Automatikgetriebeöl

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Rot eingefärbtes Automatikgetriebeöl in verschiedenen Gebinden

Automatikgetriebeöl (ATF – in englisch Automatic Transmission Fluid) ist ein Hydrauliköl, das in Automatikgetrieben von Kraftfahrzeugen benutzt wird. Typischerweise ist es rot, um es von Motoröl und anderen Flüssigkeiten im selben Fahrzeug unterscheiden zu können.

Automatikgetriebeöle sind für die Anforderungen in Automatikgetrieben optimiert. Zu den vielseitigen Aufgaben zählen die Nutzung als Schmiermittel für interne Hydraulikzwecke (z. B. für Ventilbewegungen), Friktion der Bremsbänder und Lamellenkupplungen, zur Schmierung der Zahnradsätze und Lagerstellen sowie als Arbeitsfluid der oftmals integrierten Drehmomentwandler.

ATF wird zudem als Hydraulikflüssigkeit in einigen Servolenkungen und als Schmiermittel einiger Allradantriebe sowie bei manchen neueren Schaltgetrieben benutzt.[1]

Neuere ATFs enthalten eine Vielfalt an chemischen Komponenten, um die gewünschten Eigenschaften ihrer Spezifikation zu erreichen. Die meisten ATFs enthalten eine Kombination von Hilfsstoffen (Additiven) zur Verbesserung der Schmiereigenschaften,[2][3][4] wie verschleißmindernde Additive, Inhibitoren gegen Rost- und Korrosion, Detergens, Dispergiermittel und Tensiden (zum Schutz und Reinigung metallischer Oberflächen); Modulatoren zur Verbesserung der kinematischen Viskosität und des Viskositätsindexes, Substanzen zur Pflege und zum Aufquellen von Dichtungen, und Hilfsstoffen (welche die Additive schützen und höhere Temperaturen sowie Drehzahlen ermöglichen), Entschäumer und Stabilisatoren gegen Oxidation und Abkochen/Verdunsten[5], zur Konservierung der Additive, Kaltflussmodulatoren, Hochtemperatureindicker, Stockpunktsabsenker (PPDs) und Farbstoffen aus Erdöl. Alle ATFs enthalten Friktionsmodulatoren, außer den ATFs für das Automatikgetriebe Borg-Warner 35 (Ford) und nach den Spezifikationen John Deere J-21A;[6] Ford ESP/ESW-M2C-33F Typ F ATF (Ford-O-Matic) und Ford ESP/ESW-M2C-33G Typ G ATF (Ford Europa und Japan 1980er Jahre), die ausdrücklich Friktionsadditive ausschließt.[3] Demselben Schmierstoffgroßhändler nach erfordert die Spezifikation M2C-33G Öle mit geprüft besserer Beständigkeit gegen Scherung und Oxidation, verbessertem Kaltfließ- und Hochdruckverhalten (EP) sowie höheren Anforderungen für Dichtungen als bei Ölen nach M2C-33F.

Es gibt zahlreiche Spezifikationen für Automatikgetriebeöle, darunter die Reihen Dexron (GM), Mercon (Ford), Mopar (Crysler) und Toyota sowie Fahrzeughersteller spezifische Standards, die für das jeweilige Fahrzeug die geeignete Spezifikation festlegen. In Bedienungsanleitung und Werkstatthandbuch sind die Herstellerspezifikation für das zu verwendende Automatikgetriebeöl und die Empfehlung des Herstellers angegeben.

Automatikgetriebeölen sind verschiedene Substanzen (Additive) beigemischt, die ihre Eigenschaften verändern, um die Anforderungen diverser Automatikgetriebe zu erfüllen. Einige ATF-Spezifikationen sind offen für konkurrierende Marken, darunter die Spezifikation DEXRON, bei der von verschiedenen Herstellern mit verschiedenen Chemikalien dieselbe Spezifikation erfüllt wird. Diese Produkte werden unter Lizenz vom Erstausrüster (OEM) vertrieben, der verantwortlich für die Definition der Spezifikation ist. Einige Fahrzeughersteller schreiben „Original“ („genuine“) oder Erstausrüster (Original Equipment Manufacturer – OEM) für das ATF vor. Die meisten Spezifikationen der ATFs sind offen für Lizenzierung durch Dritthersteller und werden durch den Automobilhersteller zertifiziert.

Einige OEM-Produkte sind auf synthetischer Basis. Nur wenige davon kommen bei den Autoherstellern ab Werk in die verbauten Getriebe. Jeder Hersteller hat spezifische Anforderungen an das ATF. Ein ungeeignetes Öl kann zu Funktionsstörungen und Schäden führen.

Gängige Automatikgetriebeöle

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  • ATF+4 – die meisten Dodge, Jeep, und Chrysler[7]
  • Mercon V – die meisten Ford, Mercury, Lincoln
  • Mercon LV – manche Ford (DuratecHE), Mazda Modelle für Europa und Asien
  • Dexron VI – die meisten GM, Tesla S, Toyota ab 2004, manche Ford
  • ATF DW-1 – alle Honda und Acura (außer CVT)
  • SP-IV or SP4 – alle Hyundai, Mitsubishi und Kia (außer CVT und Doppelkupplungsgetriebe)
  • Matic S, Matic K, Matic D – Jatco Transmissions, bei Nissan und Subaru
  • ATF T-IV (T4) – die meisten Toyota, Lexus, und Volvo. Einige Audi, und Volkswagen (inklusiv der Modelle konventioneller Automatikgetriebe, die bei Aisin gefertigt wurden und von Toyota das „Gen 1“ Hybrid-CVT)
  • Toyota ATF-WS – ab Modelljahr 2004 Toyota und Lexus einschließlich „Gen 2“ und späteren Hybrid-CVTs (außer CVTs, die kein Bestandteil eines Hybridantriebes sind.)
  • Honda DW (ZF) – alle Honda mit Automatikgetriebe (außer CVT)

Synthetische ATFs sind über Marken des Aftermarket erhältlich, die für die Getriebe bei Anwendungen wie Ziehen von Anhängern in Serviceintervall und Lebensdauer geeigneter sind.

Ölwanne eines Automatikgetriebe mit abgelagertem Abrieb.

Nach gängiger Empfehlung kann die Farbe des Öls durch Abwischen des Ölmessstabs auf einem weißen, fusselfreien Tuch geprüft werden. Dunkelbraune oder schwarze Verfärbungen können auf ein Getriebeproblem hinweisen, wie Überbeanspruchung des Fahrzeuges oder überzogenes Wechselintervall. Übernutztes ATF hat verringerte Schmiereigenschaften und verursacht abrasive Reibung an Kupplungen, Bremsbändern und trägt Abrieb in sich. Solches ATF nicht zu wechseln, beschleunigt den Verschleiß und kann Schäden und den Ausfall des Getriebes bewirken. Die Farbe ist weder der einzige noch ein zuverlässiger Indikator auf verbrauchtes Öl, da die meisten ATFs mit ihrer Nutzung dunkler werden. Das vom Hersteller empfohlene Serviceintervall ist letztlich maßgeblich für den Zeitpunkt, an dem der Wechsel durchzuführen ist. Ohne Wartungsbuch des Fahrzeuges ist die Farbe des Öls ein gebräuchliches Maß zur Abschätzung der Alterung des ATFs.

Stufenlose Getriebe (CVTs) und Doppelkupplungsgetriebe (DSG) benötigen spezielle Öle.

Bei europäischen Autos bedeutet eine „Lifetime“-Füllung (Füllung auf Lebensdauer) etwa 180.000 km als Lebensdauer eines Fahrzeuges oder Getriebes. Die Wartungsintervalle von Fahrzeugtypen ab etwa dem Jahr 2000 liegen zwischen 80.000 und 120.000 km. Das Spülen oder Nachfüllen der Hydraulikflüssigkeit oder des Automatikgetriebeöls bei Getrieben mit Lebensdauerfüllung erfordert eine Ausrüstung zum Befüllen von unten, wobei der Drehmomentwandler des Getriebes oder eine externe Pumpe zum Einsatz kommen.[8][9][10]

Von den 1950er bis in die 1970er Jahre enthielt ATF Walöl als Friktionsmodulator. Da Walöl bei höheren Temperaturen nicht stabil bleibt, hätte es in Autos, die in und nach den 1970er Jahren hergestellt wurden, aufgrund der höheren Kühlmitteltemperaturen, die durch neue Abgasbestimmungen erforderlich wurden, keine Verwendung finden können. Ein Moratorium zur Artenerhaltung untersagte auch die Benutzung von Walöl für die Produktion von älteren ATFs wie den ursprünglichen DEXRON, Typ B und Typ A, der diesem vorausging. Historische Produkte von Chrysler (Dodge, Plymouth usw.) benutzten Typ A-ATF, das heute nur noch schwer zu beziehen ist. Es stellte sich heraus, dass Typ A einer Art 50:50-Mischung aus Ford Typ F und GM DEXRON nahe kommt. Das kann Fahrzeuge von Chrysler vor 1990 betreffen. Ab DEXRON II-C und II-D ersetzte General Motors das Walöl.[11]

Bis in die späten 1970er Jahre wurden Ford-Automatikgetriebe ab Werk mit Öl vom Typ ESW M2C33-F befüllt. Um unabhängigen Werkstätten Öl für Servicearbeiten verfügbar zu machen, wurde nicht nur den Erstausrüstern die Entwicklung von kompatiblen Ölen, welche die Anforderungen der Spezifikation ESW M2C33-F erfüllten, ermöglicht und erlaubt, diese Öle unter ihren Markennamen als Öl Typ F zu vertreiben. Eine zweite Generation an Automatikgetriebeölen ESW M2C138-CJ zur Befüllung ab Werk wurde 1974 verabschiedet. Dieses Öl wurde entwickelt, um das Schaltverhalten des Fahrzeugs zu verändern und gleichzeitig mit erheblich verbessertem Schutz gegen Oxidation und Verschleiß auszustatten. Vorübergehend wurden keine Öle für die Werkstätten entwickelt und ersatzweise Öle, die von General Motors als DEXRON zertifiziert wurden, für verwendbar erklärt. Im Zuge der Weiterentwicklung von Automatikgetrieben kam mit dem Ford Getriebe C5 ein fest schließender Drehmoment-Trilok-Wandler, der die Vibrationen und Lastwechsel des Motors gedämpft auf die Personen im Fahrzeug übertrug. Das damit verbundene Schüttelproblem erzwang die Einführung der Werksspezifikation ESP M2C166-H, und der Ersatz durch DEXRON-Öle wurde zurückgezogen, da nicht alle DEXRON-Öle die Vibrationen verhinderten. Verwendbare DEXRON-Öle erhielten eine zusätzliche Unterspezifikation. Mit der Einführung des Typ H als Werksfüllung wurde die Entwicklung eines geeigneten Öls, das Typ H entsprach, für die freien Werkstätten erforderlich, woraus im Jahr 1987 die Spezifikation MERCON wurde.[12]

Nach der Spezifikation MERCON sind die folgenden Angaben offenzulegen:

  • Farbe
  • Mischbarkeit mit Befüllung ab Werk
  • Viskosität bei −40, −20, 0 und 100 °C
  • Flammpunkt
  • Kupferabriebverhalten
  • Gefühltes Schaltverhalten in einer Automatik des Ford Taurus
  • Schaumvermeidungscharakteristik
  • Verträglichkeit mit Elastomeren
  • Reibungscharakteristik
  • Oxidationsverhalten bei 155 °C
  • Wechselintervall in Automatikgetrieben
  • Verhalten in Drehschieberpumpen
  • Verschleißtest

Eine wesentliche Überarbeitung erfolgte im September 1992, als die Anforderungen an die Viskosität bei niederen Temperaturen, der Volatilität sowie der Viskositätsveränderungen – nachdem das Öl hoher Temperaturen ausgesetzt war – und verbesserte Oxidationsobergrenzen eingeführt wurden. Diese erhöhten Anforderungen wurden mit MERCON-Ölen neuer als ESP M2C166-H umgesetzt.

Ford zog alle vorherigen Lizenzen für MERCON zurück und machte MERCON V kompatibel mit bisherigem MERCON vor 2007, definierte zusätzliche Eigenschaften für verbesserte Verschleißminderung, Vibrationsdämpfung sowie die Eignung für Föttinger-Kupplungen – Wandlerkupplungen mit ständigem Schlupf.

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Mobil 1™ Synthetic ATF Automatic Transmission Fluid
  2. lubrizol.com: Automatic Transmission Fluid – The most proven and extensive ATF capability worldwide (Memento vom 19. April 2012 im Internet Archive)
  3. a b Castrol Australia: Product data: Automatic Transmission Fluids (Memento vom 31. März 2010 im Internet Archive) (PDF).
  4. https://www.garage-vergleich.ch/ratgeber/automatikgetriebeoel-unterschiede-bei-spezifikationen-und-anwendungsbereichen-c:212896
  5. https://aftermarket.zf.com/de/aftermarket-portal/news/expert-blog/inbrief-transmission-oil/
  6. tds.castrol.com.au (PDF).
  7. Chrysler LLC ATF+4 Info Center: What Consumers Need to Know About ATF+4. Centerforqa.com, archiviert vom Original am 1. März 2012; abgerufen am 21. Juli 2021 (englisch).
  8. Die Autodoktoren - offizieller Kanal: Getriebe-Service! SO wichtig sind Getriebespülung und Ölwechsel fürs Automatikgetriebe auf YouTube, 29. März 2019, abgerufen am 25. Februar 2024 (Laufzeit: 37:32 min).
  9. Die Autodoktoren - offizieller Kanal: 1 Tag in Holgers Werkstatt - Teil 2 - Billigteile im Fiesta sorgen für Gefahr auf YouTube, 10. November 2017, abgerufen am 25. Februar 2024 (Laufzeit: 22:34 min).
  10. Die Autodoktoren - offizieller Kanal: Riesenproblem durch Verkokung im GTI-Motor - Wasser im Tigra und ein ruckelnder A4 auf YouTube, 26. Januar 2018, abgerufen am 25. Februar 2024 (Laufzeit: 20:20 min).
  11. Ron Sessions: The Turbo Hydra-Matic 350 Handbook. Penguin, 1985, ISBN 0-89586-051-1, S. 20 (books.google.com).
  12. A brief history of automatic transmission service fluid. Revised and effective 1. Januar 1999 Ford Motor