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Tragödie des AC Turin: Wie der Stolz Italiens an einem Berg zerschellte - DER SPIEGEL
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Tragödie des AC Turin Wie der Stolz Italiens an einem Berg zerschellte

Vier Meisterschaften hintereinander, 93 Heimspiele ohne Niederlage - der AC Turin stellte in den vierziger Jahren die beste Fußballmannschaft Italiens. Bis am 4. Mai 1949 beinahe das komplette Team bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kam. Die Auswirkungen sind bis heute zu spüren.
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Als das Flugzeug des Typs Fiat G-212 am 4. Mai 1949 zum Landeanflug ansetzt, hängen dunkle Regenwolken und dichter Nebel über der Stadt. Ungewöhnlich schlechtes Wetter für diese Jahreszeit im Piemont. An Bord ist die Mannschaft des AC Turin, sie befindet sich auf dem Rückweg von einem Freundschaftsspiel bei Benfica Lissabon. Natürlich hat "Il Grande Torino" gewonnen - so wie man es von der stärksten Mannschaft der vierziger Jahre gewohnt ist.

Das Team hätte die erste Liga auf Jahre dominieren können, doch an jenem 4. Mai 1949 ereignet sich die größte Tragödie in der Geschichte des italienischen Fußballs: Im Landeanflug rast der Flieger auf Turins Stadtberg Superga zu, streift einen Kirchturm und zerschellt. Fast die gesamte Mannschaft kommt ums Leben. Nur Sauro Toma, ein Verteidiger, überlebt - er hatte die Reise wegen einer Knieverletzung nicht angetreten.

"Sie waren wie meine Brüder", sagte Toma 2006 der "USA Today". "Ich erinnere mich noch, als ob es gestern war." Nach dem Unglück sei er zum Superga geeilt, doch ein Teammanager ließ ihn nicht nahe an den Unglücksort heran. Er wollte Toma den schrecklichen Anblick seiner toten Mannschaftskollegen ersparen.

Das als "unbesiegbar" gefeierte Turiner Team war mit dem Flugzeugunglück ausgelöscht. Und ganz Italien reagierte schockiert: "Ich erinnere mich noch sehr genau daran. Ich glaube, dass alle Jungen oder Männer meiner Generation ganz genau wissen, wo sie damals waren und was sie gemacht haben, als die Nachricht bekannt wurde", sagt Rino Tommasi, langjähriger Journalist bei der "Gazetta dello Sport".

Juventus nur ein kleiner Lokalrivale

Vor dem Unglück hatte der AC in sechs Jahren nicht eines seiner 93 Heimspiele im Stadion "Filadelfia" verloren, die Gegner wurden oftmals vorgeführt und mit hohen Niederlagen nach Hause geschickt. Viermal hintereinander hatte "Il Grande Torino" von 1943 bis 1948 die italienische Meisterschaft gewonnen, nur unterbrochen durch den Zweiten Weltkrieg. Allein in der Saison 1947/48 erzielte das Team 125 Tore. Die italienische Nationalmannschaft bestand zu dieser Zeit größtenteils aus Spielern des AC Turin, teilweise standen bis zu zehn Akteure in der Startaufstellung der "Squadra Azurra".

"Il Toro" - wie der Club nach dem Stier im Wappen der Stadt genannt wurde - war tonangebend in Turin und Italien. Das ganze Land richtete sich in den Nachkriegsjahren am Siegeszug des Vereins auf, die Spieler um Kapitän Valentino Mazzola wurden wie Nationalhelden verehrt. Auch in der Arbeiterstadt Turin war der AC damals die unangefochtene Nummer eins. Juventus war Ende der vierziger Jahre nicht mehr als ein kleiner Lokalrivale.

60 Jahre später hat sich die Situation drastisch verändert: Der AC Turin ist nur noch ein Schatten von "Il Grande Torino". Er heißt mittlerweile FC Turin und kämpft um den Verbleib in der Serie A. Nach 34 Spieltagen liegt das Team zwei Punkte vor einem Abstiegsplatz, während Juventus zum internationalen Spitzenclub aufgestiegen ist.

500.000 Menschen beim Trauerzug durch Turin

Nach der Tragödie am Superga fand der AC Turin nie mehr zu alter Klasse zurück - trotz eines Meistertitels 1976. "Il Grande Torino" wurde zu einem Mythos. Zwei Tage nach dem Absturz erklärte Italiens Fußballverband den Verein 1949 zum Meister - vier Spieltage vor dem Saisonende, der Club lag ohnehin mit uneinholbarem Vorsprung an der Tabellenspitze. Es war der fünfte "Scudetto" in Folge für das legendäre Team.

Mit zitternden Armen streckte Verbandspräsident Ottorino Barassi auf dem Superga den Meisterpokal gen Himmel. Als der Trauerzug mit den Särgen durch Turin zog, säumten laut damaligen Zeitungsberichten etwa 500.000 Menschen die Straßen. Sie gaben den gestorbenen 18 Spielern, den Trainern Egri Erbstein und Leslie Lievesley, zwei Managern, dem Masseur und drei Journalisten das letzte Geleit.

Im ersten Heimspiel nach der Tragödie trat der AC Turin mit seiner Jugendmannschaft an. Aus Respekt bot auch der Gegner sein Nachwuchsteam auf. Das "Filadelfia" war dennoch bis auf den letzten Platz gefüllt. 30.000 Fans sahen dem Spiel schweigend zu.

hut/dpa/AP

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