StrafrechtBedingte Geldstrafe bald abgeschafft?
Das Strafrecht soll nach dem Willen des Bundesrates wieder strenger werden: Die Abschaffung der bedingten Geldstrafe findet bei den Parteien breite Zustimmung.
Wie die Vernehmlassung zeigt, unterstützen die bürgerlichen Parteien das bundesrätliche Vorhaben, das Strafrecht wieder zu verschärfen. Die SP ist skeptisch, stellt sich aber hinter die Abschaffung der bedingten Geldstrafen.
Nach Einschätzung der bürgerlichen Parteien SVP, FDP und CVP haben sich bedingte Geldstrafen und bedingte gemeinnützige Arbeit nicht bewährt. Solche Strafen hätten keine abschreckende Wirkung. Selbst die SP hält fest: Beide Sanktionsformen würden in der Gesellschaft als zu schwach empfunden.
Ansonsten steht die SP der erneuten Revision des Strafgesetzbuches «äussert skeptisch» gegenüber. Diese komme verfrüht. Die erst per Anfang 2007 eingeführten Neuerungen seien noch nicht evaluiert worden. Änderungen sollten sich nicht am Boulevardjournalismus, sondern an wissenschaftlichen Erkenntnissen orientieren.
Keinen Gefallen findet die SP an der geplanten Wiedereinführung der kurzen Freiheitsstrafen ab drei Tagen. Falls es tatsächlich so weit komme, müsse im Gegenzug der Vorrang der Geldstrafe im Gesetz festgeschrieben bleiben. Zudem solle - wie vom Bundesrat vorgesehen - die elektronische Fussfessel schweizweit eingeführt werden.
Forderungen aus Vorstössen
SVP, FDP und CVP begrüssen es, dass ihre zum Teil auch in parlamentarischen Vorstössen formulierten Forderungen aufgenommen wurden. Die CVP hält allgemein fest, dass das Strafrecht vermehrt darauf ausgerichtet werden sollte, künftige Straftaten zu verhindern. Die abschreckende Wirkung müsse erhöht werden.
Die FDP schätzt am Vorentwurf des Bundesrates insbesondere, dass ein Mindesttagessatz von 30 Franken festgelegt wird. Bislang liegt er nach Bundesgerichtspraxis bei 10 Franken.
Die SVP schlägt weitere Verschärfungen vor: So soll unter anderem eine Geldstrafe nur noch bis zu 90 Tagessätzen verhängt werden können. Was darüber ist, müsse mit einer Freiheitsstrafe geahndet werden. Der Bundesrat schlägt neu ein Maximum von 180 Tagessätzen vor, nach geltendem Recht liegt die Grenze bei 360.
Viele Gewaltdelikte lägen im Bereich von 90 bis 180 Tagessätzen, begründet die SVP ihre Forderung.
Grüne nur für Fussfessel
Gänzlich gegen die Revision stellen sich die Grünen: Zuerst müsse das geltende Recht evaluiert werden. Die Partei ist zudem überzeugt, dass strengere Strafen nicht zu weniger Delikten führen. Auch stimme das Bild der «Kuscheljustiz» nicht. Dieses diene nur der Angstmacherei.
In einem Punkt können sich die Grünen mit der Revision aber anfreunden: Die elektronische Fussfessel sei eine sinnvolle und kostengünstige Alternative zum Strafvollzug im Gefängnis. Die Obergrenze bei sechs Monaten habe sich in den Versuchskantonen bewährt.
Wie die Grünen lehnen auch die Demokratischen Juristinnen und Juristen der Schweiz (DJS) die vom Bundesrat vorgeschlagenen Verschärfungen ab. Sie rufen in Erinnerung, dass kurze Freiheitsstrafen unter anderem abgeschafft wurden, um die Gefängnisse zu entlasten.
Auch Vollzugsbehörden gegen bedingte Geldstrafe
Bereits im Mai 2009 hatte die Konferenz der Strafvollzugsbehörden der Schweiz (KSBS) in einem Brief an Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf festgehalten, dass die bedingte Geldstrafe «ungeeignet» sei: Eine Leistung, die nicht erbracht werden müsse, sei keine Strafe.
Bei der Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren hiess es auf Anfrage, dass die Änderungen «grundsätzlich positiv» beurteilt würden. Zu den einzelnen Punkten würden sich aber nur die Kantone selbst äussern.
Die Vernehmlassung zu den vom Bundesrat vorgeschlagenen Änderungen im Strafrecht läuft Ende Oktober ab.
(sda)