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(PDF) Eine archaisierende Königsfigur der späten Libyerzeit (Osorkon IV.) | Helmut Brandl - Academia.edu
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Eine archaisierende Königsfigur der späten Libyerzeit (Osorkon IV.)

2011, E. Bechtold, A. Gulyás, A. Hasznos (eds.), FROM ILLAHUN TO DJEME. Papers Presented in Honour of Ulrich Luft, BAR IS 2311, Oxford

Publication of a glassy faience statuette fragment from Memphis which imitates the style of the Old Kingdom ("archaism") and which is inscribed for one king "Usermaatre". Following a discussion of the possible candidates who may be identified with this king it is considered that he may be the "northern" Late Libyan ruler Osorkon (IV) Usermaatre. Archaising relief images of this lesser known ruler which are stylistically harking back to the early OK were found in Tanis in 2009. These reliefs confirm that Osorkon IV's throne name was indeed "Usermaatre".

From Illahun to Djeme Papers Presented in Honour of Ulrich Luft Edited by Eszter Bechtold András Gulyás Andrea Hasznos BAR International Series 2311 2011 Published by Archaeopress Publishers of British Archaeological Reports Gordon House 276 Banbury Road Oxford OX2 7ED England bar@archaeopress.com www.archaeopress.com BAR S2311 From Illahun to Djeme. Papers Presented in Honour of Ulrich Luft © Archaeopress and the individual authors 2011 ISBN 978 1 4073 0894 4 Printed in England by Infomation Press, Oxford All BAR titles are available from: Hadrian Books Ltd 122 Banbury Road Oxford OX2 7BP England www.hadrianbooks.co.uk The current BAR catalogue with details of all titles in print, prices and means of payment is available free from Hadrian Books or may be downloaded from www.archaeopress.com Eine archaisierende Königsfigur der späten Libyerzeit Helmut Brandl Abstract A small Memphite royal sculpture fragment of glassy faience (University College London, inv. no. 13128) which is inscribed for a king Usermaatre (whose nomen is not preserved) has variously been identified as representation of Amyrtaios, Rudamun, or Piye/Piankhy in the past. By virtually ruling out the Upper Egyptian and Kushite pretenders and by comparing the stylistic features of this fragment with those of a similar Memphite statuette of the late Libyan Delta dynast Sheshonq V it is asumed that his successor, Osorkon IV, may indeed the most likely candidate for the identification of the represented ruler. The double pleated kilt of the fragment is a feature otherwise known from royal sculptures of Snofru (as well as from a few royal reliefs and private statues of Dynasty 4-5). Its occurrence in post-New Kingdom art adds to the impression of a general revival of Old Kingdom style during that period. fragmentarischen Königsfiguren durcheinander gebracht. Die zwei Fragmente sind einander insofern ähnlich, als dass es sich bei beiden um Bruchstücke von kleinen Schreitfiguren handelt, die auf der Rückseite jeweils den mittleren Teil einer Inschriftenkolumne mit der Titulatur eines Königs mit dem Thronnamen Usermaatre tragen. Nur bei dem aus Abydos stammenden Fragment hat sich jedoch auch der Eigenname, Takeloth, erhalten. Beide Inschriften waren von Petrie jeweils nur in Umzeichnung veröffentlicht worden. Die Usermaatre-Statuette aus „pale green stoneware“, an die sich Petrie erinnerte, dürfte daher wohl die memphitische Figur gewesen sein, die er 1887 erworben hatte. Gauthier nahm später Petries memphitischen Usermaatre (unter Vorbehalt wegen der verbreiteten Verwendung dieses Thronnamens in der Libyerzeit) für Rudamun in das Livre des rois auf (Gauthier 1914, 393; vgl. auch Jurman 2006, 77). Petrie selbst veröffentlichte dieses Objekt jedoch später noch einmal, nun auch mit einem Foto (allerdings nur der Rückseite) und – mit einer Zuschreibung an den kuschitischen Herrscher Pianchi/Pije: „The earliest piece that we can attribute to the Ethiopian kings is the part of a statuette of Pankhy (25.1). The form of the cartouche is more like that of Pankhy than like any earlier User-măot-ra king; and the blue-grey (sic!) stoneware is quite unlike anything of the xxiiird dynasty, but to all appearances of the xxvith dynasty or later.” (Petrie 1917, 31, 51). Warum Petrie die Farbe der Statuette hier als „blue-grey“ bezeichnete, ist unverständlich, denn seine erste Beschreibung als „light green“ war zutreffend. 1. Geschichte des Objektes Während einer Season im Jahre 1887 erwarb W. M. Flinders Petrie in Memphis ein Fragment einer Königsstatuette aus „finest light green stoneware“, deren Inschrift er im folgenden Jahr publizierte (Petrie 1888, pl. 21, 11). Das Objekt befindet sich nun im Petrie Museum of Egyptian Archaeology des University College in London (Inv. 13128, Figures 1-5, 9). Zunächst nahm Petrie eine Datierung der Statuette in das 4. Jh. v. Chr. vor: “The work is very delicate and detailed both in the dress and the anatomy of the knees; and from its style, as well as the colour, it seems very hard to assign it to any age but the IVth century B.C. (…).” (Petrie 1888, 26). Er identifizierte den dargestellten Herrscher, von dessen Namen auf dem Bruchstück nur der Thronname „Usermaatre“ erhalten ist, mit dem König Amyrtaios (28. Dynastie), dessen nicht in Hieroglyphen belegter Eigenname damals noch (Lepsius und Wiedemann folgend) als „Amen-rut“ erschlossen wurde. Der Thronname des Amen-rut war zwar bereits von einem kleinen Bergkristallgefäß im Louvre als Usermaatre (-setepenamun) bekannt (Pierret 1878, 80), doch handelte es sich bei diesem König gar nicht um Amyrtaios, sondern um den oberägyptischen Dynasten Amun-rudj bzw. Rudamun aus der späten Libyerzeit. Dies wurde von Petrie jedoch erst in seiner Darstellung der späteren pharaonischen Geschichte festgestellt (Petrie 1905, 265). Das memphitische Statuettenfragment des Usermaatre wurde in diesem Buch Petries nicht mehr als Beleg für Amyrtaios genannt (Petrie 1905, 372: „There is not a single monument known of this king (…). The hieroglyphic form of the name is therefore unknown.“), doch wurde es auch nicht dem Rudamun zugewiesen. Überraschender Weise findet sich dafür in Petries History die Beschreibung eines anderen, in Abydos gefundenen Statuettenbruchstückes als „… a portion of a statuette of the king in pale green stoneware [B. Mus. 37,326], with his cartouches and titles on the back.” (Petrie 1905, 244-245). Bei diesem Objekt handelt es sich um einen Statuettentorso Takeloths III. (nicht Takeloths I., wie angegeben), der jedoch nicht aus dem genannten hellgrünen Material, sondern schlicht aus Kalkstein besteht (Aston und Taylor 1990, 171). Anscheinend hatte Petrie hier die beiden Dies war jedoch noch nicht das Ende einer Reihe von einander widersprechenden Angaben dazu. Die bisherigen Unsicherheiten bezüglich des Materials bzw. der korrekten Beschreibung der beiden königlichen Statuettenfragmente aus Memphis bzw. aus Abydos setzten sich in der neueren Literatur fort. Kitchen bezeichnete den abydenischen Kalkstein-Torso in seinem großen, erstmals 1972 erschienenen Werk über die Geschichte der Dritten Zwischenzeit als „glazed statuette“ (so noch Kitchen 1995, § 319), was für das Lexikon der Ägyptologie übernommen wurde (Altenmüller 1980, 578). Das von Petrie in Memphis erworbene Usermaatre-Fragment erscheint bei Kitchen 11 From Illahun to Djeme. PaPers PresenteD In honour oF ulrIch luFt (1995, § 312, Anm. 615) irritierender Weise als „statuebase of an Usimare Setepenamun“. Kitchen merkte dabei an, dass Petries Gleichsetzung dieses Usermaatre mit „Rudamun“ nicht gerechtfertigt sei, doch ging er nicht auf dessen eigentlichen, primär auf stilistischen Erwägungen beruhenden Datierungsansatz in das 4. Jh. v. Chr. ein (auch Petries spätere Identifizierung mit Pianchi/Pije bleibt unerwähnt). Kitchen zufolge könnte man das memphitische Usermaatre-Fragment Osorkon III. zuweisen (für den er eine unterägyptische Machtbasis annimmt), ebenso gut aber auch „one of the seven other Libyan pharaohs with this prenomen“. Die Topographical Bibliography nahm das Werk, Petries beiden Veröffentlichungen folgend, in zwei separaten Einträgen auf, einmal als „possibly Rudamun“, dabei jedoch mit einem Hinweis auf Petries ältere Datierung in das 4. Jh. v. Chr. (Málek 1999, 131) und ein weiteres Mal unter „Piye“ mit der falschen Materialangabe „glazed limestone“ (Málek 1999, 137). Ungeachtet all dieser Missverständnisse sprach O. Perdu (2002, 159) das Fragment korrekt als Rundbild „d’un roi prénommé Ousermaâtre“ an und ordnete es einer kleinen Gruppe von libyerzeitlichen Statuetten aus „faïence“ zu, wobei er darauf hinwies, dass die Mehrzahl dieser Werke aus einer „’faïence’ vitrifiée dans la masse (ou glassy faience)“ bestehen. C. Jurman (2006, 72), der die bisher für Rudamun in Anspruch genommenen Denkmäler zusammenstellte und überprüfte, sah die Identifizierung des Usermaatre von UCL 13128 mit Rudamun als „theoretisch möglich, aber unwahrscheinlich“ an. Auf die Doppelung des Objekts in der Literatur verwies dann explizit K. Jansen-Winkeln (2007, 411), der es der „22.24. Dynastie allgemein“ zuordnete. /// [dj.s]n Awt-jb nb n njswt-bjt (Wsr-mAa.t-Ra)| zA Ra /// /// [mögen s]ie jegliche Freude dem König von Oberund Unterägypten Usermaatre, dem Sohn des Re /// [geben] FIg. 1 rückenPFeIlerInschrIFt Des statuettenFragmentes lonDon, unIversIty college (PetrIe museum), Inv. 13128. FaksImIle kleine, kreisrunde Löcher, die offenbar auf Gasbläschen zurückzuführen sind, fallen besonders auf der Rückseite auf. Das Innere der Figur besitzt an den Bruchflächen eine feinkörnig kristalline Struktur, wogegen die originalen Außenflächen glasig erscheinen und deutlich glatter sind. Erhalten ist ein mittleres Stück der Statuette mit einem Teil des Rückenpfeilers. Die Höhe des Fragments beträgt 7.2 cm, die Breite 3.2 cm und die Tiefe 3.3 cm. Der Rückenpfeiler ist maximal 2.4 cm breit. Dank der Freundlichkeit von Stephen Quirke konnte ich bei einem Besuch im University College im August 2008 das memphitische Usermaatre-Fragment, von dem inzwischen Fotos im Online-Katalog des PetrieMuseums veröffentlicht wurden (http://petriecat. museums.ucl.ac.uk), untersuchen und habe es daraufhin in zwei einander ergänzenden Listen libyerzeitlicher Königsstatuen bzw. -statuetten erwähnt (Brandl 2008, 267; Brandl forthcoming, K-1.4). Im Folgenden möchte ich die noch ungeklärte Frage nach der Identität des dargestellten Herrschers aufgreifen und dabei erneut der Stilistik des Objektes besondere Aufmerksamkeit zuwenden. Von der Königsfigur sind noch der untere Teil des gewölbten Bauches mit einem tief eingesenkten Nabel, der sich anschließende Beckenbereich (d. h. ein kurzer, plissierter Schurz mit Gürtel) und der rechte Schenkel bis zur Mitte der Wade erhalten. Vom linken Bein ist nur noch der oberste Ansatz vorhanden, und dazu ein Stück des Materialsteges, der den Oberschenkel mit dem Rückenpfeiler verband. Von den ehemals am Körper ausgestreckten Armen sind auf beiden Seiten nur scharfkantige Abbruchstellen geblieben. Bei genauer Betrachtung fällt auf, dass der untere Abschluss der Bruchfläche des rechten Arms rechteckig ist. Das auffälligste Detail des Fragmentes ist jedoch der Schendjut-Schurz, der ein besonderes, dichtes Muster besitzt: Entlang der Fältelung des Stoffes sind fischgrätartig dünne Zickzack-Linien eingraviert, die wohl eine doppelte Fältelung des Stoffes wiedergeben (Bonnet 1917, 42-43; Staehelin 1966, 13 Anm. 2 Tf. XIV, Abb. 20). Dem verehrten Jubilar, Herrn Professor Ulrich Luft, sei dieser kleine Beitrag mit herzlichem Dank für seinen anregenden Unterricht in München (als Lehrstuhlvertreter für Professor W. Barta) und mit den besten Wünschen für sein weiteres Wirken gewidmet. 2. Beschreibung Bei dem Objekt UCL 13128 handelt sich um das Fragment einer kleinen Schreitfigur aus hellgrünem, relativ schwerem Material, dessen schwach glänzende Oberfläche allseitig durch kleine Ausbrüche bzw. Abplatzungen beschädigt ist. Partielle bräunliche Verfärbungen und sehr 12 helmut BranDl: eIne archaIsIerenDe könIgsFIgur Der sPäten lIByerzeIt Der Gürtel besitzt ein einfacheres, jedoch ebenfalls fein graviertes Rautenmuster, das oben und unten jeweils von einem schmalen, glatten Streifen eingefasst ist. Das zum Schendjut-Schurz gehörende trapezoide Mittelstück ist offenbar zusammen mit dem linken Bein weggebrochen. Nur ein geringer Rest hat sich davon erhalten. Das durchgestreckte rechte Bein ist deutlich nach hinten gestellt und in auffälliger Weise modelliert. Es besitzt eine kräftige Wade und eine vorspringend rhombisch geformte Kniescheibe mit markant einfassenden Wülsten. Dynastie zu belegen. Das vereinzelte Vorkommen dieses Materials für Schmuckperlen und Skarabäen wurde inzwischen jedoch bereits für die Zeit des späten Mittleren Reiches festgestellt (Lilyquist/Brill 1993, 8-9; Wilde 2003, 21). Glasnahe Ägyptische Fayence besitzt während des Herstellungsprozesses günstige Eigenschaften für eine Detailausarbeitung und scheint Glas nach dem Ende des Neuen Reiches im Bereich des kleinformatigen Rundbildes weitgehend abgelöst zu haben (Nicholson and Henderson 2009, 196, 205). Im ersten vorchristlichen Jahrtausend ist der Werkstoff wenngleich nicht häufig, so doch kontinuierlich für Amulette, Uschebti-Figuren und Statuetten bezeugt. Seine Verarbeitung beschrieb Cooney (1960, 33) folgendermaßen: Auf der Rückseite des massiven Rückenpfeilers befindet sich der Rest einer Inschriftenkolumne (maximale Breite: 1.5 cm), deren Anfang und Ende nicht erhalten sind (Figures 1, 5). Die Rekonstruktion des Anfangs der Inschrift ist nicht möglich, doch handelt es sich vermutlich um eine Rede mehrerer Gottheiten (Jansen-Winkeln 1994, 100-102). “After the batch has been mixed it is pressed into a mould in its plastic, prefiring state. It must be handled with care but it has something of the plasticity of clay. As soon as it has taken the form of the mould it is removed and made ready for the kiln. It is at this stage that the great advantage of this material becomes apparent for the craftsman can now work over the moulded form at will. Inscriptions can be incised with ease, all fine details of the face and garments can be incised with a fine graver and, in short, almost any degree of individuality or detail can be achieved without the slow and always dangerous method of grinding after firing, the sole method available to the worker in glass. When the retouching is finally completed the moulded form is placed in the kiln on stilts and fired at temperatures ranging up to about 1975° F. (1080° C).” Die Inschrift ist merkwürdig verzerrt, was an dem unregelmäßigen Verlauf der Kolumneneinfassung ebenso zu erkennen ist, wie an der Kartusche. Die Hieroglyphen sind im Vergleich zur sonstigen Modellierung der Statuette nur sehr einfach und ohne Binnenzeichnung eingraviert. Bei der Kartusche fällt auf, dass die Schlaufe und das lineare Endstück des Schen-Ringes nur lose verknotet sind. Ob dies gleichfalls das Resultat einer ungewollten Verformung des Stückes ist, ist fraglich. 3. Materialbestimmung Die Verzerrung der Rückenpfeilerinschrift bezeugt, dass es sich bei dem hellgrünen Material der Statuette nicht um Stein, sondern um einen künstlich hergestellten Werkstoff handelt. Petrie bezeichnete es als „stoneware“ und vermutete bereits, dass die Verformung während des Herstellungsprozesses geschehen sein könnte, so dass die Figur vielleicht aufgegeben wurde (Petrie 1888, 26). Für den vorliegenden Beitrag war keine eingehendere naturwissenschaftliche Analyse möglich. Die Farbe und Textur der originalen Oberfläche und der Bruchflächen, die unter einem einfachen Vergrößerungsglas gut erkennbaren kleinen Bläschen und nicht zuletzt der Detailreichtum der plastischen Arbeit weisen jedoch übereinstimmend darauf hin, dass es sich bei dem zu bestimmenden Material um eine besonders kompakte Art von Ägyptischer Fayence bzw. um ein „’Zwischenprodukt’ zwischen Fayence und Glas“ (Regner 1998, 14), d. h. um glassy faience handeln dürfte. Dieser Werkstoff, der im Deutschen als „glasige“, besser jedoch als „glasnahe Ägyptische Fayence“ (B. Schlick-Nolte) bezeichnet werden kann, wurde zuerst von A. Lucas 1926 (repr. 1989, 164-165) beschrieben. Eine neuere Analyse seiner Zusammensetzung stammt von M. Leveque (1998). Die grundlegende und detaillierte, auf Lucas’ Angaben Bezug nehmende Beschreibung dieses Materials durch J. D. Cooney (1960, 32-33) passt so genau zum Erscheinungsbild des Usermaatre-Fragmentes, dass dessen Material auch durch den bloßen Augenschein zuverlässig bestimmt werden kann. Nach Cooney (1960, 33-36) sind Werke aus glassy faience erst seit der 22. Nach diesen Angaben ist es sehr wahrscheinlich, dass auch die Grundform der Usermaatre-Statuette in einer Model hergestellt wurde. Ihre Details dürften, wie von Cooney beschrieben, anschließend mit feinen Arbeitsgeräten eingraviert bzw. modelliert worden sein. Die Figur wurde danach gebrannt, wobei sie jedoch im noch formbaren Zustand die Schäden erlitt, die das Erscheinungsbild der Rückenpfeilerinschrift bestimmen. Diese Mängel dürften tatsächlich zur Aufgabe des Werkes geführt haben. 4. Statuentyp, Ikonographie und Stil Das Bruchstück gehört zu einer kleinen Schreitfigur, bei der das linke Bein offenbar kräftig ausschreitend gezeigt war (vgl. Figures 2, 3). Durch das hinter die vertikale Körperachse gestellte rechte Bein war die Grundkörperhaltung des Schreitens besonders betont, wie dies bereits im frühen Alten Reich vorkommt (EatonKrauss/Loeben 1997). In der rechten Seitenansicht scheint sich noch die Verlagerung des Oberkörpers nach vorne anzudeuten, doch könnte dieser Eindruck auch auf die Verformung der Statuette zurückgehen (Figures 2, 4). Die Hände waren wahrscheinlich zu Fäusten geballt. Da die Abbruchstellen der Arme einiges über dem unteren Rand (und nicht direkt am Rand des Schurzes) enden und zudem auf der rechten Seite der rechteckige Rest eines kleinen 13 From Illahun to Djeme. PaPers PresenteD In honour oF ulrIch luFt FIg. 2 FIg. 3 FIg. 4 FIg. 5 FIg. 2-5: Fragment eIner schreItFIgur Des könIgs usermaatre. erworBen In memPhIs. glasnahe Fayence; h. 7.2 cm. lonDon, unIversIty college (PetrIe museum), Inv. 13128. Fotos: m. salomon – mIt FreunDlIcher erlauBnIs Des PetrIe museums. 14 helmut BranDl: eIne archaIsIerenDe könIgsFIgur Der sPäten lIByerzeIt Materialstegs zwischen dem Schurz und Hand erhalten zu sein scheint, könnte es sein, dass der untere Teil der Fäuste halbplastisch modelliert war. keine Statuen mit diesem besonderen Ornat bekannt. Im königlichen Flachbild kommen Schendjut-Schurze mit Zickzackmuster dagegen noch in der 5. Dynastie vor. Aus dieser Zeit sind Reliefs des Sahure (aus Abusir) erhalten, die ihn mit einem solchen Schurz zeigen, der allerdings als zusätzliches Trachtelement über einem plissierten Vorbauschurz getragen wird (Figure 7; Borchardt 1913, 33-36; El Awady 2009, 67-70, Fig. 44; Höveler-Müller 2010, 58 Abb. 28, 61 Abb. 33). Vom königlichen Ornat haben sich nur der Schurz und der Gürtel erhalten. Der Oberkörper war offenbar unbekleidet. Da das Rautenmuster des Gürtels in Varianten seit dem Alten Reich häufig bei königlichen Statuen und Statuetten anzutreffen ist, stellt es keine hervorzuhebende Besonderheit dar. Darstellungen von plissierten Schurzen mit Zickzackmuster sind hingegen selten und waren bis vor kurzem ausschließlich aus der Zeit des Alten Reiches bekannt. Einen solchen Schurz bei einer Statuette aus glassy faience zu sehen, muss daher überraschen und sei Anlass zu einer kurzen Rekapitulation der Belege. Aus den folgenden Epochen waren bis vor kurzem keine weiteren Belege dafür bekannt. Besonders glückliche Entdeckungen der französischen Sân el-Hagar-Mission unter der Leitung von Ph. Brissaud haben dieses Bild jedoch unlängst verändert. Sie erbrachten 2009 und 2010 im Gebiet des Heiligen Sees der Mut von Tanis verbaute Reliefblöcke, deren Darstellungen teilweise deutliche stilistische Bezüge zur Flachbildkunst des frühen Alten Reiches aufweisen (Brissaud 2011, 40, 45-46 mit Abb.; zusätzlich wurden bisher Fotos von insgesamt 33 Blöcken im Internet veröffentlicht: http://affinitiz.net/space/tanis/ content/parrainage-des-blocs-du-lac-sacre-du-temple-demout_5D785945-BBB3-4439-ADCD-3B874995C20C; http://english.ahram.org.eg/NewsContent/9/40/15101/ Heritage/Ancient-Egypt/New-Pharaonic-artefactsdiscovered-in-North-Egypts.aspx). Ein Block (Nr. 23) zeigt einen Ausschnitt einer offenbar archaisierenden Königsdarstellung mit einem plissierten Schurz mit Zickzackmuster, der ähnlich wie bei den genannten SahureReliefs über einem weiteren Schurz getragen wird. Zwei andere von diesen bemerkenswert qualitätvollen Blöcken (Nr. 18 und 49) enthalten durch Kartuschen identifizierte Darstellungen eines Königs Osorkon Usermaatre! Seine markante Gesichtsbildung und die linear gemusterte Rote Krone auf Block 18 erinnern stark an Königsbildnisse der 3. Dynastie (vgl. Ziegler 1999; Morkot 2003, 87-88). Dass die Blöcke Nr. 18, 49 und 23 zusammengehören, ist jedoch nicht sicher. Die neu gefundenen Reliefs scheinen aus unterschiedlichen Regierungsperioden zu stammen, zumal auf Block 14 der Horusname [...]anch-taui erscheint, der zu Petubastis Sehetepibre oder zu Gemenefchonsbak gehören könnte (Beckerath 1999, 213). Auf den Blöcken 11, 19, 50 und 55 sind zudem eradierte Kartuschen zu erkennen, die zusammen mit stilistischen Merkmalen einen Herrscher der 25. Dynastie als Dargestellten vermuten lassen. Auch an anderen Blöcken sind Überarbeitungsspuren festzustellen (z. B. Nr. 14 und Nr. 42). Der generelle Datierungszeitraum der bisher im Bild bekannt gemachten Reliefblöcke scheint jedoch die späte Dritte Zwischenzeit und die 25. Dynastie zu umfassen. Der auf den Blöcken Nr. 18 und 49 genannte Osorkon Usermaatre muss nun für die Identifizierung des Königs Usermaatre von UCL 13128 bevorzugt in Betracht gezogen werden. Bei diesem Pharao kann es sich nach dem derzeitigen Kenntnisstand weder um Osorkon II. noch um Osorkon III. handeln, die beide ebenfalls den Thronnamen Usermaatre führten. Der Stil der Reliefs Osorkons II. aus Tanis und Bubastis ist von dem der neuen Tanis-Reliefs durchaus verschieden und steht, ebenso wie das einzige originale steinerne Rundbild dieses Königs (vgl. Brandl 2009, 66-69, 84 pl. V) noch stärker in der Tradition des Die frühesten Darstellungen plissierten Stoffes (wohl Leinens) mit einem dichten Zickzackmuster sind aus der 3. Dynastie bekannt. Sie sind bei Schurzen von Statuen (Ziegler 1997, 141-147, 281) und Reliefdarstellungen (Borchardt 1911/1913, CG 1427-1430) hoher Beamter aus dieser Zeit zu finden. Bei den rundplastischen Belegen besitzt nur jeweils eine Seite des Schurzes eine solche Musterung, wobei jedoch unklar bleibt, ob es sich um eine besonders aufwändig plissierte Hälfte eines Wickelschurzes oder aber um eine Schärpe handelt. Vermutlich liegt dieselbe Schurzform auch der zeitgenössischen flachbildlichen Wiedergabe zugrunde. Vollständig doppelt plissierte Schurze kommen erst ab der 4. Dynastie vor. Sie erscheinen an einigen wenigen Privatstatuen, die möglicherweise noch der 4. oder aber der 5. Dynastie zugewiesen werden können (Borchardt 1911/1913, CG 37, CG 176, CG 265). Einen eindeutigen Beleg dafür aus der 4. Dynastie gibt es jedoch nur aus dem Bereich der Königsplastik. Dabei handelt es sich um eine von A. Fakhry in den Ruinen des Taltempels von Dahschur entdeckte, überlebensgroße Schreitfigur des Snofru aus bemaltem Kalkstein (Kairo, JE 98943; Figures 6, 8; Fakhry 1961, 3-4, pls. XXXIII-XXXV; Stadelmann 1995, 165-166, Tf. 60-61; Stadelmann 2002; Sourouzian 2010, 69-71 Abb. 39). Zu dieser im oberen Teil relativ gut erhaltenen Skulptur gab es im selben Tempel mindestens noch eine weitere, stilistisch eng verwandte Statue, von der sich Bruchstücke erhalten haben (Fakhry 1961, 4, pls. XXXVI-XXVII). Die sechs in der Architektur des Tempels angelegten Nischen weisen jedoch darauf hin, dass es ursprünglich möglicherweise sechs große Statuen des Snofru gab (Sourouzian 2010, 70). Darüber hinaus wurde Snofru in Dahschur auch flachbildlich mit einem plissierten Schurz mit Zickzackmuster (und mit den von seinen großen Statuen her bekannten Armbändern) dargestellt (Fakhry 1961, 81 Fig. 65; 102 Fig. 99; 123 Fig. 134, pl. XXI). Vor wenigen Jahren wurde zudem eine kleinere, fragmentierte Sitzfigur aus Kalzit-Alabaster bei der Pyramide von Seila gefunden, die einen plissierten Schurz mit Zickzackmuster aufweist. Nach Ansicht von H. Sourouzian (1999, 155), R. Stadelmann (2010, 34 Fig. 4) und N. Swelim (2010, 41 Fig. 4) dürfte es sich auch bei dieser Statue um ein Bildnis des Snofru handeln. Von anderen Königen des Alten Reiches sind bisher 15 From Illahun to Djeme. PaPers PresenteD In honour oF ulrIch luFt FIg. 6 FIg. 7 FIg. 8 FIg. 9 FIgs. 6, 8: schreItFIgur Des könIgs snoFru aus Dahschur. kaIro, ägyPtIsches museum, je 98943. nach staDelmann 1995, Pl. 61B. Fotos: © DaI. FIg. 7: relIeFDarstellung Des könIgs sahure aus aBusIr. nach l. BorcharDt, Sahure, II, Bl. 36. FIg. 9: Fragment eIner schreItFIgur Des önIgs usermaatre. lonDon, unIversIty college (PetrIe museum), Inv. 13128. Foto: m. salomon – mIt FreunDlIcher erlauBnIs Des PetrIe museums. 16 helmut BranDl: eIne archaIsIerenDe könIgsFIgur Der sPäten lIByerzeIt Winkeln 2007, 330), Iuput II. (Jansen-Winkeln 2007, 370), nun auch der oben genannte, von Brissaud entdeckte Osorkon (IV.) Usermaatre und Pije (Pianchi) (JansenWinkeln 2007, 353, 357-358). Fünf von diesen Königen waren libyschstämmige Regionalherrscher, der sechste, Pije, war hingegen ein Kuschite. Neuen Reiches. Osorkon III., dessen thebanische Reliefs bisweilen einen leicht archaisierenden Charakter besitzen können (Mysłiwiec 1988, 18, 27, pl. XXIII), ist hingegen ein Angehöriger einer oberägyptischen Parallellinie der tanitischen 22. Dynastie – ohne erkennbaren Bezug zu Tanis (Spencer and Spencer 1986; Aston 1989; Aston and Taylor 1990, 186; Jansen-Winkeln 2006, 243; Aston 2009a, 1-28). Kitchen (2009, 173-185) hält zwar noch an der älteren Idee einer unterägyptischen Machtbasis (in Leontopolis) für Osorkon III. und seine Familie fest, doch ist dies nicht überzeugend (vgl. Aston 2009b, 6465 § 6, Anm. 314). Der „neue“ tanitische König Osorkon Usermaatre dürfte daher eher mit Osorkon IV. identisch sein, dessen Thronname bislang unbekannt war, wie F. Payraudeau (2000) plausibel dargestellt hat (vgl auch die Stellungnahme von Ph. Brissaud in www.drhawass.com/ blog/pres-release-latest-archaeological-discovery-san-elhagar). Nicht gänzlich auszuschließen ist zwar, dass dieser Pharao ein bisher gänzlich unbekannter, später König dieses Namens ist („Osorkon V.“), doch stellt dies eine vergleichsweise nur sehr vage Möglichkeit dar. Als oberägyptische Dynasten kommen Osorkon III., Takeloth III. und Rudamun für die Identifizierung des Usermaatre von UCL 13128 kaum in Frage. Das Statuettenfragment stammt zwar nicht aus einer kontrollierten Ausgrabung, doch ist sein memphitischer Ursprung sehr wahrscheinlich. Dass es einem Ausgräber in Memphis angeboten wurde, lässt am ehesten einen Zufallsfund aus der Umgebung vermuten. Auch stammen mehrere andere Werke der Dritten Zwischenzeit, die aus glasnaher Ägyptischer Fayence bestehen und stilistisch an Werke des Alten Reiches erinnern, aus dem memphitischen Raum. In einem Fall ist Giza als Fundort überliefert (Kniefigur des Smendes, Brooklyn 37.344E; Cooney 1960, 33-34), in einem weiteren Sakkara (Schreitfigur des Königs Aacheperre; Hastings 1997, 5-6, Figure 13). Ein büstenartiges Statuettenfragment des Königs (Goldhorus:) Semachasut (Paris, Louvre, N 793; Cooney 1960, 36-37 Fig. 29-30; Berlandini 1998, pl. II) und ein ähnlicher, privater Statuettenkopf (Berlandini 1998) lassen sich sowohl stilistisch als auch durch ihr Material mit dieser Gruppe verbinden und dürften daher ebenfalls aus dem memphitischen Raum stammen. Es kann daher vermutet werden, dass in Memphis ein Herstellungszentrum für kleinformatige Werke aus glasnaher Ägyptischer Fayence bestand (vgl. Cooney 1960, 34). Die Zahl der für die Identifizierung des memphitischen Usermaatre bevorzugt in Frage kommenden Herrscher reduziert sich dadurch auf drei Könige, die auch in Unterägypten geherrscht haben: Iuput II., Pije und der nun in Tanis belegte König Osorkon (IV.). Festzuhalten ist: Das Statuettenfragment UCL 13128 besitzt sowohl durch sein Schurzmuster als auch durch die muskulöse Modellierung des Beines stilistische Bezüge zur Kunst des Alten Reiches. Die oben genannten Statuen des Snofru stellen für die Schurztracht bisher die einzigen Parallelen im Bereich der Königsplastik dar. Vermutlich besaß die Usermaatre-Statuette im Petrie-Museum daher zeitlich weit zurückliegende Vorbilder. Diese Vorbilder könnten aus der Zeit des Snofru stammen, in dessen Regierungsperiode Bestandteile des königlichen Ornates wie Schurz, Armbänder und Halskragen sehr detailliert in Relief ausgeführt wurden, was im späteren Alten Reich selten ist (vgl. Wenzel, dieses Buch, Seiten 337-348). Der zu überbrückende Zeitraum zwischen den möglichen Vorbildern und ihrer spätzeitlichen Adaption könnte in diesem Fall ungefähr achtzehn Jahrhunderte betragen haben. Dies wird durch die nachfolgende zeitliche Einordnung des Fragmentes nahegelegt. Iuput II. wird auf der Pije-Stele als Herrscher von Tentremu und Ta-an bezeichnet. Die Lokalisierung des zweiten Ortes (im Nildelta) ist noch nicht gelungen, doch Tent-remu ist mit Leontopolis/Tell Moqdâm zu verbinden (Naville 1890, 10-11 pl. I; Yoyotte 1953; Gomaà 1974, 117-118). Einen archäologischen Bezug besitzt Iuput II. darüber hinaus zu Mendes (Chappaz 1982; Jansen-Winkeln 2007, 370-371), zu Buto (Tell el-Faraain, vgl. Hartung 2007, 23-25; Hartung 2008, 27) und zu Imet (Tell Faraaun, vgl. Spencer and Spencer 1986, 200). Der bekannteste Beleg für Iuput II., eine Relieftafel aus Fayence im Brooklyn Museum (Inv. 59.17, Figure 10), ist dagegen ohne bekannte Provenienz (Fazzini 1989). Dies gilt auch für eine zweite, inschriftenlose Fayencetafel, die Iuput II. zugewiesen wird (Schlögl 1977, 44-45; Bianchi 1998, 100, 199 Nr. 59). Mit der alten Residenzstadt Memphis ist Iuput II. nicht nachweislich verbunden. 5. Datierung Schon wegen des besonderen, in der Ramessidenzeit noch nicht für rundplastische Werke verwendeten Materials kommt für die Identifizierung des Usermaatre von UCL 13128 nur ein Herrscher aus der Zeit nach dem Ende des Neuen Reiches in Betracht. Aufgrund der einfachen Schreibung des Königsnamens ohne einen erweiternden Zusatz lässt sich der Datierungszeitraum noch enger fassen, denn diese Schreibung darf als typisch für die späte Dritte Zwischenzeit angesehen werden (Bonhême 1987, 235; Kitchen 1996 § 309). Die Könige Amenemope, Osorkon II., Scheschonq III. und Pami, sowie Petubastis und Scheschonq VI. wählten zwar gleichfalls Usermaatre als Thronname, doch verwendeten sie ihn regelmäßig mit einem Zusatz. Die kurze Schreibweise kommt dagegen bei sechs Herrschern der späten Dritten Zwischenzeit vor: Osorkon III. (Jansen-Winkeln 2007, 306), Takeloth III. (Jansen-Winkeln 2007, 314-320), Rudamun (Jansen- Anders verhält sich dies bei Anwesenheit in Memphis unterwarf in seinem 20. 734 und 726 v. Chr., nach 17 Pije. Für ihn ist sogar seine überliefert. Der Kuschite Regierungsjahr (zwischen Jansen-Winkeln 2006, 263) From Illahun to Djeme. PaPers PresenteD In honour oF ulrIch luFt Oberägypten und nahm schließlich Memphis ein, was die Unterwerfung der libyschen Fürsten des Deltas zur Folge hatte. Nach Ausweis seiner Siegesstele vom Gebel Barkal opferte Pije im Tempel des Ptah und wurde dort als Pharao anerkannt (Ritner 2009, 474, 486). Pije kann daher für die mögliche Identifizierung des Usermaatre von UCL 13128 nicht völlig außer Acht gelassen werden. Allerdings machen es die kriegerischen Umstände seines Erscheinens in Memphis und seine nur kurze dortige Anwesenheit m. E. sehr unwahrscheinlich, dass es in Memphis zur Stiftung einer Statuette für ihn gekommen sein sollte. Pije kehrte nach Nubien zurück und hinterließ nördlich von Theben kaum Spuren. Die frühesten in Ägypten aufgestellten Königsstatuen der Kuschiten stammen erst aus der Zeit des Schabaqo, der die Herrschaft seiner Familie über Ägypten stabilisieren konnte (Russmann 1974, 12-15, Fig. 1-4). Pije scheint mir daher ebenso wenig in Frage zu kommen, wie der oberägyptische Pharao Osorkon III. und seine Söhne. 6. Proportionalität Der flachbildlich bezeugte archaisierende Stil bei der Darstellung von Menschen bzw. menschengestaltigen Gottheiten zur Zeit Scheschonqs V. (Fazzini 2002), Osorkons IV. und Iuputs II. besitzt nach Ausweis der oben (unter 5.) genannten kleinen Gruppe von Statuetten aus glassy faience, sowie einiger weniger Statuen aus Bronze (vgl. Fazzini 1996, 888) Entsprechungen im zeitgenössischen Rundbild. Fassbar sind die Merkmale dieses Stils vor allem im Bereich der Gesichtsbildung (Berlandini 1998, pl. II), der Ikonographie (z. B. das Zickzackmuster des Schurzes von UCL 13128) und der Proportionalität von männlichen Schreitfiguren. Bisher wurde allerdings nur wenig über diese dreidimensionalen Werke geforscht, was einerseits an der geringen Zahl der Belege, andererseits aber an deren oft fragmentarischem Zustand liegen dürfte. Um die ursprüngliche Proportionalität der nur bruchstückhaft erhaltenen Statuette des Usermaatre einzuschätzen, sei daher zunächst auf die Besonderheiten im unterägyptischen Flachbild der ausgehenden Libyerzeit verwiesen, die bereits bekannt sind. Dafür bietet sich ein Blick auf die vollständig erhaltene Darstellung Iuputs II. auf der Brooklyn Plaque (Figure 10) an, die bereits mehrfach Gegenstand der Diskussion war (Karig 1976, Nr. 64; Aldred 1980a, 212; Leahy 1992, 223-240; Robins 1992; Robins 1994; Fazzini 1998; Morkot 2003, 87-88). Diese Relieftafel gilt als ein signifikantes Zeugnis für eine nach dem Ende des Neuen Reiches aufgekommene, eklektisch rezipierende Stilrichtung, die offenbar durch die Kunst des Alten Reiches beeinflusst wurde und die ihren Ursprung im Raum von Memphis gehabt haben könnte (Fazzini 2002, 354). Ein altertümlicher Königsschurz und muskulös modellierte Beine, wie bei UCL 13128, finden sich auch bei dieser Tafel, die ja einen Zeitgenossen Osorkons IV. darstellt. Osorkon IV. war nach der Pije-Stele zur Zeit des ersten kuschitischen Eroberungszuges Herrscher von Bubastis und von Ra-nefer, einem Gebiet, das Tanis eingeschlossen haben dürfte (Gomaà 1974, 132-134). Bei Manetho erscheint Osorkon IV. direkt als Tanite. Als nun sehr wahrscheinlich auch mit einem bedeutenden Denkmal in Tanis belegter Herrscher ergibt sich für ihn eine interessante Parallele: Von seinem Vorgänger als in Tanis anerkannter Herrscher, Scheschonq V. Aacheperre, gibt es eine stilistisch eng mit UCL 13128 verwandte Statuette aus glassy faience, die in Memphis (Serapeumsbezirk) gefunden wurde und die nun im Fitzwilliam Museum in Cambridge aufbewahrt wird (Inv. E.6.1969; Vassilika 1995, 95; Bianchi 1998b; Figure 13). Auch diese Figur besitzt eine Ausprägung, die Vorbilder aus dem Alten Reich für sie vermuten lässt. Die Proportionalität und Modellierung dieser Statuette erinnern an größerformatige, qualitativ herausragende Werke der 4. Dynastie, wie z. B. die Königsfiguren der Mykerinos-Triaden (Seidl 1996, 25-56, Tf. 5-12; Figure 14). Ein Gleiches ist auch bei der Statuette des Usermaatre der Fall, die an die Statue des Snofru aus Dahschur erinnert. Der Nachfolger Scheschonqs V. auf dem tanitischen Königsthron, Osorkon IV. Usermaatre, muss daher als der stärkste Kandidat für die Identifizierung des Usermaatre von UCL 13128 gelten. Memphis gehörte zur Zeit der späten 22. Dynastie zum tanitischen Königtum (Kitchen 1995 § 308-310, § 315316) und die memphitische Statuette Scheschonqs V. stellt eine direkte Parallele zu UCL 13128 dar. Osorkon IV. scheint Memphis jedoch an Tefnachte von Sais verloren zu haben, denn zur Zeit von Pijes Erscheinen dort herrschte er nur noch über Gebiete im Ostdelta. Nach Kitchen (1995, § 316, Anm. 645) könnte der Machtwechsel in Memphis gegen Ende der Regierung Scheschonqs V. stattgefunden haben. Die Usermaatre-Statuette scheint nun aber dafür zu sprechen, dass Osorkon IV. wenigstens noch kurze Zeit in Memphis als König anerkannt war. Die kleine Plastik dürfte in diesem Fall aus den ersten Jahren Osorkons IV. stammen. G. Robins, die die Brooklyn Plaque eingehend untersuchte (Robins 1992; Robins 1994, 256-257), stellte fest, dass die Darstellung Iuputs II. von früheren Menschendarstellungen der Dritten Zwischenzeit in mehreren Punkten abweicht und „… a return to near “classic“ proportions together with a emphasis on musculature (…)” erkennen lässt (Robins 1992, 537): “The small of the back is on horizontal 11, while the lower border of the buttocks has dropped below horizontal 9, lower than in “classic” figures. The top of the knee is on horizontal 6. The width across the shoulders is six and a quarter squares with the upper arm being one square wide. Not only are the proportions close to the “classic” in contrast to those of the New Kingdom and earlier Third Intermediate Period, but also the costume worn by Iuput is archaizing, suggesting a deliberate return to earlier models. (…).” Unter Bezugnahme auf die grundsätzliche Vergleichbarkeit flachbildlicher und rundbildlicher Darstellungen (Schäfer 1923) sei hier abschließend der Versuch unternommen, die Proportionalität der Statuette UCL 13128 zu rekonstruieren. 18 helmut BranDl: eIne archaIsIerenDe könIgsFIgur Der sPäten lIByerzeIt FIg. 10 FIg. 11 FIg. 13 FIg. 12 FIg. 14 FIg. 10: relIeFDarstellung IuPuts II. auF Der FayencetaFel Brooklyn museum 59.17. FIg. 11: schreItFIgur Des könIgs usermaatre. hyPothetIsche rekonstruktIon. FIg. 12: schreItFIgur Des Paschasu (BePsches). ParIs, louvre, e 7693. FIg. 13: torso Des könIgs aachePerre scheschonq v. camBrIDge, FItzwIllIam museum, e.6.1996. Foto © FItzwIllIam museum, camBrIDge. FIg. 14: schreItFIgur Des könIgs mykerInos (DetaIl). kaIro, ägyPtIsches museum, je 46499. Foto © h. w. müller BIlDarchIv, heIDelBerg. 19 From Illahun to Djeme. PaPers PresenteD In honour oF ulrIch luFt Legt man hierfür ebenfalls ein klassisches Quadratnetz mit 18 gleichgroßen Höheneinheiten zwischen Standlinie und Stirnlinie zugrunde, innerhalb dessen der obere Rand des Knies auf der sechsten Linie und die anzunehmende engste Stelle der Taille im Bereich der elften Linie liegen, so ergibt sich aufgrund der erhaltenen, offenbar tief sitzenden Gürtellinie eine bemerkenswerte Längung des Oberkörpers der Statuette (Figure 11). Es muss hierbei allerdings daran erinnert werden, dass das UsermaatreFragment leicht verformt und zudem relativ klein ist. Die Skizze der Figure 11 kann schon daher keinen Anspruch auf absolute Genauigkeit erheben. Allerdings würde die Länge des Oberkörpers bzw. die tief sitzende Taille nicht nur der Proportionalität der Darstellung Iuputs II. auf der Brooklyn Plaque weitgehend entsprechen, sondern auch der von einigen Privatstatuen, die vermutlich aus derselben Zeit stammen. Exemplarisch sei die vollständig erhaltene bronzene Schreitfigur des Paschasu (var. Bepsches, Paris, Louvre E 7693; Figure 12) genannt und zum Vergleich angeboten, die von C. Aldred der 23. Dynastie zugeordnet wurde (Aldred 1980b, 130-131 Abb. 109; vgl. auch Yoyotte 1958). Auch bei ihr sitzt der kurze Schurz ziemlich tief und die Beine sind in charakteristischer Weise betont muskulös modelliert. Nachahmungen von steinernen Königsstatuen der 4. Dynastie aus Memphis sein. Ein Motiv der spätlibyschen Regionalherrscher Unterägyptens, zu denen neben Osorkon Usermaatre und Scheschonq V. auch Iuput II. zählte, sich mit stilistischen Bezügen zur Kunst der Zeit der machtvollen, Pyramiden erbauenden Herrscher des Alten Reiches darstellen zu lassen, könnte nach Ritner (2008) in der propagandistischen Unterstreichung ihrer Legitimität als „autochthone Ägypter“ zu suchen sein. Dies wäre insbesondere vor dem Hintergrund der sich zu ihrer Zeit in Theben abspielenden Ereignisse, die einen Wechsel von der libyschen zur kuschitischen Oberhoheit mit sich brachten, nachvollziehbar. Dazu würde auch passen, dass aus Abydos aus der Zeit Takeloths III. ebenfalls Belege für eine stilistische Rückbesinnung auf weit zurückliegende Vorbilder in der Skulptur erhalten sind, die jedoch vermutlich auf andere, oberägyptische Vorbilder zurückgehen. Die Statuette des Usermaatre verband hingegen eine detailreiche, historisierende Darstellungsweise memphitischer Prägung mit einem zu ihrer Entstehungszeit noch neuartigen Material, das wegen seiner grünen Farbe eine Anspielung auf religiöse Regeneration enthalten dürfte. Diese sehr spezielle und ungewöhnliche Verbindung von traditionellen und innovativen Merkmalen macht noch heute einen nicht geringen Teil des Reizes des kleinen Fragmentes aus. Die ursprüngliche Höhe der Usermaatre-Figur (ohne die Basis) dürfte nach dieser hypothetischen Rekonstruktion mindestens 16.5 cm betragen haben. Falls eine hoch aufragende Krone, wie beispielsweise eine der Landeskronen (wie bei Snofru), zur Ikonographie der Statuette gehört haben sollte, hätte sie wohl an die 20 cm erreicht. Es wäre jedoch nicht erstaunlich, wenn, wie bei der Iuput II.-Plaque in Brooklyn, auch bei der Statuette des Usermaatre die cap crown zum Ornat des Königs gehört hätte, die in der Libyerzeit öfters dargestellt wurde. Andere Möglichkeiten schließen eine kurze Löckchenperücke ein, wie sie die Statuette des Goldhorus Sema-chasut aufweist (dort mit Sirnbanddiadem) und ein wohl aus derselben Zeit stammender Königskopf in München, bei dem der Uräus direkt auf der Perücke sitzt (SMÄK 5550; Josephson 1997, 14, pl. 6a). Acknowledgements Stephen Qurike danke ich für die Erlaubnis die Statuette UCL 13128 untersuchen und für diesen Beitrag die von Mathias Salomon angefertigten Fotos verwenden zu dürfen. Stephan J. Seidlmayer danke ich für die Genehmigung zur Reproduktion von DAI-Fotos der Statue des Snofru (Figures 6 und 8). Dem Fitzwilliam Museum, Cambridge, und dem H.W. Müller Bildarchiv, Heidelberg, bin ich für die Erlaubnis zur Wiedergabe der Vorlagen zu den Figures 13 und 14 dankbar. Mein Dank für fachliche Kommentare gilt darüber hinaus Edna R. Russmann, Birgit SchlickNolte, Hourig Sourouzian, Karl Jansen-Winkeln, Olivier Perdu und besonders Gabriele Wenzel, die mich auch auf die Internetveröffentlichung der neuen Reliefs eines Königs Osorkon Usermaatre aus Tanis hinwies. 7. Zusammenfassung Unter den für die Identifizierung des Königs Usermaatre des Statuettenfragmentes UCL 13128 in Frage kommenden Herrschern stellt sich der erst seit kurzem in Tanis belegte Osorkon Usermaatre als der wahrscheinlichste dar. Er dürfte mit dem u. a. von der Pije-Stele her bekannten Osorkon (IV.) von Bubastis und Ra-nefer identisch sein. Die bei der Grabung der Mission française in Tanis unter der Leitung von Ph. Brissaud unlängst zutage gekommenen Reliefblöcke des Osorkon Usermaatre sind, ebenso wie das Statuettenfragment UCL 13128, in archaisierender Weise ausgeführt und nehmen Bezug auf die memphitische Kunst des frühen Alten Reiches. Eine aus Memphis stammende Statuette Scheschonqs V. Aacheperre, des Vorgängers Osorkons IV. stellt eine bezüglich des Materials, des Typus und der stilistischen Ausfertigung eng verwandte Parallele zu UCL 13128 dar. Beide Statuetten könnten verkleinerte Bibliographie Aldred, C. 1980a. Egyptian Art in the Days of the Pharaohs. 3100 – 320 BC. 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