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Paul Thieme

Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

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Paul Thieme

(1905-2001)

Paul Thieme (18.3.1905 Berlin - 24.4.2001 London) war von 1941-1946 außerordentlicher Professor für Indologie an der Universität Halle. Im Jahre 1946 wurde er zum ordentlichen-öffentlichen Professor für Indologie der hiesigen Universität ernannt, ein Amt, das er auf Grund der politischen Verhältnisse in der damaligen DDR im Frühjahr des Jahres 1953 aufgab.

Thieme hatte an der Universität Göttingen Indologie und Vergleichende Sprachwissenschaften studiert. Im Jahre 1928 wurde mit einer Arbeit über das Plusquamperfektum im Veda an der Universität Göttingen promoviert. Die Habilitation erfolgte im Jahre 1932 mit einer Studie über Panini und den Veda bei Prof. E. Sieg ebenfalls in Göttingen. Thieme unterrichtete zunächst als Privatdozent an den Universitäten Göttingen (1932-1935) und Breslau (1936-1939). 1935-1936 hatte er die Möglichkeit, sich in Indien von den Pandits Kshetreshchandra Chattopadhyaya und Kamalakanta Mishra in die einheimischen indischen Wissenschaften, speziell in die Grammatik des Paa.nini und der auf dieser beruhenden scholastisch-exegetischen Tradition auf traditionelle Weise einführen zu lassen.

Im Jahre 1939 erhielt er eine außerordentliche Professor für Indologie an der Universität Breslau und wechselte in gleicher Stellung im Jahre 1941 an die Universität Halle. Nach seiner Hallenser Zeit bekleidete er die Position eines ordentlichen Professors der Indologie an den Universitäten Frankfurt/Main (1953-1954), an der Yale-University in New Haven (1954-1960) und an der Universität Tübingen (1960-1972).

Thieme hat als einer der letzten großen Indologen zu gelten, der mit seinen sehr verdichtet geschriebenen und bahnbrechenden Arbeiten noch alle Aspekte der Sanskrit-Philologie umfaßte. Er war im Veda ebenso zu Hause wie in den Epen, der klassischen Dichtung oder den Werken der einheimischen Wissenschaften (sastra). Hierbei sind besonders seine erhellenden Wortstudien und seine Studien zur Grammatik des Panini und ihrer Exegeten hervorzuheben. In seinen Studien ging er wiederholt (z. T. in komparatistischer Absicht) auf Fragen der Iranistik (Awesta/Alt-Persisch) und Indogermanistik ein. Seine Arbeiten reichen deshalb oft über das Gebiet der Indologie hinaus. Thieme war ein lebender Paniniya, er sprach ein gutes Sanskrit und hielt deshalb z. B. Anfang der siebziger Jahre bei der Eröffnung der ersten Welt-Sanskrit-Konferenz in Delhi ein viel beachtetes Grundsatzreferat in Sanskrit. Er war ein sehr beliebter Lehrer und hatte viele bekannte Schüler. Er war Ehrenmitglied und ordentliches Mitglied mehrerer gelehrter Gesellschaften und Akademien, so z. B. Auswärtiges Mitglied der Sächsischen Akademie der Wissenschaften (seit 1949). Seine herausragenden wissenschaftlichen Leistungen sind auf vielfältige Weise gewürdigt worden, so z. B. durch zwei Festschriften und durch die Verleihung des Kyoto - Preises im Jahre 1989.

Verzeichnis ausgewählter Publikationen von Paul Thieme:

1929: Das Plusquamperfektum im Veda (Diss.Göttingen 1928).

1935: Bhasya zu Varttika 5 zu Panini 1.1.9 und seine einheimischen Erklärer Ein Beitrag zur Geschichte und Würdigung der indischen grammatischen Scholastik, in: Nachrichten von der Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen, philol.-hist. Kl., Bd.1, Nr.5, 1935, S. 171-216.

1935: Panini and the Veda. Studies in the Early History of Linguistic Science in India. Allahabad (engl. Fassung der Habilitation Göttingen 1932).

1938: Der Fremdling im Rigveda. Eine Studie über die Bedeutung der Worte ari, arya, aryaman und arya (= AKM 23.2), Leipzig.

1949: Untersuchungen zur Wortkunde und Auslegung des Rigveda. Halle.

1952: Studien zur indogermanischen Wortkunde und Religionsgeschichte. Berlin (= Berichte über die Verh. der Sächs. AdW, Lpz., phil.-hist. Kl., Bd. 98, Heft 5) [1. Nektar, 2. Ambrosia, 3. Hades, 4. Die Totenseele, 5. Hekatombe]; 1-3 auch in: Rüdiger Schmitt, Indogermanische Dichtersprache (WdF, CLXV). Darmstadt 1968, S. 102-153).

1964: Gedichte aus dem Rigveda aus dem Sanskrit übertragen und erläutert von P. T., Stuttgart (11964 u. ö.).

1966: Upanischaden. Ausgewählte Stücke aus dem Sanskrit übertragen und erläutert von P. T., Stuttgart (11966 u. ö.).

1966: Das indische Theater, in: Heinz Kindermann (Hrsg.), Fernöstliches Theater, Stuttgart (S. 21-120).

1994: Zur Frühgeschichte des Schachs (= Tübinger Beiträge zum Thema Schach 1).

Aufsätze:

1931: Grammatik und Sprache, ein Problem der altindischen Sprachwissenschaft, in: ZII 8, 1931, S.23-32 (= Kl. Schr. I.2, S. 514-523).

1963: "Jungfrauengatte" Sanskrit kaumarah pati.h, hom. koyrídios pósis, lat. maritus, in: KZ 78, 1963, S. 161-248 (= Kl. Schr. I.1, S. 426-512).

1964: The Comparative Method for Reconstruction in Linguistics, in: Language in Culture and Society, 1964, S. 585-298 (Kl. Sch. II, 1995: S. 981-993).

1970: Sanskrit sindhu-/Sindhu- and Old Iranian hindu-/Hindu-, in: Henning Memorial Vol. London 1970, S. 447-450 (= Kl. Sch. II, 1995: S. 815-818).

Aufsatzsammlung (mit Bibliographie):

Kleine Schriften I (= GS 5). Hrsg. v. Georg Buddruss Wiesbaden 1970, Teil I.1 und I.2, zusammen XX, 815 S. (21984: in einem Band).

Kleine Schriften II (= GS 5,II). Hrsg. von Renate Söhnen-Thieme. Stuttgart 1995.

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