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Translozierung – Wikipedia

Translozierung

Gebäudezerlegung und Wiederaufbau an neuem Standort

Die Translozierung (auch Transferierung oder schlicht Gebäudeversetzung) ist ein Verfahren der Versetzung von Gebäuden oder Teilen davon. Bei der Translozierung wird das Objekt als Ganzes versetzt oder in Einzelteile zerlegt und anschließend an anderer Stelle wiederaufgebaut. Das geschieht vor allem, wenn ein bedeutendes Baudenkmal einem Bauprojekt im Wege steht oder in ein Freilichtmuseum versetzt werden soll.

Probleme

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Translozierung ist als Methode der Denkmalpflege eine Form der Rekonstruktion an anderer Stelle, bei der ein Teil der Gebäudegesamtheit verloren geht. Eine Translozierung ist aus denkmalpflegerischer Sicht dann angemessen, wenn einem ansonsten drohendem Totalverlust zuvorgekommen wird. Zu den fachlichen Nachteilen aus Sicht des Restaurators und Historikers gehören:

  • Bei einem Abbau werden relevante Teile der historischen Substanz vernichtet, so die originale Gründung. Bei Fachwerkgebäuden gingen früher die Füllungen der Gefache und damit ein Gutteil des Hauses verloren. Durch die Technik der Translozierung in Ganzteilen wird dies verhindert, indem möglichst große Teile der Bausubstanz als Großteile transportiert und in dem ursprünglichen Standort ähnlicher Umgebung wiedererrichtet werden. Hierbei kann sogar willkürlich – entgegen der baulichen Konstruktion – getrennt werden, etwa um originale Holzverbindungen oder Steinsetzungen zu erhalten.
  • Ein Kulturdenkmal büßt durch die Versetzung seinen historischen Kontext ein: Es verliert die städtebaulichen, siedlungs- und sozialgeschichtlichen Bezüge, in denen es entstanden ist (baulicher Kontext des originalen Standorts, archäologische Relikte in und um den Bau, Bezug zu Vorgängerbauten), die es mit bezeugt und in denen es historisches Zeugnis wurde.
  • Geschichts- und Umbauspuren werden getilgt; in der Vergangenheit war es etwa üblich, Bauernhäuser bei der Translozierung in ein Freilichtmuseum in ihren (vermeintlichen) Ursprungszustand zurückzuversetzen. Selbst bei Wiederverwendung der Originalmaterialien gehen die handwerklichen Spuren verloren. Dadurch wird das Gebäude als historische Quelle entwertet.

Mit dem neuen Standort entsteht ein Bezug zur neuen Umgebung. Er verfremdet den ursprünglichen baulichen, topographischen und landschaftlichen Kontext und eventuell auch den des neuen Standorts: Es entsteht der Eindruck, das Gebäude habe hier schon immer gestanden. Besonders problematisch ist das Versetzen von Gebäuden in eine ihnen ganz fremde Umgebung („museale“ Präsentation, entspricht etwa der Abnahme eines Fresko oder dem Aufstellen eines Altars oder Tores in einem Museum).

Positiv ist hingegen – neben der reinen Erhaltung der Originalsubstanz in bestmöglichem Umfang – bei der Wiederaufstellung etwa in Bauwerkmuseen der hohe didaktische Wert der Objekte, da sie sowohl wesentlich mehr Publikum zugänglich sind als auch mit ähnlichen Bauten in Kontext gesetzt werden können, sowohl analogen Bauten aus anderen Gegenden wie auch etwa in der Rekonstruktion von Ensemblestrukturen aus Resten mehrerer Bauten (Hof und Stallungen, oder Kleinsiedlung). Daher gehört die Translozierung zu den wichtigsten Maßnahmen der Denkmalpflege, für ihr Anliegen zu werben und Fachkunde zu vermitteln.

Bei der Translozierung wird deshalb sorgfältig der Originalzustand dokumentiert, ebenso die Herstellung nichtoriginaler Bezüge, und die Dokumentation wird am neuen Standort mitpräsentiert.

Beispiele

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Spektakuläre Translozierungen sind seit dem 19. Jahrhundert bekannt.

Freilichtmuseen als Zielorte

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Video: Entwidmung und Translozierung der Versöhnungskirche Overath in das LVR-Freilichtmuseum Kommern

Ziel einer Translozierung kann ein Freilichtmuseum sein. So wurde im Jahr 1910 das Ammerländer Bauernhaus in das Freilichtmuseum Ammerländer Bauernhaus in Bad Zwischenahn transloziert. Im deutschen Mittelgebirgsraum wurde Jahrzehnte nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs ein Wirtshausgebäude in Oberampfrach ins Fränkische Freilandmuseum Bad Windsheim versetzt. Auch das Freilichtmuseum Hagen, das Freilichtmuseum Kommern und der Hessenpark bei Neu-Anspach bestehen zu einem großen Teil aus nach dem Zweiten Weltkrieg translozierten Gebäuden. In das Grönegaumuseum der Stadt Melle wurden seit 1960 mehrere bäuerliche Gebäude aus dem Altkreis Melle transloziert.

2008 wurde das Markus Wasmeier Freilichtmuseum Schliersee eröffnet, heute zeigt das Museum mehr als 22 wieder aufgebaute Gebäude.

Literatur

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(chronologisch)

  • Egon Bruckmann: Die Verschiedbung massiver Gebäude. Hermann Böhlaus Nachf., Wien / Köln / Graz 1970.
  • Gerhard Wittrock: Die Versetzung von Gebäuden. Gründe, Methoden und Ziele. Diss. TH Darmstadt 1991. Darmstadt 1992.
  • Informationszentrum Raum und Bau der Fraunhofer-Gesellschaft IRB (Hrsg.): Translozierung von Gebäuden. 2., erw. Auflage. Stuttgart 1993, ISBN 3-8167-3073-6 (Bibliographie).
  • Ludwig Fischer: Ein Haus zieht um. Erfahrungen mit dem Umsetzen eines Baudenkmals. Lilienthal 2002, DNB 968016081.
  • Landesstelle für Museumsbetreuung Baden-Württemberg und Arbeitsgemeinschaft der Regionalen Ländlichen Freilichtmuseen in Baden-Württemberg (Hrsg.): Vorfahrt mit Blaulicht für Museumshäuser. Erfahrungen mit der Technik der Großteile-Translozierung aus 25 Jahren Praxis. Stuttgart/ Biberach 2005, ISBN 3-00-018056-7.
  • Fred Kaspar (Hrsg.): Bauten in Bewegung. Von der Wiederverwendung alter Hausgerüste, vom Verschieben und vom Handel mit gebrauchten Häusern, von geraubten Spolien, Kopien und wiederverwendeten Bauteilen (= Denkmalpflege und Forschung in Westfalen. 47). von Zabern, Mainz 2007, ISBN 978-3-8053-3856-1.
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Einzelnachweise

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  1. Joachim Willeitner: Abu Simbel und die Tempel des Nassersees. Darmstadt, Mainz 2012, ISBN 978-3-8053-4457-9.
  2. Das entwurzelte und neu gepflanzte Gebäude. In: Berchtesgadener Anzeiger. 19. Juni 2004.
  3. Kristine Marschall: Die Kapelle St. Joseph in Mettlach. (PDF; 634 kB) 2011, abgerufen am 4. Oktober 2016.
  4. Michael S. Falser: Der Mythos des europäischen Stadtgrundrisses und die Verschiebung seiner Bauwerke. Das Hotel Esplanade am Potsdamer Platz 1995. In: Michael S. Falser: Zwischen Identität und Authentizität. Zur politischen Geschichte der Denkmalpflege in Deutschland. Thelem, Dresden 2008, ISBN 978-3-939888-41-3, S. 231–233 (zugleich: Berlin, Techn. Univ., Diss., 2006).
  5. Berlin: Der "Frühstückssaal" entsteht im Original - auf zwei Orte verteilt. In: tagesspiegel.de. 26. November 1998, abgerufen am 28. Februar 2024.
  6. Kaisersaal in Berlin. In: best-of-90s.moderne-regional.de. Abgerufen am 28. Februar 2024.
  7. Richtiges Denkmal, falscher Ort? In: Monumente, Nr. 3, Juni 2021, S. 34–37, abgerufen am 10. Juni 2021.