ? antwortete er : Ich wolte gerne eſſen , wann das fleiſch nur nicht ſo beſchiſſen waͤre . Ein von hohen Einbildungen gantz aufgeblaſener Studioſus , der ſich nicht weniger als ein Doctor duͤnckte , war von der Univerſitæt heimgekommen , lag des Morgens im Bette , und ſahe oben an der Decke einen Kuͤhdreck hangen . Da diſputirte er lange mit ſich ſelber , wie es doch muͤſte zu gegangen ſeyn , daß die Kuh da hinauf geſchiſſen haͤtte . Ein Philoſophus zerdiſputirte ſich ſehr daruͤber , ob Quantitas koͤnne von der Subſtantz ſepariret werden ? Als zum Exempel ſagte er : Mein Kopff koͤnte wohl durch das Loch gehen ; aber die Groͤſſe meines Kopffs kan es nicht . Ein , aus einem Dorffe gebuͤrtiger Pennal hatte niemals einen Spiegel geſehen . Als es das erſtemahl geſchahe , und er ſeine Perſon darinnen erblickte , ſchrie er uͤberlaut , und ruffte denen Leuten zu , man ſolte ihm doch aus dem Dinge helffen , er wuͤſte nicht , wie er da hinein gekommen waͤre . Ein anderer Pennal , auf einem Doctorat-Schmauß , als ihn die Purſche agirten und vexirten mit ruffen und zupffen , Hut-drehen und andern Dingen mehr , meynete er koͤnne es wieder ſo machen , gieng hinter einem her , und drehete ihm auch den Hut auf dem Kopffe herum . Es war aber dieſes der Rector ſelber , welcher da herum ſchliche . Weil er nun nicht ermangelte dem Pennal eine derbe Reprimande zu geben , war das ſeine Entſchuldigung : Magnifice Domine Rector ! Man thut mir es auch . Ein Dorff-Schulmeiſter , als man ihn bey dem Examine fragte , ob er auch ſeinen Decalogum koͤnte ? antwortete , Nein , er habe ſeiner keine Kundſchafft . Ein Studioſus von Adel beſuchte , von der Univerſitæt aus , einen ſeiner in der Naͤhe wohnenden Befreundten . Bey dieſem ſahe er auf einer offenen Gallerie , ſein Portrait hangen . Weil es nun accurat zu einer rauhen Winters- Zeit geweſen , verdroſſe es ihn ſehr und ſagte : Wann ich wieder heim kommen werde , wird man mich nicht mehr kennen , alſo bin ich verwuͤſtet vom Schnee , Wind und Regen . Als ein Stutzer heimlich von einer Gaſterey hinweg ſchliche , ſtieß er ſich an eine Saͤule , und zwar ſo ſtarck , daß er bey nahe gar zu Boden gefallen waͤre . Er rief denen andern , und dieſe kamen alſobald herbey gelauffen . Zuletzt als es heraus kam , daß die Saͤule und er ſelber an dem gantzen Poſſen Schuld war , ſprach er : Das laͤſſet ſie GOtt reden , daß es eine Saͤule iſt . Ich wolte ihr ſonſt den Kopff zerſpalten haben . Ein tummer Teuffel , welcher doch gleichwohl Doctor war , ritte mit einem andern uͤber Feld . Als nun ſein Reiſe-Geferte den guten Weg nachritte , und auf einen Erbſen-Acker kam , fieng der Doctor an zu ſchreyen : Wollet ihr euch und euer Pferd verbrennen ? Wiſſet das ich vor wenig Wochen dieſer Fruͤchte gegeſſen , und ſie ſo heiß befunden , daß ſie mir mein Maul verbrannten . Ein Pedant , nachdem er eine ſtarcke halbe Meile in Pantoffeln ſpatzieret hatte , und man ihn weiter zu gehen vermoͤgen wolte , ſagte : Warrlich ich kan nicht mehr , meine Pantoffeln ſeyn zu muͤde . Da ein eingebildeter und ſtoltzer Student erzehlen hoͤrte , daß der Schweiß Alexandri Magni einen ſo guten Geruch von ſich gegeben , ruͤhmete er ſich , und ſprach : Ich bin ihm gleich . Denn ich habe an mir gemercket , daß wann ich meine Ohren fege mit der Federſpitze , und ſie von ungefehr in das Maul ſtecke es wie Biſam ſchmecket . Ich habe auch , ſagte er ferner , dieſe Eigenſchafft an mir , das wann ich mein Waſſer abſchlage , ſo riechet es wie Mertz-Violen . Als daruͤber eine anſehnliche Jungfrau laͤchelte , ward er zornig , ſahe ſie an und ſagte : Meynet nicht , daß ich ſchertze ? Wann ihr es nicht wollet glauben , ſo kommet und verſucht es ſelber . Als ein junger Student einen Philoſophum von dem Tode reden hoͤrete , daß die Todten keine Pein und Quaal mehr haͤtten , fragte er , ob ſie dann auch keine Floͤhe mehr fůhleten ? Der Philoſophus ſagte Nein . Warlich ! ſagte der Pennal , ich glaube es ſeye bißweilen gut todt ſeyn . Als ein Licentiat um zehen Guͤlden wettete , wegen einer gewiſſen Frage , muſte ihm der andere , mit welchem er gewettet , ſchwehren , Falls er verloͤhre , zu bezahlen , und der Licentiat ſchwuhr ſelber auch . Als er aber zu letzt ſelber die Wette verlohren , wolte er dennoch nicht bezahlen , ſondern ſagte , er habe nicht in der Meynung geſchwohren zu verliehren , ſondern zu gewinnen . Eines Bauern , als ein Studioſus , auf der Univerſitæt ſeyender Sohn , als er hoͤrte , wie die Soldaten das Land-Volck ſo hefftig plagten , und ihnen ſo viel Drangſaal zufuͤgten , ſagte : Die Bauren ſind groſſe Narren , daß ſie nicht einmal einen lebendig ſchinden , wie unſer Nachbar , welcher damit er die Ratten aus ſeinem Hauſe vertreiben moͤchte , deren eine lebendig geſchunden hat , und ſie alſo lauffen laſſen . Ein Doctor Theologiæ hatte einen falſchen Diamant gekaufft , in einen Ring , und machte damit groſſe Parade an ſeinem Finger . Endlich ward es ein Goldſchmidt bey einer Hochzeit gewahr , und ſagte : Was gehet Ew. Hochwuͤrden vor Noth an , daß Sie einen ſo falſchen Stein am Finger tragen . Hierauf erzuͤrnete ſich der Doctor nicht wenig und wolte lange nicht zugeben , daß der Deamant falſch waͤre , weil er ihn nicht nur ſelber gekaufft , ſondern auch funfftzig Thaler baares Geld davor gegeben haͤtte . Ein Studioſus , als er den Virgilium loben hoͤrte , ſagte , er wolle nun auch hinfuͤhro Virgilius heiſſen , damit man eben ſo von ihm zu reden habe . Als ein Pednat uͤber die maſſen ſehr , in einem groſſen Gedraͤnge , gedruͤcket ward , ſagte er gleichwohl hernach , er habe gantz nichts gefuͤhlet , weil er den Schnupffen habe . Als einer im Hinwegreiſen , und im Wiederkehren in dem rechten Schlag der Kutſche geſeſſen , und geſehen , daß die Haͤuſer , die ihm bey der Abreiſe in die Augen gefallen , bey der Wiederkehr , nun auf der andern Seite , die hinter ihm geweſen , ſtunden , kunte er das gantz und gar nicht in ſeinen Kopff bringen , ſondern vermeynte , die Haͤuſer muͤſten nicht mehr an ihrem vorigen Orte ſtehen . Ein verwirrter Pedant , als er gefraget ward , was dem Verſtorbenen gemangelt haͤtte , von deſſen Leiche er kaͤme ? antwortete , er wiſſe es nicht , weil der Sarg ſchon zugenagelt geweſen waͤre , als er dahin gekommen , und er alſo nicht mehr haͤtte mit ihm ſprechen koͤnnen . Ein anderer Pedant , als er einen weit gereiſeten Mann agiren wolte , ſagte , daß zu Florentz die Kinder von fuͤnff biß ſechs Jahren die Italiaͤniſche Sprache ſchon gantz fertig reden koͤnten . Als ein Paſtor aus einem rauhen Ort in eine anſehnliche Stadt kam , und Spinat zu eſſen bekam , welcher wohl zugerichtet geweſen , fragte er , aus was vor Kraͤutern dieſer Spinat gemachet ſeye ? Ein Doctor klagte dem andern , wie daß ſein Diener ſchon zwey . Tage an vier Meilen gegangen , und noch nicht wiedergekommen waͤre . Wie ſagte der andere , das befremdet euch ? Es iſt ſchon laͤnger als funffzehen Tage , daß ich einen meiner Freunde entboten , und er iſt biß dieſe Stunde noch nicht gekommen , da es doch eben derſelbe Weg iſt . Es buhlete ein Student lange an einer Magd , daß ſie ihm ſeinen geilen Willen erfuͤllen moͤchte . Endlich willfahrte ſie demſelben , und beſtellete ihn in einem Pferde-Stall , allwo ſie auch zuſammen kamen . Nachdem ſie ſich bereits in Poſitur geſetzet hatten , bedachte ſich der Student geſchwinde und ſprach : Stehet auf meine Freundin ! Laſſet uns anders wohin gehen ! Denn ich beſorge , wir machen junge Pferde-Fuͤllen , deswegen man uns hernach peinlich anklagen moͤchte . Ein Frantzoͤſiſcher Rechts-Gelehrter ſagte von einem , ſo auf das Leben angeklaget aber echappiret war , man ſolte ihn auf die Galéeren verdammen , dem Koͤnig vor einem Sclaven in effigie , oder im Bildniß , zu dienen . Ein Syndicus , als er zu dem Begraͤbniß eines gewiſſen Buchhaͤndlers eingeladen wurde , fragte : Iſt er dann geſtorben ? Man autwortete ihm Ja . Warlich ! ſagte der Syndicus ferner , in der groͤſten Verwirrung , es iſt mir leyd . Unſer HErr GOtt verleihe ihm ein langes Leben . Ein Pfaffe gieng zu Coͤlln am Rhein in denen Hunds-Tagen ſpatzieren . Weil er nun viel Kuͤhe auf der Weyde , und darunter den Brumm-Ochſen liegen ſahe , ſprach er , wer doch auch ein Ochſe bey ſo vielem Frauenzimmer waͤre . Ein Præceptor bey einem Edelmann , als er hoͤrte , daß man an einem Ort die Vorſtadt vermittelſt Auffuͤhrung eines neuen Walls mit in die Stadt einſchlieſſen wolte , lobete dieſes Vornehmen gewaltig , und ſolches darum , weil die von Adel , welche lieber in der Vorſtadt , als an einem lufftigen friſchen Orte wohneten , auf dieſe Weiſe naͤher als zuvor allen ihren Bequemlichkeiten waͤren , nemlich naͤher bey dem Schloß , naͤher bey dem groſſen Marckt , naͤher bey der Cantzley , naͤher bey der Keit- Schule ꝛc. Er meynet alſo die Vorſtadt wuͤrde naͤher an die Stadt fort geruͤcket werden . Ein Stutzer hatte einen andern adelichen Studioſum Luͤgen geſtrafft . Als dieſer hernach dem Stutzer von ungefehr begegnete , fragte er denſelben , warum er ihn haͤtte heiſſen Luͤgen ? Der Stutzer antwortete , er haͤtte ihn nicht Luͤgen heiſſen , ſondern ſeye viel zu honnette , ſolche Worte zu gebrauchen . Wie ſagte der andere , ich habe es doch von etlichen gehoͤret . Zuletzt ſagte der Stutzer , wann ihr ſaget , daß ich euch Luͤgen geſtraffet , ſo ſage ich euch , und will es auch ſagen , daß ihr luͤget . Darauf ſagte der adeliche Studioſus . Warlich ! das hieß euch GOtt reden . Denn ſonſten ſoltet ihr entweder mein Leben gehabt haben , oder ich das eurige . Ein Philoſophus , als er hoͤrte , daß einer von ſeinen Schuldleuten geſtorben , ſagte , ich wolte etwas wetten , daß er darum geſtorben , weil er beſorget , er muͤſte mich bezahlen . Ein junger Doctor , als er in einen Brunnen , nach einer Flaſche mit Wein , die man in das kalte Waſſer hinein gehencket hatte , ſehen wolte , erblickte , in dem klaren Waſſer , ſeinen eigenen Schatten . Hieruͤber erſchrack er , ruffete ſeine Geſellſchafft , und ſagte zu ihnen : Kommet geſchwinde , ihr Herren ! und helffet mir unſern Wein heraus ziehen . Denn es ſeynd Antipodes in dem Brunnen , die werden ihn ausſauffen , wann wir es nicht verhuͤten . Ein Profeſſor , der ſeines Freundes Bildniß recht ſehr loben wolte , ſagte zu etlichen : Ich bitte euch , gehet und ſehet meinen Herrn Collegen N. Denn er iſt ſo ſchoͤn getroffen , daß , wann ihr ihn ſchon nie geſehen haͤttet , ihr denſelben dennoch kennen wůrdet . Ein Studioſus , der immerfort viel Ruͤhmens von ſeinen Helden Thaten machte , geriethe des Nachts mit einem der ihm begegnete , in einen Streit , und dieſer zog vom Leder . Ob nun wohl der Prahler ſeinen Stuben-Cammeraden bey ſich hatte ; hielte er dennoch nicht Standt , ſondern trollete fort biß zu ſeinem Quartier . Als er ſich vor der Hausthuͤre befande , und den Feind nicht mehr hinter ihm ſahe , ſagte er zu ſeinem Spieß-Geſellen : Warlich ! Wann ich deiner nicht geſchonet haͤtte , wolte ich dem Kerl den Kopff zerſpaltet haben . Ein anderer Studioſus , der von Gelehrſamkeit gantz aufgeblaſen einher gienge ; ward gefraget , wo die prima concoctio , oder die erſte Daͤuung geſchaͤhe ? Da antwortete er : Zwiſchen denen Zaͤhnen . Zwey Studenten hatten Haͤndel mit einander , und wurden wieder vereiniget , mit beyderſeits Verheiſſung , daß ſie hinfuͤhro gute Freunde bleiben wolten . Als aber der eine ungefehr dem andern begegnete , ſchlug er ihn mit der Fauſt an die Bruſt , in Beyſeyn vieler Perſonen . Der andere regte ſich nicht , ſondern ſagte nur zu denen Umſtehenden : Ihr Herren ſolt meine Zeugen ſeyn , wie mich dieſer geſchlagen , ohne daß ich mich im geringſten gewehret , bloß damit ich nicht wieder mein Verſprechen handelte . Ein alter Pedant , als er den Thurm eines Schloſſes ſahe , welcher im Waſſer lage , nach einiger Zeit aber , da das Waſſer wegen des trockenen Wetters ſehr abgenommen hatte , wieder dahin kam , ſagte : Ich glaube das dieſer Thurm taͤglich waͤchſet . Zum wenigſten zeiget er ſich hoͤher , als er unlaͤngſt geweſen , und ich halte davor , daß er darum wachſe , weil er an einem ſehr feuchten Orte lieget . Jener Doctor Medicinæ , als er ein furchſames Pferd ſahe , welches ſich vor dem Buͤchſen-Knall entſetzete , ſagte : Das Pferd wůrde keinen guten Soldaten abgeben . Ein Pedant , der ſelten unter die Leute kam , ſondern immer zu Hauſe in ſeiner Studier-Stube ſtack , befande ſich einſtmals in einer Compagnie . Da draͤngete ihn ſeine Nothdurfft , und er begehrte einen Brief , ſich damit zu wiſchen . Weil ihm nun ein Blat weiſſes Papier gereichet wurde , ſchrieb er ſtracks ſolches gantz voll , vorgebende , es waͤre Schade den Hintern an das ſchoͤne weiſſe Papier zu wiſchen . Ein anderer , als ihm , bey Sommers-Zeit , die Sonne auf dem Felde ſehr heiß auf den Ruͤcken ſtach , ſagte : Die Sonne irret ſehr . Sie moͤchte wohl ihre ůberfluͤßige Hitze biß auf den Winter verſparen , wann es kalt iſt , und ſie nicht jetzo , mitten im Sommer ſo reichlich ausſpenden . Ein Philoſophus hatte einen jungen Pennal in ſeiner beſondern Diſciplin und Aufſicht . Als dieſer ſahe , daß ſein Vorgeſetzter viele Brieffe in das Feuer warff , bat er denſelben , ihm deren etliche zu geben , daß er ſie ſeiner Mutter ſchicken koͤnte , welche ihm befohlen , als er von ihr gezogen , er ſolte ihr bißweilen Brieffe ſchicken . Weil nun der Philoſophus eben ſo tumm , als der ihm untergebene junge Pennal ſelber geweſen , gab er ihm ein halbes Dutzent von ſeinen Briefen , mit der Condition , daß wann er ſie ſeiner Mutter ſchickte , ſie ihm ſolche wieder zuruͤcke ſenden ſolte , damit er ſie verbrennen koͤnne . Denn er wolle nicht haben , daß jemand ſaͤhe , was darinnen ſtuͤnde . Etliche Jungfrauen giengen aus , einen Bekannten zu beſuchen , der vor einigen Tagen , mit dem Magiſter-Titel , von der Univerſitæt nach Hauſe gekommen war . Da er ſie vor ſeiner Thuͤre vernahm , ſchlug er geſchwinde den Ariſtotelem auf , und als er hernach die Stube geoͤffnet hatte , ſagte er : Warlich ! ihr Jungfrauen ! Ihr findet mich eben uͤber dem ſtattlichſten und vornehmſten Autore , welcher jemals geſchrieben . Alsdann recitirte er ihnen daraus einen guten Partickel Griechiſch . Als aber die Jungfrauen ſagten , ſie verſtuͤnden es nicht , legte er es ihnen Lateiniſch aus , und ſprach hernach auf Teutſch . Lieben Jungfrauen ! habt ihr auch jemals einen hoͤren beſſer aus dem Griechiſchen verteutſchen alsmich . Ein gelehrter Buͤrgermeiſter , als er einen Schielenden ſahe , welcher bey dem Leſen die Augen alſo im Kopff verwandte , daß man meynte , er ſaͤhe zwey unterſchiedene Blaͤtter auf einmal im Buche an , ſagte : Dieſer ſolte zweymal mehr koͤnnen als ein anderer . Denn er lieſſet doppelt ſo viel als ſonſt einer . Ein Doctor , der auſſer denen hohen Einbildungen wenig Wiſſenſchafften beſaß , kam in eine gewiſſe Stadt und ſahe ein Epita phium uͤber ſeines ehemaligen Bekandten Begraͤbniß . Da ſagte er : Fuͤrwahr ich meynte er waͤre todt , So ſehe ich aber wohl , daß ſein Name hier noch angeſchrieben ſtehet : Ein Profeſſor , welcher einer groſſen Printzeßin Einzug mit anſahe , wobey ein Regiment Infanterie , aus Musqueten , nach der alten Art , Salve gab , ſprach : Pfuy ! Was dencken doch die Leute , daß ſie das Pulver und die Lunten nicht gebieſamet , oder ſonſt etwas wohlriechendes darunter gethan haben , damit ſie keinen ſolchen Geſtanck machten . Ein ſtoltzer Gelehrter , als er die fuͤnff Sinnen nach einander erzehlen wolte , nennte das Geſicht , das Gehoͤr , die Ohren , den Geſchmack , und als ihm der Fuͤnffte Sinn noch nicht einfallen wolte , ſprach er nach tieffen Nachſinnen , Ha , ha ! Ich habe es wohl gedacht , daß ich vergeſſen Zwey Augen zu nennen . Ein anderer hatte bey ſeiner Freude einem etliche Buͤcher entlehnet . Nun truge es ſich zu , daß derſelbe zwey Jahre hernach an der Peſt ſtarb . Jener , als er dieſes vernahm , ſagte zu ſeinem Stuben Geſellen , ob er wohl in einer andern Stadt wohnete : Laſſet uns geſchwinde von hinnen ziehen . Denn ich beſorge , dieſe Buͤcher moͤchten uns die Peſt anhaͤngen , weil ſie von einem inficirten Orte kommen . Ein Juriſt , der , wie ſehr viele Juriſten zu thun pflegen , ſich um nichts als um ſein Jus jemals bekuͤmmert , bekam einen Schwaben das erſtemal zu ſehen , wannenhero er ſprach : Ich habe nie ein Thier geſehen , daß einem Menſchen aͤhnlicher ſiehet als die Schwaben . Ein abgeſchmackter Pedant war bey einem zu Gaſte , wolte ſich gar hoͤflich ſtellen , und ſagte zu dem , der ihn tractirte ; Ich wolte dem Herrn gerne etwas Gutes vorlegen ; aber es iſt nichts Gutes da . Wieder ein Pedant , als ihm der Schneider ein Wammes gemachet , und er ihn nicht bezahlen kunte , bate der Pedant , es ſolte ihm der Schneider das Macher-Lohn borgen . Hieruͤber verlangte der Schneider eine Handſchrifft , weswegen ſich der Pedant ſetzete und ſchriebe : Ich , Jobſt Schuͤtze bekenne daß das Wamms meine iſt , welches mir Meiſter Ehrhart gemachet . Was das Macher-Lohn anbelanget , hat es ſeine gute Wege , und wird ſich wohl ſchicken . Ein Philoſophus war einſtmals bey einem Fuͤrſten an die Tafel geladen . Als er ſich einfande , wetzte er unter dem Gebet ſein Meſſer auf denen Schuh- Sohlen . Der Fuͤrſt fragte , wo er das gelernet haͤtte ? und der Philoſophus antwortete , ſein Meſſer ſchnitte nichts , alſo haͤtte er es nothwendig muͤſſen wetzen , ſchnitte auch alſobald damit ſeine Naͤgel ab , und ſagte zu dem Fuͤrſten : Siehe da ! gnaͤdigſter Herr : wie es jetzo ſowohl ſchneidet . Da ihn aber der Fuͤrſt einen unhoͤflichen Grobian darauf ſchalte , auch ſprach , ob er nicht wiſſe und ſaͤhe , daß ſeine Fuͤrſtliche Tafel bereits zur Gnuͤge mit Meſſern und Gabeln verſehen ſeye ? verſetzte der Philoſophus : Gnaͤdigſter Herr ! Ich habe mich auf die Philoſophie und nicht auf Dero Hof-Poſſen geleget . Hierauf ſagte der Fuͤrſt : Qui proficit in literis & deficit in moribus , plus de ficit quam proficit , Wer zunimmt im Studieren , und abnimmt an guten Sitten , der lernet mehr hinter als vor ſich . Als ein Paſtor einſtmals im Sommer diſcuriren hoͤrete , von einem Saal , der eine feine durchgehende Lufft hatte , von wegen zweyer Thuͤren , die gegen einander ſtunden , wolt er auch Philoſophiren , wie die andern , und ſagte , es waͤre kein Wunder , daß es im Winter ſo kalt waͤre . Denn ein jeder befliſſe ſich die Waͤrme in ſeinem Hauſe zu behalten , vor der Kaͤlte aber verriegele man Thuͤr und Thor , dergeſtalt , daß ſie muͤſſe auf der Gaſſe bleiben . Ein Studioſus , als er ſich mit einem gehauen , und einen Streich mit der flachen Klinge auf ein Bein bekommen , meynte er waͤre ſehr verwundet . Er lieff auch alſobald zu dem Chirurgo . Nachdem aber dieſer das Bein hin und wieder beſehen , und geſagt , er finde nichts daran , ſprach der Studioſus : So wird es dann an dem andern Fuß ſeyn . Denn ein vor allemal iſt es gewiß , daß ich einen Streich bekommen habe . Ein anderer als er hoͤrte erzehlen , daß eines gekoͤpfften Haupt etlichemal gejaͤhnet und gezittert habe , ſagte , das waͤre kein Wunder . Er haͤtte wohl oͤffters geſehen , daß wann man ein Stuͤcke gebraten Fleiſch auf den Tiſch getragen , es gezittert habe . Ein Medicus , als er auf einem Dorffe ein Uhrwerck ſahe , deſſen Zeiger immer auf zwoͤlffe ſtunde , ſagte aus Ernſt und Einfalt , es waͤre das allerrichtigſte Uhrwerck im gantzen Lande , wann es Mittag ſeye . Ein Philoſophus zu N. wurde zu dem Fuͤrſten zu N. zum Mittags-Mahl beruffen . Als er nun in ſeinem Talar , oder langen Rock , hinauf in das Schloß geſtiegen kam , und wegen des warmen Wetters ſehr ſchwitzete , ſagte der Fuͤrſt zu ihm , warum er den ſchweren Rock angethan , er haͤtte wohl einen leichten Mantel nehmen koͤnnen . Hierauf beſahe der Fuͤrſt den Rock recht genau , und befande ihn vorne mit Sammet gefuͤttert . Daher nahm der Fuͤrſt Anlaß zu ſagen : Ihr muͤſſet wohl ſchwitzen , wegen des ſchweren Futters . Da wandte der Philoſophus dem Fuͤrſten den Ruͤcken zu , hub den Rock hinden bey dem Geſaͤße auf , um den Fuͤrſten zu zeigen , daß er nicht allenthalben ſo ſchwer , noch mit Sammet gefuͤttert waͤre . Allein er bediente ſich darbey einer ſehr unhoͤfflichen Redens-Art , indem er ſprach : Gnaͤdigſter Herr ! Dahinten ſtecket der Beſchiß , ( Betrug. ) Ein Magiſtrandus , als er bey dem Examine gefraget wurde , warum die Hunde das eine Bein auf huͤben , wann ſie piſſeten ? antwortete derſelbe : Damit ſie die Schuhe nicht bebruntzen . Ein voller Gerichts-Actuarius , als er des Nachts neben einem kleinen Baͤchlein , welches daher rauſchte , ſein Waſſer abſchlug , blieb die halbe Nacht aufrecht ſtehen , vermeynete er piſſe ſo lange , weil er das Baͤchlein rauſchen hoͤrte . Ein Doctor , als ihn ſeiner Bekannten einer , um den Mittag , noch im Bette ertappete , und denſelben wegen ſeines langen Schlaffens ſchalte , wendete dieſe Entſchuldigung vor , er waͤre vor acht Tagen im Bade geweſen , weshalben ihm dieſes wohl zu verzeyhen waͤre ; angeſehen das Bad ſchlaffende Leute machte . Ein gelehrter Aufſchneider beruͤhmte ſich , er waͤre zu Venedig geweſen . Als ihn einer fragte , was er da Gutes geſehen , gab der Aufſchneider vor , er ſeye nur auf der Poſt durchgeritten , und habe ſich nicht arretiret . Als darauf einer ſagte , das waͤre nicht moͤglich , weil Venedig in dem Meer laͤge , antwortete der Luͤgner , es waͤre im Winter , und das Waſſer allenthalben zugefroren geweſen . Ein Schulmeiſter trug ſein Waſſer zu dem Medico , der ſolches beſehen ſolte . Als der Medicus fragte , wo er her waͤre , ſprach der Schulmeiſter , er wuͤrde es wohl im Glaß finden . Man beruffete ſich auf einen Philoſophum , daß er in einer Sache ein Zeugniß ablegen ſolte , der es dann auf folgende Weiſe verrichtete : Ich lag und ſchlieff , ſprach er , und hoͤrte gleichwohl , daß der Beklagte den Klaͤger auf den Kopff ſchmiſſe ; kan aber nicht wiſſen , ob er ihn mag recht getroffen haben oder nicht . Ein Studioſus , als er auf den Todt kranck war , und der Prieſter ihn des Hinzugs erinnerte , ſagende , er ſolte ſich vorbereiten zu dem Eingang in die Seligkeit ; allermaſſen er vielleicht noch heute in das Paradieß kommen wuͤrde , gab zur Antwort , es waͤre ihm lieb , wann er ſo bald koͤnte dahin kommen . Daferne es ein weiter Weg waͤre , koͤnte er ihn warlich nicht gehen , weil er viel zu muͤde , und zu matt , darzu ſeye . Ein Philoſophus , der im Bade ſaß , und gefraget wurde , ob er waͤre gezwaget worden ? ſagte , er wiſſe es nicht , haͤtte jetzo andere Gedancken in dem Kopffe . Als ein Juriſt das erſtemahl einen Muͤller-Eſel ſahe , ſagte er : Fuͤrwahr ! Wann er nach der Proportion ſeiner Ohren ſo waͤchſet und fortfaͤhret , wird er mit der Zeit ein tapffer Pferd abgeben . Ein gelehrter Raths-Herr wolte einem das Leid mit gar zierlichen Worten klagen , weswegen er zu ihm ſagte : Es iſt mir Leid , daß euer Herr Vater ſo jaͤhling gehimmelt hat . Ein Roͤmiſch-Catholiſcher Mathematicus , als derſelbe ermahnet ward , er ſolte in die Kirche gehen , und das hohe Feſt , ( nemlich Mariaͤ Geburts-Tag ) gebuͤhrend feyern , fragte aus Tummheit und Einfalt , ob es Feſtum circumciſionis beatæ Virginis , das Feſt der Beſchneidung der Heil . Jungfrauen waͤre . Ein Student von Ingolſtadt kam nach Altorff , auch dieſe Univerſitæt zu beſehen . Wann es nun donnerte , machte derſelbe vier Creutze vor ſich , und ſagte bey dem erſten : S. Matthæus ; bey dem andern : S . Lucas bey dem dritten : S. Herodes ; und bey dem vierdten : S. Pilatus . Als man ihm fragte , was dieſes bedeute ? ſprach er : Dieſe vier Evangeliſten helffen gewiß wider alle Wetter . Zu Agrigent in Sicilien befanden ſich etliche junge gelehrte Saͤuffer beyſammen in einem Wirths-Hauſe , welche vom Wein alſo eingenommen , und taumelnd worden waren , daß ſie vermeynten , ob fuͤhren ſie auf dem Meer , in einer ſehr groſſen Gefahr . Derohalben warffen ſie allen Hausrath , den ſie fanden zum Fenſter Hinaus , und vermeynten alſo ihr Schiff zu erleichtern , um dadurch Schiffbruch und ihren Untergang zu verhuͤten . Als nun jedermann herzu lieff , und ſich vor dem Hauſe verſammlete , kam endlich auch die Obrigkeit des Orts , giengen hinein , und fragten , was das waͤre ? da dann die beſoffenen Herren ſagten , das Ungewitter tobe ſo gewaltig , und ſie wůrden zu Grunde gehen , daferne ſie nichts auswuͤrffen . Als die Obrigkeit hieruͤber erſtaunte , fieng der aͤlteſte unter denen Beſoffenen , weil er , und ſeine Cameraten , die hinein getretenen Obrigkeitlichen Perſonen vor Meer-Maͤnner anſahe , davon in denen Pœten zu leſen an : O ihr lieben Tritones ; Der Sturm hat mich ſo erſchrecket , daß ich mich in das unterſte Tabulat des Schiffes verkrochen habe . Da ſahen die Obrigkeitlichen Perſonen , daß die gelehrten Herren ſo ſehr von dem Wein bethoͤret waren , ermahnten ſie , ſtille zu ſeyn , und in ſich zu gehen , ſagten auch zu ihnen , wann ſie ſich gelaſſen und beſcheiden auffuͤhren wuͤrden , man es ihnen vor dieſesmal ſo wolte hingehen laſſen , hierauf ſagten die Beſoſſenengroſſen Danck , und verſprachen , daß wann ſie zu Lande kaͤmen , ſie ihnen , und denen uͤbrigen Meer- Goͤttern zu Ehren , eine ſteinerne Statuam oder Bildniß am Geſtade aufrichten laſſen wolten , weil ſie ihnen in dieſer groſſen Gefahr , ſo gnaͤdig erſchienen waͤren , und denenſelben ausgeholffen haͤtten . Wegen dieſer Hiſtorie iſt hernach daſſelbige Haus , wie ein gewiſſer Autor berichtet , von dem gemeinen Mann , Triremis , oder ein Schiff daß drey Ordnungen Ruder hat , wie die Galleéren , genennet worden . Die Erzehlung dieſer Hiſtoͤrgen und Begebenheiten hat mich unvermerckt weiter gefuͤhret , als ich darinnen gehen wollen . Jedoch ich irre ſehr in meinen Gedancken , wann ſie dem geneigten Leſer , welcher dieſem Buch nicht uͤberhaupt von deſſen Titel an biß zu ſeinem Ende feind iſt , etwa beſchwerlich fallen . Nach meinem Sinn ſeynd ſie Luſtig und ergoͤtzlich zu leſen , und ich habe ſie mit Vergnuͤgen colligiret , in Anſehung des Styli verbeſſert , oder nach meiner eigenen Wiſſenſchafft , ſo ich davon habe , hieher geſetzet . Sie zeigen auch in der That recht natuͤrlich an , was der Stoltz , die Einfalt , und die Grobheit , in manchem Gelehrten vor eine Wirckung thun . Nur dieſes habe ich dabey noch zu erinnern , daß man ſie ja nicht alle vor erdichtet halten wolle . Denn es ereignen ſich noch taͤglich unter denen Gelehrten Dinge , die eben ſo toll , ja noch toller , als dieſe jetzt angefuͤhrten ſind , heraus kommen . Zu deſſen Beſtaͤrckung will ich noch einen Streich anfuͤhren , den ein ſehr gelehrter Mann begangen hat . Dieſes iſt ein noch jetzt-lebender groſſer Theologus in einer nahmhafften an Teutſchlands Ende gelegenen Stadt , und laͤſſet einen ſo gewaltigen Eyffer , wider alle diejenigen , ſo nicht Lutheriſch ſind , blicken , daß man ihnvor eine Geiſſel aller andern Religionen und ſecten ; zu gleicher Zeit aber vor einen ſtarcken Pfeiler der Lutheriſchen Kirche haͤlt . Abſonderlich iſt er entbrannt wider die Roͤmiſch- Catholiſchen und Reformirten , die er nicht beſſer als Juden , Tuͤrcken und Heyden , in ſeinen Predigten , und oͤffentlich gedruckten Schrifften tractiret , indem er ſie insgeſamt , ohne alle Gnade und Barmhertzigkeit , zu dem Teuffel in die Hoͤlle weiſet . Vor einigen Jahren fuͤgte es ſich , daß er an einen Ort kam , wo ein gewiſſer Saͤchſiſcher Hertzog reſidiret . Der Hertzog , welcher viel von demſelben gehoͤret hatte , ließ ihn einladen , daß er mit ihm an ſeiner Tafel ſpeiſen ſolte , und der Theologus nahm die Invitation willig an . Bey der Tafel aber fieng das groſſe Licht der Lutheriſchen Kirche , ſo bald ihn der Wein nur ein wenig erhitzet hatte , an , allerhand ſeltſame Diſcurſe zu fuͤhren . Vornemlich redete er ſtarck wieder die Roͤmiſch-Catholiſchen , fragte auch endlich den Hertzog , ob er wohl wiſſe , wann die Roſen-Craͤntze derer Roͤmiſch-Catholiſchen am wohlfeilſten waͤren ? Der Hertzog ſagte nein , das wiſſe er nicht . Darauf ließ ſich der groſſe Theologus alſo heraus : Ew. Durchl. geruhen zu vernehmen , daß die Roſen-Craͤntze derer Catholicken in der Kirchen-Zeit am wohlfeilſten , weil ſie alsdann am haͤuffigſten verhanden . Denn es laͤſſet zu der Zeit ein jeder Bauer , welcher nur die Hoſen aufmachet , und ſeinen Bauch ausleeret , deren einen hinter ſich liegen . Der Hertzog laͤchelte zwar hieruͤber ein wenig , erroͤthete aber zu gleicher Zeit in ſeinem Angeſichte , und ſprach weiter kein Wort bey der Tafel . Nachdem er aber auf geſtanden war , und ſich in ſeinem Cabinet befande , ſagte er zu denen Umſtehenden : War das nicht ein grober und haͤßlicher Streich , den dieſer geiſtliche Herr begieng ? Bewahre mich doch GOtt vor ſolchen Leuten ! Der geneigte Leſer urtheile nunmehro aus dieſem und dem uͤbrigen , was er bißhieher geleſen , ob es nicht ſtoltze und aufgeblaſene , tumme und einfaͤltige , grobe und ungehobelte , Narren unter denen Gelehrten geben muͤſſe , ſie moͤgen ſeyn wes Standes ſie wollen , geiſtlich oder weltlich ? Und hiermit mag ſich die erſte Abhandlung dieſes Tractats endigen . Andere Abhandlung . EIn ſehr gelehrter Italiaͤner , Trajanus Bocalinus genannt , hat ein Buch heraus gegeben , betitelt : Relationes aus dem Parnaſſo , woraus ich , bereits in der erſten Abhandlung , eine Paſſage mit angezogen . Dieſes Buch iſt in Italiaͤniſcher Sprache geſchrieben , auch nachhero in die Hochteutſche uͤberſetzet worden , und man findet darinnen die Thorheit , welche ſich mit der Gelehrſamkeit vermiſchet , mit ſehr lebendigen und natuͤrlichen Farben abgemahlet ; wie dann auch herrliche Lehren dabey gegeben werden . Weil nun nicht zu glauben ſtehet , daß dieſes Buch in ſo gar vielen Haͤnden ſich befinden werde , will ich noch verſchiedene Relationes daraus allhier mit einflieſſen laſſen . Jedoch werde ich mich weder allemal an die Worte der Teutſchen Uberſetzung , noch ſtets an den Sinn des Bocalini binden ſondern alles nach meinem eigenen Gutachten , und meinen beſondern Abſichten einrichten , ſo daß es mehr eine Imitation als die ſelbſt-eigene Arbeit des Boccalini zu nennen ſeyn wird . Eine ſehr curieuſe , die Politicos angehende Relation aus dem Parnaſſo . DEmnach die ſaͤmtlichen Herren , in den Parnaſſum aufgenommenen Politici , von vielen Monaten her , mit denen daſigen Herren Cammer-Raͤthen deliberiret und berathſchlaget , wie in dem Parnaſſo ein oͤffentliches Kauff-Haus vor ihre Nation aufgerichtet werden moͤchte ? iſt endlich die vergangene Woche ſolches beſchloſſen und vor gut befunden worden . Alsdann haben die Herren Politici , auf einem groſſen Marckt , alle diejenigen Waaren , deren das menſchliche Geſchlecht am meiſten vonnoͤthen , zu oͤffentlicher Schau- und Beſichtigung , gantz herrlich und praͤchtig , auslegen und zeigen laſſen . 1 ) Findet man in dieſem politiſchen Kauff-Haus eine groſſe Quantitæt von der kurtzen Wolle ſo von dem neu-gepreſſeten Tuch abgeſchoren wird . Dieſe Wolle achtet zwar der gemeine Mann nicht ; aber von denen verſtaͤndigen Hofleuten wird ſie theuer bezahlet , dieweil ſie in Erfahrung gebracht , daß ſolche Wolle von dem allerfeineſten und beſten Tuch der wahren Weißheit herkomme , welches die klugen und verſtaͤndigen Menſchen von der allerzarteſten Wolle der Gedult gemachet haben . Sie dienet vornemlich die Sattel der Dienſtbarkeit damit auszufuͤllen , damit ſie ſich deſto beſſer auf den Ruͤcken derer armen und muͤhſeligen Hofſchrantzen ſchicken , wohl aufliegen , und ſie nicht etwa ſchwellen und drucken moͤchten , welches dann denenjenigen ſchaͤndlicher Weiſe begegnet , die , ob ſie gleich aller Muͤhe und Arbeit Spinnen-feind ſeynd , ſich nichts deſtoweniger , des Hof-Lebens unterfangen , der gaͤntzlichen Hoffnung und Zuverſicht allda gute Tage zu haben , und in ihrer ſelbſt-eigenen Dienſtbarkeit uͤber andere zu herrſchen . 2 ) Befindet ſich in dieſem politiſchen Kauff-Haus eine groſſe Anzahl uͤberaus herrlicher Pinſel , denenjenigen Fuͤrſten und groſſen Herren faſt dienlich , ſo in ihren aͤuſſerſten Noͤthen gezwungen werden , denen Unterthanen weiß fuͤr ſchwartz vorzumahlen . Und ob zwar dieſe Waare eintzig und allein vor hohe Potentaten gehoͤret , ihnen auch in gewiſſen Faͤllen , erlaubt iſt , ſich derſelben zu bedienen ; ſo verſehen ſich dennoch damit auch diejenigen falſchen und zweyzungigen Leute , ſo alles auf den aͤuſſerlichen Schein richten , und ſich auf nichts anders befleißigen als zu laͤcheln , zu betruͤgen , den gemeinen Mann mit der Naſe herum zu fuͤhren , und das Sprichwort an ſich wahr zu machen , daß ſie ſeyn die boͤſen Katzen , die forne lecken und hinten kratzen . 3 ) Haben dieſe Politici in ihrem Kauff-Haus zu verkauffen allerley ſeltſame Brillen , von wunderbarer und unterſchiedener Operation , indem etliche ſehr nutz- und dienlich denenjenigen die Augen aufzuthun , welche die boͤſe Luſt und unkeuſche Begierden dermaſſen verblendet , daß ſie weder Ehre noch Schande achten , unter Freunden oder Feinden , Fremden oder nahen Bluts-Verwandten keinen Unterſcheid halten , ja unter der Sonnen nichts bedencken , noch zu Hertzen ziehen . Der Vertrieb , oder Débit dieſer Brillen iſt bey denen hieſigen , in dem Parnaſſo etablirten , Handelsleuten dermaſſen groß , daß man augenſcheinlich ſiehet und ſpuͤhret , ja mit Haͤnden greiffet , wie wenig unter denen Menſchen gefunden werden , welche in ihren fleiſchlichen Luͤſten ein gutes Geſichte haben . 4 ) Noch eine andere Art von Brillen befindet ſich allhier , ſo denen Vorigen gantz zuwider , und die Augen dunckel machen . Von dieſen berichten gedachte politiſche Handelsleute , daß ob ſie zwarallen Menſchen insgemein , doch aber denenjenigen , welche bey Hofe leben , ſehr nothwendig ja viel noͤthiger ſeyn als die andern , dadurch man weit und in die Ferne ſiehet ; und ſolches um folgender Urſache willen , weil zu Hofe manchem ehrlichen Mann ſehr verdrießliche und wiederwaͤrtige Sachen vor Augen kommen . Solchen nun den Ruͤcken zu kehren , verurſachet oͤffters Groſſer Herren Zorn und Ungnade . Dieſelbe aber ſcharff anzuſehen , und zu beſchauen , bringet nichts als innerliches Hertzfreſſen und Betruͤbniß . Bey dergleichen Occaſion nun ſind gemeldte Brillen ſehr dienlich , weil ſie einen ſelbſt von denen Beſchwerlichkeiten und Unluſt der argen und verkehrten Welt befreyen , dem gemeinen Mann aber einbilden , daß man ſie gedachte Sachen deſto eigentlicher zu beſchauen , aufſetze . 5 ) Die dritte Art von Brillen , ſo allhier feil , ſind gut das Geſicht zu erhalten , ſonderlich denenjenigen unhoͤflichen und unfreundlichen Leuten , welchen , nachdem ſie zu neuen Ehren und Dignitæten erhoben worden , das Gefichte dermaſſen verdunckelt und verfinſtert wird , daß ſie auch in die hoͤchſte Undanckbarkeit verfallen . Die Politici des Kauff-Hauſes vermelden , daß ermeldete Brillen von der koͤſtlichen Materie des immerwaͤhrenden Gedaͤchtniſſes wegen empfangener Gutthaten , wie auch aus der Erinnerung der vorgeflogenen Freundſchafft , gemachet ſeyen . 6 ) Aber viel wunderbarer iſt die vierte Art von Brillen , mit ſolcher Kunſt und Geſchicklichkeit verfertiget , daß ſie aus einem Floh einen Elephanten , aus einem Zwerg einen groſſen ungeheuren Rieſen machen . Dieſe Art Brillen werden von etlichen groſſen Herren mit ſonderbarer Begierde gekauffet , und hernach ihren ungluͤckſeligen Hof dienern auf die Naſe geſetzet , welchen ſie dann die Augen dermaſſen alteriren , verfaͤlſchen und verblenden , daß ſie die geringe und ſchlechte Gunſt , wann ſich der Fuͤrſt etwa auf ſie ſteuret und lehnet , oder ſie uͤber eine Achſel freundlich , wiewohl faͤlſchlich und gezwungener Weiſe anſiehet , hoͤher achten als wann ſie jaͤhrlich tauſend Species-Ducaten Intraden von ihm bekaͤmen . 7 ) Noch eine Art von Brillen , neulicher Zeit in Flandern erfunden , ſeynd allhier zu bekommen , und werden , gleichermaſſen , von hohen Standes-Perſonen mit vielem Gelde bezahlet , hernach aber ihren Hofleuten verehret , welche von ihnen aufgeſetzet und gebrauchen , verurſachen , daß ſie die eingebildete Belohnungen und hohe Ehren-Stellen , allbereits mit denen Haͤnden ergriffen zu haben vermeynen , die ſie doch mit keinem Auge geſehen , auch in Ewigkeit nicht zu ſehen bekommen werden . 8) Uber das werden auch allhier , aber in ſehr hohem Preiß , Menſchen- Augen feil gefunden , die eine wunderbare Wirckung und Tugend haben . Denn es iſt unglaublich , welchergeſtalt einer ſeine eigene Sachen taͤglich erkennet und verbeſſert , wann er ſie wohl mit anderer Leute Augen anſchauet und einſiehet . Und bezeugen die geſamten Politici in dem Parnaſſo bey ihrem Gewiſſen , daß kein ander Mittel zu der wahren Gluͤckſeligkeit , zu der vortrefflichen Tugend des Noſce te ipſum , und zu ſeiner Selbſt-Erkaͤntniß , darnach ſo viele groſſe Maͤnner geſtrebet haben , zu gelangen ſeye , als eben dieſes . 9 ) Werden allhier verkaufft Zirckel , nicht von Silber , Meßing oder Stahl , ſondern von der eigen nutzigen Reputation , die ſich in allen Ehren-Staͤnden befindet , verfertiget und zugerichtet ſeynd uͤber alle Maſſen dienlich , ſeine eigenen Actiones taͤglich damit abzumeſſen . Denn die Erfahrung giebet einem jedem genugſam zu erkennen , daß diejenigen Zirckel , ſo aus eigenem Gehirn , und Privat-Intereſſe geſchmiedet werden , denenjenigen gar uͤbel gerathen , welche in ihren taͤglichen Geſchaͤfften alle Linien in einen Punct zuſammen bringen wollen zu geſchweigen , daß dergleichen Zirckel denenjenigen , ſo ſie recht zu gebrauchen wiſſen , ſehr nutz und dienlich ſeye welche ſich um Reputation willen , hoher Geſchaͤffte unterfangen , dieſelben recht abzumeſſen , damit ſie nicht in der Mitte ſtecken bleiben , und hernach wie Butter in der Sonnen beſtehen . So haben auch alle Verthuer und Schlecker- oder Lecker- Maͤuler , welche mehr wollen verzehren als ihr Pflug erwerben kan , kein beſſer Inſtrument , die nothwendige , Tugend zu erlernen , nicht hoͤher zu ſteigen , als ihnen die Federn gewachſen . 10 ) Verkauffen die Politici in dem Parnaſſo eine Art von Meßruthen , ſo die Acker-Leute zu gebrauchen pflegen , denen ſehr noͤthig , welche mit andern Leuten wichtige und hohe Geſchaͤffte zu tractiren , oder ihnen heimliche Sachen zu vertrauen haben , damit ſie dieſelben in allen Ecken und Winckeln wohl ausmeſſen und erforſchen koͤnnen . 11 ) Iſt allhier groſſer Vertrieb von einer Art eiſerner Inſtrumenten , denen , ſo die Wund-Artzte und Zahnbrecher zu gebrauchen pflegen , nicht gar ungleich . Sie ſeynd ſehr nuͤtzlich und gut denen ungluͤckſeligen Hofleuten den Schlund und die Gurgel damit zu erweitern , welche zu Zeiten aus der Noth eine Tugend machen , und an ſtatt derer kleinen Pillen , groſſe Kuͤrbiße einſchlucken muͤſſen . 12 ) Findet ſich allhier eine groſſe Menge von Beſen , ſo von lauter Vorſichtigkeit geflochten , und zuſammen gebunden ſeynd . Dieſe werden ſehr von klugen und verſchlagenen Hofleuten eingekaufft , des Morgens und Abends die Stiegen ſauber und wohl zukehren , damit ſie nicht uͤber die gefaͤhrliche Erbſen fallen , welche etliche mißgoͤnſtige darauf zu ſtreuen pflegen , ſo ſich mehr delectiren und beluſtigen anderer Leute Actiones zu vernichten und zu verkleinern , als ihre eigenen wohl anzuſtellen , und ſich allein befleißigen andere ehrliche Leute um ihren guten Namen , Ehre und Reputation zu bringen . 13 ) Befindet ſich allhier in dem politiſchen Kauff-Haus die vortreffliche Dinte ſo dem Golde gleich geachtet wird , viel koͤſtlicher als das Laſur-Blau , welche Dinte von beruͤhmten Scribenten verſchrieben wird , und iſt gleichſam ein koͤſtlicher Balſam ihre verſtorbenen Coͤrper damit zu balſamiren , und ihnen , auch nach dem Tode , einen ewigen und guten Geruch zu machen ; dahingegen die Ignoranten und ungelehrte , oder auch gelehrte Narren und Fantaſten , einen unertraͤglichen Geſtanck von ſich geben , und bald nach ihrem Tod zu Staub und Aſche werden . Weiſe und gelehrte Leute machen ihnen mit dieſer Dinte allein einen ewigen und unſterblichen Namen , welcher mit denenjenigen , ſo nichts gewuſt haben , ſobald ihnen der Athem ausgehet , zu gleich verloͤſchet . Dieſer Balſam hat in Wahrheit eine uͤbernatuͤrliche Krafft und Wirckung , dieweil diejenigen , ſo ſich damit ſalben , leben , ob ſie ſchon ſterben , und allein ſo viel den Leib belanget , und aus dieſer Welt ſcheiden , wegen ihrer vortrefflichen Buͤcher aber in Ewigkeit darinnen bleiben . 14 ) Loͤſen offt-gemeldte politiſche Handels-Leute viel Geld aus einem Oele , welches vielmals ſehr dienlich befunden worden , denen , ſo zu Hofe leben , den Magen damit zu ſtaͤrcken , auf daß ſie ohne Verletzung der Complexion ihrer Gedult , den groſſen Wiederwillen , und die hefftigen Verdrießlichkeiten , ſo ſie zu Hofe einſchlucken muͤſſen , deſto beſſer verdauen moͤgen . 15 ) Verkauffen ſie in einen kleinen Glaͤßlein , den wohl-riechenden Menſchen-Schweiß , ſehr dienlich , diejenigen damit zu beſtreichen , welche durch den lieblichen Geruch ihrer ſauren Muͤh und Arbeit , mit der Feder in der Hand , unter denen Gelehrten ſich gerne wollen finden laſſen . 16 ) Werden ſehr herrliche Morſellen allhier verkaufft , ſo ſehr dienlich ſind etlichen eigenſinnigen und wiederſpaͤnſtigen Stoicis einen Appetit zu machen , damit ſie vor denen Wiederwaͤrtigkeiten dieſer Welt nicht ſo leichtlich einen Eckel und Grauen bekommen , ſondern ſelbigen mit groͤſſerer Begierde zu ſich nehmen und einſchlucken moͤchten . Denn ob zwar dieſelbe vielen einen Grauen verurſachen , und manchen ehrlichen Mann gantz und gar zuwider ſind , ſo muß man doch vielmals groſſer Herren Ungunſt nicht auf ſich zu laden , auch ſeine eigene Sachen nicht in Gefahr zu ſetzen , ſich ſtellen , als ob man einen ſonderlichen Gefallen daran haͤtte , und dieſelbe mit groſſer Begierde und hungerigen Magen , ſo warm man es leiden kan , zu ſich nehmen . 17 ) Verkauffet man in dieſem Cram groſſe Schachteln mit dem allerbeſten Bieſem-Zucker , denenjenigen geheimen Raͤthen , Secretariis und Raths-Herren einen lieblichen und wohl-riechenden Athem zu machen , welche die Vertrauten geheimen Sachen bey ſich behalten , und in ihrem Leibe verfaulen laſſen muͤſſen . 18 ) In einem beſondern Laden , à part , werden auch gefunden die Eiſen , ſo man denen Pferden auf der Weide anzuthun pfleget , von dem Eiſen der Weisheit und der Bedachtſamkeit geſchmiedet . Und obſchon etliche Unverſtaͤndige vor ſolchen , als Inſtrumente vor die unvernuͤnfftige Thiere gehoͤrig einen groſſen Abſcheu tragen ; ſo haben doch andere Verſtaͤndigere ſolche in groſſen Eſtim , dannenhero ſie auch von denen unbedachtſamen und unvorſichtigen Koͤpffen mit groſſem Gelde bezahlet werden , um ſich dadurch im Zaum zu halten , welche anderergeſtalt viel lieber ihre geſchaͤffte uͤber Hals und Kopff auf der Poſt , als mit einem gemeinen Bothen , der mit Bedachtſamkeit daher gehet , verrichten wollen . 19 ) Unter allen Waren aber , ſo in dieſem reichen Kauff-Hauſe feil , iſt keine die beſſer abgehet , als eine Art von Fliegen-Wedeln , ſo zwar nicht von koͤſtlichen Strauſſen , noch von Pfauen oder anderer ſchoͤnen Vogel-Federn , ſondern von Kraͤutern und Blumen gemachet ſind . Und weil Andreas Matthiolus , Parnaßiſcher Botanicus , unter dieſen Kraͤutern und Blumen den gifftigen Napellum gefunden hat , haben dahero die ſaͤmtlichen Raͤthe in dem Parnaſſo abgenommen , daß dieſe Fliegen-Wedel nicht erfunden ſeyen in dem Sommer , Wind damit zu machen , ſondern vielmehr die verdrießlichen Fliegen von der Naſe damit zu vertreiben , welche etliche Unverſtaͤndige mit denen Dolch en zu verjagen vermeynet , ihnen aber daruͤber die Naſen ſelbſt abgehauen . Poëten und andere ſtoltze Gelehrte haben folgende Relation aus dem Parnaſſo in reiffe Erwegung zu ziehen : DAmit die Ungelehrten , und Ignoranten , mit ihren unſaubern Gemuͤthern , den Parnaſſum nicht entheiligten und verunreinigten , hat Apollo ſchon vor etlichen Jahren zwo Compagnien Poëten aus Sicilien kommen laſſen , ſo in dem Reymenreiſſen uͤber die Maſſen gut , und in ihren Inventionibus ſehr excelliren . Deren Amt iſt , daß ſie taͤglich die Straſſen battiren und bereiten ſelbige ſauber zu halten . Dieſe bekamen vor acht Tagen einen Poëten gefangen , welcher bey Verluſt Leibes und Lebens , aus dem Parnaſſo relegiret und verwieſen war . Dieſer ob ihm ſchon Buͤcher , wie nicht weniger ſonſt etwas zu ſchreiben verboten geweſen , hat er doch dem ungeachtet , Apollini zum Trutz , und denen ſaͤmtlichen Muſis zu beſonderer Verungluͤmpffung , nicht unterlaſſen , taͤglich viel Papier mit ſeinen Lumpen-Verſen zu beſudeln und zu verderben . Ja was noch mehr , ſo hat er ſich vor einen recht excellenten Poëten ausgeben duͤrffen . Indem nun die Haͤſcher ihn beſuchten , fanden ſie ein Karten-Spiel bey ihm , welches dann ſein Verbrechen , und ſeine Miſſethat , nicht wenig vermehrt , weil ohne diß die Karten Spiele vor Laſterhafftig gehalten , und bey Lebens-Straffe verboten ſind . Sie uͤberlieferten dannenhero daß , bey dem Poëten gefundene , Karten- Spiel ſo gleich dem Apollini ; welcher ſich zum hoͤchſten uͤber eine ſolche ſchaͤndliche Erfindung verwunderte , und daß die laſterhafften Menſchen die Zeit dadurch zubringen , auch Ehre , Guth und Reputation , Leib und Leben , ja bißweilen gar die Seele , damit verſpielen moͤgen . Noch mehr aber entſetzte ſich Apollo , als er vernahm , daß die Thorheit derer Menſchen , ſo hoch geſtiegen waͤre , daß ſie dasjenige ein Spiel und Kurtzweil nenneten , welches ſie doch mit ſo groſſem Eiffer und Ernſt trieben , ja daß ſie vor eine Freude Luſt und Kurtzweile hielten , das Geld ſo leichtfertiger Weiſe zu wagen , daß mit ſo ſaurem Schweiß erworben wird , und zu ſoviel unzehlichen Sachen nuͤtzlich und gut iſt , abſonderlich zu Buͤchern , ohne welche die heutige Welt Ariſtotelem vor einen Narren , und Alexandrum Magnum vor einen gemeinen Mann , halten wuͤrde . Appollo fragte dieſen Poëten , welches Spiel er vor allen andern am meiſten ůbete und brauchte ? worauf er antwortete das Trumpff- Spiel gefalle ihm am allerbeſten . Derohalben befahl Apollo demſelben , ſolchen zu ſpielen , welches er thaͤte . Sobald nun Apollo derer Meiſter-Griffe dieſes Spiels innen ward , rieff er uͤberlaut , dieſes Spiel ſeye die rechte Philoſophie derer Hofleute , und die nothwendigſte Wiſſenſchafft , ſo alle Menſchen lernen ſolten , welche nicht vor grobe und ungeſchickte Toͤlpel wolten gehalten werden . Es lieſſen ſich auch Ihro Parnaſſiſche Majeſtaͤt zugleich vermercken , daß der Schimpff , ſo dieſem guten Poëten wiederfahren , ihnen zum hoͤchſten mißfiele wuͤrdigten ihn derowegen vor das erſte des Titels eines Tugendhafften , befahlen auch alſobald ihn loß zu laſſen , und geboten dem Pedellen der Univerſitæt , den folgenden Tag ein abſonderliches Logement vor ihn aufzuthun , und zuzurichten , in welchem dieſer vortreffliche Mann , dem gemeinen Nutzen zum Beſten , das herrliche Trumpff-Spiel oͤffentlich lehren , und jederman darinnen unterweiſen ſolte . Apollo machte ihm darneben eine herrliche Beſtallung aus , von 500. Ducaten , befahl auch bey hoher Straffe denen Platonicis , Peripateticis , und denen ſaͤmtlichen Philoſophis moralibus , wie auch insgemein allen Gelehrten in dem Parnaſſo , daß ſie dieſe hoͤchſt-noͤthige Wiſſenſchafft mit Fleiß erlernen ſolten . Und damit ſie dieſes Spiel nicht ſo leichtlich wieder vergeſſen moͤchten , erlaubte er ihnen , ſich taͤglich eine Stunde darinnen zu uͤben . Ob nun zwar dieſes denen ſaͤmtlichen Gelehrten in dem Parnaſſo ſehr Spaniſch vorkam , daß aus einem ſolchen , vermeynten , gemeinen Bernhaͤuter- Spiel , etwas zum menſchlichen Leben nuͤtz- und dienliches ſolte koͤnnen gefaſſet werden ; ſo wuſten ſie dennoch vor gewiß , daß Appollo nicht leichtlich etwas befoͤhle , daraus ſeine ( Virtuoſi ) Tugendhaffte nicht ſonderlichen und groſſen Nutzen zu erwarten haͤtten . Sie leiſteten demnach Ihrer Parnaſſiſchen Majeſtaͤt unterthaͤnigſten Gehorſam , dergeſtalt , daß gedachte Schule in ein groſſes Aufnehmen geriethe . Nachdem nun denen Gelehrten die verborgenen Griffe , und Heimlichkeiten , dieſes Spiels begunten offenbar zu werden , erhuben ſie Se. Parnaſſiſche Majeſtaͤt , Dero trefflichen und hohen Verſtandes wegen , biß in den achten Himmel hinauf , ruͤhmeten und preiſeten uͤberall , daß weder die Philoſophie , noch auch die Poëterey , Mathematic , Sternguckerey , oder einige andere Scienttz , ſondern eintzig und allein dieſes wunterſeltſame Trumpff-Spiel , das hohe Geheimniß , ſonderlich diejenigen , ſo ihr Leben bey Hofe zubringen muͤſſen , lehrte , daß eine jede ſchlimme , und die Geringſte Trumpff-Karte die allerhoͤchſten und beſten Bilder in der Karte , wann ſie nicht Trumpff ſind , hinweg nimmt und dieſelben ſticht . Denen Gelehrten , derer gantze Wiſſenſchafft in einem eitlen Wort-Gepraͤnge und Geſchwaͤtze beſtehet , wird dieſe Relation aus dem Parnaſſo beſtens recommandiret . EIn Gelehrter Laconier hatte ſeine Meynung mit allzuvielen Worten vorgebracht ; ward aber von dem Magiſtrat daſelbſt uͤberzeuget , daß er es mit zweyen haͤtte verrichten koͤnnen . Weil nun die Laconier ſparſamer mit Worten als die Geitzigen mit denen Ducaten umzugehen pflegen , ward dem Schwaͤtzer und Plauder-Matz , um ſeines Fehlers willen , der in ſeinem Vaterland mehr als Capital iſt , nachdem er bereits acht Monate in beſchwerlichem Gefaͤngniße gelegen , vor fuͤnff Tagen auferleget , daß er zur Straffe , den Piſaniſchen Krieg von Franciſco Guiccardino beſchrieben , nur einmal durchleſen ſolte . Mit groſſer Muͤhe und Arbeit laſe dieſer Laconier nur das erſte Blat durch . Alsdann empfande er einen ſolchen Eckel , ja eine rechte-Todes Angſt , wegen des langen Gewaͤſches , daß er hinlieff , denen Richtern welche das Urtheil gefaͤllet , einen Fuͤß-Fall that , und ſie inſtaͤndigſt bat , ihn Zeit ſeines Le bens auf die Galleren zu verdammen , oder einzumauren , ja aus Barmhertzigkeit lieber lebendig zu ſchinden , als ihn ferner aufzuhalten , die weitlaͤufftigen Erzehlungen , ſo kein Ende naͤhmen , die ſchlaͤffrigen Anſchlaͤge , und verdrießlichen Orationes , welche bey Einnehmung auch eines jeglichen alten Tauben- Hauſes gehalten worden , zu leſen . Denn es breche im das Hertz , uͤbertreffe auch alle Marter , alle Schmertzen derer gebaͤrenden Weiber , und alle Todes- Angſt , ſo , auf Anhalten derer allergreulichſten Tyrannen , der gottloſe Perillus jemals haͤtte erdencken koͤnnen . Auf Gelehrte , in welchen eine uͤbermaͤßige , und ihnen nicht anſtaͤndige Curioſité herrſchet , kan nachſtehende Relation gezogen werden . GEſtriges-Tages wurde von dem Obriſten derer Schergen , ſo von denen Zuchtmeiſtern uͤber die Studia beſtellet iſt , gefaͤnglich eingebracht ein vornehmer Gelehrter , welcher auf friſcher That ergriffen worden , daß er , mit der Brille auf der Naſen , etliche Italiaͤniſche verliebte Poëtiſche Gedichte geleſen , deswegen er , auf Befehl Apollinis , dieſen Morgen dreymahl ziemlich ſtatck mit Ruthen geſtrichen , und ihm darneben angezeiget worden , er ſolte in dieſem ſeinem Alter , ſo ſich auf 55. Jahre erſtreckete , die Zeit beſſer anwenden , und ſich auf nuͤtzlichere und ernſthafftere Studia legen . Denn die Zeit mit Leſung dieſer Italiaͤniſchen Geſaͤnge und Reimen zuzubringen und zu verlieren , ſtuͤnde denen jungen Leckern und Loͤffel-Maͤulern viel beſſer an , denen es auch , wegen ihres Alters , zu gut gehalten wuͤrde ; denen Alten aber koͤnte man ſolches nicht ungeſtrafft hingehen laſſen . Diejenigen Gelehrten , welche ihr , Geſinde , ingleichen ihr Vieh , uͤber die Gebuͤhr hart tractiren , moͤgen ſich die jetzt-kommende Relation aus dem Parnaſſo an die Naſe reiben . DEn 1ten April erſchienen vor dem Apolline der weitberuͤhmte guͤldene Eſol Apulei , wie auch die beruͤhmte Aſinaria Plauti . Dieſe brachten im Namen derer ſaͤmmtlichen Eſel an und vor , daß , wann diejenigen Thiere von dem menſchlichen Geſchlechte wohl gehalten zu werden meritirten , welche wenig koſteten , und doch groſſen Nutzen ſchaffeten , ſo haͤtten ſie vor allen andern Thieren Urſache genug ſich uͤber ihre Herren zu beklagen . Denn ob ſie ſchon wegen der ſchweren Arbeit , weder Tag noch Nacht Ruhe haͤtten , behuͤlffen ſie ſich doch mit Waſſer und Haber-Stroh , und hielten Oſtern bey einer Handvoll Kleyen , wuͤrden aber , dem allen ungeachtet , von ihrer Herrſchafft mit ſolcher Unbeſcheidenheit tractiret , daß ſie gleichſam ein erbaͤrmliches Spectacul vor der gantzen Welt worden . Ja wann ſie ſich ſchon mit denen allerſchaͤndlichſten und verachteſten dienſten gegen ihre Herren demuͤthigten , koͤnten ſie dennoch ihre harten und Steinern Hertzen nicht erweichen . Sie baͤten derohalben auf das demuͤthigſte Ihro Parnaſſiſche Majeſtaͤt wolten Ihnen belieben laſſen , bey ihrer Eſels-Arbeit , wo nicht ein gantzes Punctum , doch zum wenigſten ein Strichlein oder Comma zu machen , und ihren Herren zu befehlen , gegen Creaturen , die ſich ſo hoch verdient gemacht , wo nicht Danckbarkeit , doch auf das wenigſte Beſcheidenheit , zu gebrauchen . Die Klage und das Verlangen derer geſamten Eſel , befande Apollo dermaſſen billig , daß er ihnen ihre Bitte gewaͤhrete . Hiernechſt entbrannte er gantz vor Zorn wider viele Philoſophos , und andere Gelehrte , welche prætendiren , unendlich mehr Weißheit als andere Menſchen zu beſitzen , und doch nicht einmal wiſſen , wie ſie ihr Vieh tractiren ſollen . Dieſe verwandelte Apollo , zur Straffe , in Eſel , Ochſen , Pferde ꝛc. in welcher Geſtalt ſie ſechs Monate verbleiben , und eben ſo tractiret werden ſollen , wie ſie ihr Vieh zu tractiren pflegen . Relation von denen ausgeſaͤeten Kuͤnſten derer Gelehrten , und wie ſie dieſelben gebauet haben . DIe Erndte in dem Parnaſſo iſt nunmehro voruͤber , auch alle Fruͤchte bereits von denen Herren Gelehrten in die Scheuren eingefuͤhret . Allein man muß bekennen , daß die allermeiſten eine ſchlechte Erndte gehabt ; woran zum Theil das Abnehmen des menſchlichen Verſtandes , und den Saamen , den man ausgeſaͤet : zum Theil aber das Erdreich , dann auch Lufft und Waſſer Schuld iſt . Die , ſo auf Poëterey gebauet , haben in dem Fruͤhling ihres Alters geſehen , daß die Felder ſich ſehr ſchoͤn zeigten , hoffeten derowegen nicht unbillig auf eine reiche Erndte . Als aber der Junius , in welchem das Korn zu ſchoſſen pfleget , herbey ruͤckte , wurden die armſeligen Leute gewahr , daß aus ihrer Arbeit nichts als tolle Gewaͤchſe und unbrauchbare Blumen wurden , ſo daß ſie vergebens gearbeitet hatten , und dabey Hunger und Kummer leiden muͤſſen , deswegen dann ſelbiger Ackerbau , weil er ſehr ſchlechten Gewinn bringet , fuͤhrohin gewaltig in das Abnehmen kommen wird . Die , ſo Latein geſaͤet , und eine ſtoltze Einbildung geheget , daß die Saat gerathen muͤſte , haben anders nichts als Schulfuͤchſereyen und Grammaticaliſche Staͤnckerey geerndtet . Von der Griechiſchen Sprache iſt wenig geſaͤet worden , weil jetziger Zeit ſchlechter Vertrieb dabey iſt , welches vielleicht daher ruͤhret , daß das Brod , ſo aus dieſem Korn gebacken wird , ob es zwar vor langen Jahren einer volckreichen Nation taͤgliche Speiſe geweſen , denen bloͤden Maͤgen , derer jetzigen ſchwachen Naturen , ſchwer zu verdauen faͤllet . Derowegen haben etliche verſchlagene Koͤpffe in ihren Gaͤrten nur allein ſo viel geſaͤet , als ſie in ihrem eigenen Hausweſen vor noͤthig gehabt , vielmehr damit ſie nicht vor Ignoranten und vor unverſtaͤndig gehalten wuͤrden , als daß ſie ſich vor gelehrte Leute ausgeben ſolten ingleichen nur den Saamen davon zu erhalten , und keinesweges als ob ſie Kauffmanſchafft damit treiben wolten . Der Saame der Hebraͤiſchen Sprache hat ſich faſt gar verlohren . Denn weil er nicht mehr im Gebrauch , wird gar wenig geſaͤet , welches dann denen Menſchen nicht zu geringer Schande und Schmach gereichet , daß ſie eine ſolche Sprache nicht hoͤher achten , in welcher vor Zeiten GOtt der HErr ſelbſten geredet , welches ihr auch kein geringes Anſehen machet . Die Philoſophie haben Wurm-Saamen geſaͤet , deswegen auch wunderſeltſame Gewaͤchſe daraus hervor gekommen ſind , als zum Exempel Grillen , Schwaben , Ratten , Maͤuſe , und ander Ungeziefer mehr . Aus dem Saamen , welchen die Aſtrologi geſaͤet , ſind Narren-Kappen worden . Diejenigen aber , welche eine reiche und gute Endte gehabt , ſind die Aſtronomi , die boͤſen Advocaten und unverſtaͤndigen Medici . Denn der Saame , den die Aſtronomi ausgeſtreuet , hat Luͤgen getragen , deren ſie ſehr benoͤthiget ſind , die Calender damit anzufuͤllen und voll zu machen . Daß aber die boͤſen Advocaten und unverſtaͤndigen Medici eine ſo reiche Erndte gehabt , daran iſt dieſes Urſache , weil die boͤſen Advocaten , in Ermangelung eines gnaͤdigen Regens von dem Himmel , ihren Acker mit dem Speck derer Zanckſuchtigen und Proceſſ-liebenden Narren geſpicket ; mit denen Thraͤnen derer an der Gerechtigkeit Noth-leidenden , auch daher Weinenden und Seufftzenden gewaͤſſert ; und die unverſtaͤndigen Medici den ihrigen mit denen Leichen dererjenigen ungluͤckſeligen Patienten , die in ihre Haͤnde gerathen ſind , geduͤnget haben , wie man ſonſt die Aecker und Felder mit Miſt zu duͤngen pfleget . Das ſchlimmſte bey der gantzen Sache iſt nur dieſes , daß ſich zu gleicher-Zeit , der Fluch , und ein ſchweres Gewiſſen mit in die Scheuren derer boͤſen Advocaten , und unverſtaͤndigen Medicorum , einquartieret haben , welche ſonder Zweiffel alles eingeerndete wieder verzehren und auffreſſen werden . Die , ſo Gutthaten geſaͤet , haben wider Verhoffen ebenfalls eine gute Erndte gehabt . Denn ſo herrlich dieſer Saame , ſo wunberbar iſt er auch , indem von vielen Achteln , welche man in das Erdreich wirfft , obſchon bey nahe alles zu Schanden gienge , dennoch ein einiges Koͤrnlein , ſo davon aufgehet , den Ackers- und Saͤemann zu groſſer Gluͤckſeligkeit bringet . Zu dieſem herrlichen Acker-Bau aber gehoͤren allein großmuͤthige und freygebige Leute . Denn die Geitz-Haͤlſe , denen die Geldgierigkeit angebohren , dergeſtalt , daß ſie eher erndten als ſaͤen wollen , haben das Hertze nicht , dieſen edlen Saamen auszuſtreuen , weil ſie vermeynen er ſey verlohren . Gleichergeſtalt haben diejenigen , welche Draͤuungen , und Schmaͤh- Worte ausgeſaͤet , eine reiche Erndte gehabt , allermaſſen ſie in der That , Feindſchafft , Verletzungen und Schaden genug bekommen . Die , ſo boͤſe Wuͤnſche geſaͤet , haben den Fluch eingeerndtet . Etliche andere , ſo Diſteln der Verleumdung geſaͤet , haben eine ſolche reiche Erndte von Dornen gehabt , daß ſie alle Scheuren damit angefuͤllet , und biß in das dritte Glied genug daran haben . Eine ſehr nachdenckliche Relation aus dem Parnaſſo iſt auch dieſe . EInes Menſchen Sinn und Humeur recht zu erkennen iſt noͤthig oͤffters an diejenigen Orte zu gehen , wo ehrliche Handthierung getrieben wird : wie nicht weniger in ſolche Craͤme und Laden , wo laſterhaffte und boͤſe Sachen verkauffet werden . Wer ſich nun darinnen finden laͤſſet , den muß man genau mercken und notiren . Alſo geben die Buchlaͤden zu erkennen , welche Liebhaber derer freyen Kuͤnſte ſeynd . Alſo zeugen Spiel-Haͤuſer , und Spiel-Plaͤtze , mit Fingern auf die , ſo Luſt zu dem Spielen haben . Die Paſteten-Haͤuſer , und beruͤhmten Tracteurs , verrathen die Schlecker-Maͤuler ; die Wirths-Haͤuſer die Zech-Bruͤder . An keinem beſſern und bequemern Orte aber kan man die eitlen leichtfertigen Leute erkennen lernen , als in denen Barbier-Stuben , in welchen man ſiehet , welches die Ganimedes und Narciſſi ſeynd , ſo da mit groſſer Gedult dem Barbierer zwo Stunden ſtille halten koͤnnen , die ſo puͤnctlich und eben muͤſſen geputzet ſeyn , daß ſie mehr Zeit zubringen , den Bart recht aufſetzen zu laſſen , als die allerzierlichſte Braut ihren gantzen Kopff zu zieren und zu ſchmuͤcken . Wann ein eintziges Haͤrlein vor dem andern hervor gucket , oder krumm ſtehet , meynen ſie gleich , ſie ſeyn die allerverſtelteſten Leute in der gantzen Stadt . Daher koͤmmet es , daß der Zeitungs-Schreiber , dem dergleichen Stuͤcklein wohl bekannt , ſich zum oͤfftern in dem politiſchen Kauf-Haus finden laͤſſet , und ſolches allein darum , auf daß er aus denen Waaren , ſo andere kauffen , in Erfahrung bringen moͤge , wie ihrer viele an dem Hofe des Appollinis geſinnet ſeyn , damit er hernachmals , ſeinen guten Freunden und Bekannten eigentlichen Bericht deswegen thun koͤnne . Es kam demnach in dieſes politiſche Kauff-Haus , vor dreyen Tagen , Johannes Baptiſta Sanga , ein beruͤhmter Secretarius an dem Roͤmiſchen Hofe . Dieſer fragte einen von denen Cram-Dienern , ob er Kohlen zu verkauffen haͤtte ? Ihm wurde mit Ja geantwortet , auch die Kohlen zugleich gezeiget , und weil ſie ihm wohl anſtunden , wurde man des Kauffes eins . Er kauffte aber deren viertzig Laſt . Solches kam den Zeitungs-Schreibern Spaniſch vor , was doch dieſer Secretarius mit ſo vielen Kohlen anheben wolte , als der nur einen Diener haͤtte . Weil er nun des Sangæ gar vertrauter Freund war , begehrte er deſſen Urſache von ihm zu wiſſen , ob er es vielleicht darum thaͤte weil die Kohlen wohlfeiler als das Holtz waͤren ? dieſem gab der Sanga zur Antwort , Er , als der zu Hofe lebte , muͤſte mehr auf Reputation als auf Gewinn ſehen , hielte nichts von dem Feuer , ſo von Holtz gemachet wuͤrde , weil es viel Rauch und wenig Kohlen gaͤbe . Es waͤren auch die Kohlen denenjenigen ſehr dienlich , die da nicht gerne haben , daß ihre Suppen und Speiſen nach Rauch ſchmecken . So gaͤbe es hiernechſt Spuͤr-Hunde , die nur anderer Leute Thun auszuforſchen ſich beflieſſen , und nach Proportion des Rauchs der aus der Kuͤche gienge , urtheileten , wie ſtattlich dieſer oder jener zu Hauſe lebe . An dieſem Rauch ſeye ihm dannenhero nichts gelegen , ſondern er contentire ſich , wann nur ſein Tiſch in geheim wohl verſehen waͤre . Nach dem Sanga kam der Philoſophus Epictetus , ſeines guten Namens und aufrichtigen Gemuͤths wegen in dem Parnaſſo hoch gehalten , und dem Zeitungs-Schreiber wohlbekannt . Dieſer begehrte allerley Beltzwerck zu ſehen , und es wurden ihm alſobald Zobel und andere koͤſtliche Arten von Thieren gezeiget . Weil ſie ihm aber nicht gefielen , ſagte er zu dem Vorſteher des Kauff-Hauſes , Es waͤren ihm dieſe Beltze viel zu ſtattlich , und deswegen vor ihn nicht dienlich , wolte lieber einen von der Art haben , ſo diejenigen truͤgen welche prætendirten vor gute ehrliche Leute angeſehen , und gehalten zu werden . Dieſer merckte bald , wo der Philoſophus hinaus wolte , nahm ihn derohalben bey der Hand , und ſuͤhret ihn in ein abſonderliches Logement auſſerhalb des Kauff-Hauſes , von dannen er kurtz hernach wieder heraus kam , einen Wolffs-Beltz , ſo mit Lamms-Fellen gefuttert , umhabende . Weil er aber den Wolff der ſehr ſchoͤn und koͤſtlich war , inwendig , die Lamms-Felle hingegen auswendig gewendet hatte , lieff ihm der Zeitungs-Schreiber nach , mit Vermelden , er habe ſeinen Beltz unrecht umgehangen . Allein er bekam eine lange Naſe , indem ihm dieſer Philoſophus , nachdem er denſelben wacker ausgelachet , dieſe Antwort gab : Es ſcheinet lieber Freund ! du ſeyeſt wohlerfahren , wie man die halben Spaniſchen Stiefel anziehen ſolle ; aber dieſe Art von Beltzen recht umzuhangen , beduͤnckeſt du mich noch ein groſſer Ignorant zu ſeyn . An dieſem Beltz , wie du ſieheſt , iſt der Wolff hineinwarts gewendet . Denn wann von demſelben auch nur ein eintziges Haͤrlein hervor guͤckete , wuͤrde ich nimmermehr zu meinem Zweck und Intent gelangen koͤnnen . Damit gieng der Zeitungs Schreiber wieder hinein , und fande einen andern Philoſophum . Der begehrte Maͤntel zu ſehen , die biß auf die Erde reichten , und es wurden ihm deren unterſchiedene dargeleget die der Farbe , wie auch des Tuches halber , dem Philoſopho nicht uͤbel anſtunden . Nur allein hatten ſie dieſen Mangel , daß ſie zu kurtz waren , und es beduͤnckte dem Zeitungs- Schreiber ein ſeltſames Ding zu ſeyn , daß dieſe Maͤntel dem Philoſopho , der doch mehr kleiner als mittelmaͤßiger Statur war zu kurtz ſeyn ſolten , da ſie doch wohl denen allergroͤſſeſten Perſonen biß auf die Schuhe gereichet haͤtten . Er machte ſich derowegen zu ihm , und fragte wer , auch von was Profeſſion er waͤre ? Der Philoſophus antwortete , er ſeye ein Sicilianiſcher Philoſophus , der ſich jederzeit geſtellet ob verachte er Reichthuͤmer , habe aber durch ſein Philoſophiſches Geſchwaͤtze , und vollkommene Heucheley manchem den Beutel gefeget , und dadurch anſehnliche Summen Geldes zuſammen geſcharret : Davor habe er zwey Galleren ausgeruͤſtet , mit welchen er ſich auf das Meer begeben , und noch fernere gute Beute machen wolle . Weil ihm aber nicht unbewuſt wie dergleichen Handwerck ſehr verhaßt , auch wenig Ehre dabey zu erlangen , habe er ſich mit einem guten langen Mantel verſehen wollen , ſeine Intention und Vornehmen , ſo ihn darzu bewegte , deſto beſſer zu bemaͤnteln , und dargegen denen Leuten weiß zu machen , als ob er die Ignoranten , und Feinde derer Freyen Kuͤnſte betriegen wolle . Dieſem Sicilianiſchen Philoſopho antwortete der Zeitungs-Schreiber , daß er ſich vergebens bemuͤhete . Denn , wann ſchon alle Tuͤcher aus Engeland und Holland beyſammen waͤren , wuͤrden ſie doch nicht reichen einem Meer-Raͤuber einen Mantel daraus zu machen , daß ihm nicht zum wenigſten die Fuͤſſe allemal hervor gucketen . Bald darauf kam ein ſehr weiſer Gelehrter in den Laden und begehrte etliche Ellen zu ſehen . Als er nun eine fand , ſo ihm gefiel , und dieſelbe eben bezahlen wolte , erinnerte ihn ſein Diener , dieſes Geld zu ſparen , weil noch eine zu Hauſe , die gar juſt und gut waͤre . Dieſem Diener gab ſein Herr zur Antwort : Die Elle , ſo ich daheim habe iſt bloß und allein gut vor mich ſelbſt . Aber andere Leute zu meſſen habe ich befunden , daß man fremde Ellen haben muͤſſe . Denn als ich , in etlichen wichtigen Geſchaͤfften , ſo mir zu Handen geſtoſſen mit der Elle meines aufrichtigen Gemuͤthes andere Leute meſſen wollen , habe ich mich gewaltig betrogen gefunden . Darauf kam hinein Laurentius Gambara ein vornehmer Poët aus der Stadt Breſcia gebuͤrtig . Dieſer , nachdem er einen uͤberaus ſchoͤnen Indianiſchen Pappegay ſehr wohl beſchauet , auch ſich hatte vermercken laſſen , daß ihm ſein Geſchwaͤtze uͤber die maſſen wohl gefiele , begehrte deſſen Preiß zu wiſſen . Man forderte dannenhero hundert und funfftzig Thaler dafuͤr . Der Poët , welcher ihn um ein viel geringeres haͤtte haben koͤnnen , wann er ſeine Sachen recht anzuſtellen gewuſt , gab zur Antwort , daß er des Preißes halber wohl zufrieden ; es mangele ihm aber daran , daß er die gantze Summa an baarem Gelde nicht gleich beyſammen haͤtte , wolle derohalben ſein Bette , darauf er ſchlieffe , die Tapezerey , und andere Mobilien , ſo in ſeiner Schlaff-Cammer befindlich , an ſtatt der uͤbrigen Bezahlung , wie zwey Verſtaͤndige ſolches ſchaͤtzen und angeben wuͤrden , dargeben . Die in den Kauff-Hauß acceptirten ſolches , und der Poët wolte ſich mit dem Pappegay nach Hauſe verfuͤgen . Der Zeitungs-Schreiber aͤrgerte ſich ſehr uͤber das Beginnen des Poëten , und hielte ihn vor einen Stockfiſch . Jedoch ward er , durch ſeine Einfalt zum Mitleyden bewegt , fragte ihn derowegen , was ihm wohl bewege , eines Lumpen-Vogels halber , leichtſinniger Weiſe , nicht allein alles , ſo er in ſeinem Hauſe haͤtte hinzuſchleudern , ſondern ſich auch ſeines eigenen Bettes , das doch zu der Ruhe ſeines Leibes und Gemuͤthes hoͤchſt noͤthig ſeye , ſich zu berauben und zu begeben ? Hierauf antwortete Gambara und ſagte : Lieber Freund ! du ſolt wiſſen , daß ich , dieſen Pappegay zu uͤberkommen nicht allein gutwillig alles , was ich in der Welt lieb habe , zu veraͤuſſern begehre , ſondern wolte auch das , was ich an meinem Leibe habe , biß auf das Hemd , ja mich ſelbſten zu einem leibeigenen Sclaven auf die Galéeren verkauffen , damit ich deſſen maͤchtig werden moͤchte . Ich bin ein Breſcianer , und habe die allgemeinen Gebrechen meiner Lands-Leute mit auf die Welt gebracht , daß ich mit der Zunge zu frey und mit dem Hertzen zu aufrichtig bin , welches zwar bey denen Alten zwo herrliche Tugenden geweſen ; aber heutiges Tages vor zwey groſſe Laſter gehalten werden , dieweil ſie mir bey groſſer Herren Hoͤfe , wie nicht weniger anderswo groſſe Ungelegenheit verurſachet haben , der ich verhoffentlich durch Erkauffung dieſes koͤſtlichen Vogels ein Ende machen will . Denn derſelbe ſoll mich die nothwendige Tugend , ſo denen Breſcianern gantz unbekannt , aber von andern Nationen allzuſehr practiciret wird , unterweiſen und lehren , wie man ſeines Hertzens Gedancken verſchweigen , und andern zu Gefallen nur dasjenige mit dem Munde reden ſolle , was ſie einem ſelbſt vorkauen und darein legen . Relation von der aus dem Parnaſſo heimlich entwichenen Tugend der Treue , woran ſich die falſchen Politici zu ſpiegeln haben , indem ihnen die Hunde vorgezogen werden . DEr Koͤnigliche Pallaſt der vortrefflichen Tugend der Treue , ſo vor Zeiten von denen allervornehmſten Fuͤrſtlichen Dienern , wie nicht weniger von denen vornehmſten Raths-Herren derer beruͤhmteſten Republiquen , ſehr fleißig frequentiret und beſuchet worden , iſt eine Zeit her in ſolches Abnehmen gekommen , daß er einem zerſtoͤrten und verwuͤſteten Hauſe nicht ungleich ſiehet ; dahero auch die Reſidentz dieſer beruͤhmten Tugend endlich gantz verſchloſſen . Apollo , nachdem er von einer ſo hochwichtigen Sache Nachricht bekommen , befahl die Thuͤren dieſes Pallaſtes mit Gewalt zu oͤffnen , und von dieſer Durchlauchtigſten Tugend der Treue ſelbſten die Urſachen ſolcher Neuerungen zu vernehmen . Der Befehl Ihrer Parnaſſiſchen Majeſtaͤt wurde alſobald exequiret , und dieſe Koͤnigliche Behauſung gantz ohne Einwohner befunden . Die ſaͤmtlichen Tugendhafften , ſo bald ſie ſolches verſtanden , legten ihre Trauer-Kleider an , beſtreueten ihre Haͤupter mit Aſche , gaben auch andere Zeichen einer wahren und hertzlichen Traurigkeit von ſich . Abſonderlich war Apollo dermaſſen betruͤbet , daß man Augenſcheinlich die innerliche Schwermuͤthigkeit an ihm verſpuͤhren kunte . Und weil Ihro Parnaſſiſche Majeſtaͤt leichtlich abnehmen kunte , es wuͤrde alle gute Policey unter dem menſchlichen Geſchlechte zu Grunde gehen , wann dieſes feſte und unbewegliche Fundament der Treue und des Glaubens , auf dem dieſes Gebaͤude bißhers geruhet , ſich verlieren ſolte , lieſſen ſie an allen Orten durch ein oͤffentliches Gebot publiciren , daß derjenige , welcher offenbaren wuͤrde , wo ſich die vortreffliche Tugend der Treue hin verkrochen habe , einen unſterblichen Namen zur Belohnung erlangen ſolte . Damit auch keiner der Zahlung halber zu zweiffeln haͤtte , ertheilte der Koͤnigliche Fiſcus Wechſel-Brieffe an Homerum , Virgilium und Livium , wie auch an den uͤberaus reichen Tacitum , als welche die vornehmſten Kauff-Leute in dem Parnaſſo unter denenjenigen ſind , ſo mit ihren Schrifften andern Leuten einen unſterblichen Namen zu machen begehren . Die groſſe Belohnung gab vielen Urſache zu ſuchen , wo doch die Treue hingekommen waͤre . Endlich ward ſie in einem Stall unter denen Hunden des weit beruͤhmten Jaͤgers Acteonis und Adonidis gefunden . Dieſe gewuͤnſchte neue Zeitung wurde dem Apollini unverzuͤglich zu wiſſen gethan . Der ſpedirte in aller Eil die zwo Muſen Telpomenem und Taliam dahin , eine ſo Durchlauchtige Printzeßin aus einem ſolchen ſchaͤndlichen Orte abzuholen , und wieder in ihr gewoͤhnliches Logement einzufuͤhren . Aber es war alles vergebens . Die Durchlauchtige Printzeßin beweinte zum hoͤchſten ihren ungluͤckſeligen Zuſtand und ſagte zu denen zwo Muſis : Vermeldet dem Apollini , meinem gnaͤdigen Herren wieder , es haͤtte der Betrug und die Falſchheit , meine ewigen und unſterblichen Todt-Feinde , endlich in dem Streit , den ſie jederzeit mit mir gehabt , den voͤlligen Sieg wieder mich erhalten , der geſtalt , daß ſie , mit Beyſtimmung des ſchaͤndlichen Eigennutzes , welcher zu dieſer boͤſen Zeit uͤber die Hertzen derer meiſten und beſten Nationen tyranniſiret und herrſchet , mich aus dem Gemuͤthe und der Seele derer Menſchen , die ich zuvor gantz innen gehabt und bewohnet , vertrieben . Weiter wollet ihr dem Apollini zu wiſſen thun , es ſeye die heutige Welt in allen Bubenſtuͤcken dermaſſen erſoffen , daß der gute und ſteiffe Vorſatz , treu zu ſeyn , und ſeinem Fuͤrſten ehrlich , auch biß auf den letzten Bluts-Tropffen zu dienen , wornach man vor Alters ſo ſehr zu ſtreben , und ſich darob zu verwundern pflegte , heutiges Tages vor die groͤſte Thorheit , ja vor eine leichtfertige Halßſtarrigkeit gehalten wird . Sagt ihm auch noch ferner , daß diejenigen ſo jetziger Zeit voller argen Liſt und Boßheit , und die da bereit ſind allerley Untreue auszuuͤben , heutiges Tages vor die allerkluͤgſten und geſchwindeſten Koͤpffe , die ſich in alle Haͤndel zu ſchicken wiſſen , gehalten werden , und dieſes heiſſet bey der heutigen verkehrten Welt politiſch ſeyn . Um dieſer und anderer Urſachen wegen bin ich Ungluͤckſelige , weil ich ſolche unerhoͤrte , unmenſchliche Falſchheit nicht laͤnger erdulden koͤnnen , endlich genoͤthiget worden die Reſolution zu faſſen , und mich , wie ihr vor Augen ſehet , unter dieſe Hunde zu begeben , bey denen ich die rechte wahre Treue gegen ihre Herren in beſter Form finde , welche ich mit ſo bitterem ſauerem Schweiß in die eigennuͤtzige und treuloſe Hertzen derer Menſchen einzupflantzen mich jederzeit hoͤchlich , aber , GOtt erbarme es ! vergeblich beflieſſen habe . Eine ſehr Lehr-reiche Relation , woraus alle und jede hochgelahrte Herren erkennen koͤnnen , daß andere Kuͤnſtler , wann ſie in ihrer Profeſſion excelliren und tugendhafft ſind , eben ſo hoch zu ſchaͤtzen als wie ſie . NAchdem Apollo , vor vier Monaten eine allgemeine Zuſammenkunfft derer Gelehrten in Elicona auf den 8ten Hujus ausgeſchrieben , ſeynd allda auf beſtimmte Zeit , den 8ten Auguſti , die Fuͤrſten derer Poëten , der Adel und die Deputirten derer Univerſitæten , in dem groſſen Saal zuſammen kommen , daſelbſt Ihro Parnaſſiſche Majeſtaͤt , unter dem Himmel der Ewigkeit , auf ſeinem hellglaͤntzenden Thron , mitten unter denen Muſen ſaße . Weil auch Apollo , in ſeinem Ausſchreiben gemeldet , wie er dieſe Verſammlung darum angeſtellet , einem Tugendhafften die Unſterblichkeit ſeines Namens wiederfahren zu laſſen , welchen er alsdann namhafft machen wolte , hegeten die Gelehrten vielerley Meynungen , wer doch derſelbe ſeyn moͤchte ? Die meiſten ſchloſſen auf Juſtum Lipſium , deſſen auserleſene Schrifften einen ſolchen lieblichen Geruch in dem Parnaſſo von ſich gaben , daß ſie bey allen Gelehrten mehr eine Begierde dieſelben gar zu verſchlingen , als zu verſuchen , verurſachten . Andere gaben vor , es ſolte der oͤffentliche Einritt , nachmahlen die Audientz in dem Koͤniglichen Saal , und letzlich die Unſterblichkeit des Cardinals Seraphini Olivarii auf dieſer Verſammlung beſchloſſen werden . Dieſer , als er kurtz-verwichener Zeit , auf denen Graͤntzen dieſes Staats angelanget , wurde mit ungewoͤhnlich-herrlichen Ceremonien von denen meiſten aus dem Parnaſſo empfangen und eingeholet . Man verwunderte ſich zum hoͤchſten , wie ein Menſch , der ſich die gantze Zeit ſeines Lebens in der muͤhſeligen Rota Romana aufgehalten , ihm eine ſolche Wiſſenſchafft in der Theologie und Philoſophie habe moͤgen zu wege bringen , wie nicht weniger in der Juriſterey , Mathematique und Aſtrologie excelliren koͤnnen . Ja , dem die Griechiſche Sprache ſo gemein geweſen , als die Lateiniſche , und , welches das Wunder noch groͤſſer machet , daß ein Prælat mit ſolchen Wiſſenſchafften , und Tugenden begabet und gezieret , dennoch als ein Schuͤler geſtorben ſeye . Denn es duͤnckte ihm ob wiſſe er ſehr wenig , und fieng derowegen in ſeinem achtzigſten Jahre an die Arabiſe Sprache zu erlernen . Dieſes weitberuͤhmten Namens Reputation wurde nochmehr durch ſeine herrliche Bibliothec vermehret , die er mit ſich gebracht hatte , und darum von jedermann um ſo viel hoͤher geachtet worden , weil ihr Herr und Beſitzer gelehrter war als die Buͤcher , welche er dermaſſen durchleſen und durchſtudiret , daß ſie von denen Augen dieſes hochgelehrten Mannes gantz durchſichtig worden . Indem nun das Ehrwuͤrdige Collegium derer Gelehrten mit Verlangen wartete , welcher unter denen zweyen hochberuͤhmten Maͤnnern , deren jetzt-gedacht , die Ehre der Unſterblichkeit erlangen wuͤrde , proponirten Ihro Parnaſſiſche Majeſtaͤt Vincentium Pinti wegen ſeiner Vortrefflichkeit in dem Lautenſchlagen , deshalb er auch zu Rom der Lauten Ritter genennet worden . In Betrachtung des ſchlechten und geringen Herkommens dieſes Namens , und der Profeſſion , wurden die ſaͤmtlichen Gelehrten ſo hefftig beſtuͤrtzet , daß ſie Se. Parnaſſiſchen Majeſtaͤt allerunterthaͤnigſt zu erkennen gaben , ſie waͤren ſo willig als bereit ihnen in allem , was ſie befehlen wuͤrden , zu gehorſamen und nachzukom̃en ; wolten aber ihrer Parnaſſiſchen Majeſtaͤt nur allein zu Gemuͤthe fuͤhren , daß ſie ungerne einen Muſicanten unter ihnen haͤtten . Hierauf gab Apollo zur Antwort , wie er die gegenwaͤrtige Verwunderung des Collegii ſchon lange zuvor geſehen , ſie ſolten aber nichts deſtoweniger gedachten Lauten-Ritter admittiren , ob es ihnen ſchon fremd vorkaͤme , weil er es vor ein ſehr nothwendiges Werck erachte . Alſo wurde , durch einen heimlichen Rathſchlag der Streit beygeleget , und dem Lauten-Ritter die Unſterblichkeit ſeines Namens bewilliget , welcher auch alſobald durch die Magiſtros Ceremoniarum in das Collegium derer Tugendhafften iutroduciret wurde . Dieſen neuen dem Namen nach Unſterblichen , redete Apollo hernach alſo an : Vincenti ! Ihr ſeyd der erſte von eurer Kunſt , welchem in dem Collegio derer Gelehrten Seſſion geſtattet iſt ; allermaſſen ſonſten die Ehre allein denenjenigen vorbehalten wird , welche mit ihrer ſauren Muͤhe und Arbeit die freyen Kuͤnſte ſtudieret haben . Aber eure Perſon , deren man heut zu Tage ſehr benoͤthiget , hat uns gleichſam gezwungen dieſe Reſolution zu faſſen . Unterweiſet derohalben die Fuͤrſten und die Privat-Perſonen wohl in dieſer ſehr nothwendigen Kunſt , die Lauten recht ſtimmen zu lernen , in welcher ihrer viele ſolche Ignoranten ſind , daß ſie die Sayten , indem ſie ſolche zu hart ſpannen , wollen gar zerſprengen . Vornemlich aber laſſet euch befohlen ſeyn etliche wunderliche gelehrte Koͤpffe von denen ich gewiß weiß , daß ſie euch unter die Haͤnde kommen werden , welche mit Gewalt wollen , daß der Baſſ der Quinte gleich klingen ſollen , und ſo lange ziehen biß dieſelbe , ob es zwar ſehr dicke Sayten , mit ſamt der Laute in Stuͤcken reiſſen . Den Verfall und das Abnehmen derer Univerſitæten giebet dieſe Relation aus dem Parnaſſo zu erkennen . NAchdem die Italiaͤniſchen Univerſitæten Deputirte an Se. Parnaſſiſche Majeſtaͤt geſandt , haben ſolche einige Monate warten muͤſſen , biß ſie zur Audienz gelaſſen worden . Als es aber geſchehen , haben die weltberuͤhmten Intronati ( welches eine Geſellſchafft gelehrter Leute zu Siena in dem Florentiniſchen iſt , die zu ihrem Sinn-Bild einen ausgehoͤleten Kuͤrbiß fuͤhret , darinnen Saltz iſt , und ſtatt eines Saltzfaſſes dienet , mit der Beyſchrifft : Meliora latent . Als die Vornehmſten dieſer Legation zu verſtehen gegeben , wie ſich unter denen Gelehrten auf Univerſitæten gantz entſetzliche Irrthuͤmer einſchlichen , ſo , daß ihre gantze Wiſſenſchafft in lauter alberen Meynungen und unnuͤtzen Grillen zu beſtehen ſchiene , welche folglich auch der ſtudirenden Jugend inſpiriret , ſo daß nicht ſelten an ſtatt kluger Leute , entweder von Vornrtheilen aufgeblaſene und ſtoltze Haſen , oder einfaͤltige Toͤlpel von denen Univerſitæten zuruͤcke kaͤmen . Weil nun unter allen Mitteln , die man , ſolchem Ubel zu ſteuren , adhibiret , keines den gewůnſchten Effect erreichet ; alſo waͤren die Italiaͤniſchen Univerſitæten genoͤthiget worden , ihre Zuflucht zu Sr. Parnaſſiſchen Majeſtaͤt zu nehmen , und dieſelben allerunterthaͤnigſt zu bitten , ihnen ein Remedium Præſervativum gegen dieſe Corruptelen zu ertheilen . Apollo uͤbergab das Suchen und Anbringen dieſer Abgeordneten denen Herren Reformatoribus bonarum literarum , welche aber mit ſo vielen andern Geſchaͤfften beladen geweſen , daß ſie ſich entſchuldigten , die Sache vor dieſesmal auf ſich zu nehmen . Es verfuͤgten ſich derohalben die Herren Deputirte zum andernmal zu Sr. Parnaſſiſche Majeſtaͤt , welche dann eine beſondere Commiſſion anordneten , die Sache zu unterſuchen und zu entſcheiden . Nachdem ſolche auf das beſte ventiliret und erwogen worden war , bekamen die Abgeordnete den Beſcheid , es haͤtte die Koͤniglich-Parnaſſiſche Commiſſion nach langem Ermeſſen befunden , daß , weil gewiß und unlaͤugbar , quod omnia orta occidunt , & aucta ſeneſcunt , ingleichen unmoͤglich waͤre , daß aus einem paar Schuh , wie ſchoͤn und zierlich auch ſolche waͤren , mit der Zeit nicht ein paar alte Schlapp- Solen wuͤrden , die Univerſitæten ſich ihren Verderb und Verfall nicht befremden laſſen můſten . Es růhre von einem unvermeidlichen Verhaͤngniß her , und eine jedwede Univerſitæt ſolte in deſſen zu frieden ſeyn , wann ſich nur allemal einige rechtſchaffene kluge , und weiſe Gelehrte bey derſelben befaͤnden . Die Narren waͤren eben ſo ſchwer auszurotten wie das Unkraut aus einem Acker , der mit Weitzen beſaͤet iſt . Nachfolgende Relation moͤgen die unartigen und falſchen Herren Philoſophi zu Hertzen nehmen . DIeſer Tage wurden die ſaͤmtlichen Gelehrten in dem Parnaſſo ſehr beſtuͤrtzt , als ſie vernommen , daß bey naͤchtlicher Weile Annæus Seneca in Verhafft allhier genommen worden , welcher der Vornehmſte unter denen Philoſophis Moralibus , und bey Se . Parnaſſiſchen Majeſtaͤt bißhero ſehr beliebt geweſen . Man fuͤhrte derohalben vielerley Diſcurſe uͤber deſſen Urſache . Etliche muthmaſſeten , es waͤre darum geſchehen , weil ihm Apollo auferlegt haͤtte vor der gantzen Welt darzuthun , durch was vor Philoſophiſche Raͤncke er in ſo kurtzer Zeit die er bey dem Nerone geweſen den uͤberſchwenglichen Reichthum von ſieben und einer halben Million Goldes erworben und zu wege gebracht , weil er damit der Armuth und der Maͤßigkeit , deren er ſich in ſeinen Schrifften ſo vielfaͤltig ruͤhmet , einen groſſen Schand-Flecken angehangen , als woran ſich die Menſchen um ſo viel deſtomehr aͤrgerten , da aus der Hiſtorie bekannt , daß er derer rechten Geſellen einer geweſen ſeye , ſo bey denen reichen und wohlhabenden Leuten die Teſtamenta durch allerhand Raͤncke habe wiſſen heraus zu preſſen . Andere gaben vor , es waͤre der Ehebruch , den er mit der Agrippina begangen , davon man murmelte , die Urſache dieſer Verhafftung . Viele glaubten es ſolte die Piſonianiſche Conſpiration wider Neronem von neuem vorgenommen und unterſuchet werden , deren ſich , wie man glaubhafftig berichtet hatte , Seneca nicht allein theilhafftig gemachet , ſondern ſich auch von dem leidigen Ehr-Geitz ſo weit einnehmen laſſen , daß er , nach verrichteter Mordthat ſelber Kayſer zu werden verhoffet habe . Andere ſprengeten vor gewiß aus , wie Apollo ſehr gegen dieſen Philoſophum erbittert waͤre , weil der Kayſer Nero ſelbſt ſolte bekandt haben , daß Seneca nicht allein um die erſchreckliche Mordthat , ſo er an ſeiner Mutter begangen , gute Wiſſenſchafft gehabt , ſondern er habe auch ihn Neronem darzu perſuadiret und inſtigiret , nicht zwar aus Liebe zu ſeinem Herrn , ſondern ihm Anlaß zu einem ſolchem Bubenſtuͤck zu geben , in der Hoffnung , daß er ſich dadurch in das aͤuſſerſte Verderben ſtuͤrtzen wuͤrde , und dieſes ſeye Senecæ einiges Intent und Zweck geweſen , damit er des unerſchoͤpflichen Reichthums , ſo er mit ſeiner ſelbſt-eigenen Schande und Schmach , und ſeines Fuͤrſten groſſen Schaden zuſammen geſammlet , verſichert ſeyn moͤchte . Nachdem nun Seneca kurtz nach ſeiner Arretirung examiniret wurde , hat ſich in dem Proceſſ befunden , daß nicht allein er , ſondern auch viele andere Philoſophi Morales zweyer ſchaͤndlichen Laſter , mit welchem ſie dem menſchlichen Geſchlecht groſſe Aergerniß geben , bezuͤchtiget wuͤrden , daß ſie nemlich mehr als alle andere Menſchen rachgierig und zornig waͤren , welche Laſter ſie doch in andern Menſchen blamirten und beſtrafften . Seneca hat auch ſolches gar nicht negiret und widerſprochen . Weil er aber zu gleicher Zeit vorgegeben ein Philoſophus Moralis regardire andere Leute nicht als Menſchen , achte ſich auch gegen ſie vor keine Gutthat verbunden , ſondern ſchreibe alles , was ihm gutes wiederfahre , dem Himmel zu , erkannte Apollo dieſes vor eine unbeſcheidene Antwort , ſagende man muͤſſe allerdings vornemlich gegen den hoͤchſten GOtt hernach aber auch gegen diejenigen Leute , aus deren Hand man Gutthaten empfangen , danckbar ſeyn ; und uͤbrigens keinen Menſchen neben ſich , aus einem gelehrten Hochmuth verachten . Apollo faͤllete hiernechſt ein Urtheil , Krafft deſſen Seneca des Namens eines wahren Weyſen verluſtig ſeyn , und fuͤhrohin die heimlichen Gemaͤcher in dem Parnaſſo fegen ſolte . Eine luſtige Relation von denen Deliberationen und denen laͤcherlichen Ausſpruͤchen derer Gelehrten , iſt dieſe . WEil das gemeine Sprichwort , daß man keinen Menſchen recht erkennen koͤnne , man habe dann einen Scheffel Saltz mit ihm gegeſſen , von etlichen Gelehrten in zweiffel gezogen worden , als hat Apollo , welcher nicht will , daß die herrlichen Spruͤche ſeiner Gelehrten , ſo vor allgemeine Regeln und unwandelbare Geſetze gehalten werden , darnach die Tugendhafften ihr gantzes Leben anſtellen , in etwas zweiffelhafft oder ungewiß befunden wuͤrden , ſchon vor etlichen Tagen in einer allgemeinen Verſammlung denen Gelehrten auferleget , dieſe Wahrheit und deren eigentlichen Verſtand recht zu ergruͤnden . Es hat ſich auch bemeldtes Sprichwort ſo gar wahr befunden , daß das ſaͤmmtliche Collegium derjenigen Meynung beygepflichtet , ſo davor gehalten , man muͤſſe dieſem Scheffel noch einen halben zuſetzen , und zwar um dieſer Urſachen willen , weil bey denen jetzigen Menſchen , von Tag zu Tag das verfluchte Laſter der Falſchheit und Heucheley wuͤchſe und zunaͤhme . Derohalben erforderten auch die nohtwendigen Regeln der Rechen-Kunſt , daß mit dem verderbten Weſen derer boßhafften Menſchen , von denen Gelehrten auch die Nothwendigen Mittel derer Tugenden multipliciret wuͤrden , damit denen neuen annoch feyenden Laſtern deſto beſſer Wiederſtand geſchehen moͤge . Damit aber den heutigen Welt nicht der ewige Schandfleck angehangen , und jedermann vor Augen geſtellet werde , das die Laſter in der Welt zu , die Mittel aber gegen ſelbige abnehmen , haben die ſaͤmtlichen Gelehrte in der Verſammlung dahin geſchloſſen , es ſeye nicht ratyſam die alte Maaß zu aͤndern . Auch haben ſie einmuͤthiglich decretiret , das Sprichwort ſeye wahr , in ſoweit es die Manns- Perſonen anbelange . Auf Seiten derer Weiber aber waͤre es gantz falſch , als welche , ob ſie ſchon mit ihren Maͤnnern noch keinen Scheffel Saltz gegeſſen haͤtten , doch ſchon die erſte Nacht , wann ſie bey ihnen geſchlaffen , wuͤſten , was ſie von ihnen halten ſolten . Noch weit nachdencklicher aber iſt dieſe jetzt-folgende Relation . MErckwuͤrdig zu ſchreiben iſt , das , was dieſe Woche in dem Parnaſſo vorgegangen , mit denen fuͤnff und zwantzig Maul-Eſeln mit Ducaten beladen , ſo der Kayſer Nero dem Cornelio Tacito uͤberſendet hat . Die ſaͤmtlichen Gelehrten , durch ſolch herrliches Geſchencke bewogen , lieffen eilends zu des Taciti Logement , etliche um die eigentliche Summa dieſes Geldes zu erfahren , andere aber die Urſachen einer ſolchen ſtattlichen Verehrung zu wiſſen . Die Summa des Geſchenckes , wie ſie berichtet wurden , belieff ſich auch auf eine Million und zweymahl hundert tauſend Ducaten , mit welchen er Tacito das herrliche Lob , ſo er ihm gegeben , belohnete , indem er ſagte , daß Nero nicht gehabt habe infra ſervos ingenium . Die Vornehmſten unter denen Gelehrten ſchloſſen dahin , ob zwar dieſes ein ůberaus herrliches Præſent waͤre , ſo haͤtte Tacitus doch viel ein mehrers verdienet , durch daß ſtattliche Lob , welches er dem Neroni gegeben , daß er nicht geartet geweſen ſeye , ſchaͤndlicher Weiſe von einem Diener ſich gouverniren zu laſſen , und ſich ſelbigem zu unterwerffen . Dieſes Lob waͤre einer ſo viel groͤſſern Belohnung werth , weil durch eine ſonderliche Schickung GOttes man es ſehr wenig Fůrſten geben koͤnte . Hingegen gab es auch andere , obſchon geringere Gelehrten , welche davor hielten , es uͤbertreffe dieſe herrliche Verehrung des Taciti Verdienſt weit . Ja ſie ſcheueten ſich nicht oͤffentlich recht ſchimpfflich von einer ſolchen heroiſchen Action zu reden , und daß dieſes eine Verſchwendung ſeye , die dem Neroni nicht ungewoͤhnlich , ja ein ſolch unbeſonnenes Beginnen , das von dergleichen unbedachtſamen Fůrſten herzukommen pflege , die mit ihren ůbermaͤßigen Geſchencken vielmehr den Namen eines unnůtzen Verſchwenders , als eines freygebigen und mildreichen Herrn erlangen . Dannenhero eben dieſe mehr aus Mißgunſt gegen den Tacitum , als aus Liebe , die ſie zu dem Neroni getragen , ihm ſelbſt in das Angeſicht ſagten , es waͤre in dem Parnaſſo von dem groͤſten Theil derer Gelehrten uͤbel aufgenommen worden , daß er vier Worte , welche ihm zu Ehren von Tacito geſchrieben worden , mit einer ſo groſſen Summa Geldes belohnet haͤtte , da doch eben ſelbiger Hiſtoricus an andern Orten , zu ſeiner ewigen Schande und Schmach , ſolche ſchimpffliche und unzuͤchtige Sachen von ihm vermeldet , welche das Lob , welches er ſo hoch beſchencket , gantz und gar umſtieſſen und verdunckelten . Allein Nero hat dieſen geantwortet , daß gleichwie die vortrefflichen Mahler , mit denen Schattirungen , denen Bildniſſen , welche ſie mahleten , deſto mehr Anſehens machten alſo verurſachen auch die wahrhafften Hiſtorici , indem ſie derer Laſter , will geſchweigen derer kleinen und geringen Fehler dererjenigen Fuͤrſten , welcher Leben ſie beſchreiben , mit gedencken , daß man ihnen in dem Lob , das ſie ihnen geben , deſto mehr Glauben zu ſtelle . Es waͤren ihm derowegen die Schandflecken und Laſter , welche Tacitus von ihm meldet , um ſo viel deſto lieber , weil das groſſe Lob ſo er ihm gegeben , dieſelben weit uͤbertraͤffe , und eben durch ſie um ſo viel glaubhaffter gemachetwůrde . Denn gleichwie die allerkoͤſtlichſten Tugenden , mit welcher ein Fuͤrſt koͤnte gezieret ſeyn , gantz und gar verdunckelt werden , wann er mit dem ſchaͤndlichen Laſter behafftet , daß er ſich von ſeinen Dienern meiſtern und regieren laͤſſet ; alſo bedecket auch die herrliche Qualitæt , uͤber ſeine Diner wiſſen allezeit Herr und Gebieter zu bleiben , die allergroͤſten Laſter und Gebrechen eines Fuͤrſten . Solches iſt auch nicht ohne . Denn gleich wie man nicht widerſprechen kan , daß die Alchimiſten , ſo daß ihrige durch den Rauch gen Himmel ſchicken und verdiſtilliren , groſſe Narren und Thoren ſeynd , alſo muß man auch bekennen , daß diejenigen Fuͤrſten , welche aus ihren Dienern guͤldene Kaͤlber machen , und dieſelbe wie Goͤtzen anbeten , ſehr thoͤricht handeln . Ob es recht ſeye , und was davon zu halten , wann ſich Frauenzimmer unter die Societæt derer Gelehrten menget ? entſcheidet dieſe Relation . DIe weitberuͤhmten Intronati haben vor etlichen Monaten , wieder das alte Herkommen , in ihre Geſellſchafft etliche tugendhaffte gelehrte Weibs- Perſonen als die Victoriam Columnam , Veronicam Gamberam , Laurentiam Terracinam , ſamt andern nahmhafften Poëtinnen auf- und angenommen , und zwar mit ſolchem Wohlgefallen derer geſamten Gelehrten zu Siena , daß die Herren Academici durch die Schoͤnheit dieſes Frauenzimmers ſtimuliret , nicht allein in ihren loͤblichen Exercitiis hauffenweiſe zuſammen gekommen , ſondern auch taͤglich ſolche herrliche Poëtiſche Gedichte ausgehen laſſen , daß die Muſen ſelbſt ſich darob entſetzen . Es begabe ſich auch kurtz darnach , daß vor denen Ohren Apollinis ein boͤſes Geſchrey deswegen erſchollen , derowegen er den Vorſteher ſelbiger gelehrten Societæt beſchickte , und ihm andeutete , ſolcher Sachen ſich fuͤhrohin zu enthalten , dieweil man wahr zu ſeyn befunden , daß die rechte und wahre Poëterey derer Weiber in der Nadel und dem Spinn-Rocken beſtehe , und wann die Weiber zu viel mit denen Maͤnnern umgehen es gemeiniglich ein Ende nimmt , wie das Schertzen und Spielen derer Hunde , welches dahinaus laufft , daß zuletzt einer auf den andern ſpringet . In der Relation , welche jetzo kommet , ſtecket eine ſehr artige Moquerie uͤber das Gepraͤnge und Gezaͤncke derer Gelehrten . IN der Mitte des Aprilis iſt der Juſtus Lipſius auf denen Graͤntzen des Parnaſſi angelanget . Ob nun zwar ſeine Schrifften alſobald vor tuͤchtig erkennet wurden , die von allen Tugendhafften billig geleſen werden ſolten , auch meritirten , nebſt andern beruͤhmten Autoribus , in die Bibliothec Sr. Parnaſſiſchen Majeſtaͤt geſetzet zu werden ; wie dann um dieſer Urſachen willen , in vollem Rath die Unſterblichkeit ſeinem Namen zugeſprochen und zuerkanndt worden , mit denen beſten Prærogativen , ſo jemals einem wiederfahren ; ſo iſt dennoch ſein oͤffentlicher Einzug laͤnger als acht Tage aufgeſchoben worden , weil die edle Nation derer Brabanter , bey ſolcher Gelegenheit , mit extraordinairer Ehrerbietung gegen dieſen ihren Landsmann ihr einen ſonderlichen Namen machen wollen ; wie ſie dann auf denen vornehmſten Plaͤtzen in dem Parnaſſo herrliche Triumpff-Bogen mit einer recht Koͤniglichen Magnificentz aufgerichtet . Der Einritt war wohl zu ſehen , indem die Gelehrten aus allen Facultæten , in groſſer Anzahl , dieſem vortrefflichen Mann aufzuwarten begehrten , welcher wegen des Titels , daß er in allen Scientiis erfahren , bey jederman den Namen hatte , als ob er alles wuͤſte . Hoͤchlich muſte man bewundern daß Lipſius , in der erſten Zuſammenkunfft die vornehmſten Roͤmer , ſo ihm entgegen gekommen waren , bey ihrem Nahmen zu nennen wuſte womit er zu verſtehen gab , daß er von allen ſonderlich gute Kaͤnntniß haͤtte . Dieſes hochgelehrten Mannes Schrifften trug Vellejus Paterculus auf ſeinen Achſeln , welcher unangeſehen er hohen Alters halber krumm und lahm war , wegen empfangener Gutthaten , gegen Lipſium ſich danckbar zu erzeigen , dieſe Prærogativ von Sr. Parnasſiſchen Majeſtaͤt aus lauter Gnaden erhalten hatte . Auf Befehl des Apollinis ritte Lipſius in der Mitte , zwiſchen dem nunmehr pardonnirten , auch in alle ſeine vorige Wuͤrden reſtituirten Seneca und dem Tacito . Aus dieſer Sache aber haͤtte gar leichtlich Streit entſtehen koͤnnen . Denn , nachdem bißhero Tacitus alters , wie auch Reputation und Geſchicklichkeit halber , dem Seneca ſonſt allezeit die Ober-Stelle gegeben ; hat er ihm doch ſolche , bey dieſer Occaſion , freventlicher Weiſe diſputiret , alſo daß , als ſolches lautbar worden , und die ſaͤmtlichen Philoſopi Morales dem Seneca , die Politici aber dem Tacito zu Huͤlffe gekommen , man ſich eines groſſen Auflauffes beſorgte . Aber die Philoſophi Morales zogen die Schnautze bald ein , indem ſie bedachten , wann es zum Ernſt kommen ſolte , ſie denen hochmuͤthigen Politicis nicht laͤnger Wiederſtand zu thun vermoͤgen wuͤrden , weil es Leute , die weder auf Recht noch auf Billigkeit ſehen , ſondern nur vor die groͤſte Tugend halten , den Feind zu uͤberwinden , ſolte es gleich tuͤckiſcher Weiſe geſchehen . Aber es ward dieſer Tumult bald geſtillet , nachdem die Ceremonien-Meiſter darzu kamen , welche aus Befehl derer Cenſorum Morum dem Seneca anzeigten , es haͤtten auch die freyen Kuͤnſte gleichwie das Obſt zu Rom , und zu Venedig die Fiſche , ihre gewiſſe Zeit . Er ſolte derowegen , vor dieſesmal , dem Tacito die Ober-Hand geſtatten . Und ob ihm zwar hierinnen unrecht geſchaͤhe , ſolte er ſich doch derer Ehren , ſo ihm in denen vorigen Zeiten wiederfahren , erinnern , in welcher die Philoſophi Morales , ſo zu dieſen ungluͤckſeligen Zeiten vor lauter Pedanten und Schul-Fuͤchſe gehalten werden , in ſo hohem Werth geweſen ſind , daß ſie vor das beſte Kleinod unter allen freyen Kuͤnſten geachtet worden , und ſolches um ſo viel deſto mehr , weil die jetzige Zeit darinnen wir leben , das Studium Politicum biß in den Himmel hinauf erhebet , und gantz unverantwortlicher Weiſe zulaͤſſet , daß von ſolchem auch die Philoſophia Peripatetica unter die Fuͤſſe getreten wird , die doch vor die hoͤchſte unter allen menſchlichen Wiſſenſchafften gehalten zu werden prætendiret . Seneca gehorchte zwar dem Befehl derer Cenſorum Morum ; allein es geſchahe ungerne . Denn es iſt denen Philoſophis Moralibus , ob ſie ſich zwar aͤuſſerlich ſehr demuͤthig zu ſtellen wiſſen , der Ehr-Geitz doch gemeiniglich ſehr tieff in die Glieder eingewurtzelt . Als nun Juſtus Lipſius auf dem groſſen Platz in dem Parnaſſo angelanget war , wurde ihm nicht geſtattet den Apollinem in ſeiner hoͤchſten Majeſtaͤt und Herrlichkeit bey hellem Sonnenſchein anzuſchauen . So giengen ihm auch die Muſen nicht biß an die Stiegen des Koͤniglichen Pallaſtes entgegen . Denn ſolche hohe Ehre wiederfaͤhret allein denenjenigen , welche Buͤcher aus eigener Invention geſchrieben . Des hochgelehrten Lipſii Schrifften aber beſtehen nur in groſſer Muͤhe und Arbeit , woraus eine wunderſame Beleſenheit hervor leuchtet . Denn neue Sachen zu erfinden , und etwas mit groſſer Muͤhe und Arbeit aus ſeinem eigenen Gehirn zu erdencken , nicht aber von andern Scribenten entlehnet , bringt die wahre Ehre und den rechten Ruhm ; derjenige wird demnach vor einen armſeligen Schneider und vor einen ſchlechten Criticum gehalten , der die zerriſſenen oder veralterten Kleider derer Gelehrten wieder zuſammen flicket . Den aber laͤſſet man vor einen beruͤhmten und erfahrnen Meiſter paſſiren , der neue Kleider zuſchneiden , nehen , und auf Fremde Manieren ſo noch nicht geſehen worden , zuzurichten weiß . Etliche haben davor gehalten , es ſeye Lipſio von Sr. Parnaſſiſen Majeſtaͤt und denen Muſen , aus Unwillen , den ſie gegen ihn gefaſſet , ſo ſchlechte Ehre wiederfahren . Denn ob ſie ihm wohl ſolche herrliche Gaben mitgetheilet , daß er gar wohl , auf Taciti Weiſe , die Niederlaͤndiſchen Kriege haͤtte beſchreiben koͤnnen , das von maͤnniglich ſo hoch gewuͤnſchet worden ; habe er dennoch , um gewiſſer Urſachen willen , welche aber Ihro Parnaſſiſche Majeſtaͤt nicht vor hinnlaͤnglich erkandt , ſolch ihr heimliches Eingeben verachtet und in den Wind geſchlagen . Jedoch iſt dieſes letztere nur eine Meynung , ſo der Wahrheit etwas gemaͤß ; jenes aber , daß er uͤber den Leiſten anderer Leute gearbeitet , in der Wahrheit ſelber gegruͤndet . Indeſſen ſtunde Apollo , dieſen Einritt zuzuſehen , in feinem , neben der Morgenroͤthe gelegenen Caͤmmerlein , welches die Italiaͤniſchen Poëten das himmliſche Theatrum nennen , war mit einer Schnee-weiſſen Wolcke bedecket , welche wie bey dergleichen Actibus gebraͤuchlich , eben als Lipſius mitten auf dem groſſen Marckt ankam , durch einen lieblichen ſanfften Wind in etwas zertheilet wurde , da durch Ihro Parnaſſiſche Maͤjeſtaͤt mit einem eintzigen Blick , den ſie dieſem Tugendhafften gaben , ihn von aller Unwiſſenheit , ſo noch bey ihm haͤtte moͤgen uͤbrig ſeyn , erledigte und befreyete , auch ihn damit zu einem vollkommenen Gelehrten machte . Als nun Lipſius in dem groſſen Saal zur Audientz angelanget , ward er gleich Anfangs in ſeiner Oration , ſo er angefangen gegen Se. Parnasſiſche Majeſtaͤt wegen empfangener groſſen Gutthaten ſich zu bedancken , einzuhalten genoͤthiget wegen eines ſchwehren Zufalles , der dem beruͤhmten Griechiſchen Scribenten Pauſaniæ , ſo auf der Banck derer Chronologorum ſaß , begegnete . Dieſer fiele gantz ploͤtzlich in eine ſo ſtarcke Ohnmacht , daß er vor Todt gehalten wurde , deswegen die ſaͤmtlichen Coſmographi , ihm huͤlffliche Hand zu bieren , zuſammen lieffen . Seine Hausgenoſſen vermeynten , der Zufall kaͤme aus Mattigkeit her , wie es ziemlich ſpat worden , und derſelbe , ehe er des Morgens ausgegangen , in ſeiner Bibliothec , ſeiner Gewohnheit nach , nicht ein paar Loͤffel voll Conſervativ-Ladwerg aus des Pindari Verſen zugerichtet , zu ſich genommen . Aber die Durchlauchtige Muſe Euterpe ſpruͤtzete ihm mit zwey kraͤfftigen Sententiis aus dem Thucidide in das Angeſicht , dadurch er gar bald wieder zu ſich ſelber kam . Da fieng Pauſanias ( der die Unhoͤflichkeit , daß er Lipſium in ſeiner angefangenen Oration fort zufahren verhinderte , nicht bedachte ) aus groſſer Schwermuͤthigkeit uͤber wunden , an , zu ruffen und zu ſchreyen : O du verzehrende Zeit ! O mißgoͤnſtiges und neidiſches Alter ! die ihr mit euren ſcharffen und beißigen Zaͤhnen auch diejenigen Sachen zernaget , ſo von denen Menſchen , daß ſie ewig waͤhren ſollen , gemachet worden . Wie iſt es doch moͤglich , daß die Verwechſelung derer Zeiten mit der Veraͤnderung aller Sachen ſo feſt verknuͤpffet , daß mein vielgeliebtes Griechenland , welches vor Zeiten eine Mutter aller Geſchicklichkeit , eine Koͤnigin aller Wiſſenſchafften , eine ſichere beruͤhmte Wohnung derer freyen Kuͤnſte , ein Luſt-Garten der gantzen Welt , ein Vaterland aller Gelehrten , ſo jemals gefunden worden , nunmehro zu einer gaͤntzlichen Unwiſſenheit und Wildniß worden , gantz unbewohnt , auch dermaſſen aller derer herrlichen Pallaͤſte , die ſowohl das gemeine Weſen , als Privat-Perſonen in ſo groſſer Menge gehabt , beraubet , daß heut zu Tage an denen meiſten Orten nur geringe Bauers-Huͤtten und zwar in kleiner Anzahl allda zu ſehen ? ja , daß die beruͤhmteſten alten Philoſophi , Oratores und Hiſtorici von Athen , zu dieſen truͤbſeligen Zeiten arme Gaͤrtner zu Conſtantinopel worden ? daß aber hingegen die Niederlande , ſo zu meiner Zeit eine lautere Einſamkeit , mit Waͤldern und Teichen allenthalben umgeben , voller wilden Thiere , und einer Behauſung rauher und grober Leute , wilder als die Thiere ſelbſten , zugeſchweigen , daß ſie um gute Kuͤnſte ſich ſolten bekuͤmmert haben , nunmehro zu einer ſchoͤnen fruchtbaren und luſtigen Landſchafft worden , voll hoͤfflicher , reicher und arbeitſamer Einwohner , und vortrefflicher Staͤdte , auch mit uͤberaus ſchoͤnen Pallaͤſten gezieret , und was mich am allermeiſten Wunder nimmet , eine gluͤckſelige Landſchafft , in welcher ſcheinet , als ob die Griechiſche und Lateiniſche Sprache ihre Wohnung aufgeſchlagen habe , ewiglich allda zu bleiben . Dieſe des Pauſaniæ Rede gieng allen Gelehrten aus Griechenland dermaſſen zu Hertzen , daß Ariſtoteles , Plato , Demoſthenes , Pindarus , und andere mehr des Weinens ſich laͤnger nicht enthalten kunten , ſondern , ehe die Ceremonien mit Lipſio ihre Endſchafft erreichten , ein ſolches Geheul anflengen , daß Lipſius , weil alle Gelehrte denen weinenden Griechen nachfolgten , und er alſo ſahe daß ſeine Oration wegen des groſſen Geraͤuſches , Weinens und Klagens nicht kunte vernommen werden , von der Cathedra herunter ſtieg , die Ungelegenheit und den Mißfallen , ſo ihm Pauſanias mit dieſer Verhinderung verurſachet hatte , mit dem herrlichen Ruhm und Lob , ſo er dargegen ſeinem Vaterland , und der gantzen Niederlaͤndiſchen Nation gegeben gegen einander hielt , und alſo eines gegen das andere aufhub . Indeſſen hielten die ſaͤmtlichen Gelehrte des Parnaſſiſchen Reichs davor , es wuͤrde zwiſchen Cornelio Tacito , und J. Lipſio , eine groſſe Vertraulichkeit und ſonderliche Freundſchafft ſich erzeigen . Allein man hat mit hoͤchſter Verwunderung das Gegentheil erfahren . Denn vor zweyen Tagen verklagte Lipſius den Tacitum vor dem Apolline , mit Vermelden , daß er in ſeinem erſten Buch derer Hiſtorien etliche Worte geſchrieben , die da gantz gottloß und nicht zu gedulden waͤren . Ihro Parnaſſiſche Majeſtaͤt wurden wegen ſolcher harten Auflage ſehr beſtuͤrtzt , befahlen , auch dem Tacito , den andern Morgen zu erſcheinen , und ſich zu verantworten , welcher gantz unerſchrockenen Gemuͤths dieſem Befehl nachkam , und damit ſeinen guten Vertrauten Freunden , die ſeinetwegen ſehr kleinmuͤthig waren , wieder ein Hertze machte . Beatus Rhenanus , und Fulvius Urſinus , Zogen den Lipſium auf die Seite und baten ihn ſehr von dieſer Klage abzuſtehen , indem es ihm ſehr ſchimpflich fallen wuͤrde , woferne er ſie nicht erwieſe , ungluͤcklich und ſchaͤdlich aber , falls er ſie wahr machen ſolte . Denn weil Tacitus einer von denen vornehmſten Politiſchen Freyherren , ſo in dem Parnaſſo , und dannenhero einen groſſen Anhang bey denenjenigen , ſo lange Haͤnde und ein weites Gewiſſen haben , haͤtte , wuͤrden ſelbige gewißlich mit der Zeit ſich zu raͤchen nicht unterlaſſen . Dieſen gab Lipſius zur Antwort , es moͤchte gehen wie es wolle , ſo ſeye er einmahl entſchloſſen ſein Gewiſſen zu befriedigen , und trat damit vor den Apollo . Allda waren die vornehmſten von denen Gelehrten , ſo es mit Tacito hielten , zuſammen gekommen . Da fieng Lipſius an und ſagte , wie er Platonem und Socratem , vor allen Dingen aber die Wahrheit auf ſeiner Seite haͤtte . Darauf fiel ihm Tacitus in die Rede , und ſagte , er ſolte dieſen Eingang unterwegens laſſen , indem er ſich hieher gar nicht ſchicke . Er moͤchte lieber ſeine Klage kůrtzlich vorbringen . Die Politici wie er , Tacitus waͤren nicht gewohnet dererjenigen vorbedachte ſuͤſſe und glatte Worte mit Gedult anzuhoͤren , von welchen ſie nichts als Boͤſes zu gewarten haͤtten . Alsdann ſprach Lipſius zu dem Tacito : Ihr habt in dem erſten Buch eurer Hiſtorien frey heraus geſaget , GOtt frage nichts nach dem Heyl und Wohlfarth derer Menſchen trachte nur dieſelben zu ſtraffen . Dieſes klinget abſcheulich genug wann es nur von einem weltlichen Fuͤrſten geſaget wird , geſchweige dann von GOtt , deſſen natůrliche Eigenſchafft iſt , Barmhertzigkeit und vaͤterliche Liebe gegen das gantze menſchliche Geſchlecht zu erweiſen . Es waͤre demnach der hoͤchſten Straffe wohl werth , wann man ſich ſolcher ſchrecklichen und unerhoͤrten Sachen vernehmen laͤſſet . Eure eigentlichen Worte aber lauten alſo : Nec enim unquam atrocioribus Populi Romani cladibus magis ve juſtis judiciis approbatum eſt , non eſſe curæ Diis ſecuritatem noſtram eſſe ultionem , es ſey aus keiner Niederlag derer Roͤmer ſo eigentlich geſpuͤret worden , daß GOtt nicht unſere Wohlfarth ſondern nur ſich an uns zu raͤchen ſuche . Und kan euch in dieſem eurem Irrthum nichts als das einige entſchuldigen , daß ihr dem unverſtaͤndigen Poëten Lucano nachgefolget ſeyd , welcher vor euch eben ſolcher Meynung geweſen , indem er dieſe Verſe geſchrieben : Felix Roma quidem civesque habitura ſuperbos , Si libertatis Superis tam cura placeret , Quam vindicta placet . Rom waͤre vor gluͤckſelig zu halten , wann denen Goͤttern ihre Freyheit ſo ſehr , als dieſelbige zu ſtraffen angelegen waͤre . Als Tacitus dieſes vernommen ſagte er : Es jammert mich , mein lieber Lipſie ! daß ihr euch oͤffentlich vor denjenigen habt ausgegeben , der allein den verborgenen Verſtand meiner Schrifften habe wiſſen auszulegen , und habt hernach , in einer ſo hochwichtigen Sache , und da meiner Reputation viel angelegen , ſo groͤblich geirret . Denn meine Worte , wie ihr ſie jetzund verleſen habt , ſeynd nicht allein , wie ihr vorgebet , keinesweges gottloß ſondern , ich halte ſie auch vor gut und Heilig . Euch aber deſſen , was ich vvrgebe , deſto beſſer zu unterrichten , will ich dieſe meine Meynung mit weitlaͤufftigen und vielen Worten auslegen , welche ihr , weil ich ſie , meinem Gebrauch nach kurtz gefaſſet , nicht habt begreiffen koͤnnen . Nachdem ich im Anfang meiner Hiſtorien dem Leſer zu wiſſen gethan , wovon ich in dieſem gantzen Tractat zu handeln willens waͤre , habe ich geſagt , daß ich mich einer Arbeit unterfange , in welcher mancherley Faͤlle vorkommen wuͤrden , atrox proeliis , diſcors ſeditionibus ipſa etiam pace ſævum , quatuor principes ferro interemti , tria bella civilia & c. Nachdem ich die Truͤbſalen , und das groſſe Elend , ſo die Roͤmer nach Neronis Todt ausgeſtanden erzehlet , habe ich geſaget , es ſeyn ſelbige ſo groß und ſo viel geweſen , daß in denen vorigen Zeiten niemals , weder durch harte Straffe derer Roͤmer , noch durch das gerechte Gerichte GOttes ſich wahr zu ſeyn befunden habe , daß der GOtt , welcher in denen vergangenen Zeiten denen Roͤmern ſich ſo gnaͤdig erzeiget , und ſelbige beſchuͤtzet hat , daß es ſich gleichſam anſehen ließ , ob laͤge ihm nichts ſo hoͤchlich an , als die Roͤmer mit ewig waͤhrenden Siegen und Triumphen herrlich , ja zu Herren uͤber die gantze Welt zu machen , ſich nach dem Tode Neronis dergeſtalt veraͤndert , daß man Augenſcheinlich geſehen , Non eſſe curæ Deis ſecuritatem noſtram , eſſe ultionem daß er der Wohlfahrt derer Roͤmer gantz und gar nicht mehr achte , eſſe ultionem , ſondern nur ſich an ihnen , wegen derer vielen Beleidigungen , ſo ſie ihm angethan , zu raͤchen ſuche . Iſt dann nun dieſes eine gottloſe Rede , wann ich ſage , daß um derer ſchwehren Suͤnden willen , ſo die Roͤmer ſowohl vor , als nach Neronis Tode begangen , die vaͤterliche Sorge GOttes , ſie vor allem Ubel zu beſchuͤtzen , ſich in eine ſtrenge Gerechtigkeit , ſie mit allerhand Plagen heimzuſuchen , ververwandelt habe . Lipſius antwortete : Dasjenige , ſo ihr ſaget , iſt nicht uͤbel geredet : Aber es reimet ſich nicht bey denenjenigen Worten , die ich vor gottloß halte , welche die Auslegung und den Verſtand , ſo ihr ihnen gebt , alsdann haben koͤnten , wann die Worte Securitatem noſtram allein von denen Roͤmern geſaget werden moͤchten , weil ſie aber allgemein , ſiehet man , daß ſie das gantze menſchliche Geſchlecht begreiffen . Tacitus replicirte hierauf : Daß ich das Wort noſtram , in welches ihr , Lipſi ! euer einiges Fundament geſetzet habt , allein das Roͤmiſche Volck verſtanden , erhellet aus dem Lucano , welcher eurem Beduͤncken nach , mir zu dieſer gottloſen Meynung Urſache und Anlaß gegeben . Derſelbe ſagt in ſeinen obangezogenen Verſen eben das , was ich euch geſagt ; gedencket aber nur derer Roͤmer , daß dieſelben ſich ewig bey ihrer Hoheit und Gluͤckſeligkeit haͤtten erhalten koͤnnen , wann denen Goͤttern ſo hoch daran gelegen geweſen waͤre , ſie bey ihrer alten Freyheit zu mainteniren , als ſich an ihnen zu raͤchen . Beduͤncket euch dann nicht , Lipſi ! wahr zu ſeyn , daß die Roͤmer , ſo ihrer unerſaͤttlichen Regierſucht niemalen weder Ziel noch Maaß zu ſetzen gewuſt , weil ſie ſo viele herrliche Koͤnigreiche , Fuͤrſtenthuͤmer und Regimenter zerſtoͤret und verwuͤſtet , die Welt uͤberall beſtohlen , auch dieſelbe , ihren unerloͤſchlichen Gelb-Durſt zu ſaͤttigen , mit Feuer und Blut uͤberſchwemmet , endlich den Zorn des Aller hoͤchſten gegen ſich erwecket , welcher nach dem er ſie denen allergrauſamſten Tyrannen zum Raub uͤbergeben , die ihnen das groͤſte Hertzeleyd und Drangſaal zu gefuͤget , letzlich uͤber ſie verhaͤnget hat , daß ſie zur ſonderlichen Schmach , Spott und Hohn , von denen allerbarbariſcheſten Voͤlckern in Europa haben muͤſſen unterdruͤcket und zu Boden gerichtet werden ; welches dann in der That ein erſchreckliches Ende , deſſen aber doch derer Roͤmer Ehrſucht , Grauſamkeit und Geitz wohl werth geweſen . Und dieſes ſeynd die Steine des Anſtoßes , an welche GOtt der Allmaͤchtige alle diejenigen kommen und gerathen laͤſſet , ſo des Herrſchens und Regierens nicht koͤnnen ſatt werden . Damit ich aber , euch eures Irrthums zu uͤberweiſen , ein Ende mache , ſo frage ich , ob ihr nicht euch zu entſinnen wiſſet , daß ich auch an Andern Orten dieſes Woͤrtlein noſtram , oder noſtri , gebrauchet habe ? Lipſius antwortete : Da ihr des Koͤnigs derer Armenier , Tiridatis , Meldung thut , welcher von dem Corbulone nach Rom verſchicket ward , etlicher Sachen wegen , deren er beſchuldiget wurde , ſich bey dem Kayſer Nerone zu excuſiren Dieſer , ehe er ſich auf den Weg begab , vergliche ſich mit dem Corbulone , daß er nicht als ein Gefangener gehalten werden , auch an keinem Ort ſein Gewehr abzulegen ſchuldig ſeyn ſolte , und daß er die fremden Abgeſandten beſuchen , auch ſich in Rom denen Burgermeiſtern gleich halten doͤrffte . Solch des Tiridatis Begehren verlachete Corbulo , und hielte es vor eine Barbariſche Eitelkeit . Dieſes habt ihr mit folgenden Worten beſchrieben , ſcilicet externæ ſuperbiæ ſueto , non erat notitia noſtri : apud quos jus Imperii valet , inania transmittantur . Und an einem andern Ort , da ihr vermeldet , wie denen Roͤmern zu ihrer Hoheit die Uneinigkeit ihrer Feinde nicht wenig geholffen habe , gebrauchet ihr dieſe Worte : Maneat quæſo duretque gentibus , ſi non amor noſtri , at certe odium ſui quando vergentibus Imperii fatis , nihil jam præſtare fortuna majus poteſt , quam hoſtium Diſcordiam . Darauf antwortete Tacitus : Mit denen Worten , non erat notitia noſtri , & ſi non amor noſtri , meynet ihr Lipſi ! daß ich das gantze menſchliche Geſchlecht , oder die Roͤmer allein verſtanden habe ? Lipſius entſetzte ſich hieruͤber , und ſagte : Nunmehro werde ich , lieber Tacite ! meines Fehlers gewahr . Bitte euch deswegen dienſtlichſt um Verzeihung , und bekenne frey oͤffentlich , daß , je mehr man eure Schrifften lieſet , je weniger man ſie verſtehet , und daß eure Annales und Hiſtorien nicht vor einen ſchlechten Grammaticum gehoͤren wie ich bin . Folgende Relation bildet den Philoſophiſchen Stoltz- und Hochmuth ab : DEr freygebige Koͤnig in Franckreich Tranciſcus I. begegnete geſtrigen Tages der Philoſophie , welche in dem Parnaſſo ſpatzieren gieng , ſich zu erluſtigen . Sie hatte ſich auf den Ariſtotelem und Platonem geſteuret , und weil ſie gantz nackend gieng , ward dieſer Koͤnig zu groſſem Mittleiden bewogen , indem er ſahe , daß die Koͤnigin aller menſchlichen Wiſſenſchafften , welche werth waͤre aller Luſt und Kurtzweile einen Uberfluß zu haben , ſo armſelig waͤre , daß ſie auch nicht einen Lumpen haͤtte ſich zu bedecken . Franciſcus I. thaͤte derowegen alſobald ſeinen Koͤniglichen Mantel , voller Lilien von koͤſtlichen Diamanten und Edelgeſteinen ab , dieſe edle Dame damit zu bedecken . Sie bedanckte ſich aber gegen den Koͤnig vor dieſe groſſe Gnade , vorgebende , ſie koͤnte ohne eintziges Nachtheil und Verluſt ihrer Reputation in dem Parnaſſo nackent auf und abgehen ; allermaſſen ſie weder Schande noch Unehre an ſich , ſo zu bedecken oder zu verbergen , von noͤthen waͤren . Folgende Relation zeiget , wie man ſich nicht allemal an die vorgeſchriebenen Regeln derer Gelehrten binden duͤrffe , welches doch ihrer viele mit groſſer Hartnaͤckigkeit prætendiren . ZWey Tage hernach , als der beruͤhmte Poët Torquatus Taſſus , in den Parnaſſum aufgenommen worden , uͤbergab er Ihrer Parnaſſiſchen Majeſtaͤt ſein uͤberaus ſchoͤnes und herrliches Gedicht , wie Jeruſalem , von dem von Bouillon , liberiret und befreyet worden hielte darneben an , Ihro Parnaſſiſche Majeſtaͤt moͤchten ihnen belieben laſſen , ſolches , woferne es tuͤchtig befunden wuͤrde , mit der Unſterblichkeit zu begnadigen . Ihro Parnaſſiſche Majeſtaͤt nahmen es mit froͤlichem Hertzen an , lieſſen es , altem loͤblichen Gebrauch nach , dem Bibliothecario , Caſtelvetro zu uͤberſehen , zuſtellen . Nach einigen Wochen verfuͤgte ſich Torquatus Taſſus zu gedachtem Caſtelvetro , der ihm anzeigte , wie er ſein uͤbergebenes Werck mit allem Fleiß durchſehen , befaͤnde aber ſo viel darinnen , daß er die Regeln , welche Ariſtoteles denen Poëten vorgeſchrieben , nicht obſerviret und in Obacht genommen haͤtte , hielte es derowegen vor untuͤchtig unter die beruͤhmten Autores dieſer Bibliothec geſtellet zu werden . Er ſolte die noch uͤbrigen Fehler darinnen corrigiren und verbeſſern , und ſich alsdann bey ihm wieder anmelden . Uber dieſen unverhofften Beſcheid wurde Taſſus nicht wenig beſtuͤrtzt , erhube ſich derowegen , in Unwillen zu dem Apollo , und ſagte , wie er dieſes Werck mit ſaurem Schweiß zuſammen getragen , auch ſeinen Kopff und Schlaff mehrmahlen daruͤber zer- und unterbrochen , habe darinnen auf nichts als auf die Gabe , ſo ihm die Natur mitgetheilet , und auf die guten Einfaͤlle , ſo ihm die Muſen inſpiriret , geſehen , hielte demnach davor denen Regeln , ſo Ariſtoteles vorgeſchrieben , in allem genug gethan zu haben . Denn weil Ihro Parnaſſiſche Majeſtaͤt wegen ſelbiger kein Geſetz publiciret oder ausgehen laſſen , ſo koͤnne er auch nicht ſehen aus was Macht Ariſtoteles ſich unterfangen doͤrffte , Ziel und Maaß darinnen vorzuſchreiben . Hiernechſt habe er niemalen von einem andern Ober-Herrn in dem Parnaſſo , als von dem Apolline und denen Muſen gehoͤret . Sein Verbrechen , daß er dem Befehl Ariſtotelis nicht nachgekommen , ruͤhre vielmehr aus Unwiſſenheit als aus Boßheit her . Uber dieſer des Taſſi Rede wurde Apollo dermaſſen gegen den Ariſtotelem erzuͤrnet ( wie derer groſſer Herren Gebrauch , daß ſie der Jurisdiction halber ſich leichtlich entruͤſten ) daß er der Poëten-Wache unverzuͤglich anbefehlen lieſſe , den verwegenen Philoſophum gebunden vor ihn zu bringen , wie auch geſchahe . Apollo fuhr ihn mit grimmigen und erblaſſetem Angeſicht , wie nicht weniger mit harten Worten an und ſagte , ob er der vermeſſene und hochtrabende Geſelle waͤre , der ſich haͤtte doͤrffen geluͤſten laſſen , ſeinen Tugendhafften , Geſetze und Ordnungen vorzuſchreiben , denen er allezeit die voͤllige Freyheit , zu ſchreiben , und etwas zu erdencken , geſtattet und vergoͤnnet haͤtte . Denn die vortrefflichen Jngenia ſeiner Gelehrten , ſo von allen vorgeſchriebenen Regeln und Præceptis exemt und frey , vermehrten von Tag zu Tag , mit ſeiner nicht geringen Beluſtigung die Bibliothequen mit allerhand neuen Sachen . Abſonderlich aber die Poëten an gewiſſe Regeln und Geſetze zu binden , waͤre nichts anders , als ihren Schrifften alle Lieblichkeit und Anmuth benehmen , auch ihre vorttefflichen Ingenia verdroßen zu machen , welche , wann ſie mit ihrer gewoͤhnlichen Freyheit der Feder ihren Lauff laſſen , ſolche Sachen an den Tag geben , mit denen ſich Apollo ſelbſten , wie auch die vielgeliebten Muſen nicht allein beluſtigen , ſondern zum hoͤchſten daruͤber verwundern . Und weil des Taſſi Poëtiſches Gedicht von der gantzen Welt mit groſſen Frohlocken angenommen worden waͤre , ſo ſaͤhe man augenſcheinlich , daß in demſelben alle Regeln ſo denen Poëten jemahls vorgeſchrieben werden koͤnten , auf das allergenaueſte in Acht genommen waͤren . Der arme Ariſtoteles erzitterte ob dieſen Worten , bate Ihro Parnaſſiſche Majeſtaͤt gantz unterthaͤnig , ſein hohes Alter anzuſehen , und einen ſolchen Philoſophum , wie er waͤre , wegen eines andern Unwiſſenheit nicht in Gefahr zu ſetzen . Er habe ſelbige Regeln nicht in der Meynung geſchrieben , wie ihm von denen Ungelehrten beygemeſſen wuͤrde , als ob ohne dieſelbe kein Poëtiſches Gedichte ſeine vollkommenheit haben koͤnte ; ſondern er habe allein den Weg gezeiget deſto leichter zu dieſer Kunſt zu gelangen , auf welchem auch die beruͤhmteſten Poëten nicht ohne ſonderbaren Ruhm gewandelt haͤtten . Der Ehrgeitz ſeye der eintzige Fehler , den er begangen habe , deswegen er auch Ihro Parnasſiſche Majeſtaͤt gantz unterthaͤnig um Verzeihung baͤte . Denn weil er ſich lange zuvor leichtlich einbilden koͤnnen , es wuͤrden viele Ungelehrte dieſe ſeine Obſervationes vor nothwendige Regeln und Præcepta ausgeben , habe er ſich mit der Hoffnung Flattiret , ſein Name werde dadurch zu einer deſto groͤſſeren Ehre und Reutation gelangen ; der Ehrgeitz aber ſeye eine Sache , welcher jederman das Geſicht verblende . Im uͤbrigen geſtuͤnde er willig und gerne , daß auch ohne dieſe ſeine Regeln , die er vorgeſchrieben , Poëtiſche Gedichte in der hoͤchſten Vollkommenheit geſchrieben und verfertiget werden , und ſolche auch hernach wiederum andern an ſtatt dieſer Regeln , dienlich und befoͤrderlich ſeyn koͤnten . In Anſehung dieſes freyen Geſtaͤndniſſes und der gethanen unterthaͤnigen Bitte ward Ariſtoteles von dem Apolline pardoniret , und wieder auf freyen Fuß geſtellet . In der jetzt-kommenden Relation koͤnnen ſich die falſchen und aufgeblaſenen gelehrten Politici beſpiegeln . VOr zweyen Monaten verſchiede der Fuͤrſt in Lesbo , wannenhero die Landſtaͤnde ſelbigen Fuͤrſtenthums , weil es nicht Erblich , ſondern in der Wahl beſtehet , an Apollinem ihre Geſandten , abfertigten , mit unterthaͤnigſter Bitte , Ihro Parnaſſiſche Majeſtaͤt moͤchten geruhen ihnen eine tuͤchtige Perſon vorzuſchlagen , welche ſie wieder vor ihren rechtmaͤßigen Herrn erwehlen und aunehmen ſollten . Ihro Parnaſſiſche Majeſtaͤt benenneten ihnen unterſchiedene gelehrte und qualificirte Maͤnner . Aber es lieſſen ſich die Abgeſandten beduͤncken , daß gleichwie Cornelius Tacitus der vornehmſte unter denen Politicis ; alſo waͤre er auch billig allen andern vorzuziehen . Ehe ſie aber in dieſer wichtigen Sache weiter verfuͤhren , wurden ſie Raths ſich zu ihm ſelbſt zu verfuͤgen , um zu vernehmen , im Fall ſie ihn zu ihrem Fuͤrſten auf- und annehmen wuͤrden , auf was Art und Weiſe er ſie zu gouverniren und zu regieren gedaͤchte ? Tacitus , nachdem er ſich ſelber wacker heraus geſtrichen gab denen Geſandten zur Antwort , was er in der Wiſſenſchafft , Landen und Leuten wohl vorzuſtehen , vor ein Mann ſeye , das waͤre Welt- kuͤndig . Denn weil jedermann ſeine Schrifften ſo hoch hielte , beduͤnckte ihn , er koͤnne ſich mit Wahrheit ruͤhmen , es werde die gantze Welt von denen heutigen Potentaten eintzig und allein durch ſeine Politic regieret . Da er nun andere Leute in der allerſpitzfindigſten und ſubtilſten Ratio Status ſo wohl informiret und unterwieſen , ſo koͤnten ſie leichtlich gedencken und abnehmen , daß er ſich ſelbiger viel beſſer in ſeinem eigenen Lande wuͤrde wiſſen zu gebrauchen und zu Nutzen zu machen . Und ob er wohl allhier , in ihrer Gegenwart ex tempore , ihnen einen ausfuͤhrlichen Diſcurs zu halten getrauete , was ein Fuͤrſt in dergleichen Wahl-Reichen zu beobachten und zu bedencken habe ; ſo wolte er doch zum Beweißthum , daß er mit Wahrheit von denen beſten Politicis vor einen Meiſter in dieſer Kunſt gehalten wuͤrde , ſolches mit wenig Worten bemercken , wie er ſich in ſeinem Regiment gegen ſie zu erzeigen gedaͤchte , nemlich , daß er dem verſtorbenen Fuͤrſten in allen Actionibus , daran die Unterthanen Luſt und Gefallen getragen , fleißig nachfolgen , von denen aber , ſo ihnen zuwider geweſen , ſich alleraͤuſſerſt vorſehen und huͤten wolle . Und dieſes , ſagte er , iſt der rechte Kern der wahren Politic , und die Quinteſſence von mir diſtilliret , und in meinem eigenen Gehirn geſponnen . Er wolle ihnen aber dieſes hohe Geheimniß in dem hoͤchſten Vertrauen communiciret haben . Denn , wann es uͤberall ſolte aus gebreitet und offenbar werden , ſo wuͤrden endlich auch die Cram- und Becker-Buben lernen , wie man die Koͤnigreiche und Fuͤrſtenthuͤmer adminiſtriren ſolte . Dieſe , des Taciti Rede gefiele denen Herren Abgeſandten uͤber die maſſen wohl , gaben auch zu verſtehen , es doͤrffte die Wahl auf ihn fallen . Jedoch erinnerten ſie ihm darneben , wann ſie ihn nun vor ihren Fuͤrſten erwaͤhlet hatten , wuͤrde von noͤthen ſeyn , in ſeinen Reden gewoͤhnlichere und gemeinere modos loquendi zu gebrauchen , damit die Voͤlcker in Lesbo ihn beſſer verſtehen koͤnten weil ſie nicht alle , wie die Leute in dem Parnaſſo , ſtudiret haͤtten . Hierauf antwortete Tacitus , daß ein Mann ſeines gleichen , als welcher ſich beflieſſe mehr Spruͤche als Woͤrter aus ſeinem Munde gehen , und aus ſeiner Feder flieſſen zu laſſen , ſich nothwendiger Weiſe dunckler Reden gebrauchen muͤſſe , weil die ſinnreichen Spruͤche , und Præcepta Politica gantz keine Manier haͤtten , wann ſie in gemeinem Kuͤchen-Latein vorgebracht wuͤrden . So habe er auch dieſe Art zu reden vor andern erwehlet , damit die Politic , als welche groſſen Herrn allein zu wiſſen gebuͤhret , nicht zu gemein wuͤrde . Es verſtuͤnden demnach ſeine Schrifften allein die klugen und ſubtilen Ingenia , ſo den Schnupffen nicht haͤtten . Jedoch wolle er auch denen , die nicht gar hohen Verſtandes , zum beſten , ſeine Dollmetſcher , als Meroerum , Lipſium , Fulvium Urſinum & c. mitbringen . Ja er wolte gar aus Italien den hochberuͤhmten Curtium Pichenam kommen laſſen , welchen ihm der Groß-Hertzog von Florentz , Ferdinandus II. ſo des Taciti vornehmſter und beſter Schuͤler geweſen , ſo offte er ſeiner beduͤrfftig , zukommen zu laſſen , verheiſſen . Mit dieſem Verſprechen waren die Herren Abgeſandten ſehr wohl zu frieden , begaben ſich alſo wieder nach Hauſe , und ſtatteten von dieſes Mannes hohem Verſtand und Weisheit eine ſolche Relation ab , daß er alſobald durch eine allgemeine Bewilligung des gantzen Volckes zu ihrem Fuͤrſten erwehlet und beſtaͤtiget ward . Aber die Hoffnung , ſo man von ihm geſchoͤpffet hatte , fiele gar bald in den Brunnen , weil er ſchon bey dem Antritt ſeiner Regierung viel ein anderer Mann befunden wurde als man vermeynet hatte . Denn ſobald er Poſſeſſion von dem Lande genommen , fieng er allgemach an zwiſchen dem Adel und dem gemeinen Volck Uneinigkeit und Mißtrauen zu erwecken . Weil auch der Adel dem gemeinen Volck an Klugheit und Macht uͤberlegen , und ſolches deswegen unterdruͤckte , ſchlug ſich Tacitus argliſtiger Weiſe zu dem ſchwaͤchern Theil , wannenhero die vornehmſten unter dem Volcke , wegen der anſehnlichen Huͤlffe und ſtarcken Beyſtandes , ſo ihnen der Fuͤrſt leiſtete , ein Hertze bekamen , und viel Muthwillen gegen den Adel veruͤbten , woraus denn , innerhalb Monats-Friſt , ein ſchwerer innerlicher Krieg entſtunde . Indeſſen ſtellte ſich Tacitus an , als ein Liebhaber des gemeinen Friedens , offerirte ſich auch dieſen Streit als ein Schiedsmann beyzulegen ; da er doch in ſeinem Hertzen wuͤnſchete , daß ſelbiger ewig waͤhren moͤchte . Gleichwol wuſte er ſich mit ſolcher Liſt und Verſchlagenheit bey beyden Theilen zu inſinuiren , daß ſie ihn als einen gemeinen Mittler und Schiedsmann erwehleten . Damit er nun , mit anderer Leute Schaden , ſeine eigene Autoritaͤt befeſtigen moͤchte , jagte er erſtlich dem gemeinen Mann eine groſſe Furcht ein , indem er ihnen die Gedancken beybringen ließ , daß ſie in kurtzem vor dem Adel , ihres Lebens nicht ſicher ſeyn , ſondern alle mit denen Koͤpffen wuͤrden bezahlen muͤſſen , wo ſie nicht bald auff Mittel und Wege gedaͤchten , dieſem Ungluͤck zu entgehen . Durch dieſen Griff erhielte er leichtlich , ſie vor der Gewalt des Adels zu beſchuͤtzen , eine Armée von auslaͤndiſchen Voͤlckern in ſeinem Staat auffzurichten , welche er , den Schalck deſto beſſer zu verbergen , Friedens-Soldaten nannte . Dieſe Voͤlcker wurden unter dem Schein den gemeinen Poͤbel , als welcher ſchon allzufrech worden , in dem Zaum zu halten , mit des Adels gutem Belieben bewehrt . Ihrer waren ſieben tauſend , und das Commando daruͤber hatte Tacitus einem von ſeinen Favoriten anvertrauet . Damit er ſie , in allen Occaſionen , zu ſeinem Willen haben moͤchte verbande er ſich dieſelben nicht allein mit dem gewoͤhnlichen Eyd , mit Geſchencken und allerhand gutthaͤtigkeiten , ſondern verſtattete ihnen auch allen Muthwillen und Grauſamkeiten , ſowohl gegen den Adel als gemeinen Mann . Wie beliebt ſie ſich aber hiemit bey dem Fuͤrſten machten , ſo groſſen Haß und Feindſchafft luden ſie ſich bey denen andern auf den Hals . Als ſich nun Tacitus , auf dieſe Weiſe in ſeiner Herrſchafft feſt geſetzet hatte , fuͤllete er den Rath , die Stadt Lesbum , und das gantze Land mit falſchen Anklaͤgern und Spionen an , welche er hernach gegen die vornehmſten vom Adel verhetzete , um ſie unter allerhand Schein begangener Exceſſe und Ubelthaten ihrer Ehren-Aemter zu entſetzen , und ihrer Guͤther zu berauben , welche er nachmahls denen Anklaͤgern conferirte , und ſie dadurch groß machte . Indem nun die Vornehmſten aus dem Rath theils aus Geitz , theils aus Ehrſucht , die meiſten aber ihr eigen Leben zu ſalviren , mit falſchen Anklagen und Verleumdungen die Maͤchtigſten in dem Lande verfolgten , gaben ſie dem Fuͤrſten je langer je mehr Mittel an die Hand , ſich in ſeinem Dominat zu ſtaͤrcken . Uber das ſchickte Tacitus die Vornehmſten Raths-Herrn , denen , er durch die falſchen Auflagen noch nicht beykommen kunte , aus dem Lande , wo ſie ihm keinen Schaden thun kunten , trug ihnen groſſe und hohe Aemter auf , welche ſie mit ſchwehren Koſten bedienen muſten , und fieng hernach allgemach an , die alten Diener , ſo uͤber die Soldaten beſtellet waren , zu diſarmiren , deren Waffen er andern von ſeinen Creaturen gab . Nachdem er nun durch ſolche Griffe , die Maͤchtigen im Lande unterdruͤcket hatte , ordnete er andere Raths-Herren , und befoͤrderte zu denen hoͤchſten Ehren-Aemtern neu-gebackene aus dem gemeinen Poͤbel , ſo von ihm alleine dependirten . Damit er aber das Land vor fremder Potentaten Einfaͤlle in Sicherheit ſetzen moͤchte , fieng er an unuͤberwindliche Caſtelle und Feſtungen zu erbauen , welche er mit fremden Garniſonen , die ihm treu waren , beſetzte . Weil er auch nicht leyden kunte , daß das Volck und der Adel bewehrt waͤren , gleichwol aber wuſte , daß , ſie wehrloß zu machen , ſehr gefaͤhrlich ſeye , bedachte er , durch ein anders und ſicheres Stuͤcklein ſolches zu wege zubringen , nemlich durch einen langwierigen Frieden , Muͤßiggang , Wolluſt und ſcharffe Proceduren gegen diejenigen , welche Ehre und Reputation wegen , einander zu einem Zwey-Kampff ausforderten . Solches geſchahe zu dem Ende , damit er alle Tapfferkeit aus dem Hertzen ſeiner Uuterthanen vertilgen moͤchte . Um ſie auch deſto geſchwinder weich und weibiſch zu machen , lieſſe er , mit groſſen Unkoſten Gebaͤude anrichten , allwo alle Tage fiele , Commœdien , Jagden und allerhand Kurtzweile angeſtellet wurden . Indem ſie nun ſolchen Sachen allzuſehr nachhiengen , vergaſſen ſie daruͤber des Regiments und des Kriegsweſens . Weil ihm im uͤbrigen nicht unbekannt war , daß er zum Zweck ſeiner Tyranney , uͤber ein Volck , ſo in der Freyheit gebohren , auch darinnen lange Zeit gelebet hatte , zu gelangen , ihnen an nichts einigen Mangel erſcheinen laſſen muͤſte , ſonne er auf Mittel und Wege , in ſeinem Lande allenthalben die Huͤlle und die Fuͤlle , ja einen ſehr groſſen Uberfluß in allen Sachen , zu verſchaffen . Biß dato nun giengen Tacito alle ſeine Anſchlaͤge gluͤcklich von ſtatten . Indem er aber das vornehmſte Stuͤcklein , ſeine Tyranney zu beſtaͤtigen , allzuſtarck zu practiciren vermeynte , nemlich die vornehmſten Haͤupter , ſo ihm in die Augen ſtachen , aus dem Wege zu raͤumen , erweckte er einen ſolchen allgemeinen Wiederwillen gegen ſich , das er vor ſechs Tagen genoͤthiget wurde wolte er anders nicht durch eine ſtarcke Verraͤtherey , die ſich wieder ihn angeſponnen , ſelber um das Leben kommen , unbekannter Weiſe aus Lesbo zu entfliehen , und ſich wieder in den Parnaſſum zu begeben , allwo er hernach ein Privat-Leben , wie zuvor gefuͤhret . Plinius der Juͤngere , welcher , wie bewuſt , Taciti allergroͤſter Freund geweſen , war der erſte , ſo ihn beſuchte . Dieſer verwieſe ihm hoͤchlich , daß er , den andern ſolche herrliche Præcepta , Land und Leute wohl zu regieren , vorgeſchrieben haͤtte , ſolche in ſeiner Herrſchafft in Lesbo ſo gar uͤbel practiciret haͤtte . Seit dem hat Plinius referiret , Tacitus habe ihm folgenden Beſcheid gegeben : Der Himmel , mein lieber Plini ! iſt nicht ſo weit von der Erden , und der Schnee denen Kohlen an Farbe , nicht ſo ungleich , als weit und ungleich , die Praxis zn regieren , und die bloſſe Wiſſenſchafft gute politiſche Regeln von der Ratione Status vorzuſchreiben , von einander ſind . Denn die Sententz , welche ich unter dem Namen Galbæ , dem Piſoni gegeben , die mir ſolchen groſſen Ruhm bey denen Leuten gemachet , daß ſie dieſelbe faſt vor einen goͤttlichen Ausſpruch gehalten , welche die Unverſtaͤndigen ſo leicht zu practiciren zu ſeyn vermeynen , iſt mir in das Werck zu richten ſehr ſchwehr vorgekommen , weil es eine allzugroſſe Metamorphoſis oder Veraͤnderung iſt , aus dem Privat in dem Fuͤrſten-Stand erhaben worden . So ſollet ihr auch wiſſen , daß viele Sachen ſind , vor denen , als vor groſſen Gebrechen und oͤffentlichen Laſtern die Privat-Perſonen einen Abſcheu haben , und ſolche an Fuͤrſten und Herren auf das hoͤchſte haſſen , die doch treffliche Tugenden ſind . Dieſes ſage ich darum : Sobald ich zum Fuͤrſten uͤber Lesbum erwehlet worden , nahm ich mir gewiß vor , mich in meiner Regierung dieſer Regel , ſo ich dir angezeiget , gemaͤß zu verhalten , in der Abſicht ich mich auch derer Actionen meines Vorfahrens auf das allerbeſte informirte , mit dieſem Steiffen Vorſatz , ihm in denenjenigen , ſo an ihm gelobet wurden , nachzufolgen , die andern aber , derentwegen man ihn geſcholten , zu vermeiden . Nun brachte ich in Erfahrung , daß er den Rath durch die groſſe Gewalt , ſo er ſich zugeeignet , zum hoͤchſten offendiret hatte , indem er alle wichtige Geſchaͤffte an ſich gezogen , ſo daß dem Rath und der uͤbrigen Obrigkeit faſt nichts als der bloſſe Name mehr uͤbrig geblieben . So nahm ich auch in acht , daß er ſich ſehr verhaſt gemachet , weil er den Adel ſo wenig geachtet , und ſelbigen der Gebuͤhr nach nicht conſideriret hatte , indem er gewolt , daß alle Staats-Sachen von ihm alleine dependiren ſolten . So war hiernechſt ſeine ſtrenge Regierung keine geringe Urſache des Haſſes . Denn dadurch gab er an den Tag , daß er vielmehr das Land abſolute , gleich einem Erb-Herrn , als mit umſchraͤnckter Gewalt , wie ein erwehlter Fuͤrſt zu regieren gedaͤchte . Dieſe Weiſe nun zu herrſchen beduͤnckte mich , da ich noch eine Privat- Perſon war , und noch zu der Stunde , wie ich den Privat-Stand von mir legte , ſehr ſchaͤndlich , ja gantz tyranniſch , nahm mir auch derohalben vor , ſolche zu verbeſſern . Aber ihr muͤſſet wiſſen , daß gleich in denen erſten Stunden , da ich mich mit der Fuͤrſtlichen Wuͤrde bekleidet ſahe , ich gleichſam fuͤhlete , wie mir die Begierde nach der Gewalt zu herrſchen , dieſen meinen guten Vorſatz gaͤntzlich aus dem Sinn und Hertzen geriſſen , dergeſtalt , daß ich , ſolches euch mit deutlichen Worten zu ſagen , vi dominationis convulſus & mutatus , die Actiones meines Vorfahren , welche ich , in meinem Privat Leben , als tyranniſch und gottloß verfluchet und vermaledeyet hatte , vor tugendhaffte , gute , und ad rationem Status ſehr nothwendige Præcepta zu halten anfieng . Ich kunte alſo der Regierſucht , die mir in das Gehirn kam , nicht allein im geringſten keinen Wiederſtand thun , ſondern ich hielte ſogar davor , es wuͤrde meiner Reputation gantz zuwider ſeyn , wann ich mich nicht der hoͤchſten und abſoluten Gewalt unterziehen , und ſelbige , an mich zu bringen trachten ſolte . Dieſe meine unerſaͤttliche Regierſucht nun , hat den Haß und Unwillen des Raths , des Adels , und des gemeinen Mannes wieder mich verurſachet , und mich endlich in dieſes Labyrinth , wie ihr ſehet , geſtuͤrtzet . Meine Unwiſſenheit hat mich keinesweges in dieſe Ungelegenheit gebracht , ſondern daß ich zu viel gewuſt , und gar zu gelehrt geweſen bin . Denn , wer in Lesbo , als einem Wahl-Fuͤrſtenthum , wo die Unterthanen zwiſchen der Freyheit und Sclaverey ſchweben , nec totam libertatem nec totam ſervitutem , pati poſſunt , die ſich weder der voͤlligen Freyheit zu gebrauchen noch in die Dienſtbarkeit zu ſchicken wiſſen lange und friedlich zu regieren begehret , der muß ſich reſolviren , die Sachen in dem Stande zu laſſen , wie er ſie findet . Ja er muß eines Fried-liebenden Gemuͤths , und von aller Ehr- und Regierſucht entlediget ſeyn , mithin dieſes ſchwere Præceptum Politicum wohl zu practiciren wiſſen , daß er auch andere neben ſich leben laſſe . Es ſind demnach alle diejenigen , welche gar zu verſtaͤndige Politici , wie ich geweſen bin , ſo von Natur zu der abſoluten Herrſchafft geneigt und angereitzet werden , und die da alles nach ihrer Ratione Status zirckeln und drehen wollen , zu denen Fuͤrſtenthuͤmern , welche in der Wahl beſtehen , gantz untuͤchtig und ungeſchickt . Eine ſehr curieuſe Relation iſt auch dieſe . DEmnach in dem Parnaſſo die Faſtnacht angegangen , binnen welcher Zeit die Gelehrten ſich mit mancherley Freudenſpielen zu ergoͤtzen pflegen : als haben Ihro Parnaſſiſche Majeſtaͤt durch oͤffentlichen Trompeten-Schall ausblaſen laſſen , daß maͤnniglich , des Macrobii Saturnalia , Auli Gellii welcher , bey denen heutigen Schulfuͤchſen und Criticis mit Gewalt Agellius heiſſen muß ) Noctes Atticas , Alexandri ad Alexandro ſeine Dies Geniales , und endlich derer Roͤmer ; als Herren uͤber die gantze Welt und Obriſten inſpectores derer freyen Kuͤnſte , ihre Bachanalia hoch-feyerlich begehen , und ſich dabey luſtig erzeigen ſolten . Es befahle Apollo aber auch inſonderheit allen Nationen , ſo ſich in dem Parnaſſo befinden , daß eine jedwede ſolche Feſte und Feyertage , nach ihres Landes Sitten und Gebrauch celebriren ſolte . Sobald dieſe froͤliche Zeitungen mit maͤnnigliches groſſen Frolocken publiciret waren , wurden die koͤſtlichſten Bibliothequen eroͤffnet , in welche einem jedweden , ſo lange dieſe Feyertage waͤhren , zu gehen , ſeines Gefallens darinnen zu verharren , und ſich an denen koͤſtlichen Scriptis derer beruͤhmteſten Autorum zu erſaͤttigen erlaubet wurde . Es iſt derohalben nicht zu ſagen , mit was groſſer Luſt und Freude man in allen Gaſſen und Haͤuſern die ſtattlichſten und herrlichſten offenen Mahlzeiten , ſo allda von Platone und andern angeſtellet worden , gehalten habe , bey welcher die Gelehrten alle mit einander von dem koͤſtlichen Wein derer freyen Kuͤnſte ſehr truncken wurden . Die Rechts-Gelehrten allein , nachdem ſie ſahen , daß man keine Gerichte hielte , und die Zanck-Laͤden alle verſchloſſen waren , erzeigten ſich ſehr traurig , hingen die Koͤpffe , und wolten gar Hungers ſterben , da doch , bey dieſer froͤlichen Zeit , ſonſt jederman genug und voll auf hatte . Solches kommet eintzig und allein daher , weil Ihro Parnaſſifche Majeſtaͤt ſchon vor etlich hundert Jahren die bloſſen Juriſten , ſo ſonſten in andern Sachen nichts ſtudieret haben , vor pur lautere grobe Eſel und Ignoranten declariret , und ihnen zugleich die liebliche Speiſe der Theologie , der reinen Philoſophie , der angenehmen Hiſtorie , der Poëſie und anderer Wiſſenſchafften verboten hat , welche nur vor treffliche und großmuͤthige Leute gehoͤren . Es giengen dannenhero die armen Tropffen nur in denen Kuͤchen umher , allwo ſie Schuͤſſeln und Teller leckten , da mittlerweile alle andere Gelehrte die Tiſche voller herrlicher Speiſe hatten , ſo von denen beſten Scientiis zugerichtet waren . Damals bekamen die hohen und vortrefflichen Ingenia einen Eckol und Abſcheu vor denen Digeſtis und dem Codice , als welche zu nichts dienen , dann nur den Leib zu erfuͤllen , und groſſen Reichthum zuſammen zu ſcharren , daran ſie doch endlich , wie an einem auszehrenden Fieber ſterben und ver ſchmachten muͤſſen . Vor allen andern herrlichen Banqueten aber , war Caji Plinii ſeines ſehr merckwuͤrdig und wohl anzuſehen . Denn ungeachtet die vornehmſten unter denen Gelehrten aus allen Facultaͤten , ſo in dem Parnaſſo reſidiren , ſich dabey befanden , hat er doch einen jeglichen auff das allerbeſte , mit ihrer hoͤchſten Satisfaction , herrlich und ſtattlich tractiret Ob aber gleich der meiſte Theil derer Speiſen oder Gerichte , von lauter rothen Ruͤben waren , ſo hatte doch dieſer weiſe und hochverſtaͤndige Mann , dieſelben auff mancherley Art und Weiſe zugerichtet , dergeſtalt , daß die ſaͤmtlichen Gelehrten , ſie vor ſo viele unterſchiedene Speiſen hielten , auch ſolche mit ſonderlicher Luſt und Begierde aſſen und zu ſich nahmen . Indem Apollo umher ſpatzierte , die vielfaͤltigen Gaſtereyen in Augenſchein zu nehmen , wurde ihm von einem Ferrareſiſchen Bauer , Paſtor Fido genannt , eine herrliche wohlriechende Torte verehret , welche ihm ſo wohl gefiele , daß er ſich nicht enthalten , noch der ordinairen Mahlzeit erwarten kunte , ſondern mitten auff der Straſſe ſelbige zu verſuchen anfieng , welche ihm auch ſo delicat ſchmeckte , daß er auff gut Baͤuriſch das Maul und zehen Finger darnach leckte . Dieweil er ſie nun ſo auſſerordentlich gut befande , achtete er es vor eine groſſe Unhoͤfflichkeit , wenn er dieſelbe allein aufzehren ſolte , hielte derowegen vor rathſam , denen ſaͤmtlichen Muſen auch etwas davon zukommen zu laſſen , damit dieſelben , als welche entweder mit ſchoͤnen Verſen und andern loͤblichen Sachen ſchwanger gehen , daferne ſie vielleicht luͤſtern darnach waͤren , nicht etwa zur Unzeit gebaͤren , oder ihre Poëſie ein Mahlzeichen und Flecken mit auff die Welt braͤchte . Indem nun Apollo und die Muſen mit trefflichem Appetit von dieſer Torte aſſen , wurden ſie gewahr , daß die Gelehrten , ſo um Ihro Parnaßiſche Majeſtaͤt waren , ein ſehr groſſes Verlangen hatten , die Torte auch zu verſuchen , wannenhero Ihro Parnaßiſche Majeſtaͤt einem jeden aus denenſelbigen etwas davon zukommen lieſſen , welche Ihnen en general ſo herrlich gut ſchmeckte , daß ſie bekannten , ihr lebetag dergleichen nicht verſucht zu haben . Ein eintziger unter denen Gelehrten ward gefunden , der vorgeben durffte : Ihm haͤtte davor gegrauet , dieweil ſie gar zu ſuͤß geweſen waͤre . Dem gab aber Apollo mit groſſer Unmuth zur Antwort : Das Suͤſſe waͤre der Natur angenehm , und wer an ſelbigem nicht eine ſonderliche Luſt empfaͤnde , der haͤtte ſeinen Geſchmack verlohren . Er muͤſte demnach ein boͤſer Menſch ſeyn , wann er nicht geſtehen wolte , daß dieſe Torte , ( in welcher mehr ſchoͤne Spruͤche und Sententiæ als Woͤrter zu finden ) von denen allerbeſten und niedlichſten Bißlein gemachet waͤre . Ja er muͤſſe zu erkennen geben , daß er einer von den Verlaͤumdern ſeye , welche von der Mißgunſt dermaſſen verblendet , daß ſie dasjenige , was ſie nicht imitiren und nachtuhn koͤnnen , nur ſchaͤndeu und ůbels davon reden . Endlich aber wurde der groſſe Zorn Ihro Parnaßiſchen Majeſtaͤt , und der Schrecken derer ſaͤmtlichen Gelehrten , ſo ſie angekommen war , in ein groſſes Gelaͤchter verwandelt . Denn , nachdem dieſe Torte gantz auffgezehret , kam Johannes della Caſa , nahm die Schuͤſſel , in welcher ſie Ihrer Parnaßiſchen Majeſtaͤt war offeriret worden , und leckte dieſelbe ſo ſchoͤn aus , als ob ſie ausgeſpielet worden waͤre , ſagte zugleich zu Ihrer Parnaßiſchen Majeſtaͤt und denen Muſis , daß man ſich in denen Sachen , welche einem wohl anſtuͤnden und gut ſchmeckten , nicht allezeit zwingen noch derer Regeln des Galatei erinnern koͤnnte ; Indem ſo waͤre in der Faſtnacht alles erlaubt . Dieſemnach giengen Ihro Parnasſiſche Majeſtaͤt in der Stadt auf allen vornehmen Plaͤtzen herum ſpatzieren , und ſahen , mit ſonderbarer Luſt und Wohlgefallen , wie alle Winckel in der Stadt voller gelehrter Leute waren , welche von allerhand Scientiis , in allen Facultæten , mit einander conferirten und diſputirten , wie nicht weniger die allerberuͤhmteſten Redner ſo ſtattliche Orationes hielten , darinnen ſie die Geſchicklich keit ſamtdenen Studiis insgemein wacker heraus ſtrichen , im Gegentheil aber die Jgnoranten ſtattlich durchhechelten . Noch viel ein groͤſſeres Vergnuͤgen aber empfunden Ihro Parnasſiſche Majeſtaͤt ob denen Italiaͤniſchen Poeten , welche in groſſer Anzahl oͤffentlich auftraten und ex tempore eine unzehlige Menge Reymen aus denen Ermeln ſchuͤttelten , welches ihnen die Lateiniſchen Poëten nicht nachthun kunten . Denn weil ſelbige an die Fuͤſſe gebunden ſind , muͤſſen ſie , nothwendiger Weiſe etwas langſam gehen . Als nun Ihro Parnaſſiſche Maieſtaͤt dieſe obgemeldten Sachen geſehen , und angehoͤret nahmen ſie von denen Muſis ihren Abſchied , welche hernach noch eine gute Weile mit denen Poëten , als ihren Liebſten , in der Stadt herum giengen ; da ſie dann mit ſonderlicher Luſt , und Ergoͤtzlichkeit des beruͤhmten Poëten Mauri ſeinen Laden , und die Waare , ſo er darinnen feil hatte , beſchaueten . Unter andern Sachen aber funden ſie eine groſſe quantitæt kleine und groſſe Bohnen , von welchen etliche dieſer Damen ſich ſo ſatt aſſen , daß ſie haͤtten berſten moͤgen ; wobey etliche vorwitzige Geſellen obſervirten , daß ihnen diejenigen viel beſſer anſtunden , welche aus der Schaalen waren , als die , ſo noch darinnen ſteckten . Als endlich Apollo in ſeinem Koͤniglichen Pallaſt wieder angelanget war , hielten etliche Courtiſans von ſeinem Hoffe bey ihm an , daß er ihnen , erlauben moͤchte , ſich zu verkleiden und Muinmen zu lauffen , welchen Apollo zur Antwort gab , wie ſie gar keiner Larven vonnoͤthen haͤtten , ihre Angeſichter zu bedecken , dieweil ihre Gemuͤther allbereits ſo haͤßlich verſtellt waͤren , daß er ſie gewiß verſichern wolte , ſie koͤnten uͤberall ungehindert umher lauffen , und wuͤrden von keinem Menſchen , wie klug er immer ſeyn moͤchte , erkannt werden . Den folgenden Tag wurden , alten loͤblichen Gebrauch nach , viele Sachen zum beſten gegeben , welcherwegen man um die Wette lieffe , entweder mit Pferden , Wagen oder zu Fuß . Bey denen Wagen fiele das allerdenckwuͤrdigſte vor , welches wohl zu ſehen und zu notiren war . Denn als an dem Ort , wo die Loſung zum lauffen gegeben wurde , ſehr viele Wagen erſchienen , welche alle neue Naͤder hatten , darzu wohl geſchmieret , auch von denen ſchoͤnſten und ſchnelleſten Noſſen gezogen wurden , ſahe man unter denenſelbigen auch Cornelium Tacitum , welcher einen ſehr alten zerbrochenen Wagen hatte , ſo an allen Orten mit Seilen zuſammen gebunden war , und vor demſelben elende lahme Schind-Maͤhren welche er entlehnet hatte . Es gab aber Tacitus bey dieſem Actu maͤnniglichen ſeine Tapfferkeit und hohen Verſtand zu erkennen . Denn als das Zeichen zum Lauffen gegeben ward , alle Kutſcher mit ihren Peitſchen , wie nicht weniger mit ihrem ſtarcken Zuſchreyen , ihre Pferde wacker antrieben , ſaß Tacitus gantz ſtille bewegte ſich nicht viel , wuſte doch unter deſſen die Pferde ſo wohl in Acht zu nehmen , und ſeinen alten geflickten Karrn mit ſolcher Behendigkeit dermaſſen herum zu drehen , zu wenden und deuen andern vorzubiegen , daß er bey dem aufgeſteckten Ziel anlangte , da die andern mit ihren neuen Wagen noch nicht die Helffte erreichet hatten , wobey dann die Tugendhafften insgeſammt bekennen muͤſſen , daß in allen Sachen , mit der Behendigkeit und dem Verſtand mehr , als mir der Staͤrcke und Gewalt auszurichten waͤre , und daß diejenigen , ſo ihre Sachen und Geſchaͤffte mit guter Manier , rechtem Verſtande und Schlauigkeit angriffen , auch die allerverworrnſten und ſchlimmſten Haͤndel zu einem erwuͤnſchten Ende bringen und ausfuͤhren koͤnnen . Als dieſes vollzogen , lieffen etliche Gelehrte zu Fuß mit einander um die Wette ; woran aber die Tugend haffte nicht ſo groſſe Kurtzweile , als bey dem vorigen Rennen empfanden , dieweil die Unbilligkeit , ſo dabey vorlieffe , allzugroß und nicht zu erdulden war , indem man dieſen armen Schluckern und Gelehrten , das Ziel zu weit geſtecket hatte ; dahingegen den groſſen reichen Hannſen daſſelbige ſo nahe geſetzet wurde , daß ſie es ohne eintzige Muͤhe , und ſonder Lauffen , wann ſie nur eine Hand ausſtrecken und darnach griffen , erreichen mochten . Dannenhero waren ihrer viele , wegen dieſer groſſen Ungleichheit der Meinung , es ſeye vielmehr dem bloſſen Gluͤcke , als dem ſauren Schweiß und denen Meriten zuzuſchreiben , wann ein armer Gelehrter bey Hoffe zu denen hoͤchſten Ehren-Aemtern erhaben wuͤrde . Nichts deſtoweniger iſt bey dieſem letzten Lauffen obſerviret worden , daß viele vom Adel , und andere Neiche bey Hofe ſehr zuruͤcke blieben , und dargegen andere arme , unanſehnliche Tropffen ihnen weit vorgelauffen , anbey das Ehren-Craͤntzlein davon getragen haben . Und obzwar etliche ſich gefunden , ſo vorgeben doͤrffen , daß ſie ſolches durch Gunſt von dem Fuͤrſten erlanget haͤtten ; ſo haben doch andere Verſtaͤndigere davor gehalten , es haͤtten ſich diejenigen billig zu ruͤhmen , und vor gluͤck ſelig zu ſchaͤtzen , welche ſich bey groſſen Herren , denen ſie dienen , ſo beliebt zu machen wuͤſten , daß ſie zu hohen Ehren befoͤrdert wuͤrden ; ja ſie moͤchten wohl ſagen , daß ſie in ihrem ausgeſtandenen Lauff gute Fuͤße gehabt haͤtten . Unterdeſſen trug ſich ein anderer Fall zu welcher bey dem Volck groſſes Lachen verurſachte , von wegen zweyer vornehmen Perſonen bey Hoffe , welche wie offtermalen zu geſchehen pfleget , indem einer den andern zuruͤcke zu halten , und in ſeinem Lauff zu verhindern ſich unterſtunde , wider einander lieffen ; woruͤber ſie dergeſtalt gegen einander verbittert wurden , daß ſie des Hauptwercks ihres Lauffens , den Preiß davon zu bringen vergaſſen , und einander , ſchaͤndlicher Weiſe , mitten auf der Gaſſen , mit Faͤuſten zu ſchlagen anfiengen . Nachdem ſie ſich nun eine gute Weile in dem Koth mit allerhand Beſchuldigungen und Injurien , ſo ſie gegen einander ausſtieſſen , wacker herum geweltzet , und ihre Reputation ziemlichermaſſen beſudelt hatten , wurden ſie endlich von jederman verhoͤhnet und verlachet , dergeſtalt , daß ſie mit Spott und Schimpff nach Hauſe ziehen muſten . Ob nun zwar dieſes dem gemeinen Poͤbel laͤcherlich vorkam ; ſo haben dennoch Ihro Parnaſſiſche Majeſtaͤt ſolches vor ein ſo hochwichtiges Werck gehalten , daß ſie dem weitberuͤhmten Bildhauer Praxiteli auferlegen und anbefehken laſſen , ſolches in eine marmorſteinerne Tafel einzuhauen , damit ſich in kuͤnfftigen Zeiten die Hof-Courtiſanen , ſo uͤber einander eyffern , daran zu ſpiegeln haͤtten . In denen verwichenen Jahren wurden die Præmia , und was ein jedweder gewonnen hatte , durch den Stadthalter auf dem Parnaſſo , und den Stadt- Schultheiſſen , ohne einige Ceremonien und Gepraͤnge ausgetheilet . Dieſes Jahr aber hat Apollo ſoches ſelbſt perſoͤnlich verrichten wollen , derowegen er allen Potentaten , ſo ſich in dem Parnaſſo befinden , anſagen laſſen , ſich in dem groſſen Koͤniglichen Saal einzuſtellen , und dieſen Ceremonien beyzuwohnen . Dieſes kam denen Fuͤrſten etwas Spaniſch vor , daß ſie ſich bey dieſem Actu , ſo hiebevor ſehr gering geſchaͤtzet worden waͤre , einſtellen ſolten , da ſie doch nur allein zu denen allerwichtigſten erfordert wuͤrden . Dieweil es aber Sr. Parnaſſiſchen Majeſtaͤt allergnaͤdigſter und ernſter Befehl war , ſtelleten ſie ſich gehorſamſt ein , und wurden vom Apolline auf folgende Weiſe angeredet : Ich vernehme , daß ihr euch ſehr verwundert , warum ich dieſes Werck , ſo bißhero , durch meine Diener verrichtet worden , anjetzo in Perſon volziehen will . Denn weil an dieſem gegenwaͤrtigen eintzigen Handel , ſo anjetzo ſolte vollzogen werden , nicht allein die ewige gantze Wohlfahrt und Gluͤckſeeligkeit , ſondern auch das Heyl aller eurer Unterthanen , uͤber welche ihr geſetzet ſeyd , dependiret , ſo habe ich euch , um eures ſelbſt-eigenen Beſten willen anhero erfordern laſſen . Lernet demnach heute von mir , die ihr ůber Land , und Leute geſetzet ſeyd , daß ihr keine Affecten noch Partialitæt in eurem Hertzen herrſchen laſſet , und wann ihr diejenigen , ſo euch treulich gedienet belohnen wollet , ſo ſehet auf ihre Meriten , und machet es nicht nach eurem eigenen Schwindelhirn , ſondern thut wie ich , der anjetzo einen ieglichen , wie ihr ſehet , nachdem er es mit ſeinem langen und ſauern Lauffen verdienet hat , belohnet , ſo werdet ihr und eure Nachkommen biß an der Welt Ende das Regiment behalten , und den Namen bekommen , daß ihr , als kluge und verſtaͤndige Regenten , Land und Leuten wohl vorgeſtanden habt . Wo ihr aber darwiederhandelt , und dieſem nicht alſo nachkommet , ſo werdet ihr euch ſelbſt zu Spott und Schanden machen , um alles kommen , und aus vornehmen Fuͤrſten , wie ihr jetzund ſeyd , zu Bettlern werden , dieweil ihr euch in todte ſtinckende Aeſer habt verlieben wollen . Zu deſto beſſerer Erlaͤuterung dieſer Relation , des Boccalini aus dem Parnaſſo , iſt noͤthig zu wiſſen , welchermaſſen einem rothe Ruͤben auftragen oder vorſetzen , im Italiaͤniſchen ſo viel heiſſet , als einem etwas aufbinden , etwas vorbringen oder uͤberreden , das in der Wahrheit ſich nicht alſo verhaͤlt , und ſtichelt der Autor allhier , verbluͤmter Weiſe , auf Plinium , dieweil ihm Schuld gegeben wird , er habe in ſeinen Schrifften viele falſche und unwahrhaffte Sachen vorgebracht , welche er aber doch alſo zuzurichten gewuſt , daß ihrer viele ſelbige vor wahrhafft gehalten haben . Durch die Torte verſtehet der Herr Autor die Italiaͤniſchen Commœdie , ſo Paſtor Fido genannt wird , von einem aus Ferrara gebuͤrtig beſchrieben , und in gantz Italien hoch gehalten . Johannes della Caſa iſt der Autor ſo den Galateum hat laſſen ausgehen , und will man hier damit andeuten , daß diejenigen , ſo gute Regeln und Præcepta vorſchreiben , ſelbige ſelbſt nicht allezeit ſo genau obſerviren . Fava heiſſet in dem Italiaͤniſchen erſtlich eine Bohne , und darnach wird ſolches Wort auch vor das vordere Theil des maͤnnlichen Gliedes genommen , und dieſe Signification hat es allhier . Denn weil der Italiaͤniſche Poët Maurus verſchledene Sachen della Fava , wie es in der andern Signification ausgeleget wird , geſchrieben hat , alſo ſchertzet der Autor allhier , und ſpricht , daß die Weiber : oder Muſæ ſich ziemlichermaſſen an denenſelben erluſtieretz haben . Diejenigen Gelehrten , welche ihre groͤſte Kunſt darinnen beſtehen laſſen , daß ſie ſtille ſchweigen und nichts , oder doch ſehr wenig reden , moͤgen ihre Gedancken uͤber nachſtehende Relation aus dem Parnaſſo machen : ES ließ Apollo dieſen Morgen , wieder maͤnnigliches Verſehen , Harpocratem , der die Kunſt ſtille zu ſchweigen ſehr wohl ſtudieret hatte , vor ſich kommen , und ſagte ihm , wie er ſich bißhero uͤber ſeine Verſchwiegenheit ſehr verwundert haͤtte ; nunmehro aber habe er ein groſſes Verlangen bekommen , ihn einmahl reden zu hoͤren . Denn die Gabe des Stillſchweigens waͤre an einem Mann am allermeiſten zu loben , welcher auch , bey ſich ereignender Occaſion , mit ſeinem anmuthigen Geſpraͤche vornehmen und gelehrten Leuten die Zeit zu pasſiren wuͤſte . Als Harpocrates dieſes vernahm , zog er die Schultern ein , und gab damit zu verſtehen , daß er nicht reden koͤnne . Apollo deutete ihm nochmalen an , das Stillſchweigen bey Seite zu ſetzen , und mit einem guten Discurs ſich heraus zu laſſen . Harpocrates aber kehrte ſich nicht daran , ſchwiege vor wie nach , und logte einen Finger auf den Mund ; woruͤber ſich dann Apollo etwas alterirte und ihm mit Ernſt anbefahl kurtz um zu reden . Da naͤherte ſich Harpocrates dem Apollini , und ſagte ihm heimlich in das Ohr ; Es waͤre die heutige Welt ſo verdorben und verkehret , daß diejenigen billig vor die Kluͤgſten und Verſtaͤndigſten zu halten , die da mit denen Augen alles ſehen , mit ihrem Verſtande alles beurtheilen ; mit dem Munde aber daruͤber ſtille ſchweigen koͤnten . Dieſe Antwort verdroſſe den Apollinem noch hefftiger , dergeſtalt , daß er ſich gegen die Umſtehende wandte , mit Vermelden , er ſaͤhe nunmehro wohl , daß andem Harpocrate nicht viel beſonders ſeye . Apollo befahl ihm derohalben auch ſich zu trollen , oder fortzupacken , weil er nicht in den Parnaſſum gehoͤre , ſondern einer von denen Puͤffeln waͤre , deren ſich heutiges Tages eine groſſe Menge befaͤnde , welche unter dem Schein des Stillſchweigens ihre groſſe Unwiſſenheit verbergen und zudecken wolten . In folgender Relation ſtecket eine groſſe Staats Lehre vor alle diejenigen Raͤthe , welche ihrem Fuͤrſten rathen , auf weitlaͤufftige Conqueten zu gedencken , und wann er ſich auch die gantze Welt unterthaͤnig machen koͤnte . DIe Durchlauchtige Monarchie derer Roͤmer , ſo hiebevor , ehe ſie von denen Barbariſchen mitternaͤchtigen Voͤlckern unterdruͤcket worden , am Hofe des Apollinis eine ſolche Autoritæt und Anſehen gehabt , zu dergleichen kein anderer Stand jemalen hat gelangen koͤnnen , verfuͤgte ſich vor etlichen Tagen , unterm Schein als ob ſie auf die Jagd ziehen wolte , zum Cornelio Tacito , welcher , ſich zu erluſtieren , auf ſein Land-Guth verreiſet war . Demſelben zeigte ſie an , wie ſie zu ihm kaͤme , ſich Naths bey ihm zu erholen , wegen einer politiſchen Frage , uͤber welcher ſie allbereit unterſchiedene vornehme Politicos conſultiret ; von welchen ſie aber biß dato nicht zur Gnuͤge berichtet worden waͤre , verhoffte derowegen von ihmals dembeſten Statiſten , und Ober-Haupt unter denen heutigen Politicis , beſſere Satisfaction zu haben . Die Frage aber , ſo ihr biß anhero viel zu ſchaffen gemacht , beſtuͤnde darinnen , wie es doch kaͤme daß das Koͤnigreich Franckreich , Spanien , Egypten , Paleſtina , die Stadt Carthago , ſamt vielen andern Laͤndern , die ſie in Aſia , Africa und Europa beſeſſen , welche , ehe ſie ſolches unter ihre Herrſchafft gebracht , vor ſich ſelbſt ſo maͤchtig geweſen waͤren , daß ſich jederman vor ihnen habe fuͤrchten und entſetzen muͤſſen , nunmehro aber , da ſie ſaͤmtlich unter ihrer Gewalt , und an ſtatt , daß obgemeldte Laͤnder Sie zu einer maͤchtigen Monarchie haͤtten machen ſollen , welche in einem Augenblick alle die geringern verſchlingen koͤnte , haͤtten ſie dieſelbe an Kraͤfften vielmehr geſchwaͤchet , als daß ſie durch ſelbige ſolte ſeyn geſtaͤrcket worden , und ſolches naͤhme ſie ſo viel deſto mehr Wunder , weil man ſonſten augenſcheinlich ſaͤhe , daß viele Faden zuſam̃en gedrehet , ein ſtarckes Seil , und viele Reiſer zuſammen gebunden einen feſten Balcken machten ; ſo viele maͤchtige Fuͤrſtenthuͤmer aber mit einander vereiniget , haͤtten nicht zuwege bringen koͤnnen , eine ſolche Monarchie , wie man vermeynet , ewigwaͤhrend zu machen . Hierauf gabe Tacitus zur Antwort , die Frage waͤre ſchwer , und derowegen noͤthig , ſich wohl darauf zu bedencken ; wolte ſich aber Morgen im Parnaſſo wieder einſtellen , und nachdem er ſich ein wenig in ſeinen Annalibus und Hiſtorien umgeſehen , verhoffe er aus denenſelben einen ſolchen Beſcheid zu geben , womit man zufrieden ſeyn ſolte . Die Noͤmiſche Monarchie begnuͤgte ſich an dieſer Antwort . Indem ſie aber vom Tacito Abſchied nahm , und ſich wieder nacher Haus verfuͤgen wolte , fande ſich allda Melibeus der beruͤhmte Schaͤffer ein , ſo Tacito dieſen Morgen etliche friſche Kaͤſe verehret hatte . Dieſer wurde von der Frage verſtaͤndiget , welche die Noͤmiſche Monarchie an Tacitum gethan , und begehrte derowegen an ſie , noch in etwas allda zu verharren , mit vermelden , er habe ihr Begehren vernommen , wolte ihr auch alſobald , ohne zu meditiren , auf die vorgehrachte Frage antworten , daß ſie damit ſolte zu frieden ſeyn . Die Roͤmiſche Monarchie und Tacitus lachten des Melibei , und ſagten ihm , daß er ſtille ſchweigen , und ſich zu ſeinen Schaafen verfuͤgen ſolte , weil er ſich auf ſein Handwerck am beſten verſtuͤnde . Melibeus aber ſcheuete ſich nicht , vorzugeben , daß Niemand von Staats-Sachen beſſer raiſoniren oder diſcuriren koͤnte , als eben die Schaͤfer , und ſolten ſich Fuͤrſten und Herren gluͤckſelig achten , wann ſie ſolche Liebe gegen ihre Unterthanen truͤgen , wie die Schaͤfer gegen ihre Schaafe thun ; noch gluͤckſeliger aber wuͤrden die Unterthanen ſeyn , wann ſie mit ihrem Gehorſam gegen ihre Obern denen Schaafen imitirten . Ob nun zwar Tacitus , und die Roͤmiſche Monarchie , uͤber ſolche des Hirten hertzhaffte Antwort ſich nicht wenig verwunderten , wolten ſie den- noch , er ſolte nicht weiter von Staats-Sachen raiſoniren . Der Hirte aber kehrte ſich an nichts , ſondern ſprach zu der Roͤmiſchen Monarchie : Großmaͤchtigſte Koͤnigin ! Ich bin , wie meinem Virgilio gar wohl bewuſt , ein Mantuaniſcher Hirte , und wolte es denen grauen Haaren , ſo ihr auf meinem Haupte , und an meinem Bart ſehet , vor eine groſſe Schande halten , wann ich mein Handwerck nicht recht ausgelernet haͤtte ; ſage demnach , daß in denen vielen Jahren , ſo ich die Schaafe huͤte , ich gar eben erfahren , wie die Macht und der Reichthum eines Schaͤfers nicht , wie mancher ſich einbildet , darinnen beſtehe , wann er viele Millionen Schaafe hat , ſondern vielmehr darinnen , daß er deren nur ſo viele habe , als er mit ſeinen Augen uͤberſehen , und mit ſeinem Hirten-Stabe regieren kan , und die ſeine Pfeiffe hoͤren , und derſelben folgen koͤnnen . Die Urſache deſſen iſt offenbar . Denn bey gar zu wenig Schaafen bleiben die Hirten allezeit arme Bettler und treibet ſie die Armuth dahin , die Schaafe allzuhart zu melcken , und ihnen die Wolle gar aus der Haut abzuſcheren . Bey der mittelmaͤßigen Zahl , darinnen die hoͤchſte vollkommenheit beſtehet , befinden ſich die Schaͤfer am allerbeſten ; dahingegen bey der allzugroſſen Menge dieſe Ungelegenheit entſtehet , daß ein eintziger Schaͤfer derſelben nicht wohl abwarten , noch ſie der Gebuͤhr nach verſehen kan . Dannenhero werden die armen Schaafe , wegen ihrer groſſen Anzahl , und der Unachtſamkeit des Schaͤffers , vors erſte mager ; nachhero aber muͤſſen ſie vor Hunger und Kummer gar verſchmachten und verderben . Dieſer Schade ruͤhret daher , weil die Berge allzuvoll , und an ſtatt , daß in denenſelben gute Ordnung ſolte gehalten werden , alles uͤber und druͤber gehet ; auf welche Weiſe das unter uns Schaͤffern gebraͤuchliche Sprichwort wahr zu ſeyn ſcheinet , daß nemlich wenig Schaafe einem Schaͤfer zur Haushaltung nicht viel nutzen ; eine mittelmaͤßige Heerde aber beſſer ſeye ; gar zu viel hingegen lauter unordnung , ja mehr Schaden als Nutzen verurſachen . Alſo ſolten ſich alle Potentaten , Fuͤrſten und Regiments-Perſonen gluͤckſeelig achten , wann ſie von dem unſterblichen GOtt die Natur und Eigenſchafft derer Cameele empfangen haͤtten , daß ſie ſich in rechter Demuth zur Erden beugen , und mit der ſchweren Regiments-Laſt beladen laſſen koͤnten , daß ſie auch ihrem Hochmuth und Ehrgeitz Maaß und Ziel zu ſetzen wuͤſten , und nicht mehr aufgeladen haben wolten , als ſie ſehen , daß ihre Schultern ertragen koͤnnen . Aber es wird aus gerechtem Gerichte GOttes denen Menſchen die unerſaͤttliche Gierigkeit von Natur angebohren , daß ſie ſich die gantze Zeit ihres Lebens aͤngſtigen und bemuͤhen , und indem ſie alles zu ſich raffen und an ſich ziehen wollen , endlich mit ihrem Schaden gewahr werden , daß ſie alle Muͤhe und Arbeit verlohren , und umſonſt ſich bemuͤhet haben . Daher nun kommet es , daß in denen 1600 . Jahren , waͤhrender welcher Zeit ich in der Landſchafft Arcadia ein Schaͤffer geweſen bin , meine Heerde niemalen ſich uͤber 600. erſtrecket , und weil mir dieſelbe alle Jahre richtig und gewiß , eben ſo viele Thaler eingetragen , bin ich jederzeit vor den allergluͤckſeligſten Schaͤfer dieſes Landes gehalten worden . Um dieſer Urſachen willen habe ich niemahln viel von denen Hirten gehalten , ſo aus bloſſem Geitz viele Heerden Schaafe haben wollen , und auf einen Tag damit reich zu werden vermeynen , dieweil das Auge des rechten Herrn welches die Schaafe fett machet , nicht auf alle Achtung geben kan , daher er ſich oͤffters genoͤthiget ſiehet , ſolche liederlichen und unachtſamen Miedlingen zu vertrauen , oder wohl gar anderen zu verleyhen , welche dann die Schaafe uͤber ihr Vermoͤgen zu preſſen , ja das Marck aus denen Beinen zu ſaugen pflegen , und ſich wenig bekuͤmmern , wann ſie nur ihren Nutzen und Gewinn haben , es gehe denen Schaafen wie es wolle . Es haben aber unter uns Hirten ſich auch des groſſen Alexanders gleich enbefunden , welcher ſich nicht geſcheuet von dem Allmaͤchtigen GOtt zu begehren , mehr Welten zu erſchaffen , damit er ſeinen Ehrgeitz durch deren Eroberung ſattigen koͤnne . Sonderlich aber iſt in dieſer Landſchafft Arcadia einer , Namens Menalcas , mein ewiger Todtfeind geweſen , welcher jederzeit dahin getrachtet , wie er eine groͤſſere quantitæt Schaafe , als ich , zu wege bringen moͤge . Er ließ ſich derohalben an 600. die er hatte , nicht begnuͤgen , ſondern , damit er uͤber alle andere Schaͤfer herrſchen moͤchte , entlehnte er das Geld , verkauffte darzu den groͤſten Theil ſeiner Guͤther , und nachdem er eine anſehnliche Summa zuſammen gebracht , ließ er aus Spanien , Engeland und Franckreich , an welchen Orten er wuſte , daß die beſte Wolle iſt , mit ſchweren Unkoſten drey Heerden Schaafe kommen , jede von 500. Stuͤcken . Dieſe nun , weil ſie fremde waren , und den Hirten nicht kannten , auch ſeine Sprache und Pfeiffe nicht verſtunden , wurden des Morgens ſchlecht geweydet , und kamen des Abends hungerig wieder heim , wannenhero Menalcas dieſelbe , als welche jederzeit hin und her lieffen , zum Gehorſam zu bringen , die Hunde an ſie hetzte , die dann als Fremde von denen Schaafen zum hoͤchſten angefeindet wurden , und wuchſe der Wiederwill von Tag zu Tag deſtomehr , weil zu dem natuͤrlichen Haß noch die Verletzungen kamen , welche Stuͤcke dann mit einander bey denen Schaafen eine ſolche Halsſtarrigkeit , Verzweiffelung und Ungehorſam verurſachten , daß ſie vor denen Hirten und Hunden einen greulichen Abſcheu hatten . Dahero wann ſie vermerckten , daß man ſie melcken , ſaubern , oder ihnen die Wolle abnehmen wolte , ſie ſich hin und wieder in denen Gebuͤſchen verſteckten , wodurch die ſaͤmtlichen Hirten in Erfahrung kamen , daß die Verzweiffelung auch die armſeligſten Caninichen in grauſame Loͤwen verwandeln kan . Denn es wuͤrden unter der Spaniſchen Heerde viel gefunden , ſo ſich die Hirten zu beiſſen , unterſtehen durfften . Die Frantzoͤſiſchen ſtieſſen und ſchlugen die Eymer , darein man ihre Milch gemolcken hatte , mit denen Fuͤſſen um . Die Engellaͤndiſchen aber , damit ſie denen fremden Hirten nicht gehorchen muͤſten , und von denen Hunden nicht zerriſſen wuͤrden , enthielten ſich des Weydens , und wolten viel lieber Hungers ſterben , als in ſolcher Dienſtbarkeit leben . Vielmehr aber war ſich daruͤber zu verwundern , daß eben diejenigen Schaafe ihre Fruͤchte und Nutzungen , als Kaͤſſe , Wolle und Laͤmmer , die ſie ihren natuͤrlichen Hirten ſo gerne goͤnneten , dieſen Fremdlingen mit ſo groſſen Widerwillen folgen lieſſen , daß ſie auch bedauchte , es wuͤrde tyranniſcher Weiſe mit ihnen verfahren , und deßwegen uͤber ihr eigen Ungluͤck lachten , indem ſie ſahen , daß ihr Herr , der Menalcas , bey ihnen ins Verderben geriethe , ſich auch freueten , daß ſie waren unfruchtbar worden . Als nun Menalcas uͤber dieſen Zuſtand nicht wenig betruͤbet und beaͤngſtiget war , ließ er dieſe Schaafe zum Gehorſam zu bringen , eine neue Anzahl Hunde aus dem Schweitzer- Lande bringen , welches ihm dann vollends zum hoͤchſten Schaden und Nachtheil gereichte , weil die Hunde mit ſolcher Grauſemkeit gegen die Schaafe verfuhren , daß ſie dieſelben endlich auch gar zu freſſen an fiengen , wodurch die Schaafe je laͤnger je mehr Anlaß bekamen ſich zu widerſetzen , welches dem armſeligen und betruͤbten Menalcas Urſache zur endlichen Verzweiffelung gab . In ſolcher Verzweiffelung erholet er ſich Raths bey dem allerſchaͤdlichſten Politico , einem Florentiner von Geburt , und ſtellete ihm auch Glauben zu . Dieſer ſagte ihm , wie daß kein beſſer Mittel waͤre , dieſe fremde Schaafe unter ſeinen Gehorſam zu bringen , deſſen ſich auch die verſtaͤndigſten und kluͤgſten Hirten jederzeit bedienet haͤtten , als die Schafe laſſen recht Mager werden . Dieſes Mittel aber , ſobald es in das Werck geſetzet war , gereichte nicht allein dem Herrn , ſondern auch der Heerde ſelbſten , zum aͤuſſerſten Schaden und Ruin . Denn nachdem der Hirte von denen verhungerten Schaafen weder Kaͤß noch Wolle mehr zu hoffen hatte , muſten ſie endlich ſelbſten nach einander dahin fallen und verſchmachten . Alſo ward der unglůckſelige Menalcas , binnen einer Zeit von dreyen Monaten ſeines Capitals und des Intereſſe mit einander quitt , durffte auch , dem alten Sprichwort nach , weil er den Schaden hatte , vor den Spott nicht ſorgen , als welcher unlaͤngſt ein reicher Schaͤfer dieſes Landes geweſen ; nunmehro aber mit denen Fellen derer umgefallenen Schaafe zu handeln anfienge ; wozu ihn aber nichts als der eitle Ehr- und Geld-Geitz gebracht , dabey er ſich jedoch ſeiner getriebenen Kauffmannſchafft wiewohl nicht ohne Schmertzen , ſtets erinnernkunte . Dieſer Schade aber , der da nicht geringe , hatte keinen andern Urſprung , als das Menalcas , in der Schaffhirtiſchen Kunſt nicht allerdings wohl erfahren war ; allermaſſen dieſe von derjenigen ſo in andern Kauffmanns-Haͤndeln gebraͤuchlich gantz different und unterſchieden , daß auch dannenhero dem Menalca , ſo mit 600 Schaafen jaͤhrlich 600. Thaler zu gewinnen gewohnet war , ſeine Rechnung weit fehlete , indem er mit 2000 . Schaafen auch 2000 . Thaler zu gewinnen vermeynte . Es iſt zwar gewiß und wahr , daß in der ordinairen Rechen-Kunſt zweymal 5. zehen , dreymal 5. funffzehen machet und ſo fortan . Aber in der Schaͤfer-Rechnung machet zweymal 5. nur 3. dreymal 5. macht eins , und viermal 5. bringet gar heraus die Nulle , welche diejenigen in das Verderben ſtuͤrtzet , die gar zu viel haben wollen , dergeſtalt , daß ſie zu letzt , wie Æſopi Hund , der vor ein Stuͤcke Fleiſch zwey zu erlangen vermeynte , gar keines bekommen . Diejenigen Poëten , ſo ſich auf den vor ſie eingefuͤhrten Lorbeer-Crantz allzuviel einbilden , moͤgen die jetzt-kommende Relation in reiffe Uberlegung ziehen . ES wurde geſtriges Tages das hohe Feſt , dem beruͤhmten Lorbeer-Baum zu Ehren , von denen ſaͤmtlichen Gelehrten in dem Parnaſſo hochfeyerlich begangen , welches Feſt an dem Tage , da ſich der denckwuͤrdige Fall mit der Daphne zugetragen , angeordnet worden , damit Ihro Parnaſſiſche Majeſtaͤt , ſo biß dato , wegen dieſer traurigen und betruͤbten Verwandelung ſehr bekuͤmmert geweſen , Ihr Gemuͤthe in etwas wieder ergoͤtzen moͤchten . An dieſem hohen Feſt iſt niemand als denen Poëten , denen Kayſern und andern Helden erlaubet , mit Lorbeer-Craͤntzen gecroͤnet , in das Collegium derer Gelehrten einzutreten . Denenjenigen aber , ſo dieſe Ehre und Prærogativ nicht haben , iſt anbefohlen worden , damit ſie dieſes Feſt mit ihren bloſſen Haͤuptern nicht verunehreten , ſich unterdeſſen zu Hauſe zu halten . Franciſcus Petrarcha , welchem von Alters her dieſes Amt vom Apolline aufgetragen iſt , hielte eine ſehr ſchoͤne Oration , dem Lorbeer-Baum zu Ehren . Da er aber perorirte , begegnete ihm ein denckwuͤrdiger Zufall . Er ſtriche erſtlich gedachten Baum auf das allerbeſte heraus , ſo gar daß er auch vom Donner nnd Blitz verſchonet und nicht beruͤhret wuͤrde , ja daß er allein das Privilegium und die Gnade habe derer Poëten , derer Kaͤyſer und anderer tapfferer Helden Haͤupter zu croͤnen und zu zieren , und mit hoͤchſten Eyffer ſich wieder die Vermeſſenheit der heutigen ungluͤckſeligen Welt heraus lieſſe , und ſelbige auf das aller unbarmhertzigſte durchhechelte , wie nemlich die freyen Kuͤnſte ſo gar in Verachtung kommen waͤren , daß auch dieſer herrliche Baum , ſo in vorigen Zeiten ſo hoch gehalten worden , nunmehro ſo verachtet waͤre , daß auch die Wirthe und Weinſchencken , zum Zeichen ihrer Wirthſchafft ſich ſeiner gebrauchten , ja man ſchaͤme ſich ſo gar nicht , denſelben zu allerhand Speiſen zu nehmen , und bediene ſich ſeiner Blaͤtter zu denen gebratenen Aalen , Lebern und andern Lecker-Bißlein . Solche nahmhaffte Mißbraͤuche und ſchaͤndliche Gewohnheiten nun erzehlte Petrarcha mit ſolcher Vehementz und Eyffer , daß er daruͤber in eine Ohnmacht geriethe , und gantz Krafftloß darnieder fiele , alſo daß er nicht vermochte ſeine Oration zu Ende zu bringen . Er kunte auch nicht ehe wieder zu rechte und zu ſeinen Kraͤfften kommen , biß die ſchoͤne Laura ſelbigen auf ihren Schooß nahm und ihn wieder erquickete . Dieſer Fall gereichte Petrarchæ zu ſonderlichem Lob und Ehren , dieweil maͤnniglich daraus verſpuͤrte , was vor groſſe Liebe und Affection er zu dieſem Lorbeer-Baum truge , den er in ſeinen Verſen mit ſo trefflicher Zierde und Wohlredenheit gelobet und herausgeſtrichen . Zu mercken iſt hierbey , daß der Autor unter dem Wort Lorbeer-Baum in dieſer gantzen Relation ſchertzet , und dadurch die Lauram verſtehet , welche eine uͤberaus ſchoͤne Dame , Petrarcha aber in dieſelbe ſehr verliebt geweſen , und ihrer in ſeinen Schrifften oͤffters Meldung gethan . Doctores Juris , und andere Advocaten , auch Procuratores , koͤnnen ihre Reflexiones uͤber nachſtehende Relation aus dem Parnaſſo machen . ES wird der Parnaſſus nicht allein darum vor eine gluͤckſelige Wohnung gehalten , dieweil die Majeſtaͤt des Apollinis darinnen herrſchet , und das Regiment fuͤhret , noch auch , daß die allervortrefflichſten und beruͤhmteſten Leute ſich allda auffhalten ſondern von wegen des tugendhafften Wandels hoͤflicher Sitten und Geberden , wie nicht weniger derer heilſamen Geſetze und Ordnungen halber , ſo allda obſerviret werden , welches daher ruͤhret , dieweil alle diejenigen , ſo ſich allda niederlaſſen , ſchuldig ſind , die beſten und herrlichſten Gebraͤuche ihres Landes mit ſich dahin zu bringen , welcheloͤbliche Gewohnheit ſowohl dem Privat- als gemeinen Weſen groſſen Nutzen und Anſehen verſchaffet hat , dahero leichtlich abzunehmen , daß dieſes ein recht gluͤckſeliges Land koͤnne genennet werden , welches nicht nur bey ſeinen eigenen Geſetzen verbleibet , ſondern , wo man ſich derer auserleſenſten Ordnungen und Statuten vieler Voͤlcker gebrauchet . Dieweil dann Apollo berichtet worden , wie die Großmaͤchtigen Koͤnige in Spanien erſtlich verboten haͤtten , daß ins kuͤnfftige keine Doctores Juris , noch andere Advocaten oder Procuratores , nach Indien ſchiffen ſolten , hat er ſolches ein heiliges Verboth genennet , und ſelbiger Koͤnige Gottſeligkeit hoͤchlich geruͤhmet , daß ſie ſolche Liebe und Treue gegen die neue Welt erwieſen haͤtten , indem ſie dieſelbige vor dem groſſen Jammer und Elend , dadurch die alte Welt in ſo viele Streitigkeiten und unnuͤtzes Gezaͤncke gerathen , behuͤten wollen . Ihro Parnaſſiſche Majeſtaͤt befahlen auch zugleich , ſolch vortreffliches Edict in eine metallene Tafel zu gieſſen , und ſelbiges hernach bey die uralten Leges 12. tab. auf dem groſſen Marckt aufzuhencken . Die Herren Juriſten waren damit uͤbel zufrieden , und baten Ihro Parnaſſiſche Majeſtaͤt inſtaͤndigſt , daß dieſelben mit ihnen nicht alſo verfahren wolten . Denn im Fall ſolches Edict ſolte publiciret werden , wuͤrden Ihrer viele daher Urſache nehmen , denen von Ancona , Norcia , Recanati und andern nachzufolgen , welche , mit nicht geringer Beſchimpffung derer freyen Kuͤnſte die Doctores Juris aus ihrem Rath abgeſchaffet haͤtten , denen doch von andern Voͤlckern , ſo groſſe Ehre erzeiget wuͤrde , daß ſie gaͤntzlich dafuͤr hielten , es koͤnte ohne derer Juriſten Beyfall und Gutheiſſen nichts loͤbliches geſchloſſen werden . Sie verhofften aber es wuͤrden Ihro Parnaſſiſche Majeſtaͤt um ſo viel deſtomehr ſich ihrer Sache annehmen , dieweil es zugleich Freyen Kuͤnſten mitguͤlte , welche ſich alle diejenigen , ſo Jura ſtudieren , ſo hoch lieſſen angelegen ſeyn , auch keine Muͤhe und Unkoſten ſparten , dieſelbe zu erlernen . Es haͤtte Niemand vermeynet , daß Ihro Parnaſſiſche Majeſtaͤt ſich ſo ſehr uͤber dieſe derer Rechts-Gelehrten Bitte , die ſie thaten , erzuͤrnen ſolte . Allein er antwortete dieſen Juriſten mit der groͤſten Ungedult , wie er ſich nicht genugſam verwundern koͤnte , daß ſie in ſeiner Gegenwart vorgeben doͤrfften , als ob ſie ſo groſſe Muͤhe und Unkoſten auf die Freyen Kůnſte wendeten , da doch das Delphiſche Edict maͤnniglichen bekannt waͤre , in welchem das Studium Juris nicht vor eine Freye Kunſt ſondern vor ein Handwerck waͤre erkannt worden , dadurch die Menſchen , als mit einer ſonderlichen Straffe , zu martern und zu plagen , dabey weder Freude noch Ergoͤtzlichkeit zu gewarten , Auch kein ſonderlicher Verſtand erfordert wuͤrde , und daß diejenigen guten Theils , ſo ſich darauf legten , ſolches aus Geitz und ſchnoͤden Gewinnſtes wegen thaͤten , den Bauch mit Thalern , wie die Schweine den ihrigen mit Eicheln zu fuͤllen . Denn obſchon ſolche Leute nicht gar hohen Verſtandes waͤren wie zu andern Studiis erfordert wird , ſo koͤnten ſie doch gar leichtlich groſſe Advocaten werden , wann ſie nur gute Ochſen-oͤpffe und ſtarcke Eſels Ruͤcken haͤtten , damit ſie alle Arbeit ausſtehen , und den Karrn wacker in den Koth ſchieben koͤnten . Dritte Ahandlung . ALle diejenigen , welche ſich eine Zeitlang in Roͤmiſch-Catholiſchen Landen aufhalten , auch Kaͤnntniß von der Sache , und Einſicht in dieſelbe haben , werden finden , daß die Pedanterey , gelehrte Grillenfaͤngerey , und gelehrter Hochmuth , daſelbſt ebenfalls gantz entſetzlich herrſchet , abſonderlich in ſolchen Roͤmiſch-Catholiſchen Landen welche innerhalb denen Graͤntzen des Roͤmiſchen Reichs gelegen . Denn da hoͤret man in Geſellſchafften , in Wein- und Bier-Haͤuſern , faſt allenthalben Lateiniſch reden , und uͤber unnuͤtze Dinge aufs hefftigſte diſputiren , dergeſtalt , daß in dergleichen Geſellſchafften einem die Worte : Concedo Majorem , nego Minorem ; oder Concedo Minorem nego Majorem , taͤglich mehr als Zwantzigmal ja dreißig und nochmehrmahlen in die Ohren fallen . Vornemlich ſtecket die Geiſtlichkeit in Roͤmiſch-Catholiſchen Reichs-Landen , wo die Teutſche Sprache geredet wird , biß uͤber die Ohren in der Pedanterey , und Tummheit , und ich meines Orts , der Autor dieſes Tractats , kan mit gutem Gewiſſen ſagen , welchermaſſen ich in ſolchen Landen ſehr wenig gute nuͤtzliche und erbauliche Predigten gehoͤret , ob ich deren ſchon mehr als tauſend beſuchet ; gleichwie ich es denen Frantzoͤſiſchen und Italiaͤniſchen Predigern zu ihrem Ruhm nachſagen muß , daß ich , waͤhrenden meinem Aufenthalt in Franckreich und Italien , unter vierhundert Predigten nicht eine gehoͤret , an der ich etwas auszuſetzen gehabt haͤtte , ſondern alle ſo gefunden , daß man darinnen auf ein thaͤtiges Chriſtenthum ſtarck angedrungen . Abſonderlich hat mich einſtmals ein Faſten-Prediger bey denen Auguſtinern à la Rue Boucherie zu Paris , au Fauxbourg St. Germain , durch ſeine Paſſions-Predigten dermaſſen beweget , daß ich die Paſſion faſt niemals erbaulicher und andaͤchtiger betrachtet . Hernach habe ich zu Nom , à la Chieſa nuova , den beruͤhmten Pater Buſſi , einen Bruder des verſtorbenen Cardinals dieſes Namens vier Wochen lang , und alle Tage eine halbe Stunde , ſo predigen hoͤren , daß es auch kein Wunder geweſen waͤre , wann er die Hertzen derer verhaͤrteſten Suͤnder erweichet haͤtte . Er ſtellete die groſſe Gluͤckſeligkeit derer Buͤrger des Himmliſchen Jeruſalems vor , und das unausſprechliche Elend derer Babyloniſchen Einwohner ; uͤber welches Thema er die gantzen vier Wochen hindurch predigte . Von einigen Teutſchen Roͤmiſch-Catholiſchen Geiſtlichen aber noch etwas mehreres zu reden , welche ſich entweder in ihren Predigten , oder in ihren Schrifften , etwas laͤcherlich aufgefuͤhret , ſo bitte ich , mir zu glauben , wie ich Anno 1704 . zu Amberg in der Ober-Pfaltz den zweyten Tag des Weynachts-Feſtes , in der Veſper-Predigt , einen Franciſcaner gehoͤret , welcher das gantze Auditorium mehr als einmal zu einem lauten Gelaͤchter bewogen . Er tractirte die Materie von der Jungferſchafft auf der Cantzel und beſchriebe eine Jungfer , wie ſie von innen und auſſen , ja oben und unten , beſchaffen ſeyn ſolle . Als er ſeine Beſchreibung gemachet hatte , fragte er , wie viel wohl ſolche reine und rechtſchaffene Jungfern in Amberg moͤchten zu finden ſeyn ? und ſprach anbey : Ich will nicht mit einem gewiſſen Geiſtlichen es geſaget haben , der unlaͤngſtens an einem Orte geprediget , er getraue ſich alle reine Jungfern in der Stadt auf einem Schub-Karn zum Thor hinaus zu fuͤhren . Nein , nein fuhr er fort , ich ſage es nicht , denn es moͤchte mir auch gehen wie es ihm gegangen hat . Wie gieng es ihm dann ? fragte er ſelbſten , und antwortete darauf : So gieng es ihm : Als er nach geendigter Predigt nach Hauſe gehen wolte , umringten ihn alle Jungfern , und wolten wiſſen , was er Boͤſes auf ſie wuͤſte ? Dannenhero muſte der arme Mann Parole geben , ſich nechſtkuͤnfftigen Sonntag beſſer zu expliciren . Da ſolcher herbey kam trat er wieder auf die Cantzel und ſprach : Ihr lieben Jungfern ! Ich habe vor acht Tagen geprediget , daß ich mir getrauete euch alle auf einen Schub- Karn zum Thor hinaus zu fuͤhren . Deshalb habt ihr mich umrungen , und obligiret , euch zu verſprechen , heute meine Worte recht zu erklaͤren . Nun bekenne ich , daß ich es geſprochen habe , und ſage es auch nochmals . Aber ihr lieben Jungfern , ihr muͤſſet nicht meinen , daß ich euch alle auf einmahl aufladen wolte . Nein , nein , nein , eine nach der andern , und auf dieſe Art ſolte ich doch wohl endlich mit euch fertig werden . Alsdann gab er ein Exempel von etlichen recht keuſchen Jungfern . Solches , ſagte er , ſind drey Bauer-Maͤdgen in Brabant , unweit Bruͤſſel geweſen , welche aufs Feld graſen gegangen . Gegen dieſe kamen drey Dragoner angeſprenget , und prætendirten , ſie ſolten ſich ihrem Willen accommodiren . Hierwider mochte weder Bitten noch Flehen dieſelbe garantiren ; au contraire es waren die Dragoner eben an dem , Gewalt zu gebrauchen . Demnach baten dieſe drey armen Creaturen nur noch um ein Vater- Unſer lang Zeit . Was waren nun ſolche in dieſer Kurtzen Friſt zu thun geſonnen ? Wolten ſie ſich etwa mit der Flucht zu retten ſuchen ? Thorheit ; Die Kerls hatten Pferde , und wuͤrden ſie leichtlich eingeholet haben . Oder wolten ſich dieſelben zu einer tapffern Gegenwehr entſchließen ? Mit nichten . Es waren ja drey ſchwache Werckzeuge , welche wieder Soldaten wenig ausgerichtet haͤtten . Wolan dann ! was thaten ſolche ? Sie fielen nieder auf ihre Knie , und ſchrien mit dieſen Worten gen Himmel : Ach Marial du Koͤnigin des Himmels und aller Jungfrauen ! Siehe auf uns , in dieſer unſerer Noth , und gieb vielmehr , daß ſich die Erde aufthue und uns verſchlinge , als daß unſere Leiber durch dieſe Boͤßewichter , ſolten geſchaͤndet werden ! Was geſchah ? Ihre Bitte ward erhoͤret . Die Erdethat ſich auf , und nahm dieſe drey keuſchen Jungfrauen zu ſich ; uͤber welches Miracul die Dragoner dermaſſen erſchrocken ſind , daß ſie in die Stadt Bruͤſſel geritten , und die Sache ſelbſten angegeben haben . Darauf hat man die Leichname dieſer dreyen Perſonen geſuchet , und in der Erde gefunden . Man zeiget ſie auch noch jetzo , als ein groſſes Heiligthum in nur bemelter Stadt Bruͤſſel . Alſo ihr meine lieben Jungfern ! woferne heute oder Morgen eine oder die andere von euch in dergleichen Noth gerathen moͤchte , und nicht Luſt haͤtte unziemlichen Zumuthungen Satisfaction zu geben , die ſchreye auch gen Himmel , zur Koͤnigin aller Jungfrauen , welche euch gantz gewiß erhoͤren , und aus aller eurer Noth erretten wird . Als ich mich Anno 1711 . das erſtemal zu Wien befande , gienge ich , nebſt verſchiedenen andern Lutheranern , des Sonntags fleißig , den ordinairen Prediger in dem Francißcaner-Cloſter , welches nicht ferne vom Johannis-Gaͤßgen , bey einem kleinem Platz gelegen , zu hoͤren , weil wir gemeiniglich ſo viel zu Ohren faſſeten , daß wir hernach die gantze Woche durch daruͤber lachen kunten . Einſtmals ſtellete er die Eitelkeit der Welt vor , und ſagte Ketterl ! ( Catharina ) Was macht der Kayſer ? Eitelkeit , Eitelkeit , Vanitas Vanitas Vanitatum Vanitas , alles iſt in der Welt eitel , eitel , eitel ; wobey er gantz entſetzlich mit denen Haͤnden auf die Cantzel ſchlug . Dergleichen Fragen thate er auch von andern Potentaten , und beantwortete ſie auf eben dieſe Weiſe . Ein andermal trate er auf die Cantzel , und verglieche die Welt einem Meer , auf welchem ein jedweder nach etwas fiſchete ; die wenigſten aber etwas fingen . Unter andern muſte Simſon , der bey denen Oeſterreichern und andern mehr Samſon genannt wird , weydlich herhalten , und er redete von ihm alſo : Samſon , als er erwachſen war , wolte reiſen , die Welt zu beſehen und darinnen zu fiſchen , weshalb er von ſeinem Vater und Mutter Abſchied nahm , empfing auch eine brave Summa Silber von ſeinen Eltern , und ſtehet zu glauben , daß ihm abſonderlich ſeine Mutter den Reiſe-Buͤndel ſtattlich werde angefuͤllet haben . Denn die Muͤtterl laſſen es nicht , wann die Soͤhnel in die Welt fliegen . Sie ſtecken ihnen heimlich Geld zu , geben viel Leinen Zeug mit , und vergeſſen auch derer gebackenen Knoͤtel nit . Es ſtunde aber nicht lange an , ſo fande ſich Samſon , der nicht weiter gekommen war , biß gen Thimnat in derer Philiſter Land , ſchon wieder zu Hauſe ein . Seine Eltern ſprachen zu ihm : Ey , lieber Sohn ! Wo kommſt dann du ſchon wieder her ? Haſt du ſchon genug gereiſet . Samſon antwortete : Ich habe ein Weib geſehen , unter denen Toͤchtern derer Philiſter , gebet mir nun dieſelbige zum Weibe . Sein Vater und ſeine Mutter ſagten zu ihm : Iſt dann nun kein Weib unter denen Toͤchtern deiner Bruͤder , und in allem deinem Volck , daß du hingeheſt und nimmſt ein Weib bey denen Philiſtern , die unbeſchnitten ſind ? Allein Samſon ſprach zu ſeinem Vater : Gieb mir dieſe , denn ſie gefaͤllet meinen Augen . Der Vater fragte ferner : Mein ! Iſt ſie reich ? Samſon antwortete das weiß ich nit . Sie gefaͤllet meinen Augen , giebmir ſie zum Weibe . Der Vater fuhr noch weiter fort zu fragen : Iſt ſie tugendhafft ? Samſon antwortete wiederum : Das weiß ich auch nit . Sie gefaͤllet meinen Augen , gieb mir ſie zum Weibe . Bey ſogeſtalten Sachen , und weil der Vater ſahe , daß dem Sohn das Weib nit auszureden war , gab er endlich ſeinen Willen drein , und die Hochzeit wurde vollzogen . In was vor Haͤndel aber geriethe nicht Samſon bey Gelegenheit dieſer Heyrath mit denen Philiſtern ? Er gab denen Philiſtern ein Raͤtzel auf , deſſen Geheimniß und Aufloͤſung das ungetreue Weib ihrem Mann Samſon aus dem Hertzen heraus preſſete , unterm Vorwand , ſie koͤnne anderergeſtalt nit glauben , daß er ſie liebe . Sobald aber die Hure das Raͤtzel wuſte , verriethe fie es ihren Landsleuten , und Samſon geriethe daruͤber in einen verwirrten Handel , weil er ſich obligiret hatte dreyßig Feyer-Kleider und eben ſo viele Hemden zu geben , daferne die Philiſter das Raͤtzel errathen wuͤrden . Er zog zwar wohl andere Philiſter aus , und bezahlete damit ; geriethe aber eben deswegen in noch weit groͤſſere Haͤndel , die ihn endlich das Leben koſteten . Denn er verließ dieſes Weib , das ihm ſo ſchoͤn in ſeinen Augen geduͤncket hatte , und ſie wurde einem andern Mann unter ihren eigenen Landsleuten gegeben . Da ſieng Samſon , aus Verdruß und ſich zu raͤchen , mit denen Philiſtern , aufs neue allerley Staͤnckerey an , die ihm auch gluͤcklich von ſtatten giengen . Er bande eine groſſe Anzahl Fuͤchſe hinten mit denen Schweiffen zuſammen , legte feurige Braͤnder darzwiſchen , jagte ſie hernach denen Philiſtern in die Felder , und brachte auf dieſe Weiſe ihr Getreyde in Brand . Zu einer andern Zeit erſchluge Samſon fuͤnff hundert Philiſter , mit einem Eſels-Kinnbacken , und was er denen Philiſtern derer Poſſen noch mehr machte . Nichts deſtoweniger gieng er wieder in das Land derer Philiſter und verheyrathete ſich allda zum zweyten mal an ein Weib , Delila genannt . Sobald die Philiſter ſolches hoͤreten , addreſſirten ſie ſich an dieſes Weib , und ſprachen zu ihr : Landsmaͤnnin ! Seye keine Naͤrrin , und habe keinen Wohlgefallen an der Beſchimpffung , welche dein Mann Samſon deinen Landsleuten zufuͤget , ſondern erforſche von ihm , worinnen ſeine groſſe Staͤrcke beſtehet , und offenbare ſolches hernach uns . Nun ſtellete ſich Delila zwar Anfangs als wolte ſie dem Anſinnen ihrer Landsleute kein Gehoͤr geben , ſondern dem Samſon treu verblieben . Aber endlich griffen ihr die Fuͤrſten derer Philiſter an den nechten Puls , und damit wars aus . Bey dieſen Worten griffe ſich der Franciſcaner ſelber mit der rechten Hand an den lincken Puls , und lachte zu gleicher Zeit uͤberlaut . Hernach fuhr er weiter fort und ſprach : Sie boten nemlich der Delila eine groſſe Menge Silber dar , O da war es geſchehen . Die Verſuchung war zu ſtarck , und ihre Treue gegen den Samſon zerſchmoltze wie Butter an der Sonnen . Denn ſo gehet es gemeiniglich mit dem Frauenzimmer , daß wann ſie ſich noch ſo keuſch und treu anſtellen , ſie dennoch gar leichtlich auf andere Gedancken gebracht werden koͤnnen , wann man ihnen Gold und Silber zeiget und offeriret . Delila ihres Orts machte ſich demnach an ihren Mann Samſon , hertzete und kuͤßete ihn , ſchmeichelte auch demſelben ſonſt auf allerley Art , und bat , er moͤchte ihr doch ſagen , worinnen eigentlich ſeine auſſerordentliche Staͤrcke beſtuͤnde , immerfort hinzuſetzende : Mein lieber Samſon ! Ich kan ſonſt nicht glauben , daß du mich recht lieb habeſt . Ob ihr nun wohl Samſon drey Naſen nach einander andrehete , begieng er zuletzt dennoch den einfaͤltigen Streich , daß er ihr die Wahrheit ſagte . Hierauf verriethe ſie das Geheimniß an die Fuͤrſten ihres Landes , und careſſirte unterdeſſen den armen Samſon dermaſſen , daß er ſein Haupt auf ihren Schooß legte und entſchlieff . Alsdann beſchore ſie ſein Haupt , und rieff Philiſter uͤber dir Samſon ! Er wachte auf , und meynte , er wolte es machen wie ſonſt ; allein ſeine Staͤrcke war dahin . Die Philiſter griffen ihn , ſtachen ihm die Augen aus , und trieben ihren Spott mit demſelben , biß er ſich endlich den- noch einmal raͤchen und ein Haus umwerffen kunte , worinnen ſich viele vornehme und andere Philiſter , Manns- und Weibs- Perſonen von etlich tauſend befanden , die insgeſamt erſchlagen wurden . Aber Samſon ſelber kam dabey ebenfalls um , und endigte alſo ſein Leben auf eine jaͤmmerliche und er aͤrmliche Art. Deswegen nun , daß Samſon , nachdem er bereits einmal von ſeinem erſten Philiſter-Weib betrogen worden , ſich zum andernmal von der Delila ſeinem zweyten Philiſter-Weib ſo treuhertzig machen laſſen , daß er ihr ſeine Staͤrcke offenbaret , mithin ſich in ein ſolch groſſes Ungluͤck geſtuͤrtzet hat , iſt er noch heutiges Tages eines rechten derben Kuͤchen Schillings werth . Dem beruͤhmten Moͤnch des Barfuͤßer- Auguſtiner-Ordens , Pat. Abraham von St. Clara , waͤre vielleicht nach einiger Meynung ebenfalls ein Platz allhier in dem Gelehrten Narren anzuweiſen , zumalen er , in Wien ſelber , nur insgemein der Pater Fabel-Hanns genannt worden . Allein ich vor meine Perſon bekenne , daß obgleich ſeine Predigten und Schrifften , faſt durch die Banck , mit laͤcherlichen Expreſſionen und luſtigen Hiſtoͤrgen angefuͤllet ; ich meines Orts dennoch allenthalben eine herrliche Moral daraus hervor leuchten ſehe . Mehr zur Luſt , als den Pater Abraham von St. Clara zu blamiren , will ich indeſſen einige Dinge kuͤrtzlich erzehlen , wie ſie in ſeine Predigten und Schrifften einigefloſſen ſind . Einſtmals ſagte er , unter andern , in einer Predigt : Weiberl ! Encks ( euch ) recommandire ich einen Fiſch zum Exempel und zur Richtſchnur eures Lebens . Denn ein Fiſch ſpricht nit ein Woͤrtlein . Faſſet ihn an beym Kopff , oder beym Schweiff , thut mit demſelben was ihr wollet , und ſchlachtet ihn , er wird nit ſchreyen . Alſo ſollt auch ihr gegen eure Maͤnner ſeyn , geduldig wie ein Fiſch , wann gleich die Maͤnner bißweilen wunderlich find . Wollet ihr aber ja etwas reden , ſo recommandire ich euch wieder einen Fiſch zum Beyſpiel , und zwar jenen , aus deſſen Maul Silber hervor kommen . Als nemlich unſer Heyland einſtmals in Judea herum wandelte , ſo ſchnautzten ihn die Roͤmiſchen Mauthner halter ſehr hart an , und ſprachen : Wie haͤlts ? den gebuͤhrenden Zoll-Groſchen her . Da wandte ſich der HErr zu Petro und ſprach : Mein Peter ! Die Mauthner ſeynd ſchlimme Leute mit denen man ſich nichts zu ſchaffen machen muß . Mein , gehe geſchwind hin an das Meer . Da wirſt du einen Fiſch ſehen , den fange , mache ihm das Maul auf , und nimm einen ſilbernen Groſchen heraus , welcher darinnen liegt . Solchen ſilbernen Groſchen bringe her , und bezahle damit den Mauth vor mich und vor dich ; welches alles alſo geſchehen und erfolget iſt . Wann ihr demnach lieben Weiberl ! ja etwas reden wollet , ſo muͤſſet ihr , eben wie dieſer Fiſch einen ſilbernen Groſchen , lauter guldene und ſilberne Worte aus eurem Munde gehen laſſen , und zu euren Maͤnnern ſprechen : Mein guldener Hanns-Michel ! Mein ſilberner Stoffel ! Mein guldenes Naͤrrl ! Wie biſt dann heut ſo wunderlich . Ey mein ! Sey doch gſcheut ! Ich will ja alles gerne thun , was du nur von mir verlangeſt . Ich wette , Weiberl ! mit encks , daß wann eine jedwede meiner Lehre folgte , ſie manche Maultaſchen , und manche Fauntzens auf die Goſchen nit bekommen wuͤrde . Ein andermahl iſt der Pater Abraham von St. Clara auf die Cantzel getreten , und hat , bald im Anfang ſeiner Predigt , ſich alſo heraus gelaſſen : Heute muß ich euch , ihr meine lieben Zuhoͤrer ! ein Raͤtzel aufzurathen geben , darum mercket alle wohl drauf . Das Raͤtzel iſt : Wer den Teuffel lieb hat ! der kommet nit zum Teuffel . Wer ihn aber nit lieb hat , der kommt zum Teuffel . Nun rathe wer da rathen kan . Allein ich ſehe ſchon , daß es Niemand errathen wird , ſondern ich muß euch ſelber den Sluͤſſel darzu geben . Hoͤret zu ! wann man einen armen Mann ſiehet , welcher hungerig und durſtig iſt , auch zerlumpt , ja wohl gar nackend und bloß herum gehet , ſo pfleget man gemeiniglich zu ſagen : O der arme Teuffel ! Wer nun einen ſolchen armen Teuffel lieb hat , ihn ſpeiſet , traͤncket und kleidet der kommt nit zum Teuffel . Wer ihn aber nit lieb hat , und nit barmhertzig gegen ihn iſt , der kommt zum Teuffel , und faͤhret zu ihm in die Hoͤlle . Ingleichen hat man den Pater Abraham von St Clara einſtmahls auf der Cantzel ſagen hoͤren : Wer nit will in den Himmel , den holt der Teuffel auf ſeinem Schimmel . Item : Mancher denckt , wann er nur ein Weib an dem Halſe hat , ſo waͤre ſchon alles gut und er ſeye bereits in dem Himmel . Ja , im Himmel , du Limmel ! Du biſt noch weit entfernet davon , und haſt die Hoͤlle bey lebendigem Leibe auf dem Hals . Von einer ledigen Weibs-Perſon , welche , ihrer Mutter unwiſſend , ein unkeuſches Leben gefuͤhret , und ſchwanger worden war , ſpricht er an einem gewiſſen Ort in ſeinen Schrifften : Das Muͤtterl meynte , das Toͤchterl waͤre noch eine Jungferl ; allein das Toͤchterl hatte bereits gemuͤtterlt . Im uͤbrigen fuͤhren faſt alle ſeine Schrifften einen laͤcherlichen Titel , als z. E. Judas der Ertz-Schelm ; Vogel friß oder ſtirb ; und dann : Gick , gack , gack ein A . Welchen Titel er einem Buch gegeben , indem er ein in Bayern gelegenes Cloſter beſchrieben , welches an einem Ort erbauet worden , woſelbſt eine Henne ein Ey geleget , auf dem ſich das Bildniß der Heil . Jungfrau Mariaͤ dermaßen natuͤrlich præſentiret haben ſolle , daß man es auch mit Menſchen-Haͤnden nicht ſchoͤner haͤtte mahlen koͤnnen . Einer von denen groͤſten gelehrten Narren aber , die unter denen Roͤmiſch-Catholiſchen Geiſtlichen anzutreffen , mag wohl derjenige ſeyn , welcher vor einiger Zeit zu Straßburg eine ſo gar unmaͤßige und abſurde Schmaͤh-Schrifft wider die Proteſtanten ausfliegen laſſen , Gleich der Titel giebet ein vollkommenes Zeugniß , daß der Autor ein Ertz-Narr ſeyn muß , wann es heiſſet : Friß-Vogel , oder ſtirb ! Das iſt , Ein , wegen dem wichtigen Glaubens-Artickul des Chriſtenthums , von der wahren Kirchen , mit allen uneatholiſchen Prædicanten ſcharff vorgenommenes Examen und Tortur . Er ſpricht auf eine recht unvernuͤnfftige Art , es koͤnne GOtt nicht GOtt ſeyn , wann nicht die Roͤmiſch-Catholiſche Kirche die rechte und wahre , allein ſeligmachende Kirche waͤre . Auch giebt derſelbe als eine ausgemachte Wahrheit vor , Kayſer Maximilianus I. habe zu Augſpurg , beym Reichs-Tage , mit ſeinen Augen geſehen , daß Luthero der Teuffel auf der einen Schultern geſeſſen ſeye . Ein anderes klares Zeugniß von der Narrheit iſt auch dieſes , daß die Vorrede weitlaͤufftiger iſt , als der gantze uͤbrige Theil des Wercks . An einem gewiſſen Orte ſpricht dieſer Narr , Die allgemeine Kirche Chriſti iſt allezeit eine reine Jungfrau und getreue Geſponß verblieben . Die Sectiriſchen Kirchen aber find Teuffels-Canaillen und Antichriſts-Trabanten-Buddeln . Eine hurt mit dieſem Hauffen , die andere mit jenem , die Dritte wiederum mit einem be- ſondern , und ſofort an . Sie ſchelten , ſchlagen , rauffen und zerketzern ſich unter einander aͤrger , als die freche ſchamloſe Armée- Huren , und wollen doch lauter Jungfrauen ſeyn . Weil aber die Lutheriſche , Calviniſche , Widertaͤufferiſche , Socinianiſche ꝛc. Prædicanten par force wollen dafuͤr angeſehen ſeyn , daß ſie die Catholiſche Kirche ! oder , wie ſie reden , die Apocaliptiſche rothe Hure , durch ihre Reformation wieder ehrlich gemachet , ſo rathe ich ihnen , daß ſie derſelben ins kuͤnfftige fleißig wollen auf die Fuͤſſe ſehen , damit ſie ja nicht wiederum nebenaus gehe . So kans wiederum geſchehen . Horatius ſagt gar recht : Quo ſemel eſt imbuta recens ſervabit odorem Teſta diu . Jung gewohnt , alt gethan . Zwar was rathe ich euch Herren ? Hat Chriſtus , der Heil . Geiſt , und die von ihnen beſtellten Lehrer und Hirten , dieſelbe nicht huͤten koͤnnen , ſondern geſchehen laſſen muͤſſen , daß ſie , wie ihr ſaget , uͤber tauſend Jahre lang , mit allen Voͤlckern auf Erden gehuret hat , wie wolt dann ihr falſche uneinige Judas- Bruͤder ſie huͤten . Hier haben auch alle Uncatholiſche zu mercken , daß wann die Catholiſche Kirche eine Teuffels-Hure iſt , wie ihre Prædicanten ſagen , ſie alle uͤber einen Hauffen Teuffels-Huren-Kinder ſeynd . Denn von dieſer Babiloniſchen Teuffels Hure kommen ſie urſpruͤnglich her , ſintemaln ihre Vor-Eltern ſaͤmmtlich Catholiſch geweſen . Jetzt gehet hin , ruͤhmet euch alles deſſen bey denen Juden und allen Unglaͤubigen , und vernehmet alsdann , was ſie von Chriſto und denen Chriſten halten werden . Ewiger GOtt , ſagt der gelehrte Jeſuit Georgius Heidelberger , wie wird bey dieſen Articuln ſowohl das Judenthum als die Heydenſchafft , ſamt vielen Millionen einfaͤltiger Chriſten geaͤrgert , der Name Chriſti unſers wahren GOttes gelaͤſtert , und die Stifftung ſeiner Kirche verhoͤnet ! Freylich , GOtt erbarms ! Aber wer iſt Schuld daran als die laͤſterlichen Reformatores , und verzweiffelte Prædicanten . Liebe uncatholiſche ! Hat die Kirche gefehlet , oder kan ſie fehlen , wie euch die Prædicanten bereden , wie unſinnig haben dann eure Vor-Eltern gehandelt , ja wie unſinnig handeln noch heut zu Tage diejenigen , ſo vom Catholiſchen Glauben abfallen , Lutheriſch , Calviniſch Wiedertaufferiſch , Socinianiſch , oder ſonſt Uncatholiſch werden , indem ſie nicht verſichert ſeynd , ob ihnen dieſe Kirche , zu welcher ſie ſich begeben ( geſetzt , daß ſie auch die wahre Kirche waͤre ) Wahrheit oder Luͤgen zu glauben fuͤrhalte , weil ſie fehlen kan , und alſo ihre Anhaͤnger jaͤmmerlich betriegen . Was die Prædicanten hierwieder einwenden , iſt lauter grundloſes Geſchwaͤtze . Iſt aber die Kirche nicht in Irrthum gerathen , auch nicht unſichtbar , vielweniger zur Babyloniſchen Hure worden , ſo war auch nichts an ihr zu reformiren , nichts zu ſaubern , nichts ehrlich zu machen , wie alle vernuͤnfftige Creaturen urtheilen muͤſſen . War aber nichts an ihr zu reformiren , ſo iſt die vorgeſchuͤtzte Reformation Lutheri , Calvini , Muntzeri , Schwenckfeldi , Serveti und aller andern Geſellen , welche mit Luthero entſtanden , und ſich fuͤr Reformirer der Kirche ausgegeben , nichts anders , als ein blinder Nebel , Affenſpiel , Welt-Betrug , Gotteslaͤſterung , und vom Teuffel , zur Vermehrung ſeines Reichs angeſtellte Seelen- Jagd . Denn was haben dieſe verfluchte Buben , und uneinige Ertz-Ketzer zu reformiren gehabt , wo nichts zu reformiren war ? Iſt aber ihre Reformation , Religion und Glaube ein ſolches Greuel-Weſen und teuffeliſche Seelen-Jagd , wer mag dann laͤnger Lutheriſch , Calviniſch , Wiedertaͤufferiſch , Socinianiſch ꝛc. ſeyn . Mit einem Wort , wer mag dann laͤnger in aͤuſſerſter Seelen-Gefahr Uncatholiſch ſeyn , bleiben , oder ins kuͤnfftige Uncatholiſch werden ? Wahrhafftig Niemand , er ſeye dann gar an GOtt und ſeinem ewigen Seelen-Heyl verzweiffelt , oder aber von GOtt verlaſſen , und vom Teuffel voͤllig bezaubert . Hier laſſe ich nun euch Prædicanten die Wahl , antwortet was ihr wollet , ſo ſeyd ihr geſchlagen . Es iſt kein Mittel- Weg , ſondern heiſt : Aut vincere aut mori , Friß Vogel ; oder ſtirb ! Nur heraus mit der Sprache , ich biete euch allen Trutz . Bey dem Anfang des zweyten Capitels dieſes naͤrriſchen Buchs heiſſet es : Sagen die Herren Prædicanten es ſeye nicht die wahre , ſtets ſichtbare und unfehlbare Kirche , ſo ſeynd wir deſſen zufrieden ; bitten nur alle und jede ſich von dieſer falſch Evangeliſchen Nagel-neuen Winckel-Synagoge abzuſondern . Sagen aber die Herren Prædicanten , die Lutheriſche Kirche ſeye die wahre , ſtets ſichtbare und unfehlbare Kirche Chriſti , ſo frage ich ſie weiter : Wo iſt dann die Lutheriſche Kirche , von derer Apoſtel Zeit an , biß aufs Jahr Chriſti 1517 . geweſen ? Nennet uns die Lehrer , welche biß daher durch alle Secula das Lutheriſche Evangelium rein geprediget , und die Lutheriſchen Sacramenten ausgetheilet ? Dic quibus in terris , & eris mihi Magnus Apollo ? In welchem Land , in welcher Stadt , in welchem Dorff ꝛc. iſt ſolches alles ſichtbar geweſen , und oͤffentlich geſchehen ? Wie haben die Voͤlcker geheiſſen , welche aus der Heydenſchafft , durch die ſtets offenen Thore der Lutheriſchen Kirche eingegangen , das allezeit reine Lutheriſche Evangelium angehoͤret , angenommen , geglaubet und die Lutheriſchen Sacramenten empfangen ? Zeigt uns an die Ketzereyen , welche von dieſer allezeit geweſenen ſichtbaren Lutheriſchen Kirche ausgegangen , dieſelbe beſtritten , und mit denen Juden und Heyden verfolget , und das uͤber 1500 . Jahre lang , wie Luther redet ? Denn ihr wiſſet wohl , daß viel ſagen , und nichts beweiſen , nirgends Platz findet . Hic piſcibus magis muti . Bey dieſen Fragen , Chriſtlicher Leſer ! erſtummen alle Prædicanten . Damit ſie aber bey denen Ihrigen nicht davor angeſehen werden , reſpondent quid pro quo , geben ſie unterſchiedene lahme Antworten , machen allerhand uͤberzwerge Spruͤnge daher , reden das , ſo zur Sache gar nicht dienet , fangen endlich an Wind zu machen , und zu luͤgen , daß ſie moͤchten ſchwartz werden , und ſagen : Daß vor Zeiten im Pabſtuhm viele Bekenner Chriſti , viele fromme Nicodemiter , viele ſeufftzende Simeones und Annæ geweſen , welche das unverfaͤlſchte Wort GOttes , und die rechte Bedienung derer heiligen Sacramenten gehabt , auch dem Pabſtlichen Irrthum nicht von Hertzen beygepflichtet , und alſo ſelig worden ꝛc . Durch dieſe bodenloſe Geſchwaͤtze betriegen ſie , leider ! das arme Volck jaͤmmerlich , welches auch blindhin glaubet , daß auf ſolche Weiſe ihre Lutheriſche Kirche ſeye ſichtbar und unfehlbar beſtanden . Ich aber will denen Finſterniß-liebenden , luͤgenhafften Prædicanten , um ihren Seelen-Betrug recht zu entdecken , das Gebiß dergeſtalt einlegen , daß ſie vor aller Welt abermal ſprachloß ſollen zu Schanden werden . Denn fuͤrs erſte ſage ich , daß obiges Vorgeben ein leeres Prædicanten-Geſchwaͤtze ſeye , welches nicht nur in der Bibel keinen Grund hat , ſondern auch wider die Heil . Schrifft , wider den Heil . Auguſtinum , wider Lutherum und ihre eigene Glaubens-Bekaͤnntniß ſtreitet , als welche ſaͤmtlich von ſolcher Winckel-Chriſten- Kirch nichts wiſſen . Zum andern antworte ich , daß die Prædicanten , indem ſie ſolches ſagen , die gantze Welt wollen zu Narren machen ; oder doch der gantzen Welt zeigen daß ſie Narren ſeynd . Dieſes alles erweiſe ich mit mehrerm alſo : Von denen heimlichen Bekennern Chriſti , frommen Nicodemitern , ſeuffzenden Annen , welche Lutheriſch geweſen ſeynd , ehe Luther , geſchweige ſein Evangelium , aus der Schalen gekrochen , und oͤffentlich zu rumoren angefangen , weiß die Schrifft nichts , ja ſie verdammet vielmehr ſolche heimliche Nacht-Voͤgel . Darum bin ich auch nicht ſchuldig , die hochtrabenden Prædicanten-Reden , da nichts hinter iſt , anzunehmen , vielweniger zu glauben . Daß aber die Heil . Schrifft von ſolcher Winckel-Kirche nichts weiß , iſt gewiß . Denn ſie thut durchgehends Meldung von einer ſichtbaren Heerde , von denen ſtets-bleibenden Lehrern und Hirten , welche allezeit oͤffentlich dieſe Heerde oder Chriſtliche Schaͤfflein ſollen weyden , und die Woͤlffe davon abtreiben ; die unglaͤubigen Voͤlcker aber , oder zerſtreute irrende Schaafe , fuͤhren zu der Wahrheit , welche allenthalben oͤffentlich geprediget werden ſolle . Hernach redet die Heil . Schrifft von einer ſolchen Kirche , welche wider die Macht derer Hoͤllen-Pforten unuͤberwindlich beſtehen wird , dahero ſie auch haben will , daß man dieſer Kirche folgen , ſie Raths fragen und hoͤren ſolle . Warum kommen dann die Prædicanten mit ſolchen heimlichen Winckel-Chriſten aufgezogen ? Haben ſie ſonſt nichts ? Seynd daß die Lehrer , welche auf denen Daͤchern geprediget , Matth. X. 27. Fort mit ſolchen Lumpereyen , ihr elenden Fabel-Hannſen ! Und geſetzt , daß dergleichen Nicodemiter im Pabſtthum geweſen , ſo ſagt her , lieben Prædicanten , welchergeſtalten ihnen euer Lutheriſch Evangelium , nach heutigem Fuß ſeye rein geprediget , und eure zwey oder drey Sacramenten auf Lutheriſch gereichet worden , daß ſolches die uͤbrigen Papiſten nicht gemercket ? Ich ſage zwey oder drey Lutheriſche Sacramenten . Denn die armſeligen wiſſen ſelbſt nicht ſo genau , wie viel ſie haben , zwey oder drey mehr oder weniger . Sie nehmen es nicht ſo genau , um ein paar Sacramente auf oder ab , wann nur etwas da iſt , das den Namen hat , es ſeye weiß , ſchwartz oder ſcheckigt . Die Lutheriſchen wollens ſo haben , recht ſo . Weiter mag ich aus dieſem abſurden und unvernuͤnfftigen Buche nichts anfuͤhren . Das angezogene zeiget die Narren-Kappe des Autoris genugſam ; und von dem Reſt kan ich ſo viel verſichern , daß er nicht beſſer , ſondern noch weit aͤrger , leichtfertiger und naͤrriſcher iſt . Ich thue dem Autori dieſes leichtfertigen Buchs mitlerweile noch zu viele Ehre an , daß ich ihn unter die Zahl derer Gelehrten Narren ſetze , und nicht vielmehr gar unter die Canaillen , Hundsfuͤter und Bernheuter rechne . Denn er ſchimpfft und ſchilt nicht allein Lutherum und Calvinum vor Lotter-Buben , ſondern ſagt auch gantz ungeſcheuet , daß alle diejenigen , welche ihrer Lehre beypflichten , en general , ſie moͤgen ſeyn wer ſie wollen , zum Teuffel in die Hoͤlle fahren muͤſſen , Wer iſt indeſſen der Mann , der ſo hefftig redet ? Ein Studioſus Theologiæ , und zur Zeit noch ein purer Schuͤler der Jeſuiten . Ey ! ſo lache vielmehr uͤber den Gelb-Schnabel und unreiffen Eyfferer , als daß du dich uͤber ihn aͤrgern wolteſt , doͤrffte mir vielleicht einer ſagen . Allein die Sache iſt nicht laͤcherlich , ſondern ſeine Expreſſiones allzugrob und allzuunbeſcheiden , endlich auch um ſo viel wichtiger , weil auf dem Titel geſchrieben ſtehet ; Cum Approbatione & Superiorum Permiſſu . Der Maul-Affe , indem er wegen der ſichtbaren Kirche diſputiret , und behaupten will , daß ſolches die Catholiſche , nemlich die Roͤmiſch Catholiſche , jederzeit geweſen ſeye , ſaget und ruͤhmet ſich , nur in denen allhier angezogenen Paſſagen bey nahe zehenmahl , er habe nunmehro die Evangeliſchen ſtumm und ſprachloß gemachet ; da doch auf eben dieſes Vorgeben derer Herren Roͤmiſch-Catholiſchen bereits viel tauſendmal gruͤndlich geantwortet worden , ja ein jedweder Evangeliſcher Schuͤler capable iſt , denen Herrn Roͤmiſch-Catholiſchen tauſend Gruͤnde desfalls entgegen zu ſetzen . Er ſpricht , mann wiſſe Catholiſcher Seits nichts von Winckel-Kirchen und heimlichen Verſammlungen , ſondern ſeye mit der reinen Lehre allezeit an das helle Licht getreten . Waͤre aber der Autor kein Ignorant in der Kirchen- und andern Hiſtorie , muͤſte ihm bekannt ſeyn , daß die Chriſtliche Lehre , ſelber in der Stadt Rom bey nahe dreyhundert Jahre lang , anders nicht als heimlich , in tiefen unterirrdiſchen Hoͤlen , Gewoͤlbern und Kellern getrieben worden , woraus man die armen verſammleten Chriſten oͤffters Hauffen-weiſe gezogen , und ſie zur Schlacht-Banck gefuͤhret . Auch koͤnte ihm nicht unbekannt ſeyn , daferne er ein Hiſtoricus waͤre , daß in einem jedweden Seculo , von derer Apoſtel-Zeiten an , allezeit ſolche Maͤnner aufgetreten , welche ſo gelehret und geprediget , wie Lutherus , nehmlich der Heil . Schrifft gemaͤß ; ob man ſie gleich nachhero verfolget , ja gar erwuͤrget hat . Die Kirche iſt demnach allezeit ſichtbar genug geweſen , wann ſie ſchon aus einem ſehr kleinen Haͤufflein beſtanden , und kaum etliche Perſonen ausgemachet , die das Zeichen des Thieres nicht an ihrer Stirne geſchrieben gehabt . Wiewohl der naͤrriſche Autor ſtatuiret , die Catholiſche Kirche ſeye allemal recht hellglaͤntzend geweſen , dergeſtalt , daß ſie vom Anfang her , mit klingendem Spiel , Trommeln und Pfeiffen , und fliegenden Fahnen marchiret , wie noch heut zu Tage folches bey Proceſſionen gebraͤuchlich iſt . Item , daß ſie allezeit mit Purpur geglaͤntzet , worinnen der Papſt und ſeine Cardinæle prangen . Ja , daß man jederzeit Monſtrantzen aufgeſetzet , oder auf denen Gaſſen einhergetragen , die von Gold und Edelgeſtein geglaͤntzet , wie die helle Sonne ; und daraus ſchluͤſſet er , daß ſolches nothwendiger Weiſe die wahre Kirche ſeyn muͤſſe . Aber du elender Marck-Schreyer , wo denckeſt du doch hin ? Weiſt du nicht , daß Chriſtus , indem er ſeine Kirche auf Erden eingeſetzet und befeſtiget hat , ihr zu gleicher Zeit gewiſſe Characteres und Merckmahle beygeleget , woran man ſie und alle die Seinigen erkennen ſolle ? Weiſt du es nicht , ſo ſchlage nach , und halte alsdann das Portrait , welches Chriſtus von ſeiner Kirche gemacht , gegen die praͤchtige und glaͤntzende Geſtalt der Roͤmiſch-Catholiſchen Kirche . Ach da wirſt du einen ſehr groſſen Unterſcheid finden . Hiernechſt ſpricht ja Chriſtus . Mein Reich iſt nicht von dieſer Welt ꝛc. Item : Die weltlichen Fůrſten herrſchen , und die Gewaltigen heiſſet man gnaͤdige Herren ; ihr aber nicht alſo . Gleichwohl thut der Pabſt das Widerſpiel . Er meliret ſich in die meiſten weltlichen Haͤndel , und prætendiret uͤber Kayſer , Koͤnige und Fuͤrſten , Kurtz zu ſagen , uͤber die gantze Welt zu herrſchen , hat ſich auch ſchon mehr als einmahl unterſtanden , Koͤnigreiche und Fuͤrſtenthůmer in der Welt , nach , ſeinem Gefallen zu verſchencken und auszutheilen . Ich frage ob dieſes ein Merckmahliſt , woran man das ſichtbare Ober-Haupt der prætendirten wahren Kirche erkennen koͤnne ? Das Evangelium , welches bey denen Evangeliſchen geprediget wird , nennet dieſer tolle Schreyer ein Lutheriſches Evangelium ; da es doch anders nichts als das klare , aus Heil . Schrifft gezogene , Wort GOttes iſt . Auch beſchuldiget er uns Evangeliſche , als ob wir nicht wuͤſten , wie viele Sacramenta wir ſtatuiren ſolten , zwey oder dreye ; da doch in unſerm Catochiſmo ſchon zweyhundert Jahre lang mehr nicht als zwey zu finden . Beym Anfang der Reformation hat man freylich uͤber die Zahl derer Sacramenten diſputiret , ſolche aber bald hernach auf zwey feſte geſetzet . Wuͤſte der vor Eyffer brennende Haaſe , daß auf Roͤmiſch Catholiſchen Conciliis , in denen alten Zeiten mehr als einmal die Frage von der Zahl derer Sacramenten auf das Tapet gekommen , und von einigen ſchon biß auf dreyßig und noch mehr angetragen worden , wuͤrde er vielleicht mit mehrerer Behutſamkeit von dieſer Materie geſchrieben haben . Er ſpricht auch , wer doch jemahls die Sacramenta nach Lutheriſchen Fuß gereichet und adminiſtriret habe ? und das iſt abermal ein klares Anzeigen der groſſen Ignorantz dieſes unvernuͤnfftigen Menſchen , als welcher nicht weiß , daß das Heil . Abendmahl gantzer zwoͤlffhundert , Jahre von derer Apoſtel Zeiten an , nach Lutheriſchen Gebrauch , das iſt unter beyderley Geſtalt , ausgetheilet , biß man endlich denen Laͤyen den Kelch entzogen hat . Von der Tauffe derer Evangeliſchen oder Proteſtanten aber iſt ja ohne diß bekannt , daß ſie von der Roͤmiſch-Catholiſchen Kirche vor eben ſo guͤltig geachtet wird , wie ihre eigene . O unvernuͤnfftiger und ungluͤckſeeliger Straßburgiſcher Raiſoneur ! In Summa , dieſer tolle Hund bellet uns Proteſtanten an , weil wir 1 ) nicht wie er , den Papſt vor einen Herrſcher und Herrn uͤber den Kayſer , Konige und Fuͤrſten , ja uͤber die gantze Welt erkennen , mit der er , abſonderlich mit denen Landen derer ſo genanten Unglaͤubigen , worunter die Roͤmiſch Catholiſche Cleriſey auch uns Proteſtanten als Excommunicirte rechnet , nach ſeinem Gefallen diſponiren moͤge . 2 ) Nicht , wie er , tumm und blindlings hin glauben , was der Pabſt und ſeine Cleriſey ſchwatzet , ſondern alles vorhero nach dem Probier-Stein Heiliger Schrifft und des goͤttlichen Wortes pruͤffen und unterſuchen wollen . 3 ) Nicht , wie er , vor denen Bildern auf die Knie niederfallen , welcher Bilder-Dienſt erſt im ſiebenden Seculo feſte geſetzet worden . 4 ) Nicht , wie er , die Heiligen um ihre Vorbitte bey GOtt anruffen , ſondern mit unſerm Gebet recta zu GOtt ſelber gehen , und uns in ſeine Arme werffen , die er aufs liebreichſte nach uns ausſtrecket . 5 ) Nicht , wie er , uns um die Verdienſte derer Heiligen bewerben , daß ſie uns nemlich bey unſerer Seligkeit zu ſtatten kommen ſolten , ſondern unſer Heyl eintzig und allein auf das Verdienſt JEſu Chriſti ſetzen . 6 ) Nicht , wie er , den Roſen-Crantz immer in der Hand haben , noch ein Ave Maria hinter dem andern ohne Andacht daher murmeln , ſondern , an ſtatt deren , andere andaͤchtige Gebeter verrichten . 7 ) Nicht , wie er , das Fegfeuer ſtatuiren , weil uns Chriſtus und ſeine Apoſtel von dieſem wichtigen Glaubens-Punct nichts geſaget haben ; obgleich im uͤbrigen das Fegfeuer eine Sache iſt , wodurch die Moͤnche und andere Geiſtliche ſtattlich gemaͤſtet und ernehret werden . 8 ) Nicht , wie er , Weyh-Waſſer zu Hauſe und in der Kirche nehmen , noch ſonſt unſere Zuverſicht , unſer Gluͤck und unſere Hoffnung auf geweyhete Dinge ſetzen , ſondern ſie allein in dem Hochheiligen Namen GOttes beſtehen laſſen . 9 ) Nicht , wie er , Meſſe hoͤren , noch vermeynen , es komme darauf das Haupt-Werck des gantzen Chriſtentuhms an . 10 ) Nicht , wie er , die Ohren Beicht , ſondern an deren ſtatt ein General-Bekaͤnntniß derer Suͤnden ſtatuiren ; allermaſſen die Cleriſey , durch die Ohren-Beichte , nur die Geheimniſſe des Layen-Standes erforſchet ſich , ſolche zu Nutzen , und ſich zu gleicher Zeit zu Herren uͤber die Gewiſſen zu machen . 11 ) Nicht , wie die Roͤmiſch-Catholiſche Kirche will , unter einerley Geſtalt communiciren , welches in der Roͤmiſch-Catholiſchen Kirche , auſſer der Meſſe , auch die Prieſter thun muͤſſen . 12 ) Nicht , wie er , die Transſubſtantiation ſtatuiren ; obwohl wir Lutheraner ſonſt glauben daß wir beym Heil . Abendmahl Chriſti Leib und Blut weſentlich genug empfangen . 13 ) Nicht , wie er , die Prieſter-Ehe verwerffen , welche erſt im 11ten Seculo vom Papſt Gregorio VII. ſonſt Hildebrand genannt , verboten worden . 14 ) Nicht wie er , die letzte Oelung vor etwas zur Seligkeit abſolument nothwendiges halten . 15 ) Nicht wie er , durch die guten Wercke gerecht werden wollen , ſondern bloß durch den Glauben , ob wir gleich lehren , daß die guten Wercke mit dem Glauben auf das genaueſte muͤſſen verknuͤpffet ſeyn . 16 ) Nicht , wie er , die Verfolgung in Religions und Gewiſſens Sachen ſtatuiren , noch ſagen , daß es recht ſeye , Hencker , Marter , Quaal und Pein zu employren , die Religion dadurch auszubreiten . 17 ) Nicht wie er ſagen , Hæreticis non eſt ſervanda fides , das iſt , man muͤſſe Ketzern , oder ſolchen Leuten , die mit uns nicht einerley Religion haben , keine Treue , keinen Glauben , keine Eydſchwuͤre , keine Friedens- Schlůſſe , keine Pacta , keine Verſprechung & c. halten . Dieſes ſind juſtement die Urſachen warum uns dieſer unverſchaͤmte Kerl laͤſtert , verdammet , verfluchet . Im uͤbrigen bedencket er nicht , das wir eben ſowohl wie die Roͤmiſch-Catholiſche Kirche , ein eintziges goͤttliches Weſen in dreyen Perſonen glauben und verehren . Item , daß wir Chriſtum vor unſern eintzigen Heiland , Erloͤſer und Seligmacher halten . Ferner wie die Haupt- Regel unſerer Religion , bey dieſem Glaubens-Bekaͤnntniß , dieſe iſt , daß wir GOtt ůber alles fůrchten , von gantzem Hertzen , von gantzer Seelen lieben , und ihm allein vertrauen , auch unſern Nechſten als uns ſelber lieben můſſen ; auf welche Weiſe , und wann ein jedweder nur dieſer Regel folgte , alle Suͤnden ceſſiren wuͤrden . Daß aber ſolches von denen wenigſten beobachtet wird , ſolches beklagen wir leider ! und lehren indeſſen , daß kein wahrer , bekehrter , in der Gnade GOttes ſtehender Chriſt in wircklichen und herrſchenden Sůnden leben muͤſſe , oder aber , er koͤnne andederergeſtalt keinen Theil am Reiche GOttes haben . Endlich muß ich noch dieſes anmercken , daß dieſer unverſchaͤmte Laͤſterer ſpricht , Kayſer Carolus V. habe zwar anfangs das Exercitium der Augſpurgiſchen Confeſſion im Roͤmiſchen Reiche erlaubet , hernach aber , durch einen Reichs-Abſchied wieder verboten . Das wiſſen wir wohl . Allein warum redet der Laͤſterer nichts vom Paſſauiſchen Religions-Frieden , wodurch das freye Religions-Exercitium derer Proteſtanten im Roͤmiſchen- Reiche auf das herrlichſte verſichert und feſte geſetzet worden ? Warum gedencket er auch nichts vom Weſtphaͤliſchen Frieden , worinnen ſolches Religions- Exercitium nochmahls bekraͤfftiget und verſichert iſt ? welchen Frieden die Crone Franckreich ſelber garantiret hat . Aber da ſchweiget Matztaſche gantz ſtille davon , entweder aus groſſer Ignorantz , oder aus einer mehr als teuffeliſchen Boßheit . Er hat ſeinem Laͤſter-Buch einen weitlaͤufftigen Extract aus Lutheri Tiſch-Reden beygefuͤget , der aber keinesweges unverfaͤlſcht , ſondern da und dorten mit Unwahrheiten angefuͤllet . Hernach ſo muß dieſer Laͤſterer auch wiſſen , daß obgleich Buͤcher verhanden ſeynd , welche Lutheri Tiſch-Reden heiſſen , dieſelben dennoch von ihm keineswegen ediret worden , ſondern daß ſolches andere Leute etlich und zwantzig Jahre nach ſeinem Tode gethan , die nach ihrem Gefallen hinein geſchmiert haben , was ſie gewolt . Vierdte Abandlung . VOn denen Vorurtheilen , welche die Menſchen bißweilen von Kindes- Beinen an , einzuſaugen pflegen , kommet allerdings ein ſehr groſſer Theil des Verderbs in dem Gelehrten Weſen her . Der geehrte Herr Magiſter , oder der Herr Informator plaudert ſie zu Hauſe hinterm Kachel-Ofen oder beym Camin ſeinen Untergebenen vor . Als dann haͤlt der liebe Herr Rector und Conrector auf Schulen eben dergleichen Diſcurſe , und der Lernende wird in denen bereits zu Hauſe eingeſogenen Vorurtheilen bekraͤfftiget . Ziehet er hernach auf Univerſitæten , fuͤget es ſich gar leichtlich , daß er abermahl ſolche Profeſſores , Doctores und Magiſtros legentes antrifft , die eben ſo ſchwatzen , wie der Herr Præceptor zu Hauſe und pedantiſche Schul-Monarchen getahn . O da muß nun vollends in dem Gemuͤthe des Studierenden dieſe und jene falſche Meynung , dieſer und jene falſche Lehr-Satz , vor eine ewige Wahrheit paſſiren . Wann ich den Menſchen , nach ſeinen innwohnenden Kraͤfften des Verſtandes betrachte , er mag unter die Zahl derer Gelehrten oder Ungelehrten gehoͤren , ſo ſehe ich , daß er nach der erlangten Klugheit vernuͤnfftig zu raiſoniren , und nach der eingewurtzelten Boßheit , fein tumm und thieriſch zu leben , ſich entweder in einem gebeſſerten oder verderbten Zuſtande befinden muͤſſe . Aber dieſer letztere Stand des Menſchen , welchen die Theologi insgemein corruptum , die Myſtici beſtialem , die Philoſophi naturalem zu nennen pflegen , iſt um ſo vielmehr mit Haͤnden zu greiffen , als bekannt , daß die Menſchen von Natur in einer angebohrnen Ignorantz , abſurden Confuſion , und unvermeidlichen Obſcurité biß uͤber die Ohren ſtecken , aus welchen angebohrnen Fehlern dann hernachmals , als aus einer verderbten Quelle , alle Vorurtheile des Verſtandes Strom-Weiſe hervor kommen . Daher finden wir in praxi auch unter denen , die par force gelehrt ſeyn wollen , wunderliche Heilige , welche eben ſo von einer Sache , wie der Blinde von der Farbe , und der Taube vom Klange urtheilen , ihre Gedancken , ſo ordentlich wie ein tiefſinniger und melancholiſcher Metaphiſicus , und ihre gefaſten Idéen ſo deutlich vorzuſtellen wiſſen , daß man mit Recht von ſolchen gelehrten Potagen-Machern ſagen kan , was jene unbarmhertzigen Nachrichter oder Cenſores von eines ehrlichen Profeſſoris Commentario in Apocalypſin Johannis geurtheilet haben , nemlich : Man muͤſte meynen , daß dieſer Commentarius nicht wegen der Offenbarung St , Johannis , ſondern die Offenbarung St. Johannis wegen dieſes neuen Commentarii geſchrieben worden waͤre . Mittlerweile ſolte ein jedweder Gelehrter in ſeiner beſondern Diſciplin trachten , die anklebenden Fehler derer Menſchen nach allen Kraͤfften zu verbeſſern , und der Entzweck aller Diſciplinen eintzig und allein dahin gehen , daß denen verderbten und in blinden Vorurtheilen erſoffenen Leuten , theils die geiſtliche , theils die buͤrgerliche und leibliche Gluͤckſeligkeit zuwege gebracht werden moͤge . Hieraus kan ein jedweder , der noch ein Quintlein Witz in ſeinem Gehirn heget , um ſo viel eher erkennen , wie hoͤchſt-nothwendig es ſeye , daß ein jedweder auf ſich , und auf ſeinen verderbten Zuſtand ſelber , vor allen Dingen , wohl Achtung geben muͤſſe . Dahero iſt das Errare bey denen Menſchen nicht allein humanum , ſondern auch neceſſarium . Ich will ſo viel ſagen , daß Fehlen und Irren bey denen Leuten , ſie moͤgen von Condition ſeyn wie ſie wollen , nach ihrem verderbten Zuſtande unumgaͤnglich ſeye weil es nicht moͤglich iſt , daß ein Menſch , und wann er auch Doctor Doctorum , ja Magiſter Seraphicus & Anglicus , oder ein Trismegiſtus omnium Scientiarum waͤre , auf einmal alle Umſtaͤnde gantz genau einſehen koͤnne . Deswegen pfleget es auch insgemein zu geſchehen , daß ſobald die Gelehrten die Incarceratos limites judicandi verlaſſen und extra principia certa & recepta herum vagiren , ſie gantz unvermerckt in das Labyrinth des ſchaͤdlichen Irrthums verfallen . Aus dem verderbten Zuſtande nun entſtehen nachgehends die Judicia inſana , febriculoſa , & ab omni ratione aliena die tumme einfaͤltige und alberne Raiſonier-Kunſt , aus welchen ungereimten und ungegruͤndeten Judiciis hernach die einfaͤltigen Præjudicia zu entſpringen pflegen . Hingegen aus dem gebeſſerten Zuſtande kommen hervor die Judicia ſana , accurata , & bona voluntatis humanæ decreta , weil man alsdann nicht nach ſeinem wunderlichen Genie und tollen Caprice , ſondern nach der Sachen Beſchaffenheit ohne eintziges Intereſſe , poſitis & demonſtratis probandi principiis taiſoniret . Es iſt gewiß daß den Wachsthum und das Aufnehmen aller nuͤtzlichen Kuͤnſte und Wiſſenſchafften nichtsmehr als das ungluͤckliche und ungereimte Raiſoniren verderbet , und glaube ich gaͤntzlich , daß ein jedweder vernuͤnfftiger Mann hierinnen mit mir eines Sinnes ſeyn wird , wie dem Wachsthum derer Diſciplinen nichts mehr als die geſchickten und unpaſſionirten Judicia aufgeholffen , und im groͤſten Flor erhalten haben . Denn die Menſchen ſind nach ihrem verderbten Appetit , gemeiniglich ſo geartet , daß ſie jederzeit dasjenige zu billigen pflegen , was von dem meiſten Hauffen , zumal wann der Raiſonneur præſumtive Dignitatem und Merita vor ſich hat , daß iſt , wann er entweder ein Doctor Excellentiſſimus , Magiſter præſtantiſſmus , und Paſtor vigilantiſſimus heiſſet , gebilliget worden iſt , weil ſich ſolche elende Leute insgemein einbilden , wann ſie groſſer und vornehmer Gelehrten Judicia annaͤhmen und billigten , ſie alsdann , als junge Raths-Herren in ſententionando & dicendo nicht irren koͤnten . Allein wie miſerable ſolche Conſiliarii und vermeynte Oracula denen jungen Leuten rathen , ſolches zeiget der Ausgang leider ! oͤffters mehr als zu klar , weil ſie , wann dieſelben die Hand an etwas ſchlagen und ſich als Maͤnner zeigen ſollen , nichts als lauter leere Idéen im Kopffe haben , die ſich weder hinten noch vorne zu der vor Augen liegenden Sache reimen wollen . Mancher Studioſus Juris , wann er im Anfange ſeiner Studiorum Juridicorum mit vielen Deſinitionibus , diſtinctionibus , cauſis und tabulis , ja auswendig lernen derer legum Civilium geplaget worden iſt , wird deſperat , und dencket in ſeinem Hertzen : Ey der Hencker mag das gantze Studium Juridicum holen , ehe ich mir den Kopff , und die Memoria mit ſo vielem unnuͤtzen Zeuge zerbrechen und zermartern laſſen ſolte , auf der andern Seite aber , wann ſolche Leute das Examen Conſcientiæ nicht recht angeſtellet , und ihren Statum Miſeriæ nicht recht genau unterſuchet haben , ſo werden ſie insgemein tollkuͤhn und kriegen uͤberhaupt mehr als eine allzufreye Hardieſſe , dergeſtalt , daß ſie meynen , wann ſie gleich ein oder etlichemal brav ablieffen ; ſo muͤſte es doch zum andern , dritten und letztenmal deſto beſſer gehen , indem es doch heiſſe : Friſch gewagt , ſey halb gewonnen ; es waͤre und bleibe eine ausgemachte Regel daß kein Meiſter vom Himmel gefallen , und muͤſſe es zu letzt biegen oder brechen . Solches kan man gar deutlich an denenjenigen ſehen , welche vor der Zeit diſputiren , predigen , promoviren und advociren wollen , ehe ihnen noch , zu einem ſolchen wichtigen Werck , die Fluͤgel recht gewachſen ſind , gleich dem erdichteten Icaro , welcher nicht wuſte , daß er waͤchſerne Fluͤgel hatte , ſo von der groſſen Hitze der . Sonnen nothwendig ſchmeltzen , er aber hernach , aus allzugroſſer Unbedachtſamkeit ins Meer fallen , und allda nothwendig erſauffen muſte . Indeſſen iſt es kein Wunder , wann aus ſolchen vorgefaſten Meynungen und imaginativiſchen Gelehrſamkeit , Spaltungen in der Philoſophie , grauſame Ketzereyen in der Theologie , und unendliche Opiniones communes und diſſenſus in Jure entſtehen , weil ſich die Verehrer derſelben , und ſolche Simulacra Eruditionis , nicht auf die Wahrheit der Sache , ſondern entweder auf eine allzugroſſe Verwegenheit , oder deſperates Federfechten und vergebliche Raiſſonnir-Kunſt ſtuͤtzen , dabey aber ihre eingeſogene Præjudicia noch weit hoͤher als derer alten Roͤmer Koſtbarkeiten , und des Geldſuͤchtigen Titi Veſpaſiani Reichthum æſtimiren . Wie des Menſchen natuͤrliche Conſtitution beſchaffen iſt , ſo iſt er auch von Natur zu Irrthuͤmern geneigt , weil die aͤuſſerlichen Verrichtungen als Effectus Temperamentorum , wohin auch die Irrthuͤmer gehoͤren , ſich nach des Menſchen ſeiner angebohrnen Conſtitution richten muͤſſen . Aus dieſem Principio demonſtrato folget weiter , daß ein Sanguineus , von Natur , theils zum Vorurtheil der Ubereilung und Leichtglaͤubigkeit geneigt ſeyn muͤſſe . Darum uͤbereilet ſich ein Sanguineus gar leicht in ſeinem Raiſonniren , weil er wegen der geſchwinden Bewegung ſeines Gebluͤtes einen Uberfluß von tauſenderley Idéen in ſeinem Kopffe heget , und daher die deutlichen Idéen von denen duncklen nicht accurat abſondert , und zuletzt in einen Defectum Judicii dolendum verfaͤllt . Man ſiehet dieſes unter andern an denen in der erſten Hitze und groͤſten Ubereilung geſchloſſenen Ehen , da z. E. eine junge und feine Dirne von 15. Jahren einen alten Krippen-Stoͤſſer , und krumm-gebuͤckten Kraͤuter-Sucher , wie die boͤſe Welt ſo veraͤchtlich von alten Leuten zu reden pfleget , von 60. und mehr Jahren , und zwar noch wohl darzu auf Anrathen ihres Herrn Curatoris heyrathet , weil ſolchen lieben Kindern insgemein von denen Geldgeitzigen Nabals-Bruͤdern in ihren jungen Jahren weiß gemachet wird , wie ein ſolcher alter und venerabler Mann ein ſchoͤnes eigenes Haus beſaͤſſe , einen koſtbaren und luſtigen Garten vor dem Thore haͤtte , in welchem ſie alle Tage ſich mit Vergnuͤgen divertiren koͤnte , eine ſchoͤne Handlung von mehr als funfftzigtauſend Thaler fuͤhrte , und noch wohl darzu ( welches mein liebes Jungfergen ! ſagen ſie , das beſte auf der Welt iſt ) uͤber ſiebzig tauſend Thaler an baaren Gelde in banco liegen haͤtte . Da nun heiſt es : O Himmel ! Wer wolte ſo thoͤricht handeln , und eine Parthev von der Art ausſchlagen ? Ferner , ſo ſind ſolche Leute insgemein nach der erſten Sorte im hoͤchſten Grad leichtglaͤubig . Ich will ſo viel ſagen , man kan ihnen ohne den geringſten Widerſpruch , gar leichte weiß machen , daß der Teuffel die Huren reithe , und daß die alten Hexen an Walpurgis-Abend auf hoͤltzernen Kruͤcken und Miſt- Gabeln nach dem Blolcks-Berg fuͤhren , und allda mit ihren Cameradinnen und dem boͤſen Feind eine Menuet oder Paſſepied tantzen , weil ſolche Leute von Natur ſehr muͤßig ſind , auch von vielem und groſſen Nachdencken eben nicht ſonderlichen Staat zu machen pflegen . Man kan ihre kindiſche Leichtglaͤubigkeit ſonderlich daher mit Haͤnden greiffen , wann ſie dem menſchlichen Anſehen allzuviel glauben ohne Raiſon beymeſſen , und vor groſſer Einfalt dabey ſeufftzen und ſagen : Man wuͤrde doch die Wabrheit nicht ſo gut als wie dieſer oder jener vornehmer Mann , und anſehnliche Profeſſor , erfinden koͤnnen . Es haͤtte der liebe Herr Præceptor und Doctor dieſe Materie ſo galant und demonſtrativiſch ausgefuͤhret , daß ſie unmoͤglich noch beſſer und demonſtrativiſcher ausgefuͤhret werden koͤnte ; da doch nicht gelaͤugnet werden mag , daß keine Wahrheit ſo deutlich erfunden worden iſt , daß ſie nicht noch deutlicher und accurater erkannt werden koͤnte , weil ſonſt folgen wuͤrde , daß ein endlicher Verſtand alle Wahrheit auf einmal voͤllig begriffen und gaͤntzlich eingeſehen haͤtte . Die hitzigen Leute ſind insgemein ſehr hochmuͤthig , und ſuchen ſich vor vielen andern , durch unnuͤtze Grillen und vergeblichen Speculationes zu diſtinguiren . Sie wollen nicht allein in ihren Lehr-Saͤtzen infaillible ſeyn , wie der Roͤmiſche Pabſt , ſondern auch par force haben , daß man ihnen abſolut , und ohne eintzige Contradiction glauben muͤſſe . Was ſie redeten , das muͤſte nothwendig vom Himmel herab geredet ſeyn . Sie waͤren das eintzige Oraculum Delphicum , bey welchen ſich alle andere Gelehrte , ſie moͤchten wollen oder nicht , guten Raths erholen muͤſten . Sie fangen deswegen an , aus dem Vorurtheil der eingebildeten Vielwiſſenheit ſich in allen ihren Collegiis zu ruͤhmen , ihre Buͤcher , Diſputationes und Scartequen cum Emphaſi zu recommandiren , andere gelehrte Leute neben ſich zu verachten , von ihnen mal-honnet zu raiſonniren , und ſich mit Reſpect zu ſchreiben , uͤber allen Dreck zu moquiren . Sie wollen nicht allein uͤber die Leiber , gleich denen grauſamen Tyrannen , ſondern wo es nur moͤglich waͤre auch uͤber die Seelen herrſchen ; und dahero wollen ſie ihre abendtheuerliche Grillen und wunderliche Meynungen andern mit Gewalt ins Gehirne praͤgen . Wann man ſolchen haberrechtiſchen Gelehrten gleich mit der groͤſten Sanfftmuth widerſpricht ; ſo ſind ſie in ihrer Conduite dennoch intolerable und laſſen den einmahl gefaſſeten Groll ſo leichtlich nicht wieder fahren . Ihre abſurden Meynungen wollen ſie darum nicht ablegen , weil ſie die wichtige Grille von ſich hegen , als ob ſie ein weit beſſeres Judicium , als alle andere geſcheute Leute haͤtten , und daher in ihren Lehr-Saͤtzen unmoͤglich fehlen und irren koͤnten ; da doch von allen Verſtaͤndigen zugegeben werden muß , das Fehlen und Irren nicht allein was menſchliches , ſondern gar was natuͤrliches und angebohrnes zu nennen ſeye . Sie ſagen und behaupten in ihren Collegiis und Scriptis , wann ſie dieſe und jene Meynung , welche ſie nun ſo lange Jahre wieder ihre Antagoniſten verfochten haͤtten , fahren lieſſen , und dieſelbe nicht mehr halsſtarrig gewoͤhnlicher maſſen , defendiren wolten , alsdann ihre Schuͤler und andere Leute von ihnen ſagen moͤchten , daß ſie ein rechtes altes Weiber-Judicium haͤtten , welches ſo vielen Fehlern und Maͤngeln unterworffen waͤre , als Floͤhe in alten Weiberpeltzen angetroffen wuͤrden . Die Melancholiſchen ſcheinen nur darum nach ihrem Naturel gebohren zu ſeyn , daß ſie erbaͤrmliche und ewige Sclaven vom Verſtande anderer gelehrten Leute bleiben , und nichts weiter in Theologicis ſtatuiren wollen , als was Affelmannus , Dannhauerus , Scherzerus , Calovius , Hulſemannus & c. in dieſem und jenem Glaubens-Artickel , intrepide und maſcule verfochten haͤtten . Die Alten waͤren , welches ich auch hertzlich gerne glaube , und ohne Gewiſſens- Zwang zugeben will , keine Narren geweſen , und waͤre es am beſten gethan , wann man es in der Welt fein bey denen alten Loͤchern lieſſe , und keine neuen darzu bohrte . Daher entſtehet das Vorurtheil des blinden und tummen Gehorſams , da ſie lieber mit dem ſel. N. in manchen Sachen par Compagnie irren wollen , als daß ſie ſolchen groſſen Luminibus Eccleſiæ mit Raiſon widerfprechen ſolten , Ja , ſagen insgemein dergleichen Geiſtliche Juͤnger , welche vor der Zeit eine huͤpſche Knarre und feine Pfarre haben moͤchten , contradicire ich meinem Profeſſori , Superiori & c. ſo muß ich befuͤrchten , daß mich Ihro Hochwuͤrden , mein hochgeneigteſter Herr Patron , hernachmahls gar zu lange auf der verdrießlichen Expectanten-Banck ſitzen laſſen , und mich hernachmahls mit keiner fetten Pfarre , Jungfer Tochter , Anverwandtin , oder Haus-Jungfer , verſorgen werden . Hieher gehoͤren auch , mit einem Wort , alle Brod-Gelehrte , und Brod- Advocaten , welche um ein kahles Sechzehen groſchen-Stuͤcke , oder um einen blanquen und geharniſchten Thaler , Wiſſen und Gewiſſen an den Nagel haͤngen , und um eines elenden Gewinſtes willen Ehre und Renommée , ja gar ihr bißgen Practiciren in die Schantze ſchlagen . Mehr mag ich vor dieſesmal nicht ſagen , damit Niemand auf die Gedancken gerathe , ob wolte ich Perſonalia tractiren , und manchen ehrlichen und braven Mann in ſeinem venerablen Barte und ſchwartzen Mantel proftituiren . Das Alter kan bey denen Menſchen ebenfalls unterſchiedene Gelegenheiten und auſſerordentliche Urſachen zu Vorurtheilen geben . Denn ſo vielerley Stuffen des Alters angetroffen werden , ſo vielmahl ereignet ſich auch Gelegenheit zu dieſem oder jenem Vorurtheil . Daher ſiehet man taͤglich , daß mit einem andern Vorurtheil ein munterer Abſolon , mit einem andern aber ein alter und geitziger Nabal geplaget werde . Junge Leute leben insgemein luſtig , und es heiſſet von ihnen uͤberhaupt : Semper luſtig , nunquam traurig . Sie bemuͤhen ſich ſelten , das verlaſſene Guth ihrer Eltern zu conſerviren ; geſchweige dann , daß ſie einen Anatociſmum begehen , und Intereſſe mit Intereſſe vermehren ſolten , weil ſie dencken und unverſchrocken von ſich ſagen : Ein junger Kerl můſſe die Courage haben , in der Welt , ehe er an Kruͤcken gehen muͤſte , huntert tauſend Thaler zu erwerben . Das waͤre mit einem Worte Halluncken , welche die alten verroſterten Thaler , ſo lange im Gefaͤngniß liegen , und ſo unendliche Seufftzer nach ihrer Erloͤſung ſchicken ließen . Ein rechter Gurgel-Bruder wuͤſte das Geld nach jetziger Mode beſſer unter die Leute zu bringen ; zumalen da es gantz richtig waͤre , und Salomon ſelbſt geſaget haͤtte , daß der Menſch von aller ſeiner Muͤhe und Arbeit nichtsmehr haͤtte , als wann er auf der Welt fein luſtig und guter Dinge geweſen waͤre . Mit denen alten Geldgeitzigen Schrabern hingegen ſiehet es in dieſem Stuͤcke gantz anders aus , und kommen mir dieſe Leute , wann ich ſie denen luſtigen Bruͤdern gerade opponire , nicht anders als wie die Spanier und Frantzoſen vor . Denn worinnen dieſe eine ſonderliche Delicateſſe und ungemeine Scharffſinnigkeit finden , das koͤmmt jenen gantz einfaͤltig und laͤppiſch vor , und was insgemein ein junger und munterer Kerl vor ſein hoͤchſtes Guth zu halten pfleget , das kommt einem alten Sauertopff gantz Spaniſch und wunderlich vor . Ja es moͤchte ein alter Ehren-Zeißig , wann er die Luſtbarkeiten junger Leute mit anſiehet , vor Angſt und Hertzeleid , den Magen verrencken , und die Seele , welche ohnedem nicht gar zu feſte ſitzet , von unten aus hinweg purgiren . Deswegen geſchiehet es , das die alten Leute insgemein mißtrauiſch und geitzig ſeyn , auch den gantzen Tag nichts anders thun als queruliren und klagen . Ja , ſeufftzen ſie , wann der Feind , bey einem entſtehenden Kriege , ins Land kommt , und ein Stuͤcke vom Himmel von ungefaͤhr einfallen ſolte , wie dann Niemand daruͤber ein Privilegium aufweiſen kan , ſo wuͤrden wir armen Leute von Haus und Hofe lauffen muͤſſen , und koͤnte kein Menſch ſeines Lebens eine Stunde ſicher ſeyn . Jedoch darff man ſich eben nicht ſo groß wundern , warum alte Leute insgemein ſo pimpeln und klagen , und alle Pfennige und Dreyer , wann ſie ja einen davon ausgeben ſollen , ſechs biß ſiebenmal umzuwenden pflegen , weil ſie wegen Schwachheit des Alters ihren Kraͤfften nichts mehr zutrauen , und aus dieſem Grunde glauben , daß wan ſie auf einen Thaler und Groſchen nicht mehr ſaͤhen , ſie alsdann in ihrem hohen Alter verhungern und verderben muͤſten . Die Auferziehung eines Menſchen , wann ſie gut und vernuͤnfftig geweſen iſt , kan ihn gluͤcklich , und zu einen weiſen Mann machen . Wo ſie aber boͤſe , und ohne Vernunfft , von Eltern , oder denen , ſo Eltern-Stelle vertreten ſollen , tractiret worden , ſo wird mit der Zeit , aus einem ſolchem armen Menſchen chriſtianè loquendo , ein vollkommener Hoͤllen-Brand , & philoſophice dicendo , ein Mancipium omnium beſtialium affectuum , welcher ſich vor der Zeit muthwillig in das zeitliche und ewige Verderben ſtuͤrtzet , weil alsdann der Menſch nicht wider die Affecten zu leben gewohnet iſt . Ich nehme aber die Auferziehung hier nicht in ſenſu juridico , da ein Vater Infantem vel ex juſtis nuptiis ſuſceptum , vel â ſe ipſo agnitum , vel ob concubitum demonſtratum nach Nothdurfft ernehren muß ; da dann insgemein , in poſteriori caſu , non obſtante exceptione concubitus cum aliis das ſchoͤne Urtheil erfolget : Da aber , und dieweil Beklagter N. die angegebene Schwaͤngerung mit Pantionillen geſtanden ; als iſt Beklagter das Kind ſo lange zu ernehren ſchuldig , biß es ſein Brod ſelbſt , nach Nothdurfft verdienen koͤnne . Aucontraire , ich verſtehe hier durch die Auferziehung diejenige nothwendige Verrichtung , da ſich Eltern unablaͤßig bemuͤhen , wie ihre unerzogene Kinder , ſo wohl was den Leib als die Seele angehet , ſo unterrichtet werden moͤchten , daß ſie dermaleinſt GOtt , der Kirche , und dem gemeinen Weſen , tuͤchtige Dienſte leiſten koͤnten . Dieſe Auferziehung , in ſenſu morali pro directione Morum , & inſtitutione bonarum artium ſumta geſchiehet entweder oͤffentlich unter einer hohen Obrigkeit , in oͤffentlichen Schulen und Wayſen-Haͤuſern oder wird von denen Eltern zu Hauſe ſelbſten , oder durch ihre darzu beſtellten Informatores verrichtet . Dieſes aber heiſſe ich keine Auferziehung , wann Eltern ihren Kindern von Jugend auf , ſo viel zu freſſen und zu ſauffen geben , daß ihnen davon die Baͤuche zerboͤrſten moͤchten , weil dieſes nicht auferzogen , ſondern in der That abſurd verzogen heiſſen kan , oder da das Soͤhngen und Toͤchtergen nach ihrem naͤrriſchen Appetit zu allen Galanterien gewoͤhnet werden , welches etwa einen ſchlancken Leib , geſchickte Beine , und ſonſt ein galantes Anſehen machen koͤnne , oder da es ſolchen Kindern gar frey ſtehet nach ihrer eigenen Commoditæt zu leben wie ſie wollen . Daher entſtehet bey denen Soͤhnen das liederliche Leben , welches zuletzt verurſachet , daß ſie entweder Soldaten , Oſt-Indien-Fahrer oder wohl gar Mauſe-Maͤrter abgeben muͤſſen ; die Toͤchtergen aber gerathen , nach der galanten Art zu reden , unter die Courteſier-Schweſtern . Man darff davon keine bekanten Exempel anfuͤhren , weil ſie allzuverdrießlich klingen wuͤrden . Genug iſt es , daß viele Eltern allzuſpaͤte , mit ihrem groͤſten Schaden , und unausbleibender Reue erfahren , wie die libertiniſche Auferziehung ihre Kinder um das zeitliche Gluͤcke , Ehre und Renommée gebracht habe , ſo , daß ſie hernachmahls , auch als verheyrathete Ehemaͤnner , ihre Haͤuſer ſtehen laſſen , aus der Stadt davon lauffen , banquerout werden , und ihrer anſehnlichen und vornehmen Familie einen ewigen Schand-Flecken Anhaͤngen . Die Auferziehung , ob ſie gut oder boͤſe zu nennen ſeye ? koͤnnen wir am beſten aus derſelben Entzweck beurtheilen , welche eintzig und allein dahin gehen ſoll , daß die Kraͤffte des Leibes im Wohlſtand erhalten , die Kraͤffte der Seelen aber mit guten Kuͤnſten und Wiſſenſchafften angefuͤllet werden moͤchten , auf daß ſie , mit der Zeit tuͤchtige Werckzeuge des gemeinen Weſens werden koͤnten . Wie verkehrt aber die Leute in der Welt erzogen werden , das ſiehet man gar deutlich an ihrer verkehrten Lebens-Art . Denn an ſtatt , daß ſie fleiſſig beten , und unermuͤdet ſtudieren und arbeiten ſolten , ſo gehen die jungen Herren zumalen wann ſie brave Mutter-Pfennige haben , den gantzen Tag muͤßig , und koͤnnen aͤrger als die Lands-Knechte fluchen , ja alle Teuffel und hundert tauſend Sacramente ohne allem Anſtoß herbethen . Eine ſolche Auferziehung , ob ſie ſchon nach der Mode vieler Leute , kan unmoͤglich einen erwuͤnſchten Effect nach ſich ziehen , weil die jungen Kinder , in ihrer zarten Jugend insgemein faulen , abſurden und ſuperſtitioſen alten Weibern , die man an einigen Orten Muhmen zu nennen pfleget , anvertrauet werden , durch welche ſie dann , von Jugend auf zur Wolluſt und naͤrriſchen Aberglauben angefuͤhret werden ; oder , wann es ja hoch kommt , ſo vertrauet man ſie nachgehends ſolchen Informatoribus , die ſehr ſchlechte Stuͤmper ſeyn , von welchen ſie dann die Kunſt fruͤhe zeitig zu raiſoniren und unvergleichlich aufzuſchneiden erlernen . Ich habe mit Fleiß ein wenig oben , beym Mode educandi , den Leib unſerer vernuͤnfftigen Seele vorgezogen , weil dieſes nicht allein der communis error in praxi iſt , da ſich die jungen Faͤndgen , vor der Zeit eine gravitætiſche Mine , und einen authoritætiſchen Gang angewoͤhnen , auch eher eine Menuet und Paſſepied tantzen muͤſſen , als ſie den Verſtand excoliret , und ſich mit guten und nuͤtzlichen Wiſſenſchafftem gezieret haben . Solches bekraͤfftigten taͤglich ſehr viele Exempel derer Studioſorum auf Univerſitæten , da ſie ſich am allererſten um einen guten Tiſch , und luſtig-gelegene Stube bekuͤmmern , als daß ſie ſich vornehmlich bemuͤhen ſolten , zu erfahren , welcher Profeſſor , Doctor , Licentiat und Magiſter , die beſten und nuͤtzlichſten Collegia zu halten pflegen . Was nun alſo die Kraͤffte unſeres Leibes entweder durch allzuuͤbermaͤßiges Schwelgen , oder durch eine allzugroſſe Eigenſinnigkeit ruiniret , daſſelbe muß man voͤllig von der rechten Art der Auferziehung removiren , weil es ſchnurſtracks wider den Endzweck einer geſchickten Auferziehung laͤufft . Daher iſt es etwas recht ungereimtes , ja in der That was viehiſches zu nennen , wann etliche , auch von denen Gelehrten ſagen : Ich eſſe und trincke was mir ſchmeckt , und leide dabey was ich leiden ſoll und muß . Denn dieſemnach waͤre es nicht noͤthig geweſen , daß uns der weiſeſte Schoͤpffer eine Vernunfft eingepflantzet haͤtte , nach welcher wir unſere Verrichtungen beurtheilen ſolten , ob ſie uns beym Ausgang nuͤtzlich oder ſchaͤdlich ſeyn koͤnten . Auch ein Ochſe und Eſel friſſet ſo lange , als er kan , und wann er endlich nicht mehr freſſen und ſauffen mag , ſo hoͤrt er von ſich ſelbſten auf , weil ein ſolches unvernuͤnſſtiges Thier ehe nicht wiſſen kan , ob es genug gefreſſen hat , biß ihm das Futter an die Kaͤhle geſtiegen , ja ſo zu reden beym Ruͤſſel wieder hervor raget . Was aber die Kraͤffte unſers Leibes conſerviret , oder daß ich ſo reden mag , in ſeinem baulichen Weſen erhaͤlt , und die edlen Gaben unſers Verſtandes entweder excoliret , oder in einen gebeſſerten Zuſtand ſetzet , daſſelbe , gehoͤret alles zu der geſchickten Art einer vernuͤnfftigen Auferziehung , weil wir dadurch die gemeinen Vorurtheile vermeiden , auf unſere eigene Erkaͤnntniß gefuͤhret , und die Art , uns ſelbſt alle Tage zu beſſern , gar leichte lernen koͤnnen . Dahero halte ich dieſes , nach meinem wenigen Erachten , vor eine allgemeine Regel : Quod , qualis ſit modus educandi , talis quoque ſit modus vivendi ; das iſt : Wie einer erzogen worden iſt , ſo pfleget er auch hernachmahls beſtaͤndig zu leben . Man ſiehet ſolches ſonderlich an denen eigenſinnigen Grillen , und wunderlichen Koͤpffen , welche eine eintzige Fliege an der Wand beleidigen , und eine eintzige Mine das gantze Concept wider aller Leute Vermuthen verruͤcken kan . Fraget man , woher doch ſolches komme , und was wohl die eigentliche Urſache einer ſolchen wunderlichen Conduite ſeyn mag ? ſo iſt die Raiſon gar leichte zu geben , weil der Vater , oder der Præceptor , oder der Rector , eben ein ſolcher wunderlicher Heiliger , als wie jetzo der Sohn geweſen iſt ; wovon dann der Sohn , oder der Diſcipul , ein ſolches eigenſinniges Weſen wider ſein Vermercken nach und nach gelernet , und ſich halsſtarrig zu leben angewoͤhnet hat . Dieweil uns aber , in der Auferziehung , entweder ein gutes oder boͤſes Exempel zur Nachfolge , wie ich zuvor gemeldet , gegeben wird , ſo kan es unmoͤglich anders kommen , als das verderbte Eltern und verderbte Præceptores , ihre Untergebene noch mehr verderben muͤſſen ; zumalen , da ein jeglicher Sohn und Schuͤler von ſeinem Vater und Præceptor das falſche Concept heget , daß alles , was ſie thaͤten , dieſelben nothwendig in praxi imitiren muͤſten . Ehe ich mich noch von dem Vorurtheil der Auferziehung wende , ſo muß ich noch einige handgreiffliche Irrthuͤmer anmercken , welche die Eltern insgemein in der Auferziehung mit ihren Kindern zu begehen pflegen . Hieher gehoͤret vornemlich der grobe Schnuͤtzer etlicher Eltern , da ſie vorgeben , daß ihre Kinder von Natur , und zwar im Mutterleibe , zu einem gewiſſen Studio vom Himmel gleichſam prædeſtiniret worden waͤren . Sie ſchlieſſen gemeiniglich , wann der Vater und Groß-Vater ein Paſtor paganus . Diaconus , Superintendens , Advocatus oder Medicus geweſen iſt , ſo haͤtte es auch ſeine unſtreitige Richtigkeit , daß der Sohn ebenfalls ein Paſtor paganus , Diaconus , Superintendens , Advocatus und Medicus werden muͤſte ; da doch vor allen Dingen , bey dieſer einfaͤltigen Weiber-Prædeſtination , zu examiniren waͤre , ob dann der Zweig , auf welchen dermaleinſt der gantze Stamm ruhen ſolte , ein vollkommenes Geſchicke und natuͤrliche Begierde zu dieſem Studio tractando haben moͤchte . Denn wann ſolches noch vor der Geburt geſchiehet , und ſich von ungefehr zutruͤge , daß der zukuͤnfftige Sohn , ein fein douſes und ſtilles Temperament , wie ſie insgemein die obtuſa Ingenia nennen , mit auf die Welt braͤchte , dergeſtalt , daß man mit dieſem guten Puͤrſchgen gantz gluͤcklich uͤber die Mauren ſpringen , und an die Waͤnde lauffen koͤnte , ſo muͤſte wegen der naͤrriſchen und eingebildeten Prædeſtination folgen , daß der Himmel mit Fleiß ſolche Pecora Eccleſiæ & Reipublicæ ſich vorbehalten haͤtte ; welches dann abſurd zu dencken , und noch viel abſurder zu behaupten ſeyn wuͤrde . Daher lobe ich diejenigen Gelehrten , welche haben wollen , daß man einen Selectum Ingeniorum in Erlernung derer Kuͤnſte und Wiſſenſchafften anſtellen ſolle , weil man alsdann ſehen kan , ob ſich dieſer oder jener , zu dieſem oder jenem Studio ſchicket ; zumal wann man vorhero die Facultates Judicii , Ingenii & Memoriæ genau examiniret , und nach derſelben Force alle ſeine Informationes und Lectiones einrichtet . Aber auch eine allzugelehrte Education taugt nichts , und ſolche beſtehet darinnen , wann man die Kinder mit allzuvielen Lectionen uͤberhaͤuffet , dergeſtalt , daß ſie in einem Tage mehr als zehen unterſchiedene Buͤcher in die Hand nehmen , und daraus etwas auswendig lernen muͤſſen . Aus ſolchen Kindern werden gemeiniglich nichts anders als Pedanten und Contradictoriſche Feder- Fechter . Ein dergleichen Gelehrter iſt meiſtentheis damit zufrieden , wann er nur fein nach ſeiner Logique kuͤnſtliche Woͤrter , nach der Poëſie unnuͤtze Fabeln und kuͤnſtliche Verſe , nach der Diſputir-Kunſt kuͤnſtliche Syllogiſmos und Barbariſche Modos , nach der Oratorie praͤchtige Woͤrter , nach der Moral bloſſe Schein-Tugenden , nach der Phyſique lauter qualitates occultas , und nach der Superphyſique abgelebte und abgedroſchene Diſtinctiones erlernet . In dieſen falſchen und eingebildeten Wiſſenſchafften gehet mancher , leider ! auf Univerſitæten immer weiter , und dencket noch wohl , nach abſolvirten Studiis darzu in ſeinem Hertzen Wunder , was vor Myſteria er verſchlucket und aufgefreſſen haͤtte . Dahero faͤnget er an in ſeinem Leben ſich ſingulier aufzufuͤhren , bemuͤhet ſich allen Leuten zu widerſprechen , und die Gegner mit vielen wunderlichen und laͤcherlichen Inſtantien auf einmal ad multum abſurdum zu bringen . Mir gefaͤllt deswegen wohl , was der allgemeine Nachrichter derer Gelehrten , Scioppius , von dieſer verkehrten Art derer Leute gar artig in ſeinem Regenten-Spiegel urtheilet . Er ſpricht nehmlich : Wolte ich mich zu dem Bauer auf das Land begeben , ſo finde ich da nichts als lauter Floͤhe und Laͤuſe . Wolteich mich aber zu denen Gelehrten machen , ſo treffe ich unter ihnen eine greuliche Menge Narren und Pedanten an . Igitur quorſum ? ad Deum , quia ibi fons & origo omnis boni deprehenditur . Nach der Auferziehung folget der Umgang ſowohl mit gelehrten als ungelehrten Leuten . Heut zu Tage nennet man es insgemein eine Conduite , welche um ſo viel eher obſerviret werden muß , jemehr bekannt iſt , daß dieſelbe eine auſſerordentliche Gelegenheit derer ſchaͤndlichſten und verderblichſten Vorurtheile ſeyn koͤnne , auch vielmal in der That geweſen iſt . Denn indem wir uns bemuͤhen , denen Sitten anderer Leute , welche uns in die Augen leuchten , nachzuaͤffen , ſo folget , ſo viel daraus , daß wann wir mit Ehrgeitzigen , Geldgeitzigen , Verliebten , Eigenſinnigen und Stoͤckiſchen umgehen , wir ſelber vielmals wider unſer Naturel ehrgeitzig , verliebt , geldgeitzig , eigenſinnig und ſtoͤckiſch werden muͤſſen . Sind aber die Leute mit welchen wir zu converſiren gewohnet ſind andaͤchtig , bedaͤchtig , freygebig , beſcheiden , hoͤflich und artig