Idee
"Begegnungen und direkte Gespräche mit verfolgten und vertriebenen Wissenschaftler/Innen haben meine Sicht auf die Schicksale dieser Persönlichkeiten und auf den Holocaust tief geprägt."
Anton Zeilinger
Präsident der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (2013-2022)
Ich war ein junger Wissenschaftler am MIT in Boston, wo ich immer wieder Leute traf, die mich auf Wienerisch anredeten. Erfahrungen wie diese, Begegnungen und direkte Gespräche mit verfolgten und aus Österreich vertriebenen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, haben meine Sicht auf die Schicksale dieser Persönlichkeiten und auf den Holocaust tief geprägt. Mehr als „gelernte“ Geschichte, so meine Beobachtung, berührt und beeindruckt uns das persönliche Gespräch mit Menschen, die von dieser Geschichte betroffen sind.
Auf diesem Gedanken basiert die Idee zu dem Film "The Class of ´38. Exile & Excellence". Zu Wort kommen darin 16 herausragende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die in ihrer Kindheit von den Nationalsozialisten verfolgt und aus Österreich vertrieben wurden. Sie alle haben ihre Forschungsfelder nachhaltig geprägt, einige von ihnen wurden mit dem Nobelpreis ausgezeichnet.
Der Film macht uns die Lebenserfahrungen und Schicksale dieser Menschen zugänglich und gibt in persönlichen Interviews unmittelbare Einblicke in das Erleben und Nachwirken von Flucht und Vertreibung. Dieses Filmdokument möchte diese Schilderungen bewahren, auch für künftige Generationen.
Johannes Feichtinger und Heidemarie Uhl haben das Filmprojekt wissenschaftlich geleitet. Frederick Baker († 2020) hat den Film gestaltet. Gewidmet ist er jenen 16 Persönlichkeiten, die sein Zustandekommen erst ermöglicht haben, sowie deren Familien und Nachkommen.
Projekt
Mit dem Film "The Class of ´38. Exile & Excellence" will die Österreichische Akademie der Wissenschaften die Erfahrungen exzellenter Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler österreichischer Herkunft festhalten, die eines miteinander teilen – Verfolgung, Vertreibung, Flucht und Exil. Als Kinder oder Jugendliche hatten sie die nationalsozialistische Terrorherrschaft in Wien erlebt, sie mussten als Jüdinnen und Juden Österreich verlassen und haben schließlich in Israel, England und den USA Aufnahme gefunden. Ziel des Filmprojektes ist es, dem Zusammenhang zwischen traumatischen Kindheits- und Jugenderfahrungen und wissenschaftlicher Exzellenz, zwischen biografischem Bruch und innovativem Forschungs- und Erkenntnisinteresse nachzugehen.
Unser besonderer Dank gilt den 16 Persönlichkeiten, die uns ihr Vertrauen geschenkt und ihre Erfahrungen mit uns geteilt haben. Über den Ort der Aufnahme und die Sprache des Interviews haben sie selbst entschieden. Befragt wurden sie nicht primär als Zeitzeuginnen und Zeitzeugen, sondern als außergewöhnliche Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die durch einen gemeinsamen Erfahrungshintergrund geprägt wurden. Der Titel dieses Films – The Class of ´38 – möchte dem Rechnung tragen.
Anton Zeilinger, Präsident der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, ist die Idee zu diesem Film zu verdanken. Für die Gestaltung des Films konnte der britisch-österreichische Filmemacher und Wissenschaftler Frederick Baker (verstorben 2020) gewonnen werden. Er führte die Interviews in den Jahren 2015–16 gemeinsam mit Johannes Feichtinger und Heidemarie Uhl, Historiker und Historikerin an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, die die wissenschaftliche Projektleitung innehatten.
Der Film möchte seine Protagonistinnen und Protagonisten individuell und als Gruppe würdigen – durch ein Erinnerungszeichen, auf das auch in der Zukunft als Wissens- und Inspirationsquelle zurückgegriffen werden kann.
Frederick Baker | Johannes Feichtinger | Heidemarie Uhl |