Interstellar: Die Mechanik des Blockbuster
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Astronaut müsste man sein. Dann würde man vor lauter Freude über „Interstellar“, den phänomenalen Film von Christopher und Jonathan Nolan, Luftsprünge in die Stratosphäre machen. Aber muss ja nicht sein, auch Stanislaw Lem, die SF-Institution, stieß sich nicht daran, wenn man kein Futurologe ist. Es reicht schon, wenn man sich seine kindliche Freude über Science, Fiction und Science-Fiction bewahrt hat.
Special-Effects-Wunderkasten
So gesehen, ist es nur stimmig, dass ziemlich zu Beginn des 2 Stunden 49 Minuten langen Films die Kinder von NASA-Pilot Cooper (Matthew McConaughey) mit einem Miniaturmodell einer Mondfähre hantieren. Vermutlich sind auch die Nolan-Brüder (Jahrgang 1970 und 1976) mit Zaubertricks aus dem Special-Effects-Wunderkasten der Filmgeschichte groß geworden. Regisseur Christopher Nolan hat „2001: Odysee im Weltraum“ bereits als Siebenjähriger gesehen. So etwas prägt. Ihn besonders. Bei der Comic-Con in San Diego, der weltgrößten Comic-Messe, sprach der in London geborene britisch-US-amerikanische Filmemacher, dass ihn Kubricks Epos, die „Star Wars“-Filme und „Blade Runner“ wesentlich beeinflusst haben.
The next big thing
Bei „2001“ schrieb Arthur C. Clarke, ein gelernter Physiker und Science-Fiction-Autor, am Drehbuch mit. Das Team von „Interstellar“ ging einen bedeutenden Schritt weiter. Mit Kip Thorne, einem US-amerikanischen Wissenschafter der theoretischen Physiker, nahm die Crew um Christopher Nolan einen ausgewiesenen Experten für Wurmlöcher und Raum-Zeit-Biegungen mit an Bord. Offenbar the next big thing.
„Interstellar“ handelt jedenfalls vom „nächsten Schritt der Menschheit, dem größten“. Die Welt, wie wir sie kennen, geht dem Ende zu. Die Dürre über der Kornkammer der USA, dem Mittleren Westen, deutet eine Katastrophe mit schrecklichem Ende an. Dann fällt der Satz: „Die Menschheit wurde zwar auf der Erde geboren, aber deswegen muss sie noch lange nicht dort sterben.“
Der Pionier der Raumfahrt
Wer von der Geschichte der Raumfahrt mehr kennt als nur den Verlauf der Apollo-11-Mission – die erste Mond-Landung – und den Namen der ersten Frau im All - Walentina Tereschkowa -, weiß auch mit ihm etwas anzufangen: Konstantin Ziolkowski (1857-1935). Der als einer der Väter der Raumfahrt in die Geschichte eingegangene Russe prophezeite schon im Jahr 1903, also vor 111 Jahren: „Die Erde ist die Wiege der Menschheit, doch die Menschheit wird nicht ewig in der Wiege bleiben.“
Interessant in diesem Zusammenhang ist, dass das „Smithsonian“, die US-Institution in Sachen Raumfahrttechnik, die Würdigung des Science-Fiction-Abenteuers „Interstellar“ mit einer Erinnerung an den russischen Wegbereiter der Kosmonautik, Konstantin Ziolkowski, einleitet. Und darauf hinweist, dass, selbst wenn dieser darin nie namentlich erwähnt wird, „dessen Botschaft das Kernstück des Films ausmacht“.
Inspirationsquelle Jules Verne
Ziolkowski hatte sich von Jules Verne (1828-1905) inspirieren lassen und schon in den 1880er-Jahren ein Konzept für Ganzmetallluftschiffe entwickelt. Seine Überlegungen zum Flüssigantrieb von Raketen war auch der NASA nicht unbekannt. Und als Neil Armstrong & Co. nach geglückter Mondlandung mit dem Sachbuch-Bestseller „Wir waren die Ersten“ jubilierten, zitieren sie den Nachsatz auf Ziolkowskis Grabstein in Kaluga, dem späteren Sternenstädtchen der UdSSR: „… in seinem Streben nach Leben und Raum wird der Mensch sich zaghaft über die Grenzen der Atmosphäre erheben und fortschreiten, bis er das gesamte Sonnensystem erobert hat.“
„Interstellar“ zeigt, wie sehr Kosmologie, Naturwissenschaft und Technik verschmelzen, wenn man nur etwas Fantasie hat. Und es braucht nicht viel Fantasie sich auszumalen, dass das Epos um die Suche nach einem lebenswerten Planeten irgendwo da draußen, hoffentlich in absehbarer Zeit eine Fortsetzung finden wird. Denn Cooper und die Astronautin Amelia Brand (Anne Hathaway) müssen ja irgendwie zusammenkommen, um den Fortbestand der Spezies Mensch zu garantieren.
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