Um die Jahreswende 1236 erwartete Wien hohen Besuch. Kaiser Friedrich II. hatte sich angekündigt. Der Herzog von
Österreich, Friedrich der Streitbare, war zwar von bairischen und böhmischen Waffen besiegt worden, die der Kaiser
gegen ihn aufgeboten hatte, er hatte sich aber noch nicht unterworfen und hielt noch immer wichtige Positionen.
So schildert Ernst W. Wies die politische Situation in diesen Tagen. Der Kaiser kam mit dem Erfolg über die abtrünnige
Stadt Vicenza von kriegerischen Auseinandersetzungen mit den Lombarden nach Deutschland zurück. In Wien wollte
er seinen Sohn Konrad zum König wählen lassen und außerdem den österreichischen Herzog endgültig unterwerfen.
Hermann von Salza war in diese Angelegenheiten einbezogen und hatte seinerseits die Gelegenheit benutzt, seine
deutschen Ordensgebietiger nach Wien zu berufen, um wichtige Fragen mit ihnen zu beraten. Willy Cohn beschreibt
diese Verhandlungen: "In Wien also verhandelte Hermann von Salza mit einer Ordensgesandtschaft, die aus seinem
Stellvertreter Ludwig von Öttingen, den Ordensrittern Konrad von Thüringen, Hartmann von Heldrungen, Ulrich von
Durne und dem Würzburger Komtur Wichmann, sowie dem Schwertbruder Johann von Magdeburg bestand. Man
beriet hier wegen der Einverleibung des livländischen Schwertbruderordens und beschloß sie vorbehaltlich der endgültigen Zustimmung durch den Papst." Der Hochmeister hatte sich bisher immer ablehnend verhalten, da er die
Schwierigkeiten, die sich für den Orden aus dieser Vereinigung ergeben würden, voraussah. Es gab zwischen dem
Schwertbrüderorden und dem König von Dänemark ernsthafte Auseinandersetzungen um Estland, das sich der
livländische Orden angeeignet hatte. Hermann wollte seine Zustimmung nicht ohne die Einwilligung Papst Gregors
geben und war bereit, mit dem Schwertbruder Johann von Magdeburg nach Rom zu reisen. Damit ergab sich für ihn
die Möglichkeit seine Verhandlungen mit dem Papst fortzusetzen, die der Kaiser abgelehnt hatte. In einem Brief vom
Februar 1237 an Gregor spricht Friedrich diese Situation an, erwähnt dabei aber das livländische Problem nicht.
"… Deswegen möge sich Eure Väterlichkeit nicht wundern, wenn Wir zu den anderen Gesandten, die als dritte
kamen, nicht auch noch den ehrwürdigen Deutschordensmeister Hermann in die Lombardei entsenden wollen,
weil Wir den Namen irgendwelcher Legaten, so lange Uns der Grund der Legation nicht bekannt ist, auf Grund der
früheren fürchten. Aber seht, auf Drängen des genannten Ordensmeisters, wie sehr er auch immer Unseren Geschäften,
zumal im gegenwärtigen Augenblicke, von Nutzen sein könnte, haben Wir gerade ihn im Vertrauen auf seine gewohnte
Treue und seinen Eifer, in dem er bisher immer das gemeinsame Wohl der Kirche und des Reiches im Sinne gehabt
hat, zum Apostolischen Stuhl geschickt. …" Diesen Brief fand ich bei Klaus J. Heinisch in "Kaiser Friedrich II. in Briefen und Berichten seiner Zeit".
Neben seinen Ordensangelegenheiten stand Hermann in diesen Tagen selbstverständlich für den Kaiser bereit. Es
gibt eine Reihe von Urkunden, in denen er als Zeuge aufgeführt ist. Darunter ist eine für die österreichischen
Kommenden sehr wichtige Urkunde. Im Februar 1237 nahm Friedrich II. die Besitzungen des Deutschen Ordens
in Österreich, der Steiermark und Krain in seinen Schutz und bewilligte diesen Ordenshäusern die ausschließliche
Gerichtsbarkeit. Diese Urkunde wurde auch vom Böhmischen König Wenzel und dem Landgrafen von Thüringen
Heinrich Raspe unterschrieben. König Wenzel hatte vor seinem Besuch von Wien am 16. Februar in Znaim dem
Deutschordenshaus in Troppau zur Unterstützung seiner Tätigkeit im Heiligen Land Ländereien verliehen. Auch in
Wien zeigt sich Wenzel freigiebig: "Er eignet dem Deutschen Hause in Altenburg 8 Hufen Land in Sindermannsdorf."
So steht es im Urkundenbuch der Ballei Thüringen. Dieser Ort heißt heute Niederschindmaas und liegt südöstlich
von Meerane.
Möglicherweise sind danach der Hochmeister und seine Ordensbrüder mit den päpstlichen Gesandten, die Ende
Februar beim Kaiser vorstellig wurden, nach Rom gereist. Mit einem der Gesandten, dem Kardinal Thomas von
S. Sabina. hatte Hermann 1230 diese langwierigen Verhandlungen nach dem Kreuzzug Friedrichs von 1229
bestritten. An der Ende Februar erfolgten Königswahl Konrads wird Hermann nicht mehr teilgenommen haben.
Da er mit seinen Begleitern nach Angaben des Chronisten Ryccardi de Sancto Germano Anfang April in Viterbo war,
muss er Ende Februar in Wien aufgebrochen sein. Von Wien bis Viterbo waren es über 1000 km und somit sicher
gut 30 Reitertage.
Über den Aufenthalt in Viterbo gibt der Bericht des Ordensbruders Hartmann von Heldrungen einen sehr anschaulichen Eindruck, auch wenn er ihn erst später, als er selbst Hochmeister war, geschrieben hat. Hartmann von Heldrungen
war mit dem Hochmeister in Rom. Hier mein Übersetzungsversuch aus dem Mittelhochdeutschen: "Wir fanden den
Papst zu Viterbo und es währte eine gute Weile, bis der Hochmeister [beim Papst] vorsprechen konnte. Da kam der
Bruder Gerlach der Rothe, der Bruder des Pfarrers von Hochusen … mit der Botschaft der livländischen Brüder, und
erklärte,dass der Bruder [Meister] Volquin von Livland von den Heiden erschlagen worden ist und mit ihm 60
Brüder.[Bruder Gerlach] warb beim Papst im Auftrag seiner Brüder um die Aufnahme in den [Deutschen] Orden."
Etwas verwunderlich ist für mich, dass der Papst den Deutschordensmeister eine gute Weile warten ließ, wo er
ihm doch im März auftragen ließ, "Wir gebieten dir bei der Pflicht des Gehorsams, womit du Uns und der römischen Kirche verbunden bist, in hohem Ernste, daß du, so lieb dir Gott und Unsere Huld sind, ohne Verzug zu Uns
kommest, um für die Ehre der Kirche und für des Reiches Frieden und Ruhe zu sorgen." Die verspätete Ankunft
des Gesandten des Schwertbrüderordens, die verhängnisvolle Schlacht bei Schaulen war ja bereits im September
1236, erklärt Nils von Holst in seinem Buch "Der Deutsche Ritterorden und seine Bauten": "Bei Beginn der Frühjahrsschiffahrt gelangte der Hilferuf der Altlivländer über Lübeck nach Italien."
Hartmann von Heldrungen fährt dann in seinem Bericht fort: "Der Papst zögerte noch mit der Vereinigung, das
lag daran, dass Boten des Königs von Dänemark im [päpstlichen] Hofe waren und uns behinderten, weil sie wollten,
dass die Burg von Reval, die die livländischen Brüder besetzt hielten, dem König [von Dänemark] rechtmäßig
zustehe. Darum vollzog der Papst die Vereinigung nicht, der Hochmeister und die Brüder mussten sie [die Burg]
dem König [von Dänemark] überantworten." Erst nachdem Hermann von Salza trotz Widerstandes der Schwertbrüder
dem Papst das Zugeständnis mit der Abtretung von Reval gemacht hatte, konnte die Vereinigung beider Orden er-
folgen. Am 12. Mai 1237 bestätigte Gregor IX. die Vereinigung. In den "Regesten des Geschlechts Salza" finden wir
dazu: "Der Papst zögerte nun auch nicht länger auf die Vorschläge des Ordensmeisters einzugehen. In Gegenwart
des Patriarchen von Antiochien, des Erzbischofs von Bari, des päpstl. Marschalls Konrad von Straßburg, eines Deutschen Ordensbruders und des päpstl. Kämmerlings, eines Johanniter=Ritters, sprach Gregor die ihm von dem Ordensmeister Hermann von Salza vorgestellten Livländischen Ritter, die beiden Schwertbrüder Johann von Magdeburg
und Gerlach Rothe, als Repräsentanten ihres ganzen Ordens, von dem Eide und der Regel ihres Ordens los, ermahnte
sie zur Tapferkeit für den Glauben und segnete sie, ungeachtet der Procurator von Dänemark und Schweden widersprach, in den Deutschen Orden ein. … Sofort nach der Verbindung beider Orden entsandte Hermann von Salza den
Ordensbruder Hartmann von Heldrungen und den neuen Bruder Gerlach Rothe nach Marburg, wohin Ludwig von
Oettingen, der stellvertretende Deutschmeister, schon im Winter zurückgekehrt war, mit dem Befehle an diesen,
eiligst sechszig tapfere Ritter nach Livland zu senden. Er selbst wollte bald zu weiterer Berathung und Ordnung der
wichtigsten neuen Verhältnisse des Ordens im Norden nach Marburg zu einem allgemeinen Ordenskapitel kommen."
Darüber und über die weiteren Begebenheiten Hermann von Salzas in den folgenden Monaten berichtet der nächste Teil.