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Deutsche Biographie - Kerrl, Hanns

Kerrl, Hanns

Lebensdaten
1887 – 1941
Geburtsort
Fallersleben
Sterbeort
Paris
Beruf/Funktion
NS-Politiker ; Reichskirchenminister ; Justizoberrentmeister ; Nationalsozialist ; Justizbeamter ; Politiker
Konfession
lutherisch
Normdaten
GND: 122898397 | OGND | VIAF: 69822030
Namensvarianten

  • Kerrl, Hanns
  • Kerrl, Hans
  • Cerrl, Hanns
  • Cerrl, Hans

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Zitierweise

Kerrl, Hanns, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd122898397.html [23.11.2024].

CC0

  • Kerrl, Hanns

    Reichskirchenminister, * 11.12.1887 Fallersleben, 14.12.1941 Paris. (lutherisch)

  • Genealogie

    V Eduard (1841–1920), Rektor in F.;
    M Auguste Heimbach ( 1935);
    Braunschweig 1914 Marga (1887–1969), T d. Hofbes. Joh. Wilhelm Schrader in Garmissen u. d. Juliane Kaune;
    2 T.

  • Biographie

    K. besuchte das Gymnasium in Hameln und schlug dann die Laufbahn eines mittleren Justizbeamten ein. 1914-1918 nahm er am 1. Weltkrieg teil, seit 1915 als Leutnant und Kompanieführer. Als Justizoberrentmeister in Peine tätig, stieß er früh zur nationalsozialistischen Bewegung und gehörte zu den ersten Kampfgefährten Hitlers in Norddeutschland. 1928 wurde er Mitglied, am 25.5.1932 erster NS-Präsident des preußischen Landtages, im März 1933 wiedergewählt, und wurde am 23.3.1933 zum Reichskommissar für das preußische Justizministerium ernannt. Seit 21.4.1933 war er preußischer Justizminister, nach der Übertragung der Justizverwaltung von den Ländern auf das Reich seit 17.6.1934 Reichsminister ohne Geschäftsbereich. Im September 1933 wurde er preußischer Staatsrat, am 12.11.1933 Mitglied und am 12.12.1933 Vizepräsident des Reichstages, im April 1935 Leiter des Zweckverbandes „Reichsparteitag Nürnberg“, Leiter der Reichsstelle für Raumordnung und am 16.7.1935 Reichsminister für die kirchlichen Angelegenheiten.

    Die Einsetzung K.s zum Reichskirchenminister war ein staatlicher Hoheitsakt gegenüber allen Religionsgesellschaften, der aber besonders wegen der Verhältnisse in der evangelischen Kirche erfolgt war. Nach 1933 hatten die nationalsozialistischen „Deutschen Christen“, zunächst unterstützt von den neuen politischen Instanzen, die Synthese von Christentum und Nationalsozialismus propagiert und wollten auf dieser Basis die verschiedenen Landeskirchen zu einer einheitlichen evangelischen Reichskirche mit dem Reichsbischof Ludwig Müller an der Spitze zusammenschließen. Gegen diesen Versuch einer ideologischen und organisatorischen Anpassung an den Nationalsozialismus und gegen die Person Müllers hatte sich ein erheblicher innerkirchlicher Widerstand gebildet. Die faktische Kirchenspaltung meinte Kerrl – der wie die „Deutschen Christen“ eine Synthese zwischen Christentum und Nationalsozialismus im Sinne H. St. Chamberlains für möglich hielt – durch Herausstellung eines kirchenleitenden Gremiums unter Beteiligung der verschiedenen Gruppen („Reichskirchenausschuß“) überwinden zu können; er scheiterte damit aber bereits 1937, nicht zuletzt darum, weil er das anfängliche Vertrauen Hitlers schon bald verloren hatte. K. versuchte nun, durch schärfere administrative Maßnahmen die Kirchen und besonders die kirchliche Opposition („Bekennende Kirche“) unter Kontrolle zu behalten; er wurde jedoch in seinen politischen Wirkungsmöglichkeiten von den immer einflußreicher werdenden weltanschaulichen Distanzierungskräften in der NSDAP, die auf eine weitgehende Zurückdrängung von Christentum und Kirche aus dem öffentlichen Leben hinarbeiteten, stark eingeschränkt. Sein Tod bewahrte ihn vor weiteren Fehlschlägen in dem Bemühen, den Kirchen gegenüber dem weltanschaulichen Totalitätsanspruch des Nationalsozialismus ein gewisses Maß von Eigenständigkeit zu bewahren.

  • Werke

    Die Dt. Gemeindeordnung v. 30.1.1935 (Kommentar mit J. Weidemann), 1935;
    Über Weltanschauung u. Rel. im nat.sozialist. Staat, 1938 (nur in franz., ital. u. span. Übers. in Berlin veröff.).

  • Literatur

    J. S. Conway, Die nat.sozialist. Kirchenpol. 1933–45, 1969, S. 148 ff.;
    L. Wenschkewitz, Zur Gesch. d. Reichskirchenmin. u. s. Ministers, in: Tutzinger Texte, Sonderbd. 1: Kirchenkampf, 1969, S. 185-205;
    dies., Pol. Versuche e. Ordnung d. Dt. Ev. Kirche durch d. Reichskirchenmin. 1937–39, in: Zur Gesch. d. Kirchenkampfes, Ges. Aufsätze II, 1971, S. 121-38.

  • Porträts

    Hdb. üb. d. Preuß. Staat 138, 1934 (Titelbl.);
    Das Dt. Führerlex. 1934/35, 1934, S. 227.

  • Autor/in

    Carsten Nicolaisen
  • Zitierweise

    Nicolaisen, Carsten, "Kerrl, Hanns" in: Neue Deutsche Biographie 11 (1977), S. 534 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd122898397.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA