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Cellulosenitrat – Wikipedia

Cellulosenitrat

chemische Verbindung

Cellulosenitrat (auch Zellulosenitrat) ist eine weiße, faserige, geruch- und geschmackslose Masse. Sie wird umgangssprachlich auch als Schießbaumwolle oder Nitrocellulose (oder Nitrozellulose) bezeichnet. Letztere Bezeichnungen sind wie auch „Nitroglyzerin“ gemäß der IUPAC-Nomenklatur falsch, denn es handelt sich nicht um eine RC–NO2-Bindung, wie es das Präfix „Nitro-“ verlangt, sondern um einen Salpetersäureester der Cellulose.

Strukturformel
Strukturformel von Cellulosenitrat
Allgemeines
Name Cellulosenitrat
Andere Namen
  • Nitrozellulose
  • Schießbaumwolle
  • Blitzwatte
  • Sprengwolle
  • NITROCELLULOSE (INCI)[1]
CAS-Nummer 9004-70-0
Monomere/Teilstrukturen β-D-Glucose (teilweise nitriert)
Art des Polymers

Biopolymer

Eigenschaften
Aggregatzustand

fest

Dichte

1,67 g·cm−3[2]

Schmelzpunkt

160–180 °C[3]

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[3]
Gefahrensymbol

Gefahr

H- und P-Sätze H: 201
P: 250​‐​372[4]
Toxikologische Daten

> 5.000 mg·kg−1 (LD50Ratteoral)[3]

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Cellulosenitrat kann in unterschiedlich weit salpetersäureveresterter Form, typisch als Di-[S 1] oder Trinitrat[S 2] vorliegen.

Geschichte

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Die „Schießbaumwolle“ wurde 1846 sowohl von Christian Friedrich Schönbein als auch unabhängig davon im selben Jahr von dem Chemiker Rudolf Christian Böttger hergestellt. Die erste Mitteilung von Schönbein erfolgte am 27. Mai 1846 vor der Basler naturforschenden Gesellschaft und findet sich so in den veröffentlichten Sitzungsprotokollen.[5] Von beiden wiederum unabhängig stellte der Braunschweiger Professor Friedrich Julius Otto (1809–1870) im selben Jahr ebenfalls Schießbaumwolle her und veröffentlichte das Verfahren im Oktober des gleichen Jahres.[6] 1849 gelang Wilhelm Lenk von Wolfsberg durch ein Stabilisierungsverfahren die Verwendung in Geschossen.[7]

Gewinnung und Darstellung

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Cellulosenitrat wird in der chemischen Industrie durch Umsetzung von Cellulose mit Nitriersäure hergestellt. Formal gesehen handelt es sich um die Reaktion eines Alkohols mit einer Säure zu einem Ester. Der Stickstoffgehalt des herzustellenden Cellulosenitrats wird durch Zusammensetzung der Nitriersäure und die Reaktionsdauer geregelt. Bei einem Stickstoffgehalt > 12,75 % handelt es sich dann überwiegend um Cellulosetrinitrat (Schießbaumwolle), bei einem Gehalt < 12,75 % um Cellulosedinitrat (Kollodiumwolle).

 
Umsetzung von Cellulose zu Cellulosetrinitrat

Nach der Reaktion wird die restliche Nitriersäure mit Wasser ausgewaschen, bis das Cellulosenitrat den pH-Wert 7 annimmt, da sonst Spuren von restlicher Salpetersäure eine Selbstentzündung bewirken können. In früherer Zeit ist es in den Fabriken häufig zu Explosionen gekommen, da Verunreinigungen in den Fasern wie die als Nebenprodukt gebildeten Schwefelsäureester Spontanzersetzungen des Cellulosenitrats bewirkten. Erst 1864 entdeckte der Engländer Frederick Augustus Abel, dass sie durch eine feuchte Zerkleinerung im Papierholländer völlig stabilisiert werden kann.

In den Handel gelangt die Nitrocellulose zumeist in phlegmatisierter, angefeuchteter Form in Pappfässern. Als Anfeuchtungsmittel dienen dabei Wasser, Butanol, Ethanol oder Isopropanol. Daneben wird auch mit Weichmachern plastifizierte und pelletierte Ware angeboten.

Eigenschaften

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Physikalische Eigenschaften

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Chemische Eigenschaften

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Cellulosenitrat verbrennt nach seiner Entzündung augenblicklich – auch bei Abwesenheit von Luftsauerstoff – mit gelblicher Flamme zu Kohlenstoffdioxid, Kohlenstoffmonoxid, Wasserdampf und Stickstoff. Bei der Verbrennung entsteht – im Gegensatz zu Schwarzpulver – keinerlei für das menschliche Auge sichtbarer Rauch, darum wird Cellulosenitrat auch als rauchloses Pulver bezeichnet.

Verwendung

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Schild im Vorführraum eines Kinos
 
Tischtennisbälle aus Zelluloid, 40 mm Durchmesser (2012)
 
Kleber auf Cellulosenitratbasis (CN, Weichmacher, Lösemittel)

Brände verursacht durch Zelluloidfilm

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Bei folgenden Bränden spielte Film aus Zelluloid eine auslösende oder fördernde Rolle:

Sicherheitshinweise

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Hochnitrierte Schießbaumwolle kann bei Schlag, statischer Entladung und schnellem Erhitzen explodieren. Sie verbrennt infolge des hohen Sauerstoffgehalts unabhängig von der Luftsauerstoffzufuhr und kann daher nur mit geeigneten Mitteln, vor allem großen Mengen Wasser, gelöscht werden.

Dementsprechend wird auch Collodiumwolle und Produkte, welche zum Großteil aus dieser bestehen, überwiegend in Papier- oder Pappgebinden befördert und gelagert.

Bei der Einstufung zur Gefahrstoffkennzeichnung gemäß RL 67/548/EWG wurde in Anhang 1 bis zum Erscheinen der 31. Anpassung (16. Januar 2009) stofflich unterschieden zwischen den beiden Nitrierungsstufen „enthält bis 12,6 % Stickstoff“ (leichtentzündlich) und „enthält mehr als 12,6 % Stickstoff“ (explosionsgefährlich). Diese Unterscheidung ist seitdem entfallen; beide Einträge im Stoffkataster wurden zusammengefasst. In Fachkreisen wurde diese Neufassung erheblich kritisiert, zumal dazu keine zwingende Notwendigkeit zu erkennen ist.

Literatur

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  • Jochen Gartz: Vom Griechischen Feuer zum Dynamit – Eine Kulturgeschichte der Explosivstoffe. E.S. Mittler & Sohn, Hamburg-Berlin-Bonn 2007, ISBN 978-3-8132-0867-2.
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Wiktionary: Schießbaumwolle – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
  • Sicherheitsdatenblatt für die Lagerung und Handhabung von Nitrocellulose (PDF; 1600 kB)

Siehe auch

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Einzelnachweise

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  1. Eintrag zu NITROCELLULOSE in der CosIng-Datenbank der EU-Kommission, abgerufen am 25. Februar 2020.
  2. Frank Douglas Miles: Cellulose nitrate: The physical chemistry of nitrocellulose, its formation and use, Oliver and Boyd, 1955.
  3. a b c Eintrag zu Nitrocellulose in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 30. Juli 2017. (JavaScript erforderlich)
  4. MACHEREY-NAGEL: Porablot NCL (200x200 mm) Sample, RS PM, abgerufen am 9. Dezember 2022.
  5. Jochen Gartz: Vom Griechischen Feuer zum Dynamit- eine Kulturgeschichte der Explosivstoffe. E.S. Mittler & Sohn, Hamburg-Berlin-Bonn 2007, ISBN 978-3-8132-0867-2.
  6. Itzehoer Wochenblatt vom 29. Oktober 1846, Spalte 1626–1627.
  7. Ludwig Darmstaedter: Handbuch zur Geschichte der Naturwissenschaften und der Technik, S. 511 (1908)
  8. nach Explosivstoffe. 9. Auflage.
  9. a b c Rudolf Meyer: Explosivstoffe. VCH Verlagsgesellschaft, 1985, 6. Auflage, S. 207–210, ISBN 3-527-26297-0.
  10. a b Regula Fuchs: Zurück in die Zukunft, tagesanzeiger.ch, 31. März 2015, abgerufen am 5. Dezember 2016.
  11. Matze: Tischtennisbälle – Zulassung und Details tischtennis-weblog.de, 1. Oktober 2014, abgerufen am 5. Dezember 2016.
  12. Pyropapier im Feuerwerk-Lexikon In: pyroland.de
  13. Staat contra privat – zur Geschichte und Gegenwart der Cinémathèque française: Kino und Krise nzz.ch, 30. Juni 2003, abgerufen am 5. Dezember 2016.
  14. Patrick Olmeta: La Cinémathèque française: De 1936 à nos jours books.google.at, S. 138 f., 26. Juni 2013, abgerufen am 5. Dezember 2016.
  15. Jérémie Couston: Exposition Henri Langlois : dix questions sur un monstre cinéphile www.telerama.fr, 8. April 2014, abgerufen am 5. Dezember 2016.
  16. https://www.bundesarchiv.de/DE/Content/Downloads/Aus-unserer-Arbeit/film-nitrobrand-im-bundesarchiv.pdf?__blob=publicationFile

Anmerkungen

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  1. Externe Identifikatoren von bzw. Datenbank-Links zu Cellulosedinitrat: CAS-Nr.: 50935-18-7, Wikidata: Q4161930.
  2. Externe Identifikatoren von bzw. Datenbank-Links zu Cellulosetrinitrat: CAS-Nr.: 9046-47-3, Wikidata: Q4742505.