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Tierhorror
engl.: animal horror
Das Animalische spielt in vielen Horrorfilmen eine zentrale Rolle. Da treten phantastische Zwischenwesen zwischen Mensch und Tier auf (wie in The Creature from the Black Lagoon, USA 1954, Jack Arnold), Gestaltwandler wie Werwölfe, menschliche und zum Monströsen entwickelte Mutanten (wie in den diversen Adaptionen von H.G. Wells‘ Roman The Island of Dr. Moreau, 1896, zuerst verfilmt 1932), riesenwüchsige Echsen, Spinnen und andere eigentlich kleine Tiere, grundsätzlich Bösartige, Viecher aus der Urwelt (wie die Saurier), aus den Tiefen des Ozeans (wie Godzilla) oder aus den unbekannten Regionen der Welt (wie King Kong) u.a.m. auf. Viele der Filme werden dem „Rache-der-Natur-Motiv“ zugerechnet, weil sich die Gestalt- ebenso wie die Verhaltensänderungen als Antworten auf Atombombenversuche, Umweltverschmutzungen u.ä. herausstellen, also letztlich vom menschlichen Umgang mit der Natur verursacht werden. Nicht erst seit den 1970ern ist eine große Gruppe von ökokritischen Filmen erkennbar, die dieses Motiv ganz zum Thema machen. Auch in den Horrorfilmen sind Tiere in das soziale Geschehen eingebunden, sie verlieben sich in menschliche Figuren (wie King Kong sich die Figur der Ann Darrow als Sehnsuchtsfigur erkor); manchmal auch nehmen sie Rache für etwas, das Menschen ihren tierischen Gefährten antaten (man denke an Orca, USA 1977, Michael Anderson, der den Tod seiner Wal-Gattin blutig rächte). Ein Tiefenthema des Tierhorrorfilms ist die Infragestellung des Mensch-Tier-Verhältnisses, das die Unterwerfung der Tiere so selbstverständlich unter die Erscheinungsformen der Naturbeherrschung stellt – auch darum fallen Filme wie Moby Dick (USA 1956, John Huston, nach dem Roman von Herman Melville, 1851), der den riesigen Wal fast als transzendentalen Gegenspieler des Kapitän Ahab setzt, oder Filme wie Alfred Hitchcocks The Birds (USA 1962), in dem die eigentliche harmlosen Tiere sich ohne jeden erkennbaren Grund zu einem Kollektivwesen zusammentun und zu einer tödlichen Gefahr werden, aus dem Genre heraus. Erwähnung verdienen auch Wesen wie Spinnen oder Schlangen (und auch Ratten), die fast wie archetypische Angstanlässe den Rezeptionsaffekt des horreurs ansprechen.
Literatur: Alaimo, Stacy: Discomforting creatures. Monstrous Natures in Recent Films. In: Beyond Nature Writing. Ed. by Karla Armbruster and Kathleen Wallace. Charlottesville: University of Virginia Press 2001, S. 279-296. – Scholtmeijer, Marian: The animal at the door. Modern works of horror and the natural animal. In: State of the fantastic: Studies in the theory and practise of fantastic literature and film. [...] Ed. by Nicholas Ruddick. Westport, Conn./London: Greenwood Press 1992, S. 189‑197. – Simpson, Catherine: Australian eco‑horror and Gaia's revenge: Animals, eco‑nationalism and the new nature. In: Studies in Australasian Cinema 4,1, Nov. 2010, S. 43‑54.
von: Hans Jürgen Wulff