Hagebutte

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Hagebutte der Hundsrose (Rosa canina)

Als Hagebutten bezeichnet man die ungiftigen Sammelnussfrüchte verschiedener Rosenarten, besonders der Hundsrose (Rosa canina). Als Hagebutten werden landläufig auch die Wildrosen oder Heckenrosen selbst bezeichnet, an denen die Früchte wachsen.

Verschiedene anatomische Details der Hundsrose – u. a. die Hagebutte in Seitenansicht (g), Samen (i) und Hagebutte im Querschnitt (h)

Der Name wird, als Verdeutlichung, aus einer älteren Wortform „Butte“ hergeleitet, deren Ursprung unbekannt ist, vielleicht ist sie mit dem Ausdruck „Butzen“ für das Kerngehäuse von Äpfeln und Birnen verwandt (die männliche Variante „Hagebutz“ ist ebenfalls selten bezeugt[1]). Der Namensbestandteil „Hage-“ stammt vom althochdeutschen hagan „Dornstrauch“, wovon sich, über Hag (eingefriedetes, von Hecken umgebenes Gelände), etwa das Verb einhegen ableitet. Der Name hängt mit Hagedorn, einer alten Sprachform für den Weißdorn, zusammen, möglicherweise bezog sich die älteste Wortform sogar auf die Früchte des Weißdorns.[2] Es gibt zahlreiche mundartliche, regionale Bezeichnungen[3], von denen die meisten den wilden, ungefüllt blühenden Rosenstrauch ebenso bezeichnen wie die Frucht, darunter Hagebutze (Thurgau), Haneputtchen (Nordthüringen), Buddeln (Westfalen), Bottel (Niederrhein), Hahnedorn (Bergisches Land), Jöbke oder Jeepkes (Ostfriesland) und viele andere. Eine norddeutsche Wortform ist hambutten.[4] In Österreich ist die Bezeichnung Hetschepetsch oder Hetscherln in zahlreichen Varianten weit bekannt, darunter zahlreiche weitere lautmalerische Abwandlungen, etwa Hekapeka im Böhmerwald[5] oder Hedschabedascha[6]. Nach anderer Ansicht bezieht sich die Hetschepetsch ursprünglich aber auf das Hagebuttenmus, als Beilage zu Wild.[7]

Der botanische Ausdruck Rose bezog sich ursprünglich nur auf die veredelten Gartenpflanzen. So unterschied Hildegard von Bingen in der Physica die Gartenrose rosa und die Heckenrose hyffa.[2]

Schematischer Querschnitt durch die Blüte der Hundsrose. Der becherförmige Blütenboden (dunkelgrün), der später das Fruchtfleisch bildet, ist bereits angelegt.

Die Hagebutte ist eine Sammelfrucht, die viele kleine Nüsse enthält.

Das Fruchtfleisch der im Spätherbst geernteten Früchte entsteht aus dem fleischigen Blütenboden. Es ist süßsauer und reich an Vitaminen, insbesondere Vitamin C (Ascorbinsäure), enthält aber auch die Vitamin-A-Vorstufe Beta-Carotin sowie Lycopin, B-Vitamine u. a. Nährstoffe.[8] Weiters organische Säuren, Flavonoide, Tannine, Monosaccharide, Oligosaccharide und Pektin.[9]

Die Nüsschen der Hagebutte sind mit feinen, widerhakenbestückten Härchen bedeckt, die bei Hautkontakt Juckreiz hervorrufen. Daher sollten die Nüsschen nicht mitgegessen oder -verarbeitet werden. Vor allem Kinder nutzen sie gelegentlich zum Herstellen von Juckpulver, das bei Berührung schmerzt, juckt und eine Allergie hervorrufen kann.

Wildwachsende Rosen sind wertvolle Nähr- und Schutzgehölze für viele Tierarten. So bieten Hagebutten ebenso wie die Früchte von Eiben, Sanddorn und Vogelbeere eine leicht zu findende, vitaminreiche Nahrung für viele Standvögel.

Sorten und Arten

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Blüte und meist hängende Hagebutten in verschiedenen Reifestadien der Kartoffel-Rose (Rosa rugosa)

Alle Rosenarten (Rosa) bilden Hagebutten – einige wenige Beispiele:

Blüte und Reife

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Die Blütezeit der Hagebutte fällt gewöhnlich in den Juni. Die Blüten öffnen sich nach und nach, sie sind üblicherweise wenige Tage lang geöffnet. Die Blüten sind schalenförmig, fünfzählig aufgebaut und zwittrig. Sie strömen einen sehr markanten Duft aus.[10]

Nur wenige Hagebutten reifen bereits im September aus. Sie erlangen ihre Reife zumeist in der Zeit zwischen Oktober und November. Sie können bis ins Frühjahr des Folgejahres geerntet werden[11].

Anbau und Gewinnung

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Hagebutten sind im Handel erhältlich, meist in getrockneter Form, ganz, zerkleinert, oder als Pulver. Sie werden teilweise in der Natur geerntet (Wildsammlung), teilweise auf Plantagen angebaut[12].

Verwendung als Lebensmittel

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Hagebutte im Winter

Hagebutten können roh gegessen werden, nachdem die Nüsschen entfernt wurden. Je später man sie pflückt, desto süßer sind sie. Bei Frost wird die Schale fade und mehlig. Die Früchte sollten daher vor dem ersten Frost geerntet werden, auch wenn sie nach dem Durchfrieren über den Winter am Strauch bleibend bis meist noch im Frühling genießbar sind.[13]

Die Früchte können zu Mus oder Konfitüre (Hagebuttenmark, Hiffenmark) verarbeitet werden. Traditionell werden damit die fränkischen Krapfen gefüllt. Aber auch zum Würzen von Wildgerichten eignen sich Hagebutten. In Schweden wird Hagebuttensuppe als süße Suppe genossen.

Hagebutten lassen sich auch zu Fruchtwein, Likör und Aufgussgetränken verarbeiten; die im Lebensmittelhandel erhältlichen Früchteteemischungen enthalten oftmals einen großen Anteil an Hagebutten. Da reiner Hagebuttentee nicht stark gefärbt ist, enthält die „Teemischung Hagebutte“ meist einen Anteil Malve, besonders Hibiskus, als stark rotfärbende Komponente. In Slowenien wurde das populäre Erfrischungsgetränk Cockta auf Hagebuttenbasis entwickelt.

Hagebutten enthalten je 100 Gramm etwa 50 Gramm Wasser. Der Gehalt an nutzbaren Kohlenhydraten ist 21,4 g, der Ballaststoffgehalt (als Rohfaser) 22,9 g. Der Energiegehalt der verdaulichen Anteile beträgt ca. 373 kJ (89 kcal). Der Proteingehalt sind etwa 3,6 g, der Fettgehalt ist vernachlässigbar. Der Gehalt an Vitamin C kann je nach Sorte, Standort, Zustand und Darreichungsform bis zu 1,25 g betragen.[14] Damit ist der Gehalt an Ballaststoffen inklusive Pektin im Vergleich zu anderen Obst- oder Beerensorten sehr hoch.

Verwendung als Heilpflanze

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Strukturformel von Lycopin
Getrocknete Hagebuttenschalen und -früchte

Die getrockneten roten Sammelfrüchte kommen als Hagebuttensamen in den Handel (Rosae fructus, veraltete Bezeichnungen sind Cynosbati semen, Semen Cynorrhodi, Semen Cynosbati), entkernte Hagebutten auch als Hagebuttenschalen (Rosae pseudofructus, veraltet Fructus Cynosbati sine Semine).[15][16]

  • Aus der getrockneten Schale der Hagebutte wird ein vitaminreicher Aufguss gewonnen, der wegen seines hohen Gehaltes an Pflanzensäuren und Pektinen leicht harntreibend und abführend ist. Er eignet sich daher für die unterstützende Therapie bei Blasen- und Nierenleiden und bei Erkältungskrankheiten.[17]
  • Das Mus eignet sich besonders wegen seiner austreibenden Wirkung und wird wie der Aufguss gegen Gicht und Rheuma verwendet.
  • Die Marmelade fördert den Appetit und ist, wie der Aufguss, reich an Vitamin C und Lycopin.[18]
  • Aus den Kernen, welche reich an Omega-3-Fettsäuren sind, kann Hagebuttenkernöl gewonnen werden, das zur Hautpflege verwendet wird. Unter der Bezeichnung „Rosa Mosqueta“ wird etwa aus den Kernen chilenischer Heckenrosen gewonnenes Öl vermarktet.[19] Die Heckenrosen stammen ursprünglich aus Europa und Ostasien und sind in Chile verwildert. Der Name bezieht sich auf mindestens drei Arten: Rosa moschata, Rosa rubiginosa und Rosa canina.[20]

Die Hagebutte ist das Thema einer Gruppe volkstümlicher Rätsel, die seit dem 16. Jahrhundert überliefert sind.[21] Das Kinderlied Ein Männlein steht im Walde von Hoffmann von Fallersleben steht in dieser Tradition.

Commons: Hagebutten – Sammlung von Bildern
Wiktionary: Hagebutte – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

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  1. Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. 16 Bde. in 32 Teilbänden. Leipzig 1854–1961. Quellenverzeichnis Leipzig 1971. Abgerufen am 13. Juni 2018.
  2. a b Johannes Hoops (Begründer): Reallexikon der germanischen Altertumskunde, Band 25. Walter de Gruyter, Berlin 2003, ISBN 978-3-11-017733-6. Eintrag im Abschnitt „Rose“, S. 311–336.
  3. Franz Dornseiff: Der deutsche Wortschatz nach Sachgruppen. Walter de Gruyter, Berlin 2011, ISBN 978-3-11-171211-6, S. 137.
  4. Friedrich Kluge: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. Walter de Gruyter, 2015, ISBN 978-3-11-084503-7.
  5. Gertrud Smola: Volkstümliche Pflanzennamen der Steiermark. In: Mitteilungen der Abteilung für Zoologie und Botanik am Landesmuseum Joanneum. Heft 7/8, Graz 1958, S. 21–80, unter Rosa cartina L., d. i. die Hecken- oder Hundsrose (zobodat.at [PDF]).
  6. „Hedschabedscha“ bei www.volkswoerterbuch.at.
  7. Robert Sedlaczek: Wörterbuch der Alltagssprache Österreichs. Haymon Verlag, 2014, ISBN 978-3-7099-7649-4.
  8. Hagebutten: Diese Vitamine stecken drin. GEO.de, 17. Januar 2019, abgerufen am 20. November 2024.
  9. Inés Mármol et al.: Therapeutic Applications of Rose Hips from Different Rosa Species. In: International Journal of Molecular Sciences. Band 18, Nr. 6, 25. Mai 2017, ISSN 1422-0067, S. 1137, doi:10.3390/ijms18061137, PMID 28587101 (mdpi.com [abgerufen am 20. November 2024]).
  10. Die Blüte der Heckenrose auf gartenjournal.net
  11. Wann sind die Hagebutten reif und bereit zum Ernten? auf gartenjournal.net
  12. Dr. Rolf Hornig: Neue Wildfrüchte vorgestellt, Teil III: Fruchtrose. In: LMS Agrarberatung GmbH (Hrsg.): Info-Blatt für den Gartenbau in Mecklenburg-Vorpommern, 6/2020 29. Jahrgang. 2020: „Heute erfolgt ihre [Hagebutte] Gewinnung in Skandinavien (vor allem in Dänemark Rosa canina ʻLitoʼ), Mittelost- und Osteuropa, der Türkei, Chile und China [11], [12]. Ob die Hagebutten aus plantagenmäßigem Anbau stammen oder in Naturbeständen gesammelt werden, lässt sich nicht in jedem Fall exakt klären. Chile, hier erfolgt die Ernte fast ausschließlich in Naturbeständen, gilt heute als weltgrößter Hagebuttenproduzent.“
  13. Hagebutten ernten und verwerten - Mein schöner Garten. Abgerufen am 24. August 2023.
  14. S.W. Souci, W. Fachmann, H. Kraut: Food Composition and Nutrition Tables 1981/82 / Die Zusammensetzung der Lebensmittel. Nahrwert-Tabellen 1981/82. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2. Auflage 1981. ISSN 0721-6912. Seite 1134.
  15. Margret Wenigmann: Phytotherapie, Arzneidrogen – Phytopharmaka – Anwendung. Elsevier 2017, ISBN 978-3-437-55057-7.
  16. Rosa canina in Spektrum Lexikon der Arzneipflanzen und Drogen, www.spektrum.de, abgerufen am 13. Juni 2018.
  17. Elfriede Hübner, Faszination Baum und seine Heilkräfte, Verlag: Books on Demand GmbH, S. 115
  18. Siegfried Bäumler: Heilpflanzenpraxis heute: Porträts, Rezepturen, Anwendung. Urban & Fischer bei Elsevier, S. 192
  19. Dietrich Wabner, Christiane Beier: Aromatherapie: Grundlagen – Wirkprinzipien – Praxis. Urban & Fischer Verlag, S. 351
  20. J. P. Joublan, D. Rios: Rose culture and industry in Chile. In: H. Nybom, K. Rumpunen (editors): First International Rose Hip Conference. Acta Horticulturae 690, S. 65–70, doi:10.17660/ActaHortic.2005.690.8.
  21. Vgl. Ein Männlein steht im Walde: Stoff- und Motivgeschichte