Urteilsheuristik

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Eine Urteilsheuristik ist eine Heuristik (überschlägige Denkweise), um schnell zu einer Entscheidung zu gelangen.

In vielen Situationen ist es nicht möglich oder äußerst aufwändig, sämtliche Alternativen zu recherchieren und dann rational abzuwägen. Stattdessen bedienen wir uns häufig einer Urteilsheuristik, von denen viele besonders von Daniel Kahneman und Amos Tversky wissenschaftlich untersucht wurden.[1] Die Formulierung dieser spezifischen Heuristiken wurden jedoch auch scharf als vage kritisiert.[2] Diese spezifischen Heuristiken haben zwar die Forschung wesentlich inspiriert, sie sind aber auch weiterhin hochgradig umstritten.[3]

Urteilsheuristiken gehören zu den automatischen Denkprozessen und laufen daher unbewusst, absichtslos, unwillkürlich und mühelos ab. Diese Art zu denken wird nur unterbrochen und von kontrolliertem Denken abgelöst, wenn der Gegenstand überschwellig starke Aufmerksamkeit erregt. Kontrolliertes Denken ist das bewusste, absichtliche, freiwillige, aufwändige Denken. Außerdem werden Urteilsheuristiken eingesetzt, wenn man kontrolliert denken möchte, aber wegen Übermüdung, Störung, Ablenkung und Ähnlichem nicht dazu in der Lage ist.[1]

Zu den klassischen Urteilsheuristiken gehören die Verfügbarkeitsheuristik, die Repräsentativitätsheuristik, die Ankerheuristik sowie die Rekognitionsheuristik.

Auch der Attributionsfehler und die Illusorische Korrelation sind Resultate von Urteilsheuristiken. Auch Stimmungen und Gefühle können als Urteilsheuristik genutzt werden (Affektheuristik).

  • S. Chen, S. Chaiken: The heuristic-systematic model in its broader context. In: S. Chaiken, Y. Trope (Hrsg.): Dual-process theories in social psychology. Guilford Press, New York 1999, S. 73–96.
  • S. Chaiken: Heuristic versus systematic information processing and the use of source versus message cues in persuasion. In: Journal of Personality and Social Psychology. 39, 1980, S. 752–766.
  • Klaus Fiedler, Momme von Sydow: Heuristics and Biases: Beyond Tversky and Kahneman’s (1974) Judgment under Uncertainty. In: M. W. Eysenck, D. Groome. (Hrsg.): Cognitive Psychology. Revisiting the Classical Studies: Sage, Los Angeles/ London 2015, ISBN 978-1-4462-9447-5.
  • Gerd Gigerenzer: Bauchentscheidungen: Die Intelligenz des Unbewussten und die Macht der Intuition. C. Bertelsmann Verlag, New York 2008, ISBN 978-3-570-00937-6.
  • Daniel Kahneman, Paul Slovic, A. Tversky (Hrsg.): Judgment under uncertainty: Heuristics and biases. Cambridge University Press, 1982.
  • Daniel Kahneman: Schnelles Denken, langsames Denken. Siedler, 2012, ISBN 978-3-88680-886-1.
  • R. E. Nisbett, L. Ross: Human inference: Strategies and shortcomings of human judgment. Prentice Hall, 1980.
  • Fritz Strack, Roland Deutsch: Urteilsheuristiken. In: Dieter Frey, Martin Irle (Hrsg.): Theorien der Sozialpsychologie. Vol. III, Huber, Bern 2002, S. 352–384.

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. a b E. Aronson, T. D. Wilson, R. M. Akert: Sozialpsychologie. 4. Auflage. Pearson Studium, 2004, ISBN 3-8273-7084-1.
  2. Gerd Gigerenzer: On narrow norms and vague heuristics: a reply to Kahneman and Tversky. In: Psychological review. Band 103, Nr. 3, 1996, S. 592–596.
  3. K. Fiedler, M. von Sydow: Heuristics and Biases: Beyond Tversky and Kahneman's (1974) Judgment under Uncertainty. In: M. W. Eysenck, D. Groome (Hrsg.): Cognitive Psychology: Revisiting the Classical Studies. Sage, Los Angeles/ London 2015, ISBN 978-1-4462-9446-8, S. 146–161.