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Kafka, Franz© Copyright Franz Kafka. Foto. Kafka, Franz, * 3. 7. 1883 Prag (Tschechische Republik), 3. 6. 1924 Kierling (Gemeinde Klosterneuburg, Niederösterreich), Schriftsteller, einer der bedeutendsten deutschsprachigen Prosa-Autoren des 20. Jahrhunderts. Studierte an der Universität Prag Jus, war dann als Versicherungsjurist für die Prager Arbeiter-Unfall-Versicherungs-Anstalt tätig (1922 Pensionierung). Ab 1902 enge Freundschaft mit M. Brod, zusammen besuchten sie die literarischen Salons von Prag, zu ihrem Freundeskreis zählten unter anderem G. Meyrink, E. Weiß und F. Werfel. Brod unterstützte Kafka, der sehr unter dem Unverständnis des autoritären Vaters und an der bürokratischen Enge seiner beruflichen Tätigkeit litt, in seiner literarischen Arbeit ("Brief an den Vater", 1919). Die Tuberkulose-Erkrankung 1917 verschaffte Kafka den Freiraum für sein Schreiben. Zwei testamentarische Verfügungen, den handschriftlichen Nachlass zu vernichten, wurden von Brod nicht befolgt; die von ihm herausgegebenen Romanfragmente "Der Prozess" (1925, entstanden 1914/15), "Das Schloss" (1926, entstanden 1922) und "Amerika" (1927, von Kafka unter dem Titel "Der Verschollene" 1911-14 begonnen, Eingangskapitel "Der Heizer" erschien 1913) sowie die Herausgabe der "Gesammelten Schriften" (7 Bände, 1935-37, mit Biographie von M. Brod) leiteten die weltweite Rezeption Kafkas ein. Brod gibt in seinen Kommentaren eine theologische Lesart der Kafka-Texte vor. Zu Lebzeiten nur wenig beachtet, gelang es Kafka wie kaum einem anderen Autor der Epoche, die Bedrohung des einzelnen Menschen in einer zusehends technisierten und anonymen bürokratischen Welt zu gestalten. In schmucklos-präziser Sprache schildert er - in Umkehrung des klassischen Bildungsromans - die Schicksale von "Helden", die sich einer zynischen Umwelt gegenübersehen, an der sie, befangen in komischer Hilflosigkeit und Ohnmacht, trotz großer individueller Anstrengungen tragisch scheitern. Aus dem jüdisch-christlichen Denken die Motive von Schuld und Sühne, Opfer und Erlösung übernehmend, gestaltete Kafka auch in seinen kunstvollen Erzählungen und Parabeln den Einbruch irrationaler Macht in den Alltag ("Die Verwandlung", 1916). Das Adjektiv "kafkaesk" ist als Bezeichnung für derart grotesk-absurde Situationen in alle Kultursprachen der Welt eingegangen. Weitere Werke: Kurzprosa und Erzählungen: Die Aeroplane in Brescia, in: Bohemia 82, Nummer 269, 1909; Betrachtung, 1913; In der Strafkolonie, 1919; Ein Landarzt. Kleine Erzählungen, 1919; Ein Hungerkünstler. Vier Geschichten, 1924. - Tagebücher und Briefe: Tagebücher 1910-23, herausgegeben von W. Haas, 1951; Briefe an Milena, herausgegeben von derselben, 1952 (erweiterte Ausgabe, herausgegeben von J. Born und M. Müller, 1983); Briefe an Felice und andere Korrespondenz aus der Verlobungszeit, herausgegeben von F. Heller und J. Born, 1967; Briefe an Ottla und die Familie, herausgegeben von H. Binder und K. Wagenbach, 1974; Briefe an die Eltern aus den Jahren 1922-24, herausgegeben von J. Cermák und M. Svatos, 1990. - Kritische Ausgabe der Werke, 12 Bände, herausgegeben von J. Born und anderen, 1983-93; Kritische Ausgabe der Briefe, herausgegeben von H. G. Koch, 1999ff.; Historisch-kritische Ausgabe sämtlicher Handschriften, Drucke und Typoskripte, herausgegeben von R. Reuß und P. Staengle, 1995ff. Literatur: K. Wagenbach, F. Kafka, 1966; H. Binder (Hg.), Kafka-Handbuch, 2 Bände, 1979; W. Schmidt-Dengler (Hg.), Was bleibt von F. Kafka? Positionsbestimmung, 1985; M. I. Caputo-Mayr und J. M. Herz, Eine kommentierte Bibliographie der Sekundärliteratur, 1987; K. Wagenbach, F. Kafka. Ein Leben in Bildern, 1989; T. Anz, F. Kafka, 1989; F. Kafka, Sonderband "Text und Kritik", 1994; M. L. Caputo-Mayr, F. Kafka, 2 Bände, 2000 (Band 1: Bibliographie der Primärliteratur 1908-97, Band 2: Bibliographie der Sekundärliteratur 1955-97).
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