Neuer Twitter-CEO: Das ist Parag Agrawal
„Neugierig, forschend, rational, kreativ, fordernd, reflektiert und bescheiden“ – so beschreibt Twitters Ex-Chef Jack Dorsey seinen Nachfolger Parag Agrawal. Der bisherige CTO übernimmt mit sofortiger Wirkung die Führung von Twitter.
Agrawal habe ein tiefes Verständnis für das Unternehmen und sei in der Vergangenheit in alle wichtigen Entscheidungen involviert gewesen, schreibt Dorsey weiter. Er habe Agrawal schon länger für die Position vorgesehen und der Vorstand habe sich einstimmig für ihn entschieden.
Seit 10 Jahren bei Twitter
Agrawal studierte am Indian Institute of Technology in Bombay Informatik und promovierte später an der Stanford University, ebenfalls in Informatik. Unter anderem bei Microsoft, Yahoo und AT&T arbeitete er jeweils einige Monate in der Forschung.
Bei Twitter arbeitet Agrawal seit über 10 Jahren. Im Oktober 2011 startete er als Entwickler. „Diese Zeit fühlt sich an wie gestern“, schreibt er am Montag in seiner ersten internen Mitteilung als CEO. Er habe in der letzten Dekade Herausforderungen, Hindernisse, Fehler und Gewinne miterlebt.
KI und offenen Standard vorangetrieben
Seit 2017 war Agrawal als Chief Technology Officer bei Twitter. In der Position war er für die technische Weiterentwicklung der Plattform zuständig, unter anderem für Machine Learning und Künstliche Intelligenz. Auch die Weiterentwicklung von Twitters Timeline fiel also in seine Zuständigkeit.
Ein weiteres Großprojekt unter der Führung von Agrawal war das sogenannte Bluesky-Projekt. Dabei geht es darum, einen offenen und dezentralisierten Standard für Social Media zu entwickeln. Dieser wäre für verschiedenste Dienste nutzbar und Twitter selbst wäre möglicherweise nur ein Client von vielen. Dorsey hatte das Projekt Ende 2019 angestoßen und Agrawal mit der Führung betraut.
Das ist vom neuen Chef zu erwarten
Die erste große Herausforderung für Agrawal sind Twitters selbst gesteckte ambitionierte Wachstumsziele, die im Februar bekannt gemacht wurden. So will Twitter bis Ende 2023 täglich 315 Millionen zahlende Nutzer:innen erreichen und die jährlichen Einnahmen mindestens verdoppeln.
Diese Zielvorgaben hatten Dorseys Kritiker im Vorstand dem Ex-Twitter-Chef abgerungen. „Ich halte die Strategie für mutig und richtig“, erklärte Agrawal.
Führt Agrawal Dorseys Linie fort?
Hat Dorsey seinen Posten freiwillig an Agrawal abgegeben? Glaubt man den Mitteilungen der beiden, ist das der Fall. Dorsey lobt Agrawals Charakter und Fachkenntnis. „Ich bin dankbar für deine kontinuierliche Begleitung und Freundschaft“, gibt Agrawal das Lob zurück. Er hebt besonders hervor, Dorsey habe eine spezielle „Kultur, Seele und Sinn“ bei den Angestellten gestärkt.
Das lässt sich als Hinweis darauf lesen, dass Agrawal tatsächlich zu den Dorsey-Unterstütztern zählt und nicht zu denen, die Dorsey wegen seiner Führungsstils kritisieren. Denn schon vor einem Jahr war es fast zu einem Rücktritt Dorseys gekommen, angestrebt vom milliardenschweren Investor und Elliot Management-Gründer Paul Singer. Ihm war Dorseys Doppelrolle als CEO von Square und Twitter schon länger ein Dorn im Auge gewesen. Nachdem sich das Twitter-Management allerdings zu den ehrgeizigen Wachstumszielen bekannt hatte, beruhigte sich die Lage vorerst.
Jetzt ist der von den Kritikern lang ersehnte Wechsel an der Führung eingetreten. Ob Agrawal ihre Anforderungen erfüllen wird oder die Linie Dorseys forsetzt, wird sich zeigen. Die ersten Reaktionen an der Börse auf den Führungswechseln waren zumindest positiv: Die Twitter-Aktie stieg nach der Ankündigung steil an.