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Deutsche Biographie - Sinowatz, Fred

Sinowatz, Fred

Lebensdaten
1929 – 2008
Geburtsort
Neufeld/Leitha (Burgenland)
Sterbeort
Wien
Beruf/Funktion
österreichischer Bundeskanzler ; Historiker ; Politiker
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 11861469X | OGND | VIAF: 95371886
Namensvarianten

  • Sinowatz, Fred

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Zitierweise

Sinowatz, Fred, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd11861469X.html [12.12.2024].

CC0

  • Sinowatz, Fred

    österreichischer Bundeskanzler, Historiker, * 5. 2. 1929 Neufeld/Leitha (Burgenland), 11. 8. 2008 Wien, Neufeld/Leitha, Ehrengrab. (katholisch)

  • Genealogie

    Aus kroat. Kleinbauernfam.;
    V Ferdinand (1904–72), Maschinenschlosser in e. Kohlebergwerk in N., später Kohlenhändler, S d. Ferdinand Szinovatz (Wieninger) (* 1860), Müller, u. a. in Kanada u. in d. USA, kehrte n. Neufeld (Niederösterr.) zurück;
    M Maria (1906–78), Arbeiterin in e. Hanf- u. Jutefabrik, T d. Josef Csech, aus Böhmen, u. d. Magdalena Leser, aus Bergarb.fam. in Neufeld; außerehel. Ur-Gvv Josef Wieninger (* 1836), aus Kopfing (Oberösterr.), Müller in Wampersdorf b. Hornstein, Galizien u. Neufeld;
    Ur-Gmv Anna Pogats (* um 1821, 1] N. N. Szinovatz, vor 1859), aus Kroatien;
    Om Josef Csech, Arb., Leiter d. Arbeiterbücherei in Neufeld, 1934–39 illegaler Sozialist;
    1954 Hermine Semmler ( 1995), aus Ebenfurth (Niederösterr.), als Lehrerin ausgebildet, T e. Angest. in Ebenfurth;
    1 S Peter (* 1960), Ing., Geschäftsführer, Mitgl. d. SPÖ in N., 1 T Eva (* 1957), Dr.;
    E Lisa (* 1984), 2009 Vors. d. Sozialist. Jugend Burgenland.

  • Biographie

    Nach der Gymnasialausbildung in Wiener Neustadt und Baden (Matura mit Auszeichnung 1948) und dem Studium der Geschichte, Germanistik und Zeitungswissenschaften (1948–53) an der Univ. Wien (Dr. phil. 1953 mit Diss. zu „Protestantismus u. kath. Gegenreformation in der Grafschaft Forchtenstein u. Herrschaft Eisenstadt“ bei Benedikt Heinrich u. Alfons Lhotsky) arbeitete S. 1954–56 als Sekretär bei Landesrat Albin Dostal. Seit 1956 war er im wiss. Dienst in der Burgenländ. Landesbibliothek in Eisenstadt beschäftigt, seit 1961 beurlaubt.

    S.s politische Tätigkeit begann mit seinem Eintritt in die SPÖ 1948, wobei er seit 1953 auch redaktioneller Mitarbeiter für die SPÖWochenzeitung „Burgenländische Freiheit“ war und gleichzeitig Landesrat Dostal in sozialpolitischen Fragen unterstützte. 1959 wurde S. Obmann der SPÖ-Neufeld und 1958 Mitglied des Landesparteivorstandes der SPÖ-Burgenland, dem er bis 1988 angehörte. Seit 1961 Mitglied des burgenländ. Landtags (Präs. 1964–66), war S. als Landesparteisekretär (seit 1961) für den Wahlkampf 1964 zuständig, den erstmals in der Nachkriegsgeschichte die SPÖ zu ihren Gunsten entscheiden konnte. Seit 1966 gehörte er der burgenländ. Landesregierung als Landesrat für Kultur an und wurde 1971 von Bruno Kreisky (1911–90) als Bundesminister für Unterricht und Kunst in die SPÖ-Alleinregierung berufen. 1971 wurde er in den Nationalrat gewählt, dem er bis 1983 angehörte. Innerhalb der Bundesregierung war er 1981–83 Vizekanzler und 1983–86 als Nachfolger Kreiskys Bundeskanzler. Im Rahmen der SPÖ-Zentralorganisationen fungierte er 1970–88 als Mitglied des Bundesparteivorstandes der SPÖ und 1983–88 als deren Bundesparteivorsitzender.

    S. hatte schon im Burgenland versucht, von der klassischen Parteiideologie durch eine offenere Identitätsdebatte (Burgenlandideologie und Burgenlandbewußtsein) wegzukommen. Diese strategische Neupositionierung beeinflußte auch die Re-Positionierung der Sozialdemokratischen Partei unter Kreisky in ganz Österreich. Als Unterrichtsminister profilierte er sich als volksnaher Politiker mit Schul- und Lehrplanreformen, u. a. durch Förderungsaktionen (Schulwegu. Lernmittelfreiheit, 1971/72) und die flächendeckende Einführung der Koedukation. Grundsätzliche, umfassende Änderungen wie die Einführung der Gesamtschule für 10 bis 14jährige oder Sexualkundeunterricht scheiterten am Veto der oppositionellen ÖVP. Im Bereich „Politischer Bildung“ und zeitgeschichtenahem Unterricht setzte S. erste wichtige Initiativen. In der Auseinandersetzung zwischen Kreisky und Finanzminister und Vizekanzler Hannes Androsch (* 1938) blieb S. loyal gegenüber dem Kanzler und nahm 1983 auch dessen Nachfolge an. Jedoch konnte S. sich in den ökonomischen Krisen und in Umweltfragen (Kraftwerk Hainburg b. Wien) nicht durchsetzen und scheiterte schließlich an der Auseinandersetzung um die NS-Vergangenheit von Kurt Waldheim und dessen Wahl zum Bundespräsidenten. Zudem wurde er in zwei Prozesse involviert, die einerseits mit der Waldheim-Causa (Thematisierung verschwiegener Teile der Kriegsvergangenheit) zusammenhingen, andererseits mit illegalen Waffenlieferungen der Firma „Noricum“ in den Iran, welche im Widerspruch zur Neutralität Österreichs standen. Im ersten Fall wurden S. und seine Mitangeklagten wegen falscher Zeugenaussage verurteilt, im zweiten Fall freigesprochen.

  • Auszeichnungen

    Gr. Ehrenzeichen f. Verdienste um d. Rep. Österr.;
    Gr. Goldenes Ehrenzeichen, auch am Bande, f. Verdienste um d. Rep. Österr.;
    Österr. Olympiamedaille;
    Komturkreuz d. Landes Burgenland;
    Großkreuz d. Liechtensteiner Verdienstordens;
    Großkreuz d. griech. Verdienstordens;
    Orden d. Sternes v. Jugoslawien;
    Großkreuz d. norweg. St. Olav-Ordens;
    senegales. Löwenorden;
    Dr. h. c. (Budapest).

  • Werke

    Zur Gesch. d. Landesnamens, in: Burgenländ. Freiheit, Nr. 40 u. 42 v. 21. 10. 1961 u. in: Burgenländ. Heimatbll. 23, 1961, S. 123–30;
    Das Werden d. burgenländ. Selbstbewußtseins, in: Burgenländ. Freiheit, Nr. 30 v. 29. 7. 1961;
    Die Reg.erklärung d. Koalitionsreg. S.-Steger, Vier weitere J. auf d. österr. Weg, 1983;
    Das Morgen fängt heute an, in: Perspektiven 90/1, 1984;
    Burgenland, 1999 (s. L).

  • Literatur

    L N. Britz, Laudatio anläßl. d. Verleihung d. Adam Müller-Guttenbrunn-Ehrenringes, 1977 (P);
    ders., Das burgenländ. J.zehnt d. Dr. F. S., 1979;
    D. F. J. Campbell u. F. Vranitzky, in: D. Wilsford (Hg.), Political Leaders of Contemporary Western Europe, 1995;
    A. Pelinka, Die Kleine Koalition, SPÖ-FPÖ 1983–1986, 1993;
    W. Feymann, Burgenland, Gesch., Kultur u. Wirtschaft in Biogrr., F. S., 1999 (L, P);
    H. Dachs u. a. (Hg.), Pol. d. Zweiten Rep., 1995;
    Munzinger;
    Österr. Personenlex. (P).

  • Autor/in

    Oliver Rathkolb
  • Zitierweise

    Rathkolb, Oliver, "Sinowatz, Fred" in: Neue Deutsche Biographie 24 (2010), S. 468-469 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd11861469X.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA