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Kurs:Das Große Schisma von 1054

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Das Große Schisma entstand infolge des sich immer weiter verstärkenden Alleinvertretungsanspruches der Bischöfe von Rom über die genuin nahöstliche Christenheit.

Diese als Papstprimat bezeichnete Einstellung führte in der Kirchengeschichte schon Jahrhunderte vor dem Großen Schisma von 1054 zu erheblichen Spannungen zwischen der Kirche unter der Obödienz Roms und den anderen Kirchen - bis hin zu Spaltungen wie das Photios-Schisma im 9. Jahrhundert: im Jahr 867 hatte Papst Nikolaus I. die Weihe des Ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel Photios I. für ungültig und diesen für abgesetzt erklärt und seine eigenen zu Photios entsandten Legaten exkommuniziert. Am 16. Juli 1054 störte der päpstliche Legat Humbert von Silva Candida, der erste große literarische Vertreter des Reformpapsttums, die göttliche Liturgie in der Hagia Sophia, indem er auf dem Hauptaltar eine Exkommunikationssentenz über den Ökumenischen Patriarchen Michael I. (Kerullarios) niederlegte. Dies war das Ende der römischen Reichskirche.

Geschichte des Primatsanspruches (ab 189)

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Irenäus von Lyon.

Bereits der römische Bischof Viktor I. (189–199) praktizierte den Primatsanspruch (das Petrusprimat) und exkommunizierte ganz Kleinasien wegen des Ostertermins sowie weitere Personen außerhalb seiner Jurisdiktion. Ihm traten aber alle übrigen Bischöfe, insbesonders Irenäus von Lyon (* um 135; † um 200), entgegen. Viktor mußte nachgeben und die Exkommunizierungen zurücknehmen.


Stephan I., Bischof von Rom 254 bis 257, berief sich als erster auf die zweifelhafte Petrusverheißung - noch ohne jeden Erfolg. Denn Jesus Christus hat sich in Matthäus 16, 18[1] nicht auf Petrus an sich bezogen, sondern auf "die Treue seines Bekenntnisses" (Johannes Chrysostomos) - der wahre Fels (griechisch: petra) ist Christi selbst und die Kirche baut auf dem treuen Bekenntnis zu Christi auf: "denn sie tranken aus einem geistlichen Felsen, der sie begleitete. Der Fels [griechisch: petra] aber war der Christus" (1. Korinther 10, 4 in der Elberfelder Bibel). Im ersten Korintherbrief, Kapitel drei, heißt es (ab Vers 9): Denn Gottes Mitarbeiter sind wir; Gottes Ackerfeld, Gottes Bau seid ihr. 10 Nach der Gnade Gottes, die mir gegeben ist, habe ich als ein weiser Baumeister den Grund gelegt; ein anderer aber baut darauf; jeder aber sehe zu, wie er darauf baut. 11 Denn einen anderen Grund kann niemand legen außer dem, der gelegt ist, welcher ist Jesus Christus (Elberfelder Bibel). Der Grund, der Fels, auf dem Christus seine Ekklesia baut, ist Er selbst. Petrus (griechisch: petros = Stein) ist lediglich ein einziger Stein in diesem Bau, aber nicht der Grund, nicht der Fels, nicht das Fundament. Die Papisten haben mit ihrer Auslegung von Matthäus 16, 18 und dem Argument, Petrus sei der Fels der "Ekklesia", den Eckpfeiler[2] Christus verlassen und ihre Organisation auf ein menschliches und nicht göttliches Fundament aufgebaut. Um irdischer Macht willen haben sie ein System der Häresie konstruiert. Damit legen sie den Gläubigen Steine in den Weg zur Erlösung.


Ambrosius von Mailand

Damasus I. (366–384) interpretierte die Petrusverheißung kirchenjuristisch, aber genauso erfolglos. Es gab sogar in Italien einen Bischof, der einflußreicher war: Ambrosius von Mailand (374–397)! Dennoch oder gerade deswegen übernahm der Nachfolger von Damasus, Siricius (384–399), im Verkehr mit den übrigen Kirchen den Amtsstil der kaiserlichen Kanzlei und war der erste Bischof von Rom, der den Titel Papst als Eigenbezeichnung führte. Trotz alledem blieb er in Bedeutung und Bekanntheit erheblich hinter Ambrosius von Mailand zurück, der einer der vier Kirchenlehrer der Spätantike der Lateinischen Kirche wurde, obwohl er sich zu Lebzeiten noch gegen den Papstprimat verwahrt hatte. Erst nach seinem Tode gelang es den Bischöfen von Rom, ihn ganz zu vereinnahmen.


Augustinus von Hippo

Auch der lateinische Kirchenvater Augustinus von Hippo (354 bis 430) lehnte den Primatsanspruch der Bischöfe von Rom ab: für ihn wie für die übrige damalige Kirche war das ökumenische Konzil die höchste Instanz. Nichtsdestotrotz verbot der römische Bischof Bonifatius I. (418-422) weitere Appellationen nach einem Entscheid von Rom und bezeichnet Rom als "apostolicum culmen" ("die apostolische Spitze"). Aber auch Augustinus von Hippo wurde trotz seiner Ablehnung des Primatsanspruches von den römischen Bischöfen nach seinem Tode als Kirchenlehrer der Lateinischen Kirche vereinnahmt und sogar in exponierter Art in deren Glaubenssystem integriert. Dabei wurde natürlich die ablehnende Haltung des Kirchenvaters zum Jurisdiktionsprimat des Papstes verschwiegen.


Ikone zum 4. Ökumenischen Konzil - Fresko in der Geburtskirche der Jungfrau Maria des Ferapontow-Klosters.
Die Kirche von St. Euphemia am çarşı (Marktzentrum) von Kadıköy, heute zu Istanbul - sie diente als Kathedrale der Diözese von Chalcedon und als Versammlungsort des IV. Ökumenischen Konzils von 451

Den Primatsanspruch in heutiger Gestalt - das "Römische Prinzip" - entwickelte bereits Leo der Große (440–461), der sich nicht nur auf Matthäus 16, sondern auch noch auf das römische Erbrecht berief, welches im byzantinischen Reich in dieser Form ohnehin nicht anerkannt war. Demzufolge entschied das Vierte Ökumenische Konzil von Chalcedon im Jahre 451 auch, daß dem Patriarchat von Konstantinopel der gleiche Primat zustehe wie dem Patriarchat von Rom. Papst Leo erkannte brüskiert das Konzil erst zwei Jahre später und auch nur gezwungenermaßen an. Während er den Anspruch Konstantinopels auf Gleichrangigkeit mit Rom verwarf, setzte er gleichzeitig die Anerkennung des Primats von Rom bei Valentinian III. (425–455) durch, einem der letzten weströmischen Kaiser. Diese westkaiserliche Anerkennung fand natürlich keinerlei Anklang im oströmischen Reich. Allerdings bereitete diese Kirchenpolitik der Bischöfe von Rom das spätere Große Schisma von 1054 geistig vor.


Mit Gregor dem Großen (590–604) wurde nicht nur der Primatsanspruch wegweisend für das lateinische Christentum, sondern auch die gewaltsame Bekehrung, welche Gregor stark befürwortete:

„Wenn ihr feststellt, dass sie nicht gewillt sind, ihr Verhalten zu ändern, so befehlen wir, dass ihr sie mit größtem Eifer verfolgt. Sind sie unfrei, so züchtigt sie mit Prügeln und Folter, um sie zur Besserung zu zwingen. Sind sie aber freie Menschen, so sollen sie durch strengste Kerkerhaft zur Einsicht gebracht werden, wie es angemessen ist, damit jene, die sich weigern, die heilsamen Worte zu hören, welche sie aus den Gefahren des Todes erretten können, durch körperliche Qual der erwünschten geistigen Gesundheit zugeführt werden.“[3]

Mit der gewaltsamen Bekehrung zum Christentum erreichten die Bischöfe von Rom eine immense Steigerung ihres Machtgebiets als Grundlage ihres Machtanspruches einschließlich des Primatsanspruchs. Bereits unter Gregor dem Großen begann die Zwangsbekehrung ganzer Regionen wie Sardinien, aber auch die Entsendung von römisch-katholischen Missionaren zum Beispiel nach Großbritannien (597), wo das dort gewachsene irisch-schottische Christentum zugunsten der "abendländischen Kirche" verdrängt und vernichtet wurde. Von da an war ein Großes Schisma im Christentum nur noch eine Frage der Zeit.

Das Neue Rom (Byzantion/Konstantinopel) ab 326

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Der Ausbau Byzantions ab 326 zur neuen Reichshauptstadt (am 11. Mai 330, feierlich eingeweiht[4] säte den Samen einer künftigen kirchlichen Rivalität zwischen dem griechischen Osten und dem lateinischen Westen. Von 323—867 verbrachte Byzantion (ab 337 Konstantinopel) 203 Jahre wegen theologischer Streitigkeiten (vor allem in Verbindung mit der Trinität und der Bilderverehrung) in einem Zustand der Trennung von Rom.

Die Reichsteilung von 395

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Im Jahre 395 nahm die Teilung des römischen Reiches auf staatlicher Ebene in eine Westhälfte und eine Osthälfte die künftige kirchliche Teilung der seit 381 bestehenden römischen Reichskirche vorweg.

Fränkisches Kaisertum ab 800

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Im Westen waren seit 800 Karl der Große und sein Sohn Ludwig der Fromme vom Papst zu Kaisern gekrönt worden. Aus Sicht der hochkultivierten Kaiserstadt Byzanz war es ein absoluter Affront, einen ungebildeten, unkultivierten Barbarenfürsten zum Parallel-Kaiser zu krönen. Das kam praktisch einer Rebellion des Papstes gegenüber der Ostkirche gleich, in der eine schlechte Meinung über die Kirche Roms vorherrschte.

Im neunten Jahrhundert stimmte Papst Leo III. in theologischer Hinsicht mit der Aussage des Filioque überein, lehnte aber – teilweise wegen seiner Traditionstreue und im Interesse der Kircheneinheit – seine Annahme in Rom ab. So ließ er auch den ursprünglichen Text des Credos – ohne das Filioque – am Petrusgrab eingravieren. Allerdings wurde während seiner Amtszeit (795-816) in der römischen Messe kein Glaubensbekenntnis gesprochen.

Photianisches Schisma 867

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Auf dem Konzil bestätigten die Legaten das Patriarchat des Photios, was Nikolaus als Kompetenzüberschreitung bewertete. Der Bischof von Rom unterstützte Ignatios als rechtmäßigen Patriarchen. Zudem war Photios entgegen den gültigen Kanones sehr rasch zum Bischof geweiht worden. Nach Auffassung J. M. Husseys wollte der Papst auch Bulgarien unter seine Kontrolle bringen und hatte dabei keinen Widerstand seitens Ignatios´, wohl aber Photios´ zu erwarten (The Orthodox Church in the Byzantine Empire. Oxford History of the Christian Church, 1986). Diese Vorgehensweise Nikolaus´ zur Absicherung seiner Position ordnet sein Eingreifen in ostkirchliche Angelegenheiten stärker in den Kontext seines allgemeinen Programms zum Ausbau der päpstlichen Monarchie ein. So erklärte Nikolaus Photios 862 nach Ankunft einer Gesandtschaft des Ignatios für abgesetzt, ebenso wie den Bischof, der ihn geweiht hatte, und den gesamten von Photios ernannten Klerus. Gleichwohl erfolgte von Seiten Konstantinopels keinerlei Reaktion. Erst 867 wies Photios den päpstlichen Anspruch endgültig zurück, u.a. wegen der Betätigung lateinischer Missionare in Bulgarien, die nach seinen Worten die dortigen orthodoxen Christen zur Abkehr von ihrem reinen Glauben und auf den Weg zur Häresie führten – insbesondere das Filioque. Photios´ Antwort zitierte es als Beweis für die römische Angewohnheit, die ihm angemessenen Grenzen zu verletzen. 867 und 869-870 setzten Synoden in Rom und Konstantinopel (das „Räuberkonzil“) Ignatios wieder in seine Position als Patriarch ein und Photios dafür ab. Nach Ignatios´ Tod in 877 übernahm Photios auf Anordnung des Kaisers und Bitte des Ignatios, mit dem er sich zuvor versöhnt hatte, erneut das Amt. 879-880 folgte die offizielle Wiedereinsetzung und die Verdammung des Filioque durch das Achte Ökumenische Konzil, an dem auch päpstliche Legaten teilnahmen und das der damalige Papst, Johannes VIII., schließlich bestätigte.

Pornokratisches Papsttum (904 bis 963)

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Das Papsttum war im 10. Jahrhundert zum Spielball italienischer – speziell römischer – Adelsfamilien geworden, die danach strebten, den Stuhl Petri entweder mit einem eigenen Familienmitglied zu besetzen oder seinen Inhaber zumindest für die eigene Politik einzuspannen. Zu den wichtigsten Konkurrenten um die Macht in Italien gehörten die Herzöge von Spoleto, die Markgrafen von Friaul und die Grafen von Tusculum. Zu Beginn des 10. Jahrhunderts waren Theodora I. und ihre Töchter Marozia und Theodora II. die eigentlichen politischen Herrscherinnen in Rom.

Die Päpste standen unter dem direkten Einfluss einiger Frauen, die als Mätressen einiger Päpste und einiger Herrscher von Rom (z. B. Alberich I., Alberich II., Guido von Tuszien, Hugo von Italien) in diese Machtposition geraten waren. Generell hatten die Päpste dieser Zeit ein geringes eigenes Profil und waren dem römischen Adel und ihren Mätressen hörig.

Die Pornokratie des Papsttums begann mit Sergius III., einem Liebhaber von Marozia, Tochter der einflußreichen Theodora I. von Tusculum:

Fünfzehn Meilen von Rom, hoch im Albanergebirge, lebte einmal im zehnten Jahrhundert die berühmte Familie Conti, die Grafen Alberich von Tusculum. Diese Kriegsherren gewannen völlige Kontrolle über die Papstwahlen. Sieben Päpste kamen aus dieser einen Familie, drei hintereinander, und fast ausnahmslos trugen sie dazu bei, Roma deplorabilis zu formen, "ein Rom der Schande". Die Geschichte widerlegt den volkstümlichen Mythos, die Borgias seien die einzigen schwarzen Schafe des Papsttums gewesen. Nicht lange nach Karl dem Großen, über eineinhalb Jahrhunderte lang, waren alle Päpste finstere Gestalten. Sie waren weniger Jünger Christi als Jünger Belials, des Fürsten der Finsternis. Sehr viele waren sittenlos, Mörder, Ehebrecher, Kriegsgewinnler, Tyrannen, Simonisten, bereit, alles zu verkaufen, was heilig war. Fast allen ging es mehr um Geld und Intrigen als um Religion. Durch unablässige politische Manöver und ihre Besessenheit von weltlichen Dingen, durch Machtmißbrauch und unglaubliche Bosheit korrumpierten die Päpste, die das Zentrum der Einheit sein sollten, die gesamte Christenheit. Es war nicht die Häresie, sondern das Papsttum, das in der Kirche schließlich zum Bruch führte. Peter de Rosa: Gottes erste Diener. Die dunkle Seite des Papsttums.[5]

Schisma der beiden Sergioi 1011/1012

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„Schisma der beiden Sergioi“, Papst Sergius IV. (1009–1012) und Patriarch Sergios II. (1001–1019), in den Jahren 1011/1012.


Das Filioque Heinrichs II. 1014

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Wappen der Crescenzi, die um das Jahr 1000 Rom beherrschten.

Am 12. Mai 1012 starb nach dreijährigem Pontifikat der schwache römische Bischof Sergius IV.

Das Amt des Papstes stand damals seit dem Adelsaufstand unter dem römischen Patricius Johannes II. Crescentius gegen den von Kaiser Otto III. eingesetzten Silvester II. im Jahre 1001 unter der Kontrolle des Patricius, der den Einfluß des Kaisers verhinderte. Da aber auch Johannes II. Crescentius bereits am 18. Mai 1012 starb, begann ein erneuter Machtkampf um die Besetzung des einflußreichen und einträglichen Amtes des römischen Bischofs.

Noch im Mai 1012 wählten die Crescentier ihr Familienmitglied Gregor VI. zum Papst. Allerdings wählten auch die konkurrierenden Tuskulaner, die von 931 bis 983 vier Päpste gestellt hatten, am 20. oder 21. Mai 1012 den ehemaligen brutalen und begabten Söldnerführer Theophylakt II. Graf von Tusculum zum Gegenpapst Benedikt VIII. Theophylakt, Sohn des Grafen und kaiserlichen Admirals Gregor von Tusculum, wurde als Laie zum Papst erhoben und erhielt deswegen entgegen dem Kanon alle Weihen an einem Tag. Um die Macht der Tuskulaner zu festigen, machte er umgehend seine Brüder Alberich und Romanus (der spätere Johannes XIX.) von Tusculum als Konsul und Herzog zu den weltlichen Herrschern von Rom.

Christus krönt Heinrich II. zum römischen Kaiser.

Noch im Sommer 1012 vertrieb Benedikt VIII. den Crescentier Gregor VI. aus Rom, der daraufhin zu Weihnachten 1012 im Papstornat vor dem deutschen König Heinrich II. auf der Pfalz Pöhlde (im Harzvorland bei Göttingen) erschien und um Anerkennung und Unterstützung ersuchte. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich der deutsche König aber bereits mit den neuen Machthabern von Rom verständigt und geeinigt, und Gregor VI. mußte im Januar 1013 erfolglos nach Italien zurückkehren.

Zu dem Pakt zwischen deutschem König und römischem Bischof gehörte natürlich die Krönung Heinrichs zum "Romanorum Imperator" (‚Kaiser der Römer‘), welche die Crescentier zehn Jahre lang vereitelt hatten, um den deutschen Einfluß in Italien möglichst zu minimieren. Weiterhin konnte Heinrich auch durchsetzen, daß das Filioque lehramtlich dem Glaubensbekenntnis der lateinischen Kirche zugefügt wurde. Diese einseitige Veränderung des Nicäno-Konstantinopolitanums wird in der Ostkirche als Häresie betrachtet.

Als Heinrich II. 1014 Rom zum Zwecke seiner Krönung besuchte, ersuchte er den dortigen Bischof um die Ergänzung der Messe durch das Credo. Dies geschah dann in der im Westen üblichen Fassung, d.h. mit dem Filioque, im Anschluss an das Evangelium. Zu dieser Zeit war das Papsttum sehr schwach, stand unter dem starken Einfluss der Deutschen und war von der militärischen Unterstützung durch den Kaiser abhängig.

Die lehramtliche Einführung des Filioques in Rom führte zur endgültigen Streichung des Bischofs von Rom aus dem Diptychon der Ostkirche, was einer Exkommunikation gleichkam. Bereits 1009 war Papst Sergius II. vom Ökumenischen Patriarchen Sergios II. aus dem Diptychon gestrichen worden, weil er in einem Schreiben eine freie Übersetzung des apostolischen Glaubensbekenntnisses unter Einfügung des Filioque benutzt hatte. Die völlige Entfremdung zwischen der lateinischen und der griechischen Kirche begann demzufolge bereits 45 Jahre vor dem Großen Schisma. Bezeichnenderweise kam es gleichen Jahres, beim Beginn der Uneinigkeit zwischen morgenländischer und abendländischer Kirche, ab dem 28. September 1009 zur Zerstörung der Grabeskirche in Jerusalem.

Das Christentum im Jahr 1018

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Im Jahr 1018 teilte sich Europa in eine westliche und in eine östliche Hemisphäre: in die des spätottonischen Reiches unter dem römisch-deutschen Kaiser Heinrich II. mit seinen Zentren in Aachen, Magdeburg und Bamberg - sowie in die des byzantinischen Reiches unter dem byzantinischen Kaiser Basileios II. Vulgaroktónos (Bulgarentöter) mit seiner Hauptstadt Konstantinopel, die östliche Hälfte des ehemaligen Römischen Reiches.

Diese Reiche kollidierten damals nicht nur wie seit der Langobardenzeit in Italien, sondern seit der Implosion des Ersten Bulgarischen Zarenreiches auch auf dem Balkan. Nach dem Tod von Zar Iwan Wladislaw im Jahr 1018 fiel Bulgarien unter byzantinische Herrschaft, und die beiden kroatischen Könige Krešimir III. und Gojslav aus der Trpimirović-Dynastie unterwarfen sich, wurden byzantinische Vasallen und zahlten Tribut.[6] Damit erhielt die Grenze zwischen der Krain und dem Königreich Kroatien den Status einer Imperiengrenze. Bezeichnenderweise verlief noch bis zum Jahre 2013 an dieser Nahtstelle zwischen Slowenien und Kroatien die Außengrenze der Europäischen Union, die mittlerweile immer weiter nach Südosten ausgreift (dafür allerdings im Nordwesten das Königreich Großbritannien verloren hat). Bis 1018 hatte über zweihundert Jahre lang nach dem Untergang des einstmals übermächtigen Awarenreiches die Theiß die Imperiengrenze zwischen dem bulgarischen Zarenreich und dem fränkischen/frühdeutschen Kaiserreich gebildet.

Ebenfalls 1018 war es dem römisch-deutschen Kaiser Heinrich II. gelungen, am 30. Januar auf der Ortenburg den Frieden von Bautzen mit dem Großpolnischen Reich unter König Bolesław I. Chrobry (dem Tapferen) auszuhandeln, der auf Jahre hinaus für stabile Grenzen und Frieden in Mitteleuropa sorgen sollte. Daraufhin gewann Bolesław im Sommer 1018 mit deutschen und ungarischen Hilfstruppen für kurze Zeit die Herrschaft über Kiew, das Zentrum der Kiewer Rus, und bedrohte nun von dort als Partner des deutsch-römischen Kaisers Heinrich II. den byzantinischen Kaiser Basileios II. Allerdings mußte sich Bolesław nach nur wenigen Monaten infolge von Aufständen der orthodoxen Bevölkerung wieder zurückziehen. Im Ergebnis verblieb das Tscherwener Land, auch Rotburgenland genannt, bis zur Rückeroberung durch den Kiewer Großfürsten Jaroslaw der Weise im Jahre 1031 in polnischem Besitz.

Diese staatlich-politische Bipolarität fand in der kirchlichen Zweiteilung zwischen der lateinischen Römisch-katholischen Kirche einerseits sowie der griechischen und kirchenslawischen Byzantinischen Kirche andererseits ihre Entsprechung, welche im Jahre 1054 durch das Morgenländische Schisma offensichtlich wurde.

Die alten Patriarchate

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Golgota mit Grabeskirche
Grabeskirche im Schnitt
Die "Schädelstätte" (Fels in der Mitte) mit zugehöriger Kapelle (rechts), heutiger Zustand

Die Grabeskirche in Jerusalem wurde nicht nur 614 und 1009 zerstört - auch 966 war sie das Opfer eines vom Jerusalemer Gouverneur Mohammed Ismael Ibn al Sanadij aufgestachelten muslimischen Mobs geworden, der sie anzündete, so daß ihre Kuppel einstürzte. Anschließend zog der entfesselte Mob in Raserei mordend, plündernd und brennend zur Kirche auf dem Zion, um auch diese niederzubrennen. Unterwegs verstärkte er sich noch durch zahlreiche Juden, die sich diese Gelegenheit, die Christen zu schädigen und zu plündern, ebenfalls nicht entgehen lassen wollten. Patriarch Johannes von Jerusalem suchte Zuflucht in der Ölzisterne der Anastasis-Kirche (Auferstehungskirche), wurde aber am nächsten Tag dort entdeckt, auf den Hof der Grabeskirche geschleift und lebendigen Leibes verbrannt. Johannes war vor seinem Martyrium nur zwei Jahre (964-966) im Amt gewesen.

Dinar von Abu'l-Hasan 'Ali, ichschididischer Gouverneur des Dschund Filastin in Ramla.[7]

Mohammed Ismael Ibn al Sanadij hatte bei jeder sich bietenden Gelegenheit völlig maßlos von den "nur geduldeten" Christen (vgl. Dhimma) unverschämt große "Geschenke" verlangt, um sich persönlich maximal zu bereichern. Nachdem sich Patriarch Johannes mehrfach bei El Hasan (auch: Abu'l-Hasan 'Ali, 960-966) beschwert hatte, dem ichschididischen Gouverneur der zuständigen Distriktregierung des Dschund Filasṭīn (Palästina, arabisch: فلسطين, DMG Falasṭīn oder Filasṭīn) ) in Ramla[8], stachelte Mohammed Ismael Ibn al Sanadij für seinen persönlichen Rachefeldzug den muslimischen Mob gegen die Christen auf. Als Vorwand zum Haß auf die Christen nutzte er die damals fast vier Jahre zurückliegende Eroberung von Aleppo durch den byzantinischen General und späteren Kaiser Nikephoros[9] im Dezember 962. Durch den Fall von Aleppo gelangte auch Kilikien (Kleinasien südöstlich des Taurusgebirges) wieder unter byzantinischen Einfluß, welches die Moslems seit dem 7. Jahrhundert von Syrien aus beherrscht hatten.

Herrscher über Jerusalem war seit Januar 966 der Ichschididen-Emir Abū l-Misk Kāfūr (arabisch أبو لمسك كافور), der nach dem Tod des Emirs Abu'l-Hasan Ali ibn al-Ikhshid (arabisch : أبو الحسن علي بنالإخشيد) statt dessen zehnjährigem Sohn Abu'l-Fawaris Ahmad ibn Ali (arabisch : أبو الفوارس أحمد بن علي بن الإخشيد) die Herrschaft über Ägypten (einschließlich des Südens von Groß-Syrien) direkt übernahm. Abū l-Misk Kāfūr erreichte noch im gleichen Jahr beim Kalifen al-Mutīʿ in Bagdad 966 die offizielle Anerkennung als Emir von Ägypten. Patriarch in Alexandria war damals nach einer Vakanz von drei Jahren Elias I. Die Besetzung des Patriarchenthrons war im 10. Jahrhundert desöfteren seitens der muslimischen Herrscher behindert oder beeinflußt worden. So war die Einsetzung des vorherigen Arztes Eutychios von Alexandria offenbar im muslimischen Interesse, da dieser zuvor nie eine Rolle im Klerus innehatte. Entsprechend groß waren auch die erheblichen Widerstände, die während seines gesamten Patriarchats aufrechterhalten wurden (932-940).

Kurz nach der Geburt des fatimidischen Prinzen al-Hākim am 18. August 985 in Kairo (wahrscheinlich im Januar 986) wurden die Brüder seiner griechisch-orthodoxen Mutter Maria auf Weisung des Kalifen al-ʿAzīz zu Kirchenoberen ernannt: Arsenios zum Metropoliten der Residenz Kairo und der ehemaligen Residenz Fustāt, Jeremia zum neuen Patriarchen von Jerusalem Orestes (inthronisiert zwischen dem 15. Januar und dem 3. Februar 986). Dabei war nach dem Tod von Joseph II. von Jerusalem in Kairo[10] der neue Patriarch Agapios erst wenige Monate im Amt. In Alexandria diente Elias I. seit 963 als griechischer Patriarch, der (37.) koptischer Papst war seit 979 Philotheos.

Al-Hākims Vater al-ʿAzīz starb nur 41-jährig am 13. Oktober 996, und der Prinz kam als erster fatimidischer Kalif im unmündigen Alter (von 11 Jahren) auf den Thron.

Zu Beginn des Jahres 1000 wurde Orestes von Jerusalem, Onkel des Kalifen al-Hakim, vom Eunuchen und regierenden Minister Bardschawan[11], an der Spitze einer fatimidischen Delegation zu Kaiser Basileios II. nach Konstantinopel geschickt. Diese diplomatische Mission sollte einen Waffenstillstand und eine Bündnisvereinbarung aushandeln. Orestes beauftragte seinen Bruder Arsenios mit der Verwaltung des Patriarchats Jerusalem während seiner Abwesenheit. Die Delegation reiste über den Landweg und besuchte dabei den griechischen Patriarchen Johannes von Antiochia. Mit der Delegierung seines Onkels Orestes verlor der noch minderjährige al-Hākim eine wesentliche Stütze.

Am 26. März 1000 brachte der Kalif mit Hilfe weiterer Verschworener seinen Vormund und regierenden Minister Bardschawan um und übernahm die Alleinherrschaft.

1005 ließ Kalif al-Hākim bi-amr Allāh das christliche Hospiz Muristan zerstören, es folgten in den nächsten drei Jahren zahlreiche andere christliche Gebäude und auch Kirchen. In den Jahren 1008/09 ordnete er die Beschlagnahmung aller Landgüter und Stiftungen der christlichen Kirchen an, darunter auch jene seiner Mutter.

Am 28. September 1009 erfolgte die Zerstörung der Jerusalemer Grabeskirche, der bedeutendsten christlichen Pilgerstätte weltweit. Hierauf erhoben sich 1011 die mit den Christen Jerusalems verbündeten Beduinenstämme.

Al-Mufarridsch ibn Aljarrá[12], der Emir der Ṭayʾ-Beduinen und damals Herrscher (Gouverneur) von Syrien und Palästina, ernannte im Jahr 1012 den Bischof von Hibal als Theophilos I. zum Patriarchen von Jerusalem und sagte ihm den Wiederaufbau der Grabeskirche zu. Dies erzürnte den Kalifen al-Hākim dermaßen, daß er mit einer Armee in seine eigene Provinz einfiel, um Al-Mufarridsch ibn Aljarrá zu vertreiben. Der Emir kam dabei ums Leben, und Theophilos I. von Jerusalem mußte zusammen mit dessen Sohn Hassan fliehen. Da auch der neue Gouverneur den Patriarchen sehr schätzte, durfte dieser im Jahre 1013 wieder nach Jerusalem zurückkehren. Der Beduinenaufstand konnte erst 1014 beendet werden.

Anmerkungen

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  1. Matthäus 16, 16: Da antwortete Simon Petrus und sprach: Du bist der Christus, der Sohn des lebendigen Gottes! 17 Und Jesus antwortete und sprach zu ihm: Glückselig bist du, Simon, Sohn des Jona; denn Fleisch und Blut hat dir das nicht geoffenbart, sondern mein Vater im Himmel! 18 Und ich sage dir auch: Du bist Petrus, und auf diesen Felsen will ich meine Gemeinde bauen. (Schlachterbibel).
  2. 1. Petrus 2, 6:  Darum steht auch in der Schrift: »Siehe, ich lege in Zion einen auserwählten, kostbaren Eckstein, und wer an ihn glaubt, soll nicht zuschanden werden«. [Jesaja 28, 16] 7 Für euch nun, die ihr glaubt, ist er kostbar; für die aber, die sich weigern zu glauben, gilt: »Der Stein, den die Bauleute verworfen haben, gerade der ist zum Eckstein geworden«, 8 ein »Stein des Anstoßes« und ein »Fels des Ärgernisses«. (Schlachterbibel).
  3. Gregor: Epist. 9, 204. In: Epistolae (in Quart) 2: Gregorii I papae Registrum epistolarum. Libri VIII-XIV. Herausgegeben von Paul Ewald (†) und Ludo M. Hartmann. Berlin 1892, S. 191–193 (Monumenta Germaniae Historica).
  4. Dazu auch Theodor Preger: Das Gründungsdatum von Konstantinopel. In: Hermes 36, 1901, S. 336–342.
  5. Droemer Knaur, München 1989, ISBN 3-426-26411-0. (Platz 1 der Spiegel-Bestsellerliste vom 10. bis zum 16. und vom 24. bis zum 30. Juli 1989)
  6. So der Byzantiner Johannes Skylitzes und der spätere Chronist Cedrenus; Gojslav starb 1020 und Krešimir III. befreite sich nach dem Tod von Basileios II. Vulgaroktónos (Bulgarentöter) am 15. Dezember 1025 von diesem Tribut.
  7. ISLAMIC, Egypt & Syria (Pre-Fatimid). Ikhshidids. Abu'l-Hasan 'Ali. AH 349-355 / AD 960-966. AV Dinar (23mm, 3.01 g, 1h). Filastin (al-Ramla) mint. Dated AH 351 (AD 962/3). Kalima and name of Abu'l-Hasan 'Ali across field; Arabic letter “t” below; al-Quran Sura 30:3-4 in outer margin; mint and date formula in inner margin / Continuation of Kalima, “salla Allah ‘alayhi wa alihi, and name of Abbasid Caliph across field; “l’llah” above; Umayyad “Second Symbol” in outer margin. Bacharach 97; Balog, Tables 351 Palestine; SICA 6, 202-3; Lavoix 58; Album 678. EF, a little wavy. 962.
  8. Ramla war die Hauptstadt des Dschunds Filastin (Palästina), einem der fünf Militärdistrikte der Provinz asch-Scham (Groß-Syrien). Die Distriktregierung wurde erst später nach Jerusalem verlegt. Dschund (auch: Jund) Filastin (Palästina) war der südlichste Regierungsbezirk von Groß-Syrien, Richtung Norden folgten (jeweils bis zum Mittelmeer): Dschund al-Urdunn (Jordan, arabisch: نهر الأردن, DMG nahr al-Urdunn; auch Dschund Tiberias nach der Hauptstadt - vgl. See Genezareth = arabisch: بحيرة طبريا, Buhajrat Tabarijja), Dschund Dimashq (Damaskus), Dschund Hims (Homs) und Dschund Qinnasrin (um Aleppo). Der Dschund Filastin, der Dschund al-Urdunn und der Dschund Dimashq gehörten zur Herrschaft der Ichschididen, die beiden nördlichsten Regierungsbezirke zum Emirat Aleppo der Hamdaniden.
  9. Am 16. August 963 war der General zwei Tage nach seinem triumphalen Einzug in Konstantinopel vom Ökumenischen Patriarchen Polyeuktos zum byzantinischen Kaiser Nikephoros II. Phokas gekrönt worden.
  10. Auch der Patriarch Christodoulos II. von Jerusalem starb in Kairo: 969 nach nur drei Jahren seines Episkopates. Er hatte sich um den Wiederaufbau der Grabeskirche bemüht. Sein Helfer bei dieser Aufbauarbeit, der jakobitische Beamte Ali Ibn Souwar, wurde ermordet.
  11. Auch Bardjawan.
  12. Auch Al-Mufaridsch oder Almuraffij ibn Aljarrá.